Peer Jürgens
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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Kollegin Große hat sich vorhin auf den Bildungsstreik von vor zwei Wochen bezogen. Dort haben rund 5 000 Studierende, Schülerinnen und Schüler gemeinsam gegen die aktuelle Bildungspolitik protestiert und ein Umsteuern gefordert. Dieser Forderung kann sich die Linke nur anschließen. Ich bin enttäuscht, Herr Rupprecht, dass Sie das anders sehen.
Eines muss ich gleich zu Beginn klarstellen: Die Wissenschaftsministerin Prof. Wanka hat gestern hier in der Aktuellen Stunde die Forderungen des Bildungsstreiks kommentiert. Liebe Frau Ministerin, ich habe die Forderungen - zwei Seiten sind das - mitgebracht. Niemand hat einen generellen Verzicht auf Bewertung gefordert, aber die Zwangsexmatrikulation gehört abgeschafft.
Es sind berechtigte Forderungen von politisch engagierten jungen Menschen, und es steht Ihnen nicht zu, das zu diskreditieren. Was Sie hier gestern gemacht haben, war einfach unredlich.
Eine Aktion während des Bildungsstreiks war die Blockade des Wissenschaftsministeriums durch rund 100 Protestierer. Besonders ist mir dabei ein Transparent in Erinnerung geblieben,
das Heraklit zitiert. Darauf stand: „Bildung ist nicht das Befüllen von Fässern, sondern das Entzünden von Flammen.“
Dahinter steckt eine Vorstellung von Bildung, die wir Linke teilen. Es geht darum, junge Menschen zum kritischen und selbstständigen Denken anzuregen, für Wissenschaft und Debatte zu begeistern, Neugier zu wecken.
Es geht eben nicht darum, standardisiertes Wissen mit Multiple Choice dicht gedrängt abzufragen, Schmalspurbildung zu fördern, den Blick über den Tellerrand zu behindern und gleichzeitig den Zeit- und Leistungsdruck immer weiter zu steigern. Was wir nicht wollen und nicht brauchen, sind Lernfabriken und Bildungsdummys.
Was wir stattdessen im Bildungsbereich brauchen und wollen - und hier greife ich das Zitat von Heraklit auf -, sind im positiven Sinne Brandstifter.
Bildung ist das Entzünden von Flammen. Die Aufgabe der Schulen, Hochschulen und auch der Politik wäre es, diese Flammen anzufachen und sie immer wieder zu befeuern. Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, waren allerdings im Bildungsbereich in Brandenburg in den letzten Jahren Feuerlöscher.
Sie haben die Chancen für ein loderndes Bildungsfeuer immer weiter reduziert. Genau aus diesem Grund müssen wir jetzt umsteuern.
Mehr Qualität für Bildung heißt im Hochschulbereich aus unserer Sicht zunächst einmal eine wirklich qualitativ hochwertige Lehre. Hier ist es ähnlich wie in der Schule. Weniger Studierende pro Professor verbessern die Qualität. Was die sogenannte Betreuungsrelation angeht, war Brandenburg in den letzten Jahren schon nicht besonders gut. Und dann wurden unsere Hochschulen in den letzten zwei Jahren von der Entwicklung der Studierendenzahlen geradezu überrollt.
Es ist wirklich erfreulich, dass in den letzten Semestern so viele junge Menschen in Brandenburg ein Studium begonnen haben. Allerdings sind die Veranstaltungen, Seminare und Hörsäle dadurch dermaßen voll geworden, dass man kaum von einer qualitativ hochwertigen Lehre sprechen kann. Der Ansturm mag nicht auf alle Studiengänge zutreffen, aber in der Tendenz hat sich die Betreuungsrelation weiter verschlechtert.
Wie soll Qualität der Lehre gewährleistet werden, wenn ein Professor pro Studierenden durchschnittlich zwei Minuten Betreuungszeit hat? Wie soll die Qualität gewährleistet werden, wenn sich in einem Seminarraum statt der erlaubten 30 Menschen 50 Menschen drängen? Der erste und wichtigste Schritt für ein Mehr an Bildungsqualität wäre daher ein Mehr an Lehrpersonal.
Entscheidend ist aber nicht nur die Quantität des Lehrpersonals, sondern auch dessen Qualität. Wir als Linke haben vorgeschlagen, die Lehrbefähigung wesentlich stärker bei der Neuberufung von Professoren zu berücksichtigen und jede Professur auch stärker hinsichtlich der Lehrbefähigung zu evaluieren. Ein erster richtiger Schritt war die Gründung des Hochschuldidaktikzentrums. Hier haben Sie glücklicherweise einen Vorschlag der Linken aufgegriffen.
Ein Kernpunkt der Qualitätsentwicklung aus unserer Sicht wäre eine zwingende und umfassende Beteiligung der Studierenden an der Evaluation. Ein Mehr an Beteiligung derjenigen, die von Lehre betroffen sind, würde auch ein Mehr an Bildungsqualität erzeugen.
Ein großes Hemmnis für eine Verbesserung der Lehrqualität ist die Umsetzung des Bologna-Prozesses in Deutschland. Unter dem Label von „Bologna“ ist hier eine Studienreform in Gang gesetzt worden, die teilweise katastrophale Auswirkungen hat: mehr Druck im Studium, weniger Zeit und Freiheiten zum Blick über den Tellerrand, verschulteres Studium und mehr Restriktionen. Man kann viel drum herum reden, aber die im Hochschulgesetz eröffnete Möglichkeit der zwangsweisen Exmatrikulation ist ein unsoziales Instrument, wurde im Bildungsprotest zu Recht kritisiert und gehört abgeschafft.
Ebenso stellt die Beschränkung des Zugangs zum Master eine weitere Beschränkung dar.
Meine Damen und Herren, Bildungshürden sind nicht nur unsozial. Bildungshürden mindern die Qualität der Lehre. Um diese Hürden auch im sozialen Bereich zu verringern, schlägt die Linke unter anderem ein elternunabhängiges BAföG vor. Ein Verzicht auf Bildungshürden und weniger soziale Selektivität im Bildungsbereich steigern die Bildungsqualität.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Politik der Koalition der vergangenen fünf Jahre hat von der Kita über die Schule bis hin zur Hochschule mehr Bildungsqualität verhindert. Aber wenn das Land, wenn unsere jungen Menschen in den nächsten Jahren etwas brauchen, dann mehr Qualität. Aus diesem Grund müssen wir umsteuern. Wenn wir lodernde Bildungsflammen in unserem Land haben wollen, brauchen wir eine grundsätzlich andere Politik. Das ist von Ihnen, meine Damen und Herren von CDU und SPD, leider nicht zu erwarten. Aber glücklicherweise können die Wählerinnen und Wähler im September umsteuern. - Vielen Dank.
Herr Präsident, gestatten Sie mir außerhalb der Reihe eine Danksagung. Aus unserer Fraktion verabschieden sich sechs Kolleginnen und Kollegen: Herr Hammer, Herr Dr. Trunschke...
Gut. Ich dachte, das sei mit unserem Parlamentarischen Geschäftsführer abgesprochen gewesen. Entschuldigen Sie bitte!
Herr Minister, derzeit läuft im Landesbergbauamt ein Verfahren, wonach Vattenfall für die Region Neutrebbin und Beeskow beantragt hat, dort die Erkundung zur CO2-Verpressung durch
führen zu dürfen. Diese Erkundung läuft unabhängig vom CCS-Gesetz.
Insofern lautet meine erste Frage: Können Sie etwas zu den Bedenken sagen, die vor Ort von den Kommunen und Gemeinden vorgetragen wurden, vor allem über Anzahl und Stoßrichtung dieser Bedenken? Können Sie zweitens etwas zum Zeithorizont der Entscheidung des Landesbergbauamtes sagen?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Am 19. Juni dieses Jahres jährt sich zum zehnten Mal die Erklärung von Bologna, welche damals von 29 Bildungsministerinnen und Bildungsministern der europäischen Länder verfasst wurde. Diese Erklärung war ein Meilenstein im Zusammenwachsen Europas und seiner Staaten. In ihr wird von einem Europa des Wissens gesprochen, von dem Bewusstsein, dass ein Europa auch mit einer kulturellen und wissenschaftlichen Dimension errichtet werden muss, und es wird betont, dass Bildung und Bildungszusammenarbeit das wichtigste Ziel für die Entwicklung stabiler, friedlicher und demokratischer Gesellschaften sind.
Die Erklärung hat europaweit einen Prozess ausgelöst, der einen europäischen Hochschulraum als Ziel hatte. Trotzdem war sie nur eine Konkretisierung des eigentlichen Grundsatzpapiers zur Harmonisierung der europäischen Hochschulbildung, der Sorbonne-Erklärung. Aber in Bologna fiel der eigentliche Startschuss für einen der umfassendsten Reformprozesse im Bildungsbereich, weil hier konkrete Ziele festgelegt wurden. Die drei wichtigsten davon sind: Förderung der Mobilität, Förderung von internationaler Wettbewerbsfähigkeit und Förderung von Beschäftigungsfähigkeit.
Der 10. Geburtstag der Bologna-Erklärung scheint eine gute Gelegenheit zu sein, sich intensiver mit den Erfolgen und Misserfolgen, mit den Ergebnissen und Perspektiven der Reform auseinanderzusetzen. Aus diesem Grund hat meine Fraktion im Dezember letzten Jahres die Große Anfrage eingereicht, die wir heute diskutieren. Ich möchte den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ministeriums und der Hochschulen meinen Dank für die Antwort aussprechen; denn sie ist sehr umfangreich und auch sehr detailliert.
