Protokoll der Sitzung vom 24.11.2004

Meine Damen und Herren! Ich begrüße Sie zur 4. Plenarsitzung des Landtages der 4. Legislaturperiode.

Vor Eintritt in die Tagesordnung habe ich Ihnen mitzuteilen, dass sich gemäß § 20 der Vorläufigen Geschäftsordnung des Landtages die folgenden Ausschüsse konstituiert und ihre Vorsitzenden sowie stellvertretenden Vorsitzenden gewählt haben, deren Namen ich hiermit bekannt gebe:

Der Hauptausschuss des Landtages hat am 04.11.2004 den Abgeordneten Günter Baaske zum Vorsitzenden und den Abgeordneten Heinz Vietze zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt.

Der Petitionsausschuss hat am 09.11.2004 den Abgeordneten Thomas Domres zum Vorsitzenden und die Abgeordnete Elisabeth Alter zur stellvertretenden Vorsitzenden gewählt.

Der Ausschuss für Inneres hat am 11.11.2004 den Abgeordneten Dr. Hans- Jürgen Scharfenberg zum Vorsitzenden und den Abgeordneten Sven Petke zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt.

Ebenfalls am 11.11.2004 hat sich der Rechtsausschuss konstituiert und den Abgeordneten Sven Petke zum Vorsitzenden und den Abgeordneten Ralf Holzschuher zu dessen Stellvertreter gewählt.

Am 28.10.2004 hat sich der Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport konstituiert und den Abgeordneten Ingo Senftleben zum Vorsitzenden und die Abgeordnete Gerrit Große zur stellvertretenden Vorsitzenden gewählt.

Am 10.11.2004 konstituierte sich der Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kultur und wählte die Abgeordnete Dr. Martina Münch zur Vorsitzenden und den Abgeordneten Dr. Gerd- Rüdiger Hoffmann zu ihrem Stellvertreter.

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie konstituierte sich am 28.10.2004 und wählte Frau Kerstin Kaiser- Nicht zur Vorsitzenden und Frau Dr. Esther Schröder zur ihrer Stellvertreterin.

Am 03.11.2004 wählte der Ausschuss für Wirtschaft den Abgeordneten Heiko Müller zum Vorsitzenden und den Abgeordneten Detlef Karney zum Stellvertreter.

Der Ausschuss für ländliche Entwicklung, Umwelt und Verbraucherschutz konstituierte sich am 17.11.2004 und wählte den Abgeordneten Dieter Dombrowski zum Vorsitzenden und den Abgeordneten Norbert Schulze zu dessen Stellvertreter.

Der Ausschuss für Infrastruktur und Raumordnung wählte am 11.11.2004 Frau Liane Hesselbarth zur Vorsitzenden und Dr. Jens Klocksin zu ihrem Stellvertreter.

Der Ausschuss für Haushalt und Finanzen, der sich am 04.11.2004 konstituierte, wählte Frau Kerstin Osten zur Vorsitzenden und Herrn Mike Bischoff zum stellvertretenden Vorsitzenden.

Der Ausschuss für Haushaltskontrolle konstituierte sich am 16.11.2004 und wählte den Abgeordneten Wolfgang Klein

zum Vorsitzenden und den Abgeordneten Alard von Arnim zum stellvertretenden Vorsitzenden.

Der Ausschuss für Europaangelegenheiten und Entwicklungspolitik, der sich am 10.11.2004 konstituierte, wählte den Abgeordneten Steffen Reiche zum Vorsitzenden und die Abgeordnete Gerlinde Stobrawa zu seiner Stellvertreterin.

Damit sind alle Ausschüsse voll funktionsfähig.

Gestatten Sie mir vor Eintritt in die Tagesordnung eine weitere Bemerkung. Gestern hat uns der Landfrauenverband diese herrliche Erntekrone, die Sie hier vorn sehen und die im Landeswettbewerb Platz 2 belegt hat, überreicht. Das ist inzwischen eine gute Tradition, es fand gestern zum elften Mal statt.

(Vietze [PDS]: Wir sollten als Parlament den Landfrauen dafür herzlich danken! - Allgemeiner Beifall)

- Herr Vietze, das habe ich bereits gestern bei einem ausführlichen Mittagessen mit der ganzen Truppe getan. Es war eine sehr erfreuliche Runde, wie ich Ihnen versichern kann.

Ihnen liegt die Tagesordnung für die heutige Plenarsitzung vor. Gibt es hierzu Wünsche zur Änderung, Ergänzung oder Einsprüche? - Das ist nicht der Fall. Wer mit der Tagesordnung einverstanden ist, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Beides ist nicht der Fall.

Ich habe Sie über einige Abwesenheiten zu informieren. Die Abgeordneten Alter, Fischer und Niekisch sind heute ganztägig und die Abgeordnete Gregor bis ca. 12 Uhr abwesend.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:

Fragestunde

Drucksache 4/150 Drucksache 4/110 Drucksache 4/111

In der Drucksache 4/150 liegt die Dringliche Anfrage 2 (Der Innenminister zur „deutschen Leitkultur“) vor, die von der Abgeordneten Dr. Enkelmann gestellt wird. Bitte, Frau Enkelmann.

