Meine Damen und Herren, ich begrüße Sie alle recht herzlich zur heutigen Plenarsitzung. Insbesondere begrüße ich die Schüler der 10. Klasse der Käthe-Kollwitz-Realschule Potsdam.
Ich habe eine Reihe von Abwesenheitserklärungen vorliegen, erspare es mir aber, sie einzeln vorzutragen. Die abwesenden Mitglieder der Landesregierung werden von ihren Staatssekretären vertreten.
Die Tagesordnung für die heutige Sitzung liegt Ihnen vor. Gibt es Änderungs- oder Ergänzungswünsche? - Das ist nicht der Fall. Dann lasse ich über die Tagesordnung abstimmen. Wer mit dem Entwurf der Tagesordnung einverstanden ist, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist die Tagesordnung beschlossen.
Zum Stellen der Dringlichen Anfrage 3 (Gesetzgebung zur Änderung des Brandenburgischen Schulgesetzes) erteile ich der Abgeordneten Große das Wort. Bitte sehr.
Parallel zur Anhörung zu den Schulgesetzentwürfen der Koalitionsfraktionen - Drucksache 4/12 - und der PDS-Fraktion Drucksache 4/19 - im Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport am 18.11.2004 fand eine Veranstaltung für die Schulleiter Brandenburger Schulen statt, in der sie detailliert über die Gestaltung der künftigen Oberschulen informiert und entsprechend eingewiesen wurden, und das, obwohl in der Anhörung von allen Anzuhörenden massivste Kritik an dem Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen geäußert und allseits dringender Änderungsbedarf signalisiert wurde. Weitere derartige Veranstaltungen finden in diesen Tagen statt. Mit der praktischen Umsetzung wurde also begonnen, bevor der Gesetzgebungsprozess abgeschlossen ist.
Ich frage daher: Inwiefern hält die Landesregierung ein derartiges Vorgehen mit den Grundsätzen der parlamentarischen Demokratie für vereinbar?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Große, ich vermute, wir stimmen darin überein, dass die Ein
führung der Oberschule, auch wenn Sie sie heute anders nennen und es vielleicht nicht zugeben würden, längst überfällig ist.
Der Gesetzentwurf sieht, wie von den Koalitionspartnern verabredet, die Einführung der Oberschule per Gesetz zum 1. August 2005 vor. Ich bin davon überzeugt, dass die Schulleiterinnen und Schulleiter Anspruch darauf haben, ja sogar darauf angewiesen sind, frühzeitig über den Inhalt des Gesetzentwurfs und den Stand des Gesetzgebungsverfahrens informiert zu werden. Sie sind, wie wir alle wissen, vor Ort die wichtigsten Ansprechpartner für die Schülerinnen und Schüler, die Lehrerschaft und die Eltern.
Durch Informationsveranstaltungen meines Hauses wird die Arbeit des Landtages in keiner Weise konterkariert, weil wir in allen Veranstaltungen - das weiß ich von Teilnehmern - darauf hinweisen, dass es durch den Gesetzgeber noch zu Veränderungen im Entwurf mit Auswirkungen auf die konkrete Ausgestaltung der Oberschule kommen kann und wahrscheinlich kommen wird.
Aus meiner Sicht wäre es - umgekehrt - völlig unangemessen, die Verantwortlichen bis zur Verabschiedung des Gesetzes im Unklaren über die Oberschule zu lassen und sie ab Januar überstürzt vor vollendete Tatsachen zu stellen. Dann könnte Artikel 2 des Gesetzes, der die Einführung der Oberschule zum Schuljahr 2005 vorsieht, nicht mehr mit der nötigen Sorgfalt realisiert werden.
Die Rückmeldungen und Nachfragen von vielen Schulen und Schulträgern bestätigen mich in dieser Auffassung.
Ich vermute, Sie wollen jetzt eine Nachfrage stellen. Vielleicht brauchen Sie nicht aufzustehen; denn ich werde die Nachfrage vorwegnehmen. Sie wollen sicherlich fragen, warum die Oberschule so überstürzt, in diesem kurzen Zeitraum eingeführt werden muss und warum wir uns einen solchen Zeitdruck aufhalsen.