Aber - wir wären nicht die Opposition in diesem Hause, wenn jetzt nicht ein „Aber“ folgen würde - bei der qualitativen Bewertung der Anwort kommen uns schon nach dem Lesen der ersten Seiten einige Bedenken. Wenn es auf Seite 4 heißt: „Gleichwohl ist der Bologna-Prozess in seinem bisherigen Verlauf aus Sicht der Landesregierung als äußerst erfolgreich einzuschätzen“, dann scheint mir die Sicht der Landesregierung doch etwas vernebelt zu sein. Frau Ministerin, um es deutlich zu sagen: Eine solche geschönte Bilanz der Reform in Brandenburg entspricht leider nicht der Realität.
Nicht ohne Grund glauben laut einer Gallup-Umfrage 62 % der Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer, dass durch die Bologna-Reform die Qualität der Lehre nicht verbessert wird. Nicht ohne Grund fordern der Deutsche Hochschulverband und die Hochschulrektorenkonferenz ein Umsteuern in dem Prozess und sprechen sogar von einer Verfehlung der BolognaKernziele. Auch bei den Studierenden und Dozentinnen und Dozenten stößt die Reform auf erhebliche Kritik. Es gibt Defizite bei der Umsetzung. Im Rahmen der Bilanz nach zehn Jahren würde es allen Beteiligten gut zu Gesicht stehen, hier eine ehrliche und kritische Bewertung vorzunehmen.
So begrüßenswert die Erklärung von Bologna in vielen Punkten ist - bereits an der Architektur des Reformprozesses gab es laute Kritik, der sich die Linke angeschlossen hat. Das größte Manko aus unserer Sicht ist die Dominanz von wirtschaftspolitischen
Zielen über die bildungspolitische Ziele. Der Bologna-Prozess unterwirft sich in den Zielstellungen der Bologna-Strategie. Hierbei geht es um die Einbettung der Hochschulen in wirtschaftliche Bedürfnisse. Es geht um die sogenannte Employability, und es geht um die Ausrichtung der Hochschulbildung am kurzfristigen Bedarf des Arbeitsmarkts. Die Linke hält das für falsch. Es muss vor allem um Allgemeinbildung, um kritische Wissenschaft und um Persönlichkeitsentwicklung gehen. Wir wollen in diesem Prozess das Primat der bildungspolitischen Ziele.
Vielfach kritisiert wurden auch die fehlenden Schwerpunkte in dem Prozess. Die soziale Dimension der Bologna-Reform wurde erst nach längeren Protesten der Studierendenvertretungen in die Folgeerklärung aufgenommen. Aussagen zur Demokratisierung sucht man vergebens, und die Debatte um eine inhaltliche Studienreform wird oft nur am Rande geführt.
Neben diesen europäischen Konstruktionsfehlern gibt es auch auf nationaler Ebene eine Menge zu kritisieren. In Deutschland wurde die Reform leider oft missbraucht für eine Verdichtung der Studieninhalte, für eine Verschulung des Studiums, für eine Vergrößerung der sozialen Selektivität und für eine Trennung der Studierenden in eine „Bachelor-Masse“ und eine „Master-Elite“.
Es gibt also durchaus erheblichen Verbesserungs- und Korrekturbedarf im Rahmen des Prozesses. Unsere Große Anfrage hätte eine Chance dazu gegeben, auch darüber zu berichten. Das haben Sie leider nicht getan, und dies, obwohl sogar in den Antworten auf unsere Große Anfrage selbst einige Probleme angedeutet werden.
Die Antwort verdeutlicht aber auch einige Erfolge des BolognaProzesses in Brandenburg. Der Stand der Umstellung auf die neuen Studiengänge ist im bundesweiten Vergleich einer der besten. Fast 90 % der Studiengänge sind bereits umgestellt. Bis auf die juristischen und die künstlerischen Studiengänge ist das in allen Studiengängen in vollem Gange. Besonders gut läuft der Aufbau von Instrumenten der Qualitätssicherung an den Hochschulen. Hier gibt es viele Ideen, viel Enthusiasmus, und die Universität Potsdam und die Fachhochschule Potsdam sind im Rahmen des Qualitätswettbewerbs des Stifterverbandes in die Schlussrunde von 13 Unis und 11 Fachhochschulen gekommen.
Liest man die Antwort aber genau, so zeigt sich eine Reihe von Entwicklungen, die den aufmerksamen Leser zu einer solch geschönten Bilanz nicht kommen lassen, wie sie die Landesregierung formuliert hat. Das beginnt bei A wie Akkreditierung. Lediglich 118 von 301 Studiengängen in Brandenburg sind akkreditiert und haben damit quasi ein Qualitätssiegel. Die Kosten für die Akkreditierung für die Hochschulen sind enorm. Fast 700 000 Euro mussten sie bisher dafür aufwenden. Die Mitwirkung von Studierenden in der Akkreditierung ist nur bei wenigen Agenturen üblich. Die Verfahren selbst sind wenig transparent.
Ein Kritikpunkt bestätigt sich ganz offensichtlich: die Durchlässigkeit zwischen Bachelor und Master. Es gibt nur eine Handvoll von Masterstudiengängen, in denen es keine zusätzliche Voraussetzung für den Zugang gibt. Auch die Anzahl der Plätze in den Masterstudiengängen ist jeweils geringer als in den Bachelorstudiengängen. Damit wird eine freie Wahl des Studiums beschränkt, und damit werden Hürden auf dem Bildungsweg aufgebaut, die wir für völlig falsch halten. Der Master sollte der Regelabschluss sein. Daher verbieten sich solche Beschränkungen.
Auch beim Thema Mobilität ist man deutlich hinter den Zielen und Erwartungen zurück. Man hat den Studierenden am Anfang versprochen: Wenn du in Berlin dein Studium anfängst, kannst du ein Auslandssemester in Warschau machen und das Studium vielleicht in Mailand oder London beenden. Die Realität sieht aber so aus, dass die Studierenden oftmals noch nicht einmal zwischen Potsdam und Konstanz oder Potsdam und Rostock wechseln können, weil die Studiengänge in keiner Weise mehr zusammenpassen. Da passt es gut ins Bild, wenn Studienleistungen eben nicht nach bundesweiten Standards anerkannt werden, sondern von jeder Hochschule einzeln geprüft werden. Europäischer Hochschulraum sollte anders aussehen. Vergleichbarkeit sollte anders aussehen.
Die Mobilität steht auch infrage, wenn ein Großteil der Bachelorabsolventen den Master an der gleichen Hochschule beginnt.
Wirklich irritiert hat mich aber die Frage der Internationalität und der internationalen Mobilität. Zwar gibt es auf europäischer Ebene zahlreiche Programme für Auslandsaufenthalte; dennoch scheinen die Studierenden diese kaum wahrzunehmen. Wie können Sie ernsthaft von einem nennenswerten Anstieg der Mobilität sprechen, wenn der Anteil von Studierenden mit Auslandsaufenthalt von 0,05 % im Jahre 2000 auf 0,3 % im Jahre 2008 gestiegen ist? Oder nehmen wir die ERASMUSZahl: ein Anstieg von 1,3 % auf 1,7 %. Oder nehmen wir die Zahl des Auslands-BAföG: ein Anstieg von 0,8 % auf 1,3 %. Das alles ist alles andere als Mobilität. Das spricht eher dafür, dass sich die Studierenden ein Studium im Ausland nicht leisten können oder wollen. Auch der Anteil von ausländischen Wissenschaftlern an Hochschulen stimmt nachdenklich. Etliche Hochschulen haben gar keine ausländischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.
Am meisten schockiert hat mich etwas anderes. Ein zentrales Ziel der Bologna-Reform war es, die Abbrecherquoten zu verringern, die Studierbarkeit zu erhöhen und mehr junge Menschen durch das Studium zu bringen. Aber Sie kennen nicht eine einzige Zahl zu den Abbrecherquoten oder zur Erfolgsquote. Sie können überhaupt nicht sagen, ob dieses zentrale Ziel erreicht wurde oder nicht. Sie können überhaupt nicht sagen, ob die Instrumente wirken oder nicht. Das muss Ihnen doch zu denken geben. Die Studierbarkeit mag zwar auf dem Papier gegeben sein, aber die studentische Evaluation der Universität Potsdam hat gezeigt, wie viele Probleme es mit den Studienordnungen, der Kompatibilität von Kursen und dem Studienablauf gibt. Die Regelstudienzeit wird immer noch von einem Viertel der Studierenden in den Bachelorstudiengängen überschritten. Damit ist das Ziel verfehlt.
Nur kurz will ich noch Folgendes nennen: Fast alle beginnen gleich nach dem Bachelor mit dem Master. Das war nicht die Absicht von Bologna, und dies spricht eher dafür, dass die Bachelorstudiengänge auf dem Arbeitsmarkt nicht akzeptiert sind und dass die Absolventen nach dem Bachelorabschluss eben keinen Arbeitsplatz finden.