In einem Interview für den „Spiegel“ vom 22.11.2004 führte der Brandenburger Innenminister Schönbohm, und zwar als Innenminister Brandenburgs, aus:

„Im Mittelalter sind Gettos gegründet worden, um Juden auszugrenzen. Heute hat ein Teil der bei uns lebenden Ausländer selbst Gettos gegründet, weil sie uns Deutsche verachten. Wer zu uns kommt, muss die deutsche Leitkultur übernehmen... Wir dürfen nicht zulassen, dass diese Basis der Gemeinsamkeit von Ausländern zerstört wird.“

Ich frage die Landesregierung: Inwieweit vertragen sich diese Äußerungen eines Mitglieds der Landesregierung Brandenburg mit den Werten Weltoffenheit, Toleranz und Demokratie, wie sie im Konzept „Tolerantes Brandenburg“ veran

kert sind?

Danke. - Ich frage die Landesregierung, wer die Dringliche Anfrage beantwortet. - Der Innenminister. Bitte, Herr Schönbohm.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Enkelmann, das Zitat, welches Sie gebracht haben, ist, auch wenn Sie den „Spiegel“ hoch hielten, unvollständig; denn es fehlt ein entscheidender Satz. Wir haben eine gemeinsame Geschichte.

„Wir haben nicht nur eine gemeinsame Sprache, sondern auch kulturelle Umgangsformen und Gesetze. Diese müssen erhalten werden.“

Was ich dort gesagt habe, Frau Enkelmann, ist Bestandteil einer breiten Diskussion, die in Deutschland, zum Teil auch in Brandenburg, vielleicht manchmal etwas verkürzt, geführt wird. Dazu möchte ich an einige Grundsätze erinnern.

Unsere demokratische Gesellschaft ermöglicht allen, die hier leben, ein Höchstmaß an Freiheit. Aber diese Freiheit endet dort, wo die Freiheit des anderen eingeschränkt wird. Es ist die Pflicht des Rechtsstaates, diese Freiheit vor Beeinträchtigungen zu schützen.

Es wäre falsch verstandene Toleranz, in Beliebigkeit alles zuzulassen. Das Prinzip unserer wehrhaften Demokratie bedeutet auch, die Bedrohung einer freiheitlichen Gesellschaft in die Schranken zu weisen. Toleranz heißt nicht lässiges Gewährenlassen oder feiges Wegschauen. Es geht also nicht darum, dass hier jeder tun und lassen kann, was er will. An unsere Spielregeln müssen sich alle halten.

Bundeskanzler Schröder hat am Wochenende gefordert, dass es Toleranz nur in klaren Grenzen geben dürfe. Sie dürfe nicht mit Beliebigkeit oder Gleichgültigkeit verwechselt werden. Er sagte wörtlich:

„Keine Kultur darf sich aus dem gesellschaftlichen Gefüge herauslösen.“

Er sagte weiter:

„Die Muslime, die in Europa leben und leben wollen, dürfen nicht abseits stehen. Sie müssen sich klar und unmissverständlich zur Rechtsordnung und zu den demokratischen Spielregeln bekennen. Nicht ohne Grund werden die Werte der Demokratie und der Aufklärung als universelle Werte bezeichnet, die auch diejenigen akzeptieren und verinnerlichen müssen, die aus einer anderen Kultur stammen.“

Ich zitiere noch einmal den Bundeskanzler in derselben Rede:

„Die Bundesregierung wird darauf bestehen, dass der Integrationsbereitschaft der Deutschen ein Integrationswille bei denjenigen gegenübersteht, die nach Deutschland kommen.“

Nach Presseberichten hat Gerhard Schröder auf der SPDPräsidiumssitzung am vergangenen Montag eine offene und offensive Debatte zum Thema Integration gefordert und in

der „Süddeutschen Zeitung“ wird berichtet:

„Leitlinien sollten dabei die Werte von Demokratie und Aufklärung sein.“

Zu dieser Debatte habe ich einen Beitrag geleistet und ich werde auch in Zukunft Beiträge dazu leisten.

Johannes Rau als Altbundespräsident hat bei der gleichen Veranstaltung gesagt:

„Integration braucht die Offenheit der angestammten Bevölkerung. Noch mehr braucht sie aber die Bereitschaft und die Anstrengungen der Dazukommenden, die Bereitschaft, nicht nur dazuzukommen, sondern auch dazugehören zu wollen.“

Wozu gehören zu wollen? - Zu dem, wie wir hier in Deutschland leben.

Altbundeskanzler Schmidt erklärt heute in einem Interview:

„Mit einer demokratischen Gesellschaft ist das Konzept von Multikulti schwer zu vereinbaren.“