Protokoll der Sitzung vom 22.06.2006

In Halbe erinnert die Kriegsgräberstätte Waldfriedhof an die Kesselschlacht um Halbe in den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges, bei der 40 000 deutsche Soldaten ums Leben kamen. Dieser wie auch der dort bestatteten Opfer der Nachkriegs-KZs der sowjetischen NKWD zu gedenken sollte für jeden Deutschen, unabhängig von seiner politischen Überzeugung, eine Selbstverständlichkeit sein.

(Beifall bei der DVU)

Das war es auch bis weit nach Ende des Zweiten Weltkrieges.

Aber kommen wir noch einmal zur Demonstration. Nichts gegen eine Blockade zu tun und das als Deeskalation zu bezeichnen ist schon unerhört. Dankenswerterweise hat Herr Minister Schönbohm entgegen den Mitarbeitern seines Hauses, welche diese vorliegende Große Anfrage beantworteten, unter Frage 14 immerhin unumwunden zugegeben, dass die Polizei am 12. November 2005 in Halbe trotz Einsatzes speziell geschulter Beamter des so genannten Antikonfliktteams die Rechtsbrecher eben nicht aufforderte, die rechtswidrige Blockade aufzugeben,

(Schippel [SPD]: Das stimmt nicht!)

was die Staatsanwaltschaft Potsdam im weiteren Verlauf dazu veranlasste, alle Strafanzeigen gegen die Teilnehmer der rechtswidrigen Blockade in toto niederzuschlagen.

Ich finde, dies ist eine Schande und für einen Rechtsstaat Brandenburg schlicht und ergreifend unwürdig.

(Beifall bei der DVU)

Dass darüber hinaus gegen keinen Verantwortlichen des Polizeieinsatzes - oder sollte ich besser sagen: -nichteinsatzes - strafbzw. disziplinarrechtliche Maßnahmen ergriffen wurden, rundet den Unrechtsstaat Brandenburg in meinen Augen ab.

(Gelächter und Zurufe von der SPD)

Dabei gibt man in Ihrem Ministerium, Herr Minister Schönbohm, in Beantwortung unserer Frage 24 sogar zu, dass an die Polizeikräfte bewusst keine Weisung erteilt wurde, mit dem Ergebnis, dass damit der dortige Polizeieinsatz zu einem Chaosszenario ausartete. Dass ein alljährlich mit mindestens 50 000 Euro plus Projektförderung alimentiertes so genanntes Aktionsbündnis gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit als Veranstalter der Gegendemonstration in Halbe am 12. November zumindest indirekt an der rechtswidrigen Blockade beteiligt war und die Landesregierung dafür zusätzliche Mittel in Höhe von 22 500 Euro zur Verfügung stellt, schlägt dem Fass des Rechtsbruches buchstäblich den Boden aus, meine Damen und Herren. Pfui, Teufel! kann man da nur sagen.

(Zurufe und Gelächter bei SPD, CDU und der Linkspar- tei.PDS)

Zum Schluss kann ich es mir nicht verkneifen, aus einem Schreiben eines parteilosen Arztes aus Berlin zu zitieren, welches unserer Fraktion vorliegt.

„Wer am 12. November an einem nationalen Heldengedenken teilnehmen wollte, wurde nach dem Verlassen der Autobahn bei Halbe von der Aufforderung der Polizei überrascht, wieder umzukehren und auf der Autobahn weiterzufahren. Damit wurde ein Umweg von mehr als 10 Kilometern auferlegt. Nur die Teilnehmer einer so genannten demokratischen Fest- und Protestveranstaltung durften den direkten Weg nach Halbe benutzen. In der Stadt selbst waren mehrere Polizeischleusen aufgebaut, bei denen Passanten von Kopf bis Fuß durchsucht wurden. Schwerverbrecher hätten nicht anders behandelt werden können.“

Diese Worte sprechen doch wirklich für sich.