Geradezu zynisch ist Ihre Aussage, die Lehramtsstudierenden - Lehramt wird in Brandenburg in Bachelor und Master unterteilt, und nur die Masterabsolventen können in den Schuldienst übernommen werden - hätten doch bei Studienbeginn wissen müssen, dass sie mit dem Bachelor-Lehrer nichts wer
den können. - Ausweislich Ihrer Antwort haben Sie offensichtlich nicht verstanden, was die soziale Dimension des Studiums bedeutet. Es geht hierbei mehr als um Essensportionen und Wohnheime.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Antwort der Landesregierung auf unsere Große Anfrage zeigt deutlich die Probleme, die Fehlentwicklungen und den Nachbesserungsbedarf bei der Bologna-Reform. Die Linke fordert eine Weiterentwicklung des Prozesses. Wir brauchen eine soziale Dimension des Studiums. Wir brauchen eine wirkliche Chance auf Mobilität im Studium. Wir brauchen ein Mehr an Mitbestimmung im Rahmen des Prozesses. Wir brauchen eine Debatte um Studieninhalte und nicht um Strukturen. Wir brauchen mehr Freiheiten im Studium. Für einen wirklich europäischen Hochschulraum, für eine wirkliche Dimension eines kulturellen und wissenschaftlichen Europas brauchen wir eine Reform der Reform. Mit dieser Forderung steht die Linke neben Studierenden, neben Professorinnen und Professoren, neben der HRK. Der Präsident der Alexander-vonHumboldt-Stiftung, Prof. Schwarz, hat gesagt:
„Der Bologna-Prozess wird das Humboldtsche Ideal beerdigen, wenn wir nicht bald gegensteuern.“
Nutzen wir den zehnten Geburtstag der Bologna-Erklärung für eine kritische Diskussion über die Ergebnisse, die Perspektiven und die dringend nötige Fortentwicklung der Hochschulreform. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe - abgesehen von Herrn Nonninger, der ein wenig daneben gelaufen ist - eine große Einstimmigkeit gesehen, was den Prozess an sich angeht. Es hat hier, glaube ich, niemand gesagt, dass wir den Prozess zurückdrehen wollen. Es ist sehr sinnvoll, dass wir den Prozess in dieser Form haben. Dennoch haben wir alle hervorgehoben, dass es noch Schwächen in diesem Prozess gibt, deren Beseitigung wir einfach vorantreiben müssen. Insofern war es richtig, dass wir die Anfrage gestellt und dazu im Plenum - nicht nur im nichtöffentlichen Wissenschaftsausschuss - eine Debatte geführt haben.
Zu zwei kleinen Punkten möchte ich noch etwas sagen, die ich vorhin nicht nennen konnte, die aber zeigen, dass tatsächlich Bedarf besteht, hier nachzusteuern. Das eine betrifft das BAföG. BAföG wird derzeit bis zu einer bestimmten Altersgrenze gezahlt. Wenn ich nach dem Bachelorstudium eine Praxiszeit einlege und anschließend das Masterstudium beginne, falle ich häufig aus dieser Altersstruktur heraus und bekomme kein BAföG mehr, obwohl es sich immer noch um ein Studium handelt. Diesbezüglich muss man auch auf Bundesebene sehen, hier nachzusteuern, damit man auch noch BAföG beantragen kann und bewilligt bekommt, wenn man ein Zweitstudium im Master beginnt.
Beim Zweiten - dies liegt mir sehr am Herzen - geht es um die Frage des Engagements parallel zum Bachelor. Auf unsere Anfrage bekamen wir von der Landesregierung folgende Antwort: Die Landesregierung schätzt es nicht so ein, dass das Engagement wegen der Belastung zurückgeht. Wir dagegen schätzen es schon so ein. Sowohl von Herrn Vahrson von der FH Eberswalde als auch von der HFF in Potsdam wird bestätigt: Die Studierenden haben weniger Zeit, die Zahl der Projekte von Studierenden geht zurück, die Campus-Zeitung kann oft nicht mehr erscheinen und bestimmte Theaterprojekte finden nicht mehr statt, weil die Studierenden aufgrund des Zeitdrucks im Bachelor nicht mehr in der Lage sind, sich parallel noch freiwillig zu engagieren. Wenn wir dies verlieren, wäre das sehr
schade für das Campusleben in Brandenburg. Deswegen müssen wir hier nachsteuern.
Herr Niekisch hat gesagt, man solle den eigenen Namen in die Waagschale werfen. Manchmal ist es jedoch recht sinnvoll, sich auch an Namen zu halten, die vielleicht etwas kompetenter und wohlklingender sind als mein eigener. Deswegen möchte ich Ihnen etwas zitieren:
„Der Bologna-Prozess in Deutschland ist nur noch zu retten, wenn massiv gegengesteuert wird. Mit einem bloßen Nachsteuern ist es nicht getan. Eine Zwischenbilanz der Bologna-Reform fällt ernüchternd aus. Die neuen, im Rahmen der Profilierung entstandenen Studiengänge sind so spezialisiert, dass ein Standortwechsel während des Bachelorstudiums im In- wie im Ausland nahezu unmöglich ist. Damit wird das Ziel, einen europäischen Hochschulraum zu schaffen, konterkariert. Bei der Mobilität haben wir kein Plus, sondern ein Minus. Von einem suggerierten Automatismus bei der Anerkennung von Studienleistungen sind wir weiter entfernt als vor der Reform, da das ECTS-Kreditpunktesystem von Land zu Land unterschiedlich gehandhabt wird und Leistungen kaum noch vergleichbar sind. Zudem hat sich die Zahl der Studienabbrecher erhöht und nicht verringert. Während jeder Fünfte das Universitätsstudium nicht zu Ende geführt hat, ist es im Bachelorstudium jeder Vierte. So wie bisher kann es nicht weitergehen.“
Dieses Zitat ist von Prof. Dr. Bernhard Kempen. Er ist der Präsident des Deutschen Hochschulverbandes. Ich glaube, er ist sehr kompetent und kann dazu sehr gut Aussagen treffen. Dennoch danke ich Ihnen für die Debatte. Wir müssen hier einfach weitermachen. - Danke schön.
Am Donnerstag der letzten Woche haben die Bildungsminister der Länder Berlin und Brandenburg Zöllner und Rupprecht den Bildungsbericht für die Region Berlin-Brandenburg vorgestellt. In diesem Bericht sind ausführliche Daten und Einschätzungen zu der Situation in dem jeweiligen Land enthalten und werden auch Vergleiche angestellt. Der Bericht enthält auch ein Kapitel zum Bereich Hochschule, in dem zwar sehr genau die Situation in Berlin, aber eben nicht die in Brandenburg analysiert wird. Damit weist der Bericht ein erhebliches Defizit auf.
Ich frage die Landesregierung, warum in dem Kapitel Hochschule des Berichts die Einschätzungen für Brandenburg fehlen.
Frau Ministerin, ich entnehme Ihren Ausführungen, dass Sie für den aktuellen Bericht jetzt nicht noch etwas nachliefern werden. Sie haben gesagt, von Ihrer Seite gebe es einen Vor
schlag dahin gehend, einen gemeinsamen Bericht für den Hochschulteil zu machen. Wie sollte dieser Bericht dann zusammen mit Berlin und mit dem Institut ausgearbeitet werden, und könnten wir diesen Bericht dann auch bekommen?
Meine zweite Frage: Sie sagen, die Daten hätten bereits vorgelegen, und einige Daten seien sogar falsch. Warum unterstützt das Land Brandenburg dieses Institut so intensiv, das einen solchen Bericht erstellt, obwohl, wie Sie sagen, die Daten bereits vorliegen und es in diesem Bereich nichts zu tun gibt?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die CDU-Fraktion im Landtag sorgt sich laut Antrag um den abzusehenden Mangel
an Fachkräften im Land. Deswegen soll heute in der Aktuellen Stunde über Möglichkeiten und Strategien diskutiert werden, wie trotz Wirtschaftskrise einem Akademikermangel entgegenzutreten ist. Viele Möglichkeiten und Strategien habe ich bis jetzt noch nicht dazu gehört.
Das Ganze erinnert mich an eine schöne Fabel von Jean de La Fontaine. Darin geht es um Ameisen, die den ganzen Sommer über hart und fleißig arbeiten, ihr Haus bauen und Vorräte für den Winter anlegen, und um eine Grille. Die sagt sich: „Was für Narren sind doch diese Ameisen“, und sie sang, lachte, tanzte und spielte den ganzen Sommer lang. Es kam der Winter, und die Ameisen hatten es in ihrem Haus behaglich warm und genug zu essen. Die Grille jedoch, die weder für eine Unterkunft noch für Nahrungsvorräte gesorgt hatte, starb elend in der Kälte.
Der Mangel an Akademikerinnen und Akademikern, meine Damen und Herren von der CDU, ist nicht erst heute aktuell. Er ist nicht erst aktuell durch die Krise, er wächst nicht erst heran, sondern ist seit vielen Jahren bekannt.
Seit vielen Jahren tun Sie offensichtlich viel zu wenig, um diesem Mangel entgegenzuwirken. Sie können nicht die ganze Legislaturperiode grillenhaft singen und tanzen und sich dann wundern, wenn das Problem der Fachkräftesicherung plötzlich über Sie kommt.
Erinnern Sie sich: Die Fraktion der PDS hatte im April 2005 einen Antrag in den Landtag eingebracht: Studierendenquote steigern, mehr Abiturientinnen und Abiturienten zum Abitur. Sie von der Koalition haben damals nur gesagt: Was für Narren sind doch diese Linken! - Meine Damen und Herren, DIE LINKE hat sich zu Recht wegen des absehbaren Mangels an Akademikern gesorgt.
Eine zweite grundsätzliche Bemerkung möchte ich zu Ihrem Antrag machen: Ja, es geht um einen sich abzeichnenden Fachkäftemangel, insbesondere in den technischen Berufen. Aber es kann nicht ausschließlich darum gehen, die Rolle der Hochschulen bei der Sicherung der Zukunft von Wachstum und Beschäftigung zu diskutieren. Hochschulen sind eben keine reinen Produktionsstätten für Fachkräfte, aber die Wissenschaftspolitik dieser Landesregierung zielt oft genug genau in diese Richtung.
Das ist eine Vereinfachung, die wir nicht mitmachen. Im Hochschulgesetz lautet der erste Satz bei der Beschreibung der Aufgaben der Hochschulen:
„Die Hochschulen dienen der Pflege und Entwicklung der Wissenschaften und Künste durch Lehre, Forschung, Studium und Weiterbildung.“
Bei aller Verantwortung für die Ausbildung von Fachkräften dürfen wir diese Dimension von Wissenschaft nicht vergessen. Trotzdem ist es angebracht, über die Frage zu diskutieren, wie wir dem beschriebenen Mangel entgegentreten können. Es gibt
dazu eine Menge zu sagen. Wenn man dieses komplexe Thema Fachkräftesicherung sinnvoll angehen möchte, muss man sich die verschiedenen Phasen anschauen, die junge Menschen auf dem Weg zum Studienabschluss durchlaufen. Dabei kommt man ganz schnell zu einer zentralen Erkenntnis: Gute Bildung für alle, und zwar von Anfang an!