- Nein. Ich erahne nur Ihre Frage; lassen Sie mich die Antwort vorwegnehmen. Dadurch sollen Sie aber nicht daran gehindert sein, weitere Fragen zu stellen.
Die Schulform „Oberschule“ - das habe ich schon gesagt - ist längst überfällig. Wenn Sie sich an die erste Rede, die ich vor einiger Zeit hier gehalten habe, erinnern, wissen Sie, dass ich unter Verweis auf die Uhrzeit gesagt habe: Es ist fünf nach zwölf! - Heute könnte ich sagen: Es ist zehn nach zwölf! Denn die Zeit ist vorangeschritten. An der Überfälligkeit hat sich nichts geändert.
Die Eckpunkte einer solchen Schulform sind seit Jahren bekannt. Im Land ist - auch von Ihnen - intensiv darüber diskutiert worden. Aus den Ländern Sachsen-Anhalt, Thüringen, Rheinland-Pfalz und Sachsen liegen langjährige Erfahrungen mit dieser Schulform vor, die in den Entwurf eingeflossen sind. Wir in Brandenburg brauchen das Rad nicht neu zu erfinden. Lassen Sie uns keine Zeit verlieren, sondern die Zeit bis zum nächsten Schuljahr gemeinsam nutzen, um aus dem Konzept der Oberschule in konstruktiver Weise das Beste für Brandenburg zu machen! Das haben unsere Schülerinnen und Schüler verdient.
Es ist schön, dass Minister jetzt Gedanken lesen können. Aber Sie lagen mit Ihrer Vermutung falsch. Meine Frage bezog sich nicht auf die Zeit, sondern auf die Demokratie. Wir haben ein laufendes Verfahren, an dem das Parlament beteiligt ist. Sowohl die Koalition auch die PDS haben je einen Gesetzentwurf eingebracht. Mitten in diesem Verfahren gibt es schon Anweisungen für Schulleiter bezüglich der künftigen Umsetzung.
Ich frage Sie: Inwiefern ist dies mit Ihrem Verständnis von parlamentarischer Demokratie zu vereinbaren?
Der Terminus „Anweisungen für Schulleiter“ ist definitiv falsch. Es handelt sich um Informationsveranstaltungen. Die Leute an der Basis - sowohl Schulträger als auch diejenigen, die Schule machen - haben uns gesagt: Wir brauchen dringend Informationen! - Sie erhalten Informationen über unseren Gesetzentwurf und über den Stand der Gesetzgebung. Wir befriedigen mit diesen Veranstaltungen das Bedürfnis der Basis nach Informationen. Es wird prinzipiell immer auf Folgendes hingewiesen: Das Gesetz steht im Moment auf dem Papier. An diesem Entwurf wird sich mit Sicherheit noch einiges ändern. Dennoch müssen wir schon heute informieren.
Wie werden Sie sicherstellen, dass nicht nur der Schulgesetzentwurf zweier Abgeordneter aus der Regierungskoalition, sondern - wegen der gebotenen Gleichbehandlung - auch der Gesetzentwurf der PDS-Fraktion den Schulleiterinnen und Schulleitern unverzüglich, ausführlich und im gleichen Umfang vorgestellt und erläutert wird?
Ich sehe keinen direkten Handlungsbedarf. Ich glaube, der Gesetzentwurf der PDS ist in der Öffentlichkeit diskutiert worden; er ist bei den Verantwortlichen vor Ort bekannt und wird auch Gegenstand dieser Beratungen sein. Denn es ist ja nicht so, dass jemand aus meinem Haus sagt: Das ist es; darüber brauchen wir nicht weiter zu diskutieren.
Ich bin ganz sicher, dass die Praktiker auch darauf verweisen werden, dass es einen weiteren Gesetzentwurf gibt, nämlich den Ihrer Fraktion, und dass der Bestandteil dieser Besprechungen sein wird. Davon gehe ich aus.
