Antrag der DVU-Fraktion zielt auf ein generelles Verbot von Tierversuchen. Ich möchte darauf verweisen, dass der Tierschutz sowohl im Grundgesetz - Herr Helm sprach es an - als auch in der Landesverfassung Aufnahme gefunden hat. In den bestehenden Gesetzen wird alles Erforderliche zum Schutz von Tieren geregelt. Ein völliger Verzicht auf Tierversuche in Wissenschaft und Forschung ist derzeit nicht möglich. Das dürften auch die Damen und Herren der DVU wissen.
Derzeit sind Tierversuche unverzichtbar. Sie werden benötigt, um neue Diagnoseverfahren und Therapien entwickeln zu können; denn trotz aller medizinischer Fortschritte sind zum Beispiel Infektionen weltweit nach wie vor für ein Drittel aller krankheitsbedingten Todesfälle verantwortlich. Da es derzeit nicht möglich ist, die große Brandbreite von Aktionen und Reaktionen eines komplexen lebenden Organismus bei einer Krankheit mit Alternativmethoden nachzubilden, untersuchen Forscher zum Beispiel die Maus als Modellorganismus. An Mäusen können vielfältige Prinzipien von Infektion und Immunantwort erkannt und auf den menschlichen Organismus übertragen werden. Sie eröffnen neue Möglichkeiten für die Erforschung von Krankheiten und die Entwicklung von Gegenmaßnahmen.
Im Übrigen widerspricht Ihre Radikalität in diesem Antrag Ihren Ausführungen zum Nationalparkgesetz. Schaffen Sie zunächst einmal Klarheit in Ihrer Fraktion!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Steinmetzer-Mann, was Sie mit Ihrer Bemerkung zum Bezug unseres Antrags zum Naturschutzparkgesetz meinten,
habe ich absolut nicht verstanden. Sie haben unseren Antrag auch nicht verstanden, meine Damen und Herren von der PDS!
- Schade, ich wollte gerade zu Herrn Helm sagen, dass ich in diesem Teil meiner Rede auf Alternativen zu Tierversuchen zu sprechen komme.
Trotzdem bin ich verblüfft und entsetzt, Frau Steinmetzer, mit welch fadenscheinigen Erklärungen und an den Haaren herbeigezogenen Argumenten Sie zu begründen versuchen, warum unser Antrag abgelehnt werden müsse.
Mehr Respekt gegenüber unseren Mitgeschöpfen! Dies forderte kürzlich nicht nur der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, Herr Wolfgang Apel - Sie waren es nicht, Herr Klocksin -, anlässlich des Welttierschutztages am 4. Oktober, sondern das fordern auch wir von der DVU-Fraktion.
Dies gilt sowohl für die schändliche qualvolle Haltung, welche oftmals in der industriellen Tierhaltung stattfindet, als auch und insbesondere für die Schande von Tierversuchen. Daher muss das Tierschutzgesetz, wie von unserer Fraktion mit dem vorliegenden Antrag gefordert, grundlegend geändert werden mit dem Ziel eines grundsätzlichen Verbots von Tierversuchen. Der Deutsche Tierschutzbund klagt völlig zu Recht an, dass in Deutschland noch immer über zwei Millionen Tiere unter grausamen Versuchen leiden. Aus wirtschaftlicher Sicht seien diese zweifelhaft und könnten schon längst durch Alternativmethoden ersetzt werden. Der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, Herr Apel, erklärte dazu wörtlich:
„Tierqual darf in Deutschland nicht stillschweigend geduldet werden. Das, was den meisten Bürgern am Herzen liegt - mehr Respekt gegenüber den Tieren -, muss auch die Politik endlich umsetzen.“
Tiere und Menschen sind so unterschiedlich, dass die Ergebnisse aus Tierversuchen nicht auf den Menschen übertragen werden können. Die von mir im ersten Teil meiner Rede erwähnten Studien haben dies eindeutig bewiesen.
Jetzt komme ich zu den angesprochenen Alternativen. Herr Helm ist leider nicht im Saal; ansonsten könnte er erfahren, worum es geht.
- Herr Helm, mittlerweile wurden zahllose so genannte In-vitro-Methoden entwickelt, das heißt, Prozesse, die im Reagenzglas ablaufen und daher ohne lebende Tiere auskommen. Diese Verfahren liefern zuverlässige, reproduzierbare und eindeutige Ergebnisse. Sie reagieren zum Teil auf toxische Einflüsse wesentlich empfindlicher als das lebende Tier. Sie bringen Ergebnisse im Verlauf von Stunden, während tierexperimentelle Studien Wochen, Monate oder gar Jahre dauern können. In den letzten Jahren und Jahrzehnten wurde eine solche Fülle neuer tierversuchsfreier Verfahren entwickelt, dass allein schon aufgrund dessen Tierversuche längst unnötig geworden sind und im Übrigen dem Stand der wissenschaftlichen Forschung zum Teil um Jahrzehnte hinterherhinken.