Das ist eine Erkenntnis, die hier im Saal manche schon länger haben, andere erst seit wenigen Wochen. Diese Erkenntnis darf man aber nicht nur formulieren, sondern sie muss auch realisiert werden. Will man wirklich mehr Menschen zum Studium bringen, muss man früh ansetzen. Bereits in der Kita und in der Grundschule werden die Grundlagen für Lernfreude, Forscherdrang und Neugier gelegt. Bereits hier braucht es Lehrkräfte, die Spaß am Experimentieren und Lust auf Lernen wecken. Schon in der Grundschule schlägt die soziale Selektivität zu. Nach Aussagen der PISA-Studie 2006 tut sie das in Brandenburg besonders heftig. Das, meine Damen und Herren, ist das Ergebnis der Politik Ihrer Koalition.
Was wir an potenziellen Ingenieuren, Doktoranden und Professoren aufgrund der starken Abhängigkeit des Bildungserfolgs von der sozialen Herkunft bereits hier verlieren, ist angesichts des drohenden Mangels unverantwortlich. Sie haben die Hürden im Bildungssystem in dieser Legislaturperiode kontinuierlich erhöht und damit einen Teil des Akademikermangels selbst mit organisiert.
Neben der Notwendigkeit, Interesse an Bildung so früh wie möglich zu wecken, heißt darum die wichtigste Maßnahme: Machen Sie unser Bildungssystem sozial gerechter, verbessern Sie deutlich die Durchlässigkeit des Schulsystems, vergeuden Sie nicht schon im Kindesalter das Potenzial dieses Landes mit überflüssigen sozialen Hürden!
Wenn man vom Bedarf an Fachkräften redet und eine gute Ausbildung von jungen Menschen meint, dann muss man auch über die Qualität von Bildung reden. Hier hat sich die Situation verschlechtert. Ich will darauf nicht näher eingehen und sage nur: Schulschließungen und Lehrermangel wirken sich negativ auf die Fachkräftesicherung aus.
Ich möchte noch einen dritten Punkt ansprechen. Es wird besonders in den technischen Berufen ein Mangel erwartet. Vor allem Ingenieure und Naturwissenschaftler werden in den nächsten Jahren gebraucht. Da wäre es doch sinnvoll, insbesondere diese Fächer in der Schule zu stärken. Aber leider gibt es in Brandenburg nicht wie in anderen Bundesländern schon in der Grundschule ein komplexes Fach „Naturwissenschaften und Technik“. Leider werden in Brandenburg viel zu wenig Lehrer besonders in Mathematik und Physik ausgebildet. Eine grundständige Ausbildung von Berufsschullehrerinnen und -lehrern gibt es in Brandenburg überhaupt nicht.
Das alles zeigt, dass schon im Schulbereich Maßnahmen nötig wären, die Sie nicht angehen.
Die zweite Phase ist der Übergang von der Schule zur Hochschule. Nur 45 % eines Jahrgangs in Brandenburg gehen überhaupt zum Abitur. Die Übergangsquote der Abiturienten ist mit unter 60 % bundesweit genauso Schlusslicht wie die Studienanfängerquote mit 26 %. Die zweite große Aufgabe ist es also, die Abiturienten davon zu überzeugen, ein Studium zu beginnen. Da gibt es mittlerweile etliche gute Initiativen der Hochschulen, welche die Kooperation zwischen Schule und Hochschule verbessern: Kinderuniversitäten, Projektwochen, Studienbeauftragte für die Schulen oder die Juniorstudierenden. Auch die Kontaktstellen der Hochschulen etwa in der Prignitz sind ein Beispiel dafür, wie sich Hochschulen darum bemühen, um künftige Studierende zu werben.
Aber auch die Lehrerinnen und Lehrer müssen die Chance haben, das System Hochschule durch Weiterbildung kennenzulernen. Insofern ist eine ordentliche Lehrkräftefortbildung ein Baustein, damit schon in der Schule Lust auf ein Studium vermittelt werden kann.
Doch wir brauchen nicht nur mehr Abiturienten an den Hochschulen. Um den Bedarf an Fachkräften wirklich zu decken, müssen wir den Zugang zum Studium verbreitern und flexibler gestalten. Die Linke hat sich hierfür seit Jahren stark gemacht, und deshalb begrüßen wir die entsprechende Neuregelung im Hochschulgesetz. Es ist richtig, auch Menschen mit Berufsausbildung und Berufserfahrung den Zugang zum Studium zu gewähren. Wirklich gut ist auch die Werbekampagne der Landesregierung, mit der für ein Studium in Brandenburg geworben wird.
- Aber, Frau Lehmann, genau hier wird das eigentliche Problem deutlich. Aus Sicht der Linken gibt es zwei große Hürden zwischen dem Beginn und dem Ende eines Studiums, die auch keine Werbekampagne vergessen machen kann. Zum einen fehlt ein sozial abgesichertes Studium, und zum anderen fehlt ein qualitativ hochwertiges Studium. Laut der Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerkes ist der Hauptgrund der Abiturienten dafür, kein Studium zu beginnen, die Sorge um die finanzielle Absicherung. Fast zwei Drittel aller Studierenden müssen neben dem Studium arbeiten, um sich den Lebensunterhalt zu verdienen, was angesichts der Bologna-Reform nahezu unmöglich wird.
Es mag eine Verbesserung beim BAföG gegeben haben, aber ausreichend war diese Änderung bei weitem nicht. Nötig wäre ein wirklich existenzsicherndes, elternunabhängiges BAföG. Die Frage der sozialen Selektivität zieht sich in Brandenburg durch die gesamten Phasen der Bildung. Auch für die Hochschulausbildung bedeutet das für uns: Lassen Sie uns das Studium sozial gerechter machen, verbreitern wir den sozialen Trichter - und wir gewinnen junge Menschen!
Auch die zweite Hürde muss dringend beseitigt werden: die mangelnde Qualität der Lehre. Die Linke freut sich über den deutlichen Zuwachs an Studienanfängerinnen und -anfängern. Aber während die Studierendenzahlen seit Jahren steigen, manchmal sogar über 10 %, während wir in Brandenburg mittlerweile 46 800 Studierende haben, bleibt die Zahl der personalbezogenen Studienplätze konstant. Wie können Sie eine hohe
Qualität der Lehre garantieren, wenn Hörsäle voll und Dozentinnen und Dozenten überlastet sind? So hat sich beispielsweise die Fachstudiendauer in Brandenburg in allen Abschlussarten seit dem Jahr 2000 deutlich erhöht. Hier stechen gerade viele technische und naturwissenschaftliche Studiengänge hervor.
Auch hinsichtlich der Abbruchquote liegen ingenieur- und naturwissenschaftliche Studiengänge mit 25 % und mehr an der Spitze. Das Problem der schlechten Betreuung in den Studiengängen lösen Sie nicht durch ein Mentoringprogramm. Was hier gebraucht wird, sind mehr Stellen in der Lehre. Für die Ausbildung von Fachkräften brauchen wir auch mehr Fachkräfte in den Studiengängen.
Schlussendlich müssen wir die ausgebildeten Fachkräfte auch im Land halten. Es gibt keine einfachen Lösungen, um dem Mangel an Akademikern entgegenzuwirken. Aber es gibt einige klare Schritte, die heute nötiger sind denn je. Wir müssen die Begeisterung für Lernen und Bildung wecken. Wir müssen die Qualität der Bildung erhöhen. Wir müssen die soziale Auslese in der Bildung verringern. Zu allen drei Schritten habe ich Ihnen die Vorschläge der Linken benannt. Lassen Sie uns gemeinsam diese Schritte gehen, um das Problem der Fachkräftesicherung zu verringern. Dann wären wir auch wieder bei der am Anfang erwähnten Fabel. In der Originalversion dieser Fabel des Griechen Äsop haben die Ameisen der Grille geholfen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieser Tagesordnungspunkt schließt quasi nahtlos an den vorherigen an; es geht nämlich auch um Lehrerinnen und Lehrer.
Der große Maler Pablo Picasso hat einmal gesagt:
„Kunst wäscht den Staub des Alltags von der Seele.“
Nimmt man das ernst, so wird es nach den Ereignissen der letzten Wochen auf den Seelen in Brandenburg wohl sehr staubig werden.
An der Universität Potsdam wurden über Jahre hinweg Kunsterzieherinnen und Kunsterzieher ausgebildet. Der Studiengang Kunst genoss eine hohe Anerkennung. Hier wurden neue Wege der Kunstrezeption und der Kunstproduktion beschritten. Der Studiengang war in der Stadt Potsdam sehr gut verankert.
Trotz allem ist dieser Studiengang letzte Woche de facto abgeschafft worden. Im Sinne Picassos werden es die Seelen vor allem der Brandenburger Schülerinnen und Schüler in den nächsten Jahren schwerer haben, vom Staub befreit zu werden.
Die Gemengelage rund um den Beschluss ist einerseits klar und deutlich, andererseits recht kompliziert. Kunst ist ein Teil der schulischen Ausbildung. Der Anteil an den Wochenstunden beträgt laut Stundentafel rund 6,5 %. Bereits heute kann der Bedarf an Kunstunterricht nicht von fachlichen Personal gedeckt werden. Bei derzeit rund 200 - oder 115 - Neueinstellungen von Lehrkräften pro Jahr liegt der Anteil an Kunstlehrerinnen und Kunstlehrern bei zwölf Menschen. Noch - noch! kann die Universität Potsdam diese Anzahl aus eigener Kraft ausbilden. Aber der Bedarf an Lehrkräften steigt in den kommenden Jahren rasant an, sodass bis 2015 deutlich mehr Absolventinnen und Absolventen als heute gebraucht werden. In der gesamten Region Berlin-Brandenburg werden in den kommenden fünf Jahren deutlich mehr als 100 Kunstlehrerinnen und Kunstlehrer pro Jahr benötigt.