(Zuruf von der Linkspartei.PDS)

Also, Herr Innenminister, kehren Sie doch bitte um! Bei dem, was Sie dort geleistet haben, kann ich Ihnen persönlich nur empfehlen: Treten Sie zurück! Das wäre gut für unser Land Brandenburg.

(Gelächter)

Damit ist die Aussprache beendet und die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage 18 ist zur Kenntnis genommen.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 4 und rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:

Bericht des Ministers des Innern über den Vollzug von Maßnahmen aufgrund § 33 Abs. 3 des Brandenburgischen Polizeigesetzes (BbgPolG)

Bericht der Landesregierung

Drucksache 4/2981

Es wurde vereinbart, keine Debatte zu führen. Damit ist der Bericht des Ministers des Innern zur Kenntnis genommen.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 5 und rufe Tagesordnungspunkt 6 auf:

Zukunft der Brandenburger Alleen

Antrag der Fraktion der SPD der Fraktion der CDU

Drucksache 4/3046

Wir kommen zur Aussprache. Herr Abgeordneter Dr. Klocksin, Sie erhalten das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir kommen wieder zu anderen Themen, die uns nicht weniger berühren, aber vielleicht doch zu sachgerechten Lösungen führen werden.

„Das Fällen von Alleen führt bei Anwohnern regelmäßig zu berechtigter Empörung. Angesichts des hohen Alters vieler Alleebäume und der in den zurückliegenden Jahrzehnten vernachlässigten Pflege der Straßenbäume wird es auch ohne Straßenbau-, Verkehrs- und Unfallproblematik in absehbarer Zeit natürlicherweise zu Abgängen kommen. Wenn die Allee als typisches brandenburgisches Landschaftsbild erhalten werden soll, muss daher neben dem Schutz von besonders wertvollen Alleen künftig auch verstärkt der Erneuerung von Alleen an geeigneten Standorten Aufmerksamkeit gewidmet werden.“

Dieses Zitat - Sie ahnen es schon - ist einer Kleinen Anfrage des früheren Kollegen Reinhold Dellmann aus dem Jahr 2000 entnommen. Ich beschreibe damit eine Situation, die wir seit vielen Jahren diskutieren.

1998 hat der Umweltbeirat beim Minister für Umwelt, Naturschutz und Raumordnung die Bildung einer interministeriellen Arbeitsgruppe angeregt, die den Aufbau einer...

Herr Minister Junghanns, ich will Sie nicht in Ihrer Unterhaltung stören, aber Sie sollten mich auch nicht stören.

(Heiterkeit)

Herzlichen Dank.

Recht haben Sie, Herr Abgeordneter.

Recht habe ich an der Stelle nicht. Frau Präsidentin, Sie sind immer aufmerksam.

1998 gab es also schon diese Hinweise, die in der Form Umsetzung erfahren haben, dass im Jahr 2000 der Alleenerlass zustande gekommen ist. Das ist ein Meilenstein in der Entwicklung.

An der Stelle möchte ich ausdrücklich sagen - das ist auch an das zuständige Ressort gerichtet -: Im Bereich Alleenerhalt und Nachpflanzung ist in den letzten Jahren Großes geleistet worden. Diese Grundwahrnehmung müssen wir mitnehmen, wenn wir nach neuen Wegen suchen, wie wir weiterarbeiten und wie wir finanzieren wollen.

Die Koalitionsfraktionen haben aufgrund dieser langen Diskussion einen Antrag vorgelegt, der darauf abzielt, nicht nur die grundsätzliche Aussage zu treffen, Alleen sind Kulturgut, wichtig für unser Land und geben ihm ein räumliches Gepräge, was in anderen Ländern im Übrigen - wir haben es an dieser Stelle wiederholt erwähnt - leider verloren gegangen ist, weil die Allee als solche keine Wertschätzung fand.

Heutzutage gibt es Dinge wie die Deutsche Alleenstraße, was man früher so nicht kannte, womit die Allee als Instrument herausgehoben werden soll. Dies bedeutet für uns, dass wir im Rahmen eines Prüfauftrages an das zuständige Fachressort ein Handlungskonzept erarbeitet sehen wollen, welches für die nächsten zehn Jahre Gültigkeit haben kann.