Aus all dem Gesagten ergibt sich, dass Tierversuche grundsätzlich abzulehnen sind und verboten gehören. Solche Versuche gehören - das sage ich ganz klipp und klar - in den Mülleimer der Wissenschaftsgeschichte. Tiere sind unsere Mitgeschöpfe. Allein deswegen sind Tierversuche aus ethischen und moralischen Gründen zutiefst verwerflich, ja verbrecherisch.
Meine Damen und Herren der anderen Fraktionen, wenn Sie sich ein letztes Quantum an Humanismus und Achtung vor anderen Geschöpfen bewahrt haben, dann kommen Sie unserer
Die Redezeit ist damit beendet und wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der DVU-Fraktion. Sie beantragt die Überweisung des Antrags in Drucksache 4/3495 an den Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie - federführend - und an den Ausschuss für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Verbraucherschutz. Wer dieser Überweisung zustimmt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Damit ist mit großer Mehrheit gegen den Überweisungsantrag gestimmt worden.
Wir kommen zur direkten Abstimmung über den Ihnen vorliegenden Antrag in der Sache. Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Bei einer Stimmenthaltung hat die Mehrheit dagegen gestimmt. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.
Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Abgeordneten Jürgens, der für die Linkspartei.PDS spricht, das Wort. - Bitte schön.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Unseren Verfassungsmüttern und -vätern war die Gleichheit der Menschen vor dem Gesetz ein zentrales und wichtiges Anliegen. Gerade die Gleichstellung von Mann und Frau ist hierbei explizit berücksichtigt worden. In unserer Verfassung findet sich daher ein sehr prägnanter und moderner Passus:
„Frauen und Männer sind gleichberechtigt. Das Land ist verpflichtet, für die Gleichstellung von Frau und Mann in Beruf, öffentlichem Leben, Bildung und Ausbildung, Familie sowie im Bereich der sozialen Sicherung durch wirksame Maßnahmen zu sorgen.“
Ich betone es noch einmal: Das Land ist verpflichtet, für die Gleichstellung von Frau und Mann durch wirksame Maßnahmen zu sorgen! Inwiefern das Land insgesamt diesem zentralen Artikel der Verfassung gerecht wird, muss an anderer Stelle sicherlich ausführlicher debattiert werden. Aber heute geht es ja im Speziellen um die Gleichstellung an den Hochschulen.
Um dem Gebot der Verfassung Folge zu leisten, hat der Landtag 1994 das Landesgleichstellungsgesetz beschlossen. Darin heißt es:
„Ziel dieses Gesetzes ist es, die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern im öffentlichen Dienst zu erreichen, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Frauen und Männer zu fördern sowie die berufliche Situation von Frauen auch in der Privatwirtschaft zu verbessern.“
So weit, so gut; der für den Antrag der Linksfraktion letztlich entscheidende Satz steht dann in § 2 dieses Gesetzes:
Die Verantwortung, die die Verfassung dem Land vorgibt, wird zwar mit dem Landesgleichstellungsgesetz umgesetzt, nimmt die Hochschulen hiervon aber explizit aus. Nun sind sich zwar alle Fraktionen hier im Landtag darin einig, den Hochschulen mehr Autonomie einzuräumen, aber das Land kann sich unseres Erachtens nicht mit dem Verweis auf die Hochschulautonomie der Verantwortung bezüglich der Gleichstellung entziehen. Neben den Aufgaben, die die Hochschulen laut Hochschulgesetz zu erfüllen haben, gibt es auch eine dezidierte Pflicht des Landes, hier in stärkerem Maße aktiv zu werden.
Um nicht falsch verstanden zu werden: Im Rahmen ihrer Möglichkeiten haben die Hochschulen in Eigenregie Beachtliches erreicht. Es ist vor allem den Initiativen der Hochschulen zu verdanken, wenn Brandenburg hinsichtlich der Frauenförderung einige Erfolge vorzuweisen hat. So wurde die Universität Potsdam in den Jahren 2002 und 2005 als eine von zwölf Universitäten und Forschungseinrichtungen mit dem TOTAL E-QUALITY Science Award ausgezeichnet. Ein weiterer Erfolg sind die mit Platz 12 bzw. 20 sehr guten Platzierungen der Fachhochschulen Brandenburg und Potsdam beim ersten bundesweiten Hochschul-Ranking unter Gleichstellungsaspekten von 2003.