Anstatt für diesen Bedarf zu planen, wird genau das Gegenteil gemacht. Der Fakultätsrat der Humanwissenschaftlichen Fakultät der Universität Potsdam hat die zum Sommersemester auslaufende Professur Kunst denominiert, und das, obwohl gerade mit viel Geld die Ateliers für die Fakultät Kunst ausgebaut worden waren. Faktisch bedeutet das die Schließung des Studienganges, weil es die einzige Professur im Studiengang Kunst war. Was bitte ist ein Studiengang ohne Professur?
Aber hier wird es nun kompliziert. Natürlich liegt es uns als Linke fern - es sollte auch dem Parlament im Gesamten fernliegen -, aufgrund dieses Beschlusses an der Autonomie der Hochschulen zu zweifeln. Natürlich kann ich die Universität Potsdam verstehen, wenn sie im Rahmen des bundesweiten Wettbewerbs der Hochschulen und vor dem Hintergrund der Exzellenzinitiative versucht, ihre Stärken weiter auszubauen. Die Professur Kunst fiel dem Cluster Empirische Bildungsfor
schung zum Opfer; dort wurde sozusagen ein ganzes Paket aus fünf Professuren geschnürt.
Sosehr zu verstehen ist, dass die Uni-Leitung angesichts der Unterfinanzierung zu einem solchen Schritt gezwungen war, so wenig kann allerdings die uniinterne Herangehensweise akzeptiert werden. In einem fast zwei Jahre währenden Prozess wurden ständig neue, nicht immer demokratische Wege gesucht, eine Schließung des Studiengangs zu erreichen. Es ist engagierten Wissenschaftlern und Studierenden - einige sitzen heute im Publikum - des Studiengangs, aber auch dem Fachschaftsrat und dem AStA der Uni Potsdam zu verdanken, dass die Niederlage wenigstens hinausgezögert und immer wieder Öffentlichkeit hergestellt wurde. Alle Abgeordneten haben ja in dieser Woche noch einmal ein Schreiben von Verantwortlichen des Studiengangs und der BDK bekommen.
Die Argumente für eine Schließung wurden mehrfach widerlegt. Der Bedarf für die Ausbildung ist gegeben; das gibt die Landesregierung auch zu. Die Universität der Künste in Berlin hat weder die Kapazitäten für eine gemeinsame Ausbildung, noch sind die Studienordnung oder die Ausbildung an sich miteinander kompatibel. Die angestrebte Kooperation beider Hochschulen ist jedenfalls immer noch nicht geklärt. Die angeblich mangelnden Forschungsanteile des Studiengangs Kunst können durch eine bestehende Zusammenarbeit mit dem Institut für Künste und Medien gewährleistet werden.
Auch gibt es schon akkreditierte Kunststudiengänge mit nur einer einzigen Professur, nämlich in Hildesheim und in Hannover.
Alles spricht gegen diesen Beschluss. Aber er ist nun so gefallen, könnte man sagen. Aus unserer Sicht, aus Sicht der Fraktion DIE LINKE, gibt es zwei entscheidende Punkte, welche das Ergebnis der Fakultätsratssitzung bedenklich machen.
Erstens ist diese Ausbildung von Kunstlehrerinnen und Kunstlehrern von erheblichem Landesinteresse. Herr Rupprecht selbst hat die Entscheidung der Universität sehr bedauert. Allerdings muss ich Sie fragen, Herr Rupprecht: Warum konnte Ihr Ministerium nicht zusammen mit dem Wissenschaftsministerium den Bedarf an Mitteln wegen der hohen Bedeutung der Ausbildung weiterhin sicherstellen?
Zweitens - das ist der zweite entscheidende Grund - obliegt laut Hochschulgesetz die endgültige Entscheidung über die Schließung eines Studiengangs der Ministerin für Wissenschaft. Da die Universität Potsdam eine De-facto-Schließung des Studiengangs beschlossen hat, wäre hier ihr letztes Wort gefragt.
Kurzum: Der Bedarf für Absolventen des Studienganges Kunst ist da. Die geplante gemeinsame Ausbildung mit der UdK ist nicht möglich. Das Land muss aufgrund seines eigenen Interesses Mittel für die Professur Kunst zur Verfügung stellen, und - was viel wichtiger ist - es muss das Signal ausgehen, dass wieder immatrikuliert werden kann. Darum meine Bitte um Zustimmung zu unserem Antrag im Sinne der Kunst und der verstaubten Seelen. - Danke schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin etwas verwirrt. Herr Niekisch fordert mich auf, das Wünschenswerte mit dem Machbaren zu verbinden.
Wenn wir das Wünschenswerte aufgeschrieben hätten - dauerhaft zwei Professuren für diesen Studiengang -, hätten Sie uns das genauso um die Ohren gehauen wie das, was wir jetzt beantragt haben. Insofern bin ich ein wenig hilflos, was wir überhaupt tun sollen.
Wir haben eine Professur für ein Jahr aus dem Grund beantragt, weil wir genau das veranlassen wollen, was die Kollegin Geywitz empfohlen hat, nämlich eine Klärung über den Prozess herbeizuführen, den die Ministerin hier angesprochen hat. Wir wollen, dass eine Professur weiterhin zur Verfügung steht, damit sich Studenten wieder immatrikulieren können. Schließlich geht es bei einer Übergangsprofessur nur darum, die verbliebenen Studenten zu einem Abschluss zu führen. Wir wollen dagegen, dass in diesem Studiengang wieder neu immatrikuliert wird. Deswegen brauchen wir hier die Gewissheit.
Noch einen Satz zu der UdK-Kooperation. Man könnte jetzt anfangen, über die unterschiedlichen Studienanteile der UdK und der Universität Potsdam zu diskutieren. Dies ist alles relativ kompliziert und auch vielschichtig. Jedoch möchte ich einen Satz aus dem Protokoll des Fakultätsrats Bildende Kunst an der UdK zitieren:
„Der Fakultätsrat Bildende Kunst der UdK hat am 10.12.2008 dem in dieser Sache verhandelnden Beauftragten empfohlen, die Gespräche mit der Universität Potsdam einzustellen, was die Kooperation angeht, da er keine positiven Auswirkungen für Studierende der UdK durch eine solche Kooperation feststellen konnte.“
Demnach steht die Antwort auf die Frage, ob eine solche Kooperation zustande kommt, noch in den Sternen. Aus diesem Grund wollen wir hier Sicherheit. Wenn Sie jedoch, Frau Ministerin, sagen, dass die Entscheidung noch auf Ihrem Schreibtisch landet, bin ich guter Dinge, dass Sie zum Wohl des Landes Brandenburg eine gute Entscheidung treffen werden. Nichtsdestotrotz bitte ich noch einmal um Zustimmung zu unserem Antrag. - Danke schön.
Frau Ministerin, ich habe nur eine Nachfrage. Sie haben den Hochschulpakt 2020 der Bundesregierung angesprochen. Würden Sie mir zustimmen, dass die Mittel, die Brandenburg aus diesem Pakt bekommt und die vom Land, wie Sie gesagt haben, dankenswerterweise aufgestockt werden, geplant waren dafür, die Zahl der Studienanfänger konstant zu halten, und nicht dafür, einen Aufwuchs zu fördern?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundeskanzlerin rief zum Bildungsgipfel nach Dresden, und in der Tat wäre ein Gebirge wie die Alpen nötig gewesen, um die Bildungsmisere in Deutschland zu beheben.
Herausgekommen ist nicht einmal ein popeliges Mittelgebirge. Meine Kollegin Große hat bereits ausführlich beschrieben, welche Enttäuschung dieses Treffen für den Bildungsbereich war. Diese Enttäuschung setzt sich im Hochschulbereich fort. Die kälteste Dusche haben die Studierenden abbekommen: Man konnte sich auf dem Treffen nicht auf einen bundesweiten Verzicht auf Studiengebühren einigen, und darüber war selbst Matthias Platzeck enttäuscht.
Damit bleibt es in vielen Bundesländern bei einer sozial ausgrenzenden und abschreckenden Politik; denn bereits im Vorfeld des Treffens wurde durch eine Studie bekannt, dass fast 20 000 junge Menschen des Abiturjahrgangs 2006 wegen der Studiengebühren ein Studium nicht anfangen. DIE LINKE bleibt deshalb weiterhin lautstark bei ihrer Forderung nach einem Verzicht auf jegliche Studiengebühren.
An dieser Stelle muss ich einen Irrtum aufklären. Die SPD geriert sich ja in letzter Zeit gern als die große Gegnerin von Studiengebühren. Bildungsminister Rupprecht hat auf dem Bildungskongress in der Staatskanzlei letzte Woche noch einmal betont, die SPD sei gegen Studiengebühren im Erststudium in der Regelstudienzeit. Das sind bereits zwei Einschränkungen. Das heißt im Klartext, die SPD ist für Studiengebühren im Master und für Studiengebühren bei Menschen, die länger als die festgelegte Studienzeit studieren.
Lieber Herr Rupprecht, in Brandenburg liegt die Studiendauer in fast allen Studiengängen über der Regelstudienzeit. Deswegen ist die Ablehnung von Studiengebühren durch die Sozialdemokraten bestenfalls halbherzig. Sorgen Sie lieber dafür, dass ein Studium in Regelstudienzeit möglich ist!
Die größte Enttäuschung ist mit Sicherheit die Unverbindlich
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist mir eine Freude, bei diesem spannenden und wichtigen Thema die Debatte zu eröffnen, auch wenn die Reihen der Koalition etwas leer sind.
- Von hier vorn sehen die Reihen sehr leer aus, Herr Klein.