Herr Minister, gehören zu den Informationen an die Basis auch die erheblichen kritischen Einwände, die von den kommunalen Spitzenverbänden, von der GEW, vom Landeselternbeirat usw. gemacht worden sind? Gehören also zu den Informationen, die an die Schulen gegeben werden, auch diese Einwände?
Dann noch eine zweite Frage: Gibt es eine Anweisung - pardon eine Information aus dem Ministerium an die Direktorinnen und Direktoren, dass Lehrerinnen und Lehrern untersagt wird, sich öffentlich zur Novelle des Schulgesetzes zu äußern?
Ich ziehe die Antwort auf die zweite Frage vor und sage Nein und hole die Antwort auf die erste Frage nach und sage Ja - in aller Kürze. Ich glaube, wir haben nicht das Problem, dass wir ein Ministerium haben, das Schulleiterinnen und Schulleiter dogmatisiert und auf einen Entwurf festnagelt und sagt: Der kommt so, wie wir ihn euch heute vorstellen.
Die Veranstaltungen laufen so, dass gut informiert wird und auch kritische Argumente einfließen, die bei der Anhörung gefallen sind. Ich habe an der Anhörung ja zumindest zeitweise teilgenommen. Die Argumente sind publiziert worden und ich glaube, die Leute an der Basis lesen auch Zeitung und wissen, dass da durchaus Kritik gekommen ist. Wir haben die Kritik so glaube ich - sehr ernst genommen. Wir sind innerhalb der Koalition in Verhandlungen. Ich sagte, an dem Gesetzentwurf wird es die eine oder andere Veränderung geben. Dieser Sachverhalt hat sehr stark mit der Anhörung zu tun. Glauben Sie nicht, dass wir die Anhörung nicht ernst nehmen! - Vielen Dank.
Nachfragen hierzu sehe ich nicht mehr. Damit kommen wir zu den mündlichen Anfragen. Die Frage 61 (Trennungsgeld) stellt der Abgeordnete Bischoff.
Das Trennungsgeld ist seit Jahren Gegenstand politischer Debatten. Dabei geht es neben der fehlerhaften Auszahlung und dem Verdacht des Betruges in Einzelfällen auch um die grundsätzliche Frage, ob diese Leistungen überhaupt noch zeitgemäß sind.
Ich frage daher die Landesregierung: Wie weit ist die von ihr geplante Anpassung der Vorschriften zum Thema Trennungsgeld an die gesellschaftlichen Realitäten im Land Brandenburg vorangekommen?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Überarbeitung einer entsprechenden Verordnung ist inzwi
schen abgeschlossen. Mein Haus wird in den nächsten Tagen die Ressorts der Landesregierung beteiligen und danach die vorgesehene Beteiligung der Gewerkschaften durchführen - dafür gibt es Fristen -, sodass die Verordnung Ende Februar in Kraft gesetzt werden kann. Die Verordnung wird sich an den gesellschaftlichen Realitäten in diesem Land orientieren. Das ist ganz klar.
Wir haben zwischenzeitlich als ersten Schritt den so genannten und auch vom Trennungsgeldexperten Schulz kritisierten Wünsdorf-Erlass aufgehoben. Wir haben gewartet, weil unterstellt wurde, dass der Bund entsprechende Regelungen ändern wolle. Die Änderungen, die inzwischen auf Bundesseite erwogen werden, betreffen die Regelungen in Brandenburg nicht, haben hier keine Auswirkungen. Deswegen werden wir jetzt die Trennungsgeldverordnung ändern. - Vielen Dank.
Ich sehe keine Nachfragen. - Die Frage 62 (Arbeitslosengeld II-PR-Kampagne der Bundesregierung) formuliert der Abgeordnete Otto.
Die „Financial Times Deutschland“ hat am 10. November 2004 mitgeteilt, dass das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit Leistungen für eine PR-Kampagne zur Einführung des Arbeitslosengeldes II im Umfang von 14 Millionen Euro ausgeschrieben hat. Die Maßnahmen sollen Anzeigen, Plakate, Broschüren und Kinospots umfassen.
Ich frage: Wie bewertet die Landesregierung die angekündigte Kampagne unter Bedarfs- und Kostenaspekten?