Es sind einzelne Aspekte genannt, die ich mit Blick auf die folgende Diskussion nicht im Einzelnen aufzählen möchte. Gleichwohl vielleicht zwei Bemerkungen. Einmal haben wir notiert, dass die Bundes- und Landesstraßen im Vordergrund stehen. Wie könnte das anders sein? - Natürlich ist der Landesgesetzgeber dafür verantwortlich, dass an den Landesstraßen eine Bepflanzung erfolgt. In einer konzeptionellen Anlage müssen auch Kreis- und Gemeindestraßen zu finden sein; denn die Allee endet häufig nicht an der Territorialgrenze der Gebietskörperschaften. Alles andere wäre aber auch nicht in einem sinnvollen Kontext.

Zweite Bemerkung: Wenn wir nach den Kriterien für Neupflanzungen fragen, denke ich auch an die eine oder andere Autobahnauffahrt mit Alleenbepflanzungen. Ich glaube, in Brieselang habe ich neulich so etwas Schönes gesehen. Da frage ich: Ist das der geeignete Ort oder gibt es nicht Fälle, in denen in alleeähnlicher Formation über die natürliche Sukzession eine Bebaumung erfolgen kann, ohne dass teure, aufwendige Maßnahmen notwendig sind?

Also hier sollte man Spaß an der Haushaltsführung, die im MIR sowieso selbstredend gegeben ist, haben. Wenn wir diesbezüglich hilfreich sein können, sind wir das als Abgeordnete immer gern.

Inwieweit Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen - möglicherweise haben wir diesen Aspekt noch nicht hinreichend beachtet - in die Alleen investiert werden können, ist besonders zu prüfen. Ich sage das auch vor dem Hintergrund meiner persönlichen Wohnortlage in einer Gemeinde, in der der Raum für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nicht mehr ausreicht und die Gemeinde 20 oder 25 Kilometer entfernt pflanzt. Es ist fraglich, ob das alles sinnvoll ist. Gleichzeitig ist aber an einer Landesstraße der Baumbestand so abgängig, dass die Allee mittelfristig zerstört sein wird. Dort sind wir gefordert, auch etwas fantasievollere Lösungen zu finden.

Als letzter Spiegelstrich wurde formuliert, dass zu prüfen sei, ob zur Erreichung des Zieles andere rechtliche Regelungen geändert werden müssen. An der Stelle möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass es natürlich zentral um untergesetzliche Regelungen geht. Wir haben nicht die Absicht, hier eine Novelle des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes zu initiieren. Ich sage das mit aller Deutlichkeit, zumal wir uns am gestrigen Tage mit einigen Dingen, die damit im Zusammenhang stehen, beschäftigt haben.

An der Stelle sage ich auch: Die Mitwirkungs- und Klagungsrechte der anerkannten Naturschutzverbände und das Vorkaufsrecht sind im Brandenburgischen Naturschutzgesetz geregelt, und wir haben nicht die Absicht, sie anzutasten. Das gilt genauso für das, was wir bei den Alleen umsetzen wollen.

In diesem Sinne ist das ein Antrag, der - so hoffe ich - von der Breite des Hauses geteilt und getragen werden kann. Ich glaube, dass wir damit ein Stück in Richtung eines gemeinsamen Ziels gehen können.

An der Stelle will ich auch ausdrücklich den vielen Bürgerinnen und Bürgern im Lande - namentlich der Schutzgemeinschaft Brandenburger Alleen, die sich des Themas seit vielen Jahren annimmt und zur Sensibilität in der Fläche beiträgt danken. Das Thema „Brandenburger Alleen“ ist auch ein Stück Brandenburger Identität. Wir sind gut beraten, hier gemeinsam zu arbeiten. - Vielen Dank für Ihre Unterstützung.

(Beifall bei SPD und CDU)