Wir diskutieren heute in 2. Lesung die Novelle des Hochschulgesetzes. Endlich, könnte man sagen. Schließlich musste die Behandlung im Plenum zweimal verschoben werden, weil sich die Koalition nicht einig war. Man könnte aber auch sagen: Zum Glück findet die Verabschiedung des Gesetzes erst heute statt; denn dieses Gesetz enthält massive Verschlechterungen für die Hochschullandschaft, und die Linke wird das Gesetz in seiner jetzigen Fassung ablehnen. Um es ganz klar zu sagen: Mit diesem Gesetz schicken Sie die Hochschullandschaft in die wissenschaftspolitische Wüste.
Sie bieten in Ihrem Gesetz Eckpunkte für eine Lösungsstrategie an, welche die derzeitigen und künftigen Probleme der Hochschulen unseres Landes beseitigen sollen. Diese Eckpunkte finden unsere volle Zustimmung. Nur kommen Sie leider bei der konkreten Umsetzung der Eckpunkte vom Weg ab. Allerdings - das sage ich gleich am Anfang - gibt es in jeder Wüste die eine oder andere Oase. Auch in der Novelle finden sich Punkte, die richtig sind und unsere Zustimmung finden. Es wird mit dem Gesetz Verbesserungen bezüglich der Frauenund Familienförderung geben. Zum Beispiel das Heraufsetzen des Höchstalters bei der Beamtenberufung oder die bessere Vereinbarkeit von Familie und Studium sind lobenswerte Schritte. Brandenburgs Hochschulen waren in diesem Bereich bereits sehr gut und werden diese Spitzenposition ausbauen.
Ein zweiter Punkt, der meiner Fraktion auch sehr am Herzen lag, den wir im Ausschuss beantragt haben und den die Koalition mit einem eigenen Antrag aufgegriffen hat: Es wird künftig eine umfangreiche Regelung zum Teilzeitstudium geben. Das ist ein moderner und richtiger Ansatz, denn er ermöglicht es Menschen, viel individueller an ihre Lebensumstände angepasst zu studieren.
Es gibt eine dritte Oase in dem Gesetz. Im Rahmen der Bekämpfung des Fachkräftemangels werden nicht nur Schülerinnen und Schüler stärker umworben, sondern es wird auch der Zugang zum Studium für beruflich Qualifizierte noch weiter erleichtert. Auch hier kann man sagen: Sie greifen Ideen der Linken auf; denn Vorschläge zur Erhöhung der Studierquote gibt es von uns schon lange.
Doch damit hat es sich schon mit den positiven Punkten in dem Gesetz.
Ich will Ihnen noch zwei Themen nennen, die zu dem Eingangsbild passen. Die Landesregierung brüstet sich zum einen mit
der Stärkung der Finanzautonomie und zum anderen mit der Steigerung der Lehrqualität.
Beides sind klassische Fälle einer Fata Morgana. Um die Finanzautonomie zu erweitern, gestatten Sie jetzt allen Hochschulen, Körperschaftsvermögen zu bilden. Wenn man sich den entsprechenden Paragrafen im Gesetz ganz genau anschaut, fragt man sich aber schon, was das mit Autonomie zu tun hat. Angeblich wollen Sie die Hochschulen aus der Detailsteuerung entlassen. Dieses Ziel können wir hier nicht erkennen. Viel verheerender sind aber die möglichen Folgen eines solchen Körperschaftsvermögens. Es fehlt die Zusage des Landes, dass das Vermögen der Hochschulen bei der Zuweisung der Landesmittel unberücksichtigt bleibt. Die Linke sieht hier begründet die Gefahr, dass sich das Land bei einer erfolgreichen Geldereinwerbung der Hochschulen aus der Verantwortung zurückzieht. Genau das lassen wir nicht zu. Bildungsfinanzierung ist eine staatliche Aufgabe und darf nicht durch private Gelder ersetzt werden.
Die zweite Fata Morgana, die Sie verkünden, ist die Qualitätssicherung. Der Gesetzestext selbst liest sich da erst einmal sehr schön. Alle Hochschulen müssen künftig ein Qualitätssicherungssystem aufbauen bzw. erarbeiten. Doch es geht nicht um positiv nach vorn gerichtete Innovationen, sondern um Bewahrung. Innovativ wäre es, eine Beteiligung der Studierenden und der Lehrenden bereits in der Erarbeitung der Qualitätskriterien und der Qualitätsziele festzulegen. Innovativ wäre es, eine deutlich stärkere Berücksichtigung der Lehrkompetenz bei der Berufung einzuführen. Wirklich innovativ wäre eine Beteiligung von Studierenden nicht nur bei der Evaluation der Lehre, sondern auch bei der Auswertung.
Alle diese Maßnahmen würden aus unserer Sicht die Qualität der Lehre steigern. Aber der jetzige Passus in seiner mickrigen Form ist nicht der Hauptgrund, warum die Verbesserung der Lehrqualität mit diesem Gesetz nur scheinbar erreicht wird. Qualität der Lehre misst sich primär an der Betreuung der Studierenden. Genau hier tun Sie nichts. Der Run auf unsere Hochschulen ist sehr erfreulich, hat aber eine noch stärkere Überlast zur Folge, als das ohnehin schon der Fall war.
Ich habe es heute Vormittag schon einmal angedeutet: Die zusätzlichen Mittel aus dem Hochschulpakt 2020, die für eine Verbesserung der Betreuungsrelation gedacht sind, waren für eine konstante Zahl von Studienanfängern geplant. Wir erleben aber Zunahmen von über 10 %. Für diese zusätzlichen Studierenden werden die Hochschulen auch zusätzlich Personal brauchen. Ich möchte noch einmal betonen: Wenn langfristig die Lehrqualität unserer Hochschulen gesteigert werden soll, werden Sie um mehr Personal nicht herumkommen. Da wird Ihnen auch ein Mentoringprogramm nicht helfen.
Ganz massiv ist unsere Ablehnung bei den nächsten Punkten. Sie geben die Organisationsstruktur der Hochschulen frei und feiern das als Autonomiegewinn. Erstens ist das bestenfalls ein Autonomiegewinn der Präsidenten, und zweitens ist diese Organisationsfreigabe ein massiver Demokratieabbau. Für die Linke ist die Hochschule ein Gremium, in dem Entscheidungen demokratisch, transparent und kollegial mit allen Mitglieder
gruppen der Hochschule getroffen werden. Mit diesem Gesetz wird dieser Grundsatz beendet. Zentrale Entscheidungen für die Hochschulen müssen nicht mehr zwangsläufig durch Gremien gefällt werden, in denen alle Gruppen vertreten sind. Sie gehen damit in die falsche Richtung.
Eine ähnlich falsche Zielsetzung verfolgen Sie mit der Lehrprofessur. Dieses Instrument ist höchst umstritten. Der Lehrprofessor wird ebenso wie der Juniorprofessor für Lehre nach der jetzigen Form eine Karriereeinbahnstraße sein. Außerdem fördern Sie damit die Entstehung einer Zweiklassengesellschaft unter den Lehrenden, und Sie gefährden damit die Einheit von Lehre und Forschung.
Auf unsere ganz deutliche Ablehnung stößt die Regelung zum Masterstudienzugang. Die Linke fordert den freien Zugang zum Masterstudium.
Wir vermissen im Gesetz eine klare Absage an Studiengebühren jeglicher Art.
Diese Debatte hatten wir heute Vormittag schon.
Wir vermissen klare Regelungen gegen prekäre Beschäftigung in der Wissenschaft, und wir teilen die massive Kritik der Studierendenvertretungen hinsichtlich der Zwangsexmatrikulation. Selbst wenn es in einigen Studiengängen zu Möglichkeiten der Fristverlängerung kommt, ist die Regelung in ihrer Gesamtheit ungerecht und ausgrenzend.
Ein Punkt ist mir im Rahmen der Beratung noch wichtig zu erwähnen. Die politische Zielrichtung der Ministerin ist mir klar: Sie hat ein Hochschulgesetz in ihrem Sinne gestrickt. Das ist streitbar, das ist aus Sicht der Linken in vielen Punkten falsch, und vieles ist aus unserer Sicht nicht berücksichtigt. Damit kann man aber in der Debatte umgehen. Wirklich enttäuscht hat mich und viele andere, die sich für Verbesserungen in diesem Gesetz stark gemacht haben, das Agieren der Sozialdemokraten. Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, haben im Juli zu diesem Gesetz eine eigene Anhörung gemacht. Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, sind aus dieser Anhörung mit vielen Änderungswünschen und eigenen Änderungszielen herausgekommen. Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, sind in den Beratungen vor Ihrem Koalitionspartner und der Ministerin eingeknickt.
Die Sozialdemokraten waren gegen die Regelung der Lehrprofessur. Sie waren gegen den massiven Demokratieabbau. Sie wollten sich gegen Zwangsexmatrikulation und für eine Veränderung der Rückmeldegebühr stark machen. Von all dem haben Sie nichts erreicht. Die Landesregierung schafft mit dem Gesetz eine Wüste. Aber Sie von der SPD haben den Hochschulen und den Studierenden auch noch die Wasservorräte weggenommen.
Die Linke beurteilt das Gesetz nach eigenen Prämissen: Steigerung der Lehrqualität, Ausweitung eines sozial gerechten Stu
diums, Erhöhung der Autonomie bei gleichzeitiger Demokratisierung und Entwicklung der Hochschulen als Ort der gesellschaftlichen Debatte. Dieses Gesetz erfüllt weder unsere Prämissen noch wird es den selbst im Gesetz genannten Lösungsansätzen gerecht.
Darum bitten wir um Zustimmung zu unseren Änderungsanträgen, um doch noch Verbesserungen zu erreichen. Anderenfalls werden wir dieses Sahara-Gesetz leider ablehnen müssen. Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Zeit reicht nicht aus, um die Debatte hier noch einmal in Gänze zu führen. Wir haben die Debatte im Ausschuss leider nicht im öffentlichen Teil geführt. Insofern kann die breite Öffentlichkeit nicht wirklich an den Argumenten teilhaben.