Doch wo bringt sich das Land mit Maßnahmen zur Gleichstellung und Frauenförderung ein? Einer der wohl wichtigsten Punkte ist hierbei sicherlich das Hochschul- und Wissenschaftsprogramm des Bundes und der Länder. Mit diesem Programm werden unter anderem Maßnahmen zur Gleichstellung gefördert. Das heißt konkret, dass die Hochschulen Projekte entwickeln und der Bund und das Land sich je hälftig an der Finanzierung beteiligen. Seit 2001 sind im Rahmen dieses Programms immerhin fast 5 Millionen Euro in die Hochschulen geflossen. Leider läuft dieses Programm am 31. Dezember 2006 aus. Eine Weiterführung ab 2007 ist angesichts der positiven Bilanz dringend nötig; die Verhandlungen dazu laufen bereits. Insofern wollen wir der Landesregierung noch einmal Rückendeckung aus dem Landtag geben.
Ebenso wichtig wie die Weiterführung wäre aber auch eine Kompensation der Mittel durch das Land, denn ab 1. Januar 2007 bekommen die Hochschulen nur noch die Hälfte; damit schießt das Land weiterhin zwar immerhin 50 % zu, aber die Bundesmittel fallen weg. Insofern ist schon jetzt unzureichende Kontinuität abzusehen. Deswegen ist in diesem Bereich zumindest eine kurzfristige Kompensation der Bundesmittel durch das Land nötig, denn eine plötzliche Reduzierung der Gelder schadet allen Projekten.
Eine zweite Maßnahme ist das Mittelverteilungsmodell, in dem auch anhand von Leistungsindikatoren Gelder vergeben werden. Drei dieser Leistungsindikatoren beziehen sich auf
Gleichstellung, nämlich Anzahl der Studienanfängerinnen, Anzahl der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Anzahl der Professorinnen. Verbessert sich eine Hochschule hinsichtlich dieser drei Kennzahlen, so wird dies belohnt, auch wenn der Leistungsanteil dieser Indikatoren insgesamt lediglich 10 % beträgt. Ein richtiger Anreiz scheint hier bisher nicht gefunden zu sein. In den letzten zwei Jahren hat es sich jedenfalls noch nicht bestätigt. Wir müssen abwarten, ob sich dies langfristig noch ändern wird.
Eine dritte Maßnahme sind landeseigene Programme wie JUWEL und das Mentoring-Programm für Frauen. Während das früher ausschließlich Mädchen vorbehaltene JUWEL-Programm nun für Jungen und Mädchen gleichermaßen gilt, werden die Mittel für das Mentoring-Programm in den kommenden Jahren auf 80 %, später auf 60 % und schließlich auf 30 % reduziert. Die Hochschulen sind angehalten, die fehlenden Mittel aus der eigenen Tasche dazuzugeben. Hier sind wir beim eigentlichen Problem, seien es Bibliotheken oder sei es die Frauenförderung: Das Land gibt die Aufgaben an die Hochschulen weiter, ohne im nötigen Maß Gelder zur Verfügung zu stellen.
Die eigenen, von der Verfassung verlangten „wirksamen Maßnahmen des Landes“ sind in Bezug auf die Gleichstellung sehr dürftig. Hier will die Linksfraktion Abhilfe schaffen. Wir wollen, dass das Land den Hochschulen bei einer so wichtigen und nötigen Aufgabe wie der Frauenförderung mit Landesinitiativen zur Seite steht. Wir halten die fünf im Antrag genannten Maßnahmen für dringend erforderlich, um der Pflicht zu genügen, die uns unsere Verfassung auferlegt. Dass entsprechende Initiativen nötig sind, zeigt auch ein Blick in die Statistik. In Brandenburg sind nur knapp 50 % der Studienanfänger weiblich. Diese Quote sinkt, wenn auch nur minimal, in den letzten Jahren kontinuierlich. Bei den Promotionen wird es dramatisch. 2004 hatte Brandenburg bei Frauen eine Promovierendenquote von 0,5 %. Das heißt, nur 0,5 % aller Frauen einer Altersstufe haben promoviert. Das ist bundesweit der schlechteste Wert.
Eine andere Zahl unterstreicht diesen Trend. Während bundesweit 35 % aller Promotionen zwischen 1999 und 2003 von Frauen abgelegt wurden, waren es in Brandenburg nur knapp 30 %. Ebenso entfiel nur knapp ein Viertel aller Habilitationen im Jahre 2005 auf Frauen. Bezüglich der Habilitationen in mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern liegt Brandenburg im bundesweiten Vergleich auf dem letzten Platz.