Ich will nur noch zwei Punkte anführen. Zum einen: Sie werfen uns ja gelegentlich vor, wir seien im System nicht angekommen. Jetzt sind wir angekommen, wir nehmen unsere Rolle wahr, wir sind Oppositionspartei in diesem Landtag, wir spielen unsere Rolle gut, kritisieren und benennen genau die Probleme, die mit diesem Gesetz entstehen - und jetzt kritisieren Sie uns wiederum, dass wir unsere Oppositionsrolle zu ernst nehmen.
Es ist doch wohl völlig klar, dass wir uns als Opposition nicht hier hinstellen und den Gesetzentwurf der Regierungskoalition loben, sondern dass wir genau auf die Punkte aufmerksam machen, die an diesem Gesetz kritisch sind.
Der zweite Punkt: Frau Ministerin, Sie haben gesagt, Lesen ist eine Kernkompetenz. - Das ist richtig. Alle Abgeordneten meiner Fraktion verfügen über diese Kernkompetenz.
Aber Zuhören ist auch eine Kernkompetenz, und leider gibt es in der Koalition anscheinend nicht den Willen, sich wirklich auseinanderzusetzen und zuzuhören, oder es gibt nicht den Willen, die Argumente, die wir hier genannt haben, zu verstehen. Das ist sehr schade.
Wir werden den Gesetzentwurf ablehnen. - Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sie alle - um jetzt mal ein anderes Bild zu bemühen, Frau Münch - kennen die Geschichte von Baron Münchhausen, der sich und sein Pferd am eigenen Zopf aus dem Sumpf zieht. Das ist natürlich eine Lügengeschichte, aber sie passt wunderbar auf das Verfahren rund um den vorliegenden Staatsvertrag. Mit der Gründung der Stiftung für die Hochschulzulassung versuchen die Länder, sich am eigenen Zopf aus dem Sumpf der Bewerbungsflut der Hochschulen zu ziehen und sich so zu befreien. Dabei haben sie das Problem selbst verursacht.
Bereits mit der siebten Novelle des Hochschulrahmengesetzes
2004 wurden die Auswahlrechte der Hochschulen gestärkt. Schon damals hat die Linke diesen Schritt kritisiert und auf die kommenden Probleme hingewiesen, und - fast möchte ich sagen: leider - wir haben Recht behalten. Es entstand ein erhebliches Informationsdefizit über die verschiedenen Studienmöglichkeiten. An den Hochschulen kam es zu einem Wirrwarr ob der Vielfalt des Studienangebots und infolgedessen zu kleinteiligen Regelungen in den Hochschulen. Studierende haben sich mehrfach beworben, und diese Bewerbungsflut konnten die einzelnen Hochschulen kaum bewältigen. Oft blieben dadurch Studienplätze frei.
Dieses Problem sehen auch die Länder und kommen zu einer Lösung, die es eigentlich schon gibt. Die Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen hat über Jahrzehnte hinweg genau das gewährleistet, was die Stiftung für Hochschulzulassung leisten soll: Durchführung von zentralen Vergabeverfahren und Beratung bei Zulassungsverfahren. Doch die ZVS ist in den letzten Jahren systematisch geschwächt worden. Sie wurde als zu bürokratisch und nicht mehr zeitgemäß disqualifiziert.
Schaut man sich an, welche Funktion die Stiftung übernehmen soll, dann wird man erkennen, dass sich die Länder an einem Zopf aus dem Sumpf ziehen wollen, den sie eigentlich längst schon abgeschnitten haben.
In einem entscheidenden Punkt jedoch bedeutet der Umbau der ZVS eine aus Sicht der Linken problematische Konsequenz: Die Entscheidungskompetenz über die Hochschulzulassung wird in die Hochschulen verlagert. Auswahlverfahren werden in immer stärkerem Maße eingeführt. Damit droht das Recht auf ein Studium zu einem Recht auf Bewerbung degradiert zu werden. Bewerbungsgespräche, Motivationsschreiben, Eignungstests werden zunehmend zum Normalfall in allen Studiengängen. Die bisherigen Erfahrungen mit diesen individuellen Auswahlverfahren zeigen aber, dass Diskriminierung aufgrund sozialer oder kultureller Herkunft oder aufgrund von Geschlecht kaum vermieden werden kann.
Um den eingangs genannten Wirrwarr zu beseitigen, sind bundeseinheitliche Regelungen in der Hochschulzulassung nötig. Nach der Föderalismusreform könnte der Bund hier von der konkurrierenden Gesetzgebung Gebrauch machen. Die Linke fordert seit Jahren ein Bundeshochschulzulassungsgesetz. Kernpunkte einer solchen Regelung müssten neben einer besseren Information und Übersichtlichkeit vor allem der Abbau von individuellen Auswahlverfahren und eine gezielte Förderung unterrepräsentierter Gruppen sein.
Ein solches Gesetz soll bundesweit gültige Standards für die Hochschulzulassung definieren und steht damit nicht zwangsläufig im Konflikt mit dem vorliegenden Staatsvertrag.
Auch gibt es noch etliche offene Fragen zu der zu gründenden Stiftung. Beispielsweise ist deren Finanzierung nicht geklärt. Für die Serviceleistungen der Stiftung für die Hochschulen wird künftig eine Gebühr verlangt. Unklar ist, ob diese Gebühr von den Hochschulen auf die Studienbewerber umgelegt werden kann oder wird. Das käme dem Verfahren von uni-assist gleich, und das wird von den Linken abgelehnt. Eine Bewerbungsgebühr zum Studium würde soziale Hürden noch erhöhen.
Auch ist offen, wie viele Hochschulen sich an diesem Service beteiligen. Um eine möglichst hohe Transparenz zu gewährleisten, wäre eine hohe Beteiligung nötig.
Ebenso fragwürdig ist es, dass die Quote für beruflich Qualifizierte nicht erhöht wird. Dabei will die Landesregierung gerade diesen Studienbewerbern den Zugang zum Studium erleichtern.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Linke hält den Staatsvertrag für den falschen Zopf, um das Problem des Hochschulzugangs zu bewältigen. Ähnlich wie Münchhausens Geschichte eine Lüge war, wird die neue Stiftung für Hochschulzulassung die Hochschulen nicht aus dem Sumpf befreien können. Für einen sozial gerechten, breiteren, transparenteren Zugang zum Studium wäre ein Bundeshochschulzulassungsgesetz der richtige Weg.
Aus den genannten Gründen lehnen wir den Staatsvertrag ab. Vielen Dank.
Danke, Frau Ministerin, für Ihre Ausführungen. Wir alle hier, zumindest bei den demokratischen Fraktionen, sind uns wohl darüber einig, dass die Rabbinerausbildung im Abraham Geiger Kolleg weltweit einen guten Ruf genießt und damit auch dem Land Brandenburg ein entsprechendes Prestige verschafft. In diesem Jahr haben wir in Dresden ja auch die erste Ordination von neuen Rabbinern erleben können. Vor diesem Hintergrund habe ich zwei Nachfragen.
Erstens: Können Sie, Frau Ministerin, bestätigen, dass die Unterlagen für den Antrag an die Kultusministerkonferenz dazu gab es in den Medien widersprüchliche Informationen jetzt vollständig sind, sodass der Einreichung des Antrags nichts mehr im Wege steht, oder gibt es noch etwas, was dem im Wege steht?
Zweitens: Der Förderungsbeitrag des Landes Brandenburg an das Abraham Geiger Kolleg liegt derzeit bei 50 000 Euro pro Jahr. Kann sich die Landesregierung vorstellen, dass dieser Beitrag erhöht wird?
Ich habe gegen diesen Antrag gestimmt, und zwar aus vielerlei Gründen; viele hat meine Fraktionsvorsitzende, Frau Kaiser, bereits benannt. Meine persönlichen Hauptgründe sind zweierlei. Zum Ersten: Der Bauherr dieses Stadtschlosses, auf dessen Tradition sich Herr Niekisch in seiner Rede bezogen hat, war ein absolutistischer Herrscher,
der nichts mit Demokratie am Hut hatte.
Das ist eine Tradition für ein Parlament, die nicht die meine ist.
Zum Zweiten wird ein historisches Schloss wiederaufgebaut. Dieser Wiederaufbau eines historischen Schlosses drückt in meinen Augen fehlendes Vertrauen in die moderne Architektur aus und ist eine Absage an die gestalterische Kreativität der heutigen Architekten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich wollte eigentlich mit einem knackigen Zitat anfangen,
aber der Kollege Domres hat gestern schon das ganze Kontingent an Zitaten für unsere Fraktion aufgebraucht.
- Nein, das nicht, nur für diese Tagung, Herr Kollege Bischoff!
Deswegen fange ich einfach so an. - An Brandenburger Hochschulen, studieren nicht nur Menschen aus Deutschland. Die ausländischen Studierenden machen mittlerweile einen nicht unwesentlichen Teil der Studierendenschaft aus. Zusammen mit ausländischen Lehrkräften tragen sie entscheidend zur Internationalität unserer Hochschulen bei. Für DIE LINKE ist das Grund genug, sich mit der Situation der ausländischen Studierenden intensiver zu befassen.
Wenn man sich die Entwicklung in diesem Zusammenhang ansieht, kann man durchaus von einer Erfolgsgeschichte sprechen. Im Wintersemester 1992/93 - ich erinnere daran - waren knapp 200 Studierende aus dem Ausland in Brandenburg immatrikuliert. Das waren damals nicht mal 3 %.
Heute dagegen studieren über 5 300 ausländische Studierende an unseren Hochschulen; das ist jeder Achte. Brandenburg nimmt damit bundesweit einen der vorderen Plätze ein. Diese Entwicklungsbilanz kann sich sehen lassen. Ich freue mich auch im Namen meiner Fraktion über diesen positiven Trend.
12 % der Studierenden kommen aus dem Ausland.
Zum Vergleich: Brandenburg insgesamt hat bei Ausländerinnen und Ausländern eine Quote von 2,5 %. Man kann also mit Fug und Recht behaupten, dass unsere Hochschulen auch zur Internationalität des Landes beitragen. Dafür sollten wir den Hochschulen einmal danken.
Spitzenreiter unter den Hochschulen ist eindeutig die Viadrina, an der jeder dritte Studierende nicht aus Deutschland kommt. Auch die BTU Cottbus, die Universität Potsdam, die Filmhochschule und die Fachhochschule Brandenburg haben einen sehr hohen Anteil an ausländischen Studierenden. Aber vor allem die Viadrina gleicht den geringen Anteil, den andere Hochschulen haben, aus. So viel Ehrlichkeit muss man an dieser Stelle zeigen.
Da wir im Plenum über dieses spezielle Thema eher selten reden, noch ein paar Zahlen zu der Herkunft der Studierenden. Der Großteil der jungen Menschen, nämlich rund 60 %, kommt aus Europa. Hier ist Polen unangefochten der Spitzenreiter. Aber auch Afrika und Asien sind mit 10 % bzw. 24 % stark vertreten.
Sie sehen, meine Damen und Herren, die Situation stellt sich rein statistisch gesehen - in Brandenburg sehr gut dar. Die Landesregierung befördert diese Entwicklung, indem sie zum Beispiel diesen Aspekt in der leistungsbezogenen Mittelvergabe an die Hochschulen berücksichtigt. Dennoch stößt man auf einige Probleme, wenn man sich mit diesem Thema und den Lebensumständen von ausländischen Studierenden näher befasst. Aus diesem Grund hat DIE LINKE den vorliegenden Antrag eingebracht.
Um einer Kritik von Ihnen vorab den Wind aus den Segeln zu nehmen: Wir wissen, dass einige Punkte autonom von den Hochschulen geregelt werden müssen. Aber Sie werden zugeben, dass gerade die Situation von ausländischen Studierenden ein sehr kompliziertes Geflecht aus Bundes-, Landes-, Hochschul- und kommunaler Kompetenz ist. Wir wollen mit unserem Antrag auf dieses komplizierte Geflecht ebenso deutlich hinweisen wie auf die Probleme, die nicht originär in der Regelungshoheit des Landes oder der Hochschulen sind. Aber auf die Lösung dieser Probleme - deshalb stellen wir den Antrag eben doch - kann das Land durchaus einwirken.
Die Problemlagen an sich lassen sich grob in zwei Phasen einteilen: die Phase vor der Aufnahme des Studiums und die Phase des Studiums selbst.
Zum Ersten: Der hohe Anteil von Studierenden aus Europa zeigt sowohl, dass die Idee der Mobilität innerhalb der EU funktioniert, als auch, dass Austauschprogramme wie ERASMUS greifen. Studierende aus EU-Ländern haben kaum größere Schwierigkeiten, nach Deutschland zum Studieren zu kommen.
Hohe Hürden dagegen müssen Menschen aus Bereichen außerhalb Europas überwinden. Das beginnt bei der Prüfung und Beglaubigung von Zeugnissen und Zertifikaten, die oft nur persönlich und gegen Gebühr in den Prüfstellen - unter anderem denen des DAAD - vorgenommen werden können. Das heißt
zum Beispiel für einen Bewerber aus China, dass er immer nach Peking muss, weil Peking die einzige Prüfstelle für die ganze Region ist.
Die Bewerbung an sich läuft seit Jahren zentral über den Verein uni-assist - wenn die Hochschulen in diesem Verein mitmachen. Dieses Verfahren kostet nicht nur eine Bearbeitungsgebühr von 55 Euro, sondern hat auch zu einer Senkung der Zahl der Bewerberinnen und Bewerber geführt. Diese Art des Bewerbungsverfahrens hat sich jedenfalls nicht bewährt.
Die dritte Hürde besteht in den Hinweisen zum Aufenthaltsgesetz. Ausländische Studierende müssen für ein Jahr ihren Lebensunterhalt nachweisen, und zwar in Höhe des BAföGHöchstsatzes. Das bedeutet den Nachweis einer Summe von über 7 000 Euro.
Letztlich ist die Praxis der Erteilung bzw. Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigungen oft ein Problem. So wird häufig kaum Rücksicht auf den Studienverlauf genommen, oder es kommt zu einer politisch geprägten Auswahl von Ländern.
All diese Hürden bei der Bewerbung und beim Zugang zu einem Studium in Brandenburg wollen wir senken. Dafür soll sich die Landesregierung einsetzen.
Haben die jungen Menschen diese erste Phase überstanden, kommt es zu weiteren Schwierigkeiten während des Studiums. Hier geht es zunächst um die Betreuung. Tutorien und kostenfreie Sprachkurse werden leider nicht in dem Umfang angeboten, wie sie nötig sind. Hier ist dringend eine Verbesserung nötig. Wir bitten darum, dass die Hochschulen hierzu in die Lage versetzt werden.
Wenn die Erfolgsquote von ausländischen Studierenden landesweit auch nur so hoch ist wie an der Universität Potsdam hier liegt sie bei lediglich 14 % -, dann spricht das für die mangelhafte Betreuung von ausländischen Studierenden.
Auch die Frage des Lebensunterhalts gestaltet sich oft schwierig. Zum einen dürfen ausländische Studierende nur an 90 Tagen im Jahr arbeiten. Das entspricht ungefähr 14 Stunden pro Woche. Das ist eine Benachteiligung gegenüber deutschen Studierenden, die 20 Stunden pro Woche arbeiten dürfen.
Auch Kleinigkeiten wie Wohngeldanspruch oder GEZ-Befreiung stehen den ausländischen Studierenden nicht zu.
Zusätzlich hat die Landesregierung das Stipendien-Programm, das es bis vor wenigen Jahren für Studierende aus den Staaten Mittel- und Osteuropas gab, gekürzt bzw. gestrichen. Eine Verbesserung allerdings hat es im letzten Jahr gegeben - das will ich hier auch sagen -: Mit der Novelle des BAföG hat sich der Kreis der Anspruchsberechtigten gerade auch auf ausländische Studierende ausgeweitet. Das war ein positiver Schritt. Dennoch muss die finanzielle Lage der Studierenden verbessert werden.
Ein weiteres Problem ergibt sich noch im Zusammenhang mit dem Studium: die leider immer noch vorhandene Ausländerfeindlichkeit in Brandenburg. Es gibt bereits gute Ansätze, um auf die Situation von ausländischen Studierenden in den Kom
munen zu reagieren. Trotzdem wohnen viele in Berlin oder bleiben auf dem Campus unter sich.
Warum die Hochschulen kein Partner im Handlungskonzept „Tolerantes Brandenburg“ sind, erschließt sich mir genauso wenig wie das Fehlen eines direkten Ansprechpartners für internationale Beziehungen im Wissenschaftsministerium.
Brandenburg kann, was seine Internationalität im Wissenschaftsbereich angeht, froh, dankbar und stolz sein auf seine Internationalität im Wissenschaftsbereich. Aber im Detail und im Alltag offenbaren sich diverse Haken und Ösen. Diese wollen wir mit unserem Antrag zum Wohle der Studierenden beseitigen. Verbessern wir die Situation von ausländischen Studierenden! Gestalten wir unsere Hochschullandschaft noch attraktiver! Kurz: Stimmen Sie unserem Antrag zu! - Vielen Dank.
Herr Präsident! Herr Dr. Niekisch - er ist gar nicht mehr da -, Sie haben uns durchschaut. Wir stellen hier eigentlich nur Anträge, damit Sie Ihre Erfolge präsentieren können.
Scherz beiseite! Wir sind gut, was den Anteil ausländischer Studierender angeht. Das ist richtig. Aber der prozentuale Anteil sagt nichts über die Situation dieser Studierenden aus, in der sie hier leben und studieren müssen. Genau darum geht es in unserem Antrag.
Werbung ist wichtig. Das haben wir gesehen. Deshalb verzeichnen wir auch den erfreulichen Anstieg. Wenn man sich aber die Zahlen genau ansieht, stellt man fest, dass sie seit 2003 bei ungefähr 5 300 stagnieren. Einmal sind es 5 380, ein anderes Mal 5 290. Wir kommen seit 2003 nicht mehr entscheidend voran. Deswegen ist es wichtig, dass das Land weiterhin für ein Studium in Brandenburg auch im Ausland wirbt. Nebenbei bemerkt: Die BTU Cottbus ist aus dem Verein uniassist wieder ausgetreten, weil es gerade nicht so gelaufen ist, wie sie es sich vorgestellt hat.
Frau Geywitz hat nach einem Beispiel gefragt, was die unterschiedliche Vergabe von Visa und Aufenthaltsgenehmigungen angeht. Dazu kann ich Ihnen sagen: Palästina und Libanon haben identische Schulsysteme, identische Schulbücher und identische Schulprüfungen. Man kann also sagen: Sie haben ein identisches Schulsystem und einen identischen Abschluss. Trotzdem erhalten Schüler aus dem Libanon keine Aufenthaltsgenehmigung, weil ihr Abschluss nicht als gleichwertig mit dem aus Palästina angesehen wird, obwohl es identische Systeme sind. Es gibt Unterschiede, was die Aufenthaltsgenehmigung angeht, obwohl beides gleich ist. Das ist nur ein Beispiel von vielen.
Die Debatte hier hat gezeigt, dass es ein breites Spektrum an Themen gibt. Deswegen greife ich Ihr Angebot auf, im Ausschuss darüber zu diskutieren. Wenn Herr Nonninger da ist, kann er auch mitreden. - Vielen Dank.