Protokoll der Sitzung vom 05.04.2006

Meine Damen und Herren! Ich begrüße Sie herzlich zur heutigen Plenarsitzung.

Zu Beginn der Sitzung heiße ich Schüler der 10. Klasse der Stadtschule im schönen Städtchen Altlandsberg als unsere Gäste herzlich willkommen und wünsche einen interessanten Vormittag!

(Allgemeiner Beifall)

Ich habe Ihnen mitzuteilen, dass der Antrag „Kein Bundeswehreinsatz im Kongo“, Drucksache 4/2713, vom Antragsteller zurückgezogen worden ist.

Der Neudruck der Tagesordnung, nach der wir heute verfahren wollen, liegt Ihnen vor. Gibt es Bemerkungen zur Tagesordnung? - Herr Abgeordneter Vietze, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie werden sich sicherlich wundern, dass Sie auf dem Neudruck der Tagesordnung nicht mehr die von unserer Fraktion eingebrachten Drucksachen zur Föderalismusreform finden. Wie Sie wissen, hatten wir darum gebeten, dass der Ministerpräsident zu diesem Thema eine Regierungserklärung abgibt. Zunächst lehnte er das ab. Nachdem wir einen entsprechenden Antrag auf die Tagesordnung gesetzt und gestern noch einmal Rücksprache gehalten haben, hat er den Wunsch geäußert, sich zu dieser wichtigen Frage im Parlament zu erklären. Unter diesen Bedingungen sind wir damit einverstanden, dass das Thema im Monat Mai auf die Tagesordnung des Parlaments kommt. Es gibt keinen zeitlichen Druck, weil auch die Anhörung im Deutschen Bundestag zu den Gesetzesvorlagen erst im Mai stattfindet. Wir gehen davon aus, dass danach noch genügend Möglichkeiten zur Verständigung im Parlament gegeben sind. Demzufolge bitten wir die Kollegen, die sich schon auf die Diskussion vorbereitet haben, um Verständnis. In Anwesenheit des Ministerpräsidenten, dem wir beste Gesundheit wünschen, lässt sich über das Thema sicherlich überzeugender debattieren. - Danke schön.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS - Minister Schönbohm: Allzeit bereit!)

Vielen Dank, Herr Vietze. - Wir kommen zur Beschlussfassung über den Entwurf der Tagesordnung. Wer ihm seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Beides ist nicht der Fall. Damit ist die Tagesordnung beschlossen.

Sie sehen es auf den Regierungsbänken: Eine Reihe von Mitgliedern der Landesregierung ist abwesend. Der Ministerpräsident ist an beiden Tage wegen Krankheit entschuldigt. Minister Szymanski ist heute ganztägig, Minister Speer ab 15 Uhr abwesend. Minister Dr. Woidke ist ab 12 Uhr nicht mehr im Hause; das scheint etwas mit dem Hochwasser zu tun zu haben.

(Zuruf von der CDU: Stiefel kaufen!)

Aber alle Minister sind gut vertreten.

Auch in den Reihen der Abgeordneten gibt es einige Ausfälle. Ich hoffe, dass die übrigen Kollegen in der Lage sind, das zu kompensieren.

(Klein [SPD]: Das wird wohl kaum möglich sein!)

Wir steigen in die Tagesordnung ein. Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:

Aktuelle Stunde

Thema: Flughafen Berlin Brandenburg International als Jobmotor für eine ganze Region

Antrag der Fraktion der CDU

Wir beginnen mit dem Redebeitrag des Abgeordneten Lunacek.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lange haben wir, haben die Menschen in Brandenburg und Berlin auf eine positive Entscheidung zum Bau des Großflughafens gewartet - viel zu lange! - und ihre Hoffnungen darauf gesetzt. Jetzt ist die Entscheidung endlich da. Und was für eine! Wir alle sind froh und erleichtert, dass es losgehen kann. Unser Flughafen Berlin Brandenburg International hat endlich richtig Wind unter den Flügeln.

(Beifall bei der CDU und des Abgeordneten Bischoff [SPD])

Nun gilt es, dieses Projekt mit aller Entschlossenheit durchzuziehen. Dazu bekennen sich die CDU-Fraktion und die SPDFraktion. Die Koalition steht zu diesem Projekt. Sie wird nicht zurückweichen oder hadern; denn der BBI ist das wichtigste, nötigste und größte Infrastrukturprojekt in und für ganz Ostdeutschland. Der BBI ist überfällig, meine Damen und Herren!

Die Politik in Brandenburg und Berlin ist aufgerufen, so zu handeln, dass wir jetzt wirklich durchziehen können. Einen Weg zurück kann und wird es nicht geben. Die Menschen erwarten von der Politik zu Recht, dass sie die Kernaufgaben moderner Staatsführung angeht. Dazu gehört an vorderster Stelle die Infrastruktur. Sie ist die Schlagader moderner zukunftsfähiger Gesellschaften. Stimmt diese Struktur, dann wächst die Wirtschaft und die Menschen haben Arbeit. Dann gibt es Einnahmen in sozialen Sicherungssystemen und eine gerechte Verteilung. Es werden Waren produziert und gehandelt, national wie international. Um nichts anderes als um eine solche Infrastruktur geht es hier. Mit dem BBI stoßen wir für unsere Region die Tür zu den Herausforderungen der Zukunft auf. Mit der Bündelung des Personen- wie des Frachtverkehrs im berlinnahen Schönefeld wird auch die wachstumshemmende Kleinteiligkeit dreier, in sich selbst begrenzter Flughäfen aufgehoben.

Meine Damen und Herren! Der BBI ist, verkehrstechnisch ge

sehen, für die Region der Schritt von der Provinz in die Weltläufigkeit.

(Ah! bei der Linkspartei.PDS)

Gleichzeitig müssen wir die Weichen so stellen, dass dieses Bauprojekt unserer regionalen Wirtschaft einen Aufschwung bringt und ihr neue Impulse gibt.

Es ist deshalb gut zu wissen, dass Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns die Einbindung unserer brandenburgischen Unternehmen in dieses Großprojekt vorantreibt. Experten und Vertreter der Wirtschaft sind schließlich fest davon überzeugt, dass durch den Bau und den Betrieb des BBI sowohl die Bauwirtschaft als auch unsere Volkswirtschaft wachsen werden. Der BBI ist unser Infrastrukturschlüssel für die Zukunft, und den geben wir nicht mehr aus der Hand.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Wir dürfen nicht den Fehler machen, das Urteil des Gerichts schlechtzureden; denn die Entscheidung ist zu 95 % sehr gut und hätte lediglich 5 % besser sein können. Wir haben also sehr viel, fast alles erreicht. Der Erfolg des Flughafens hängt nicht von einem 24-stündigen Dauerbetrieb ab, 19 Stunden tun es auch.

(Dr. Klocksin [SPD]: Richtig!)

Um die übrigen fünf Stunden muss man sich jetzt weiter kümmern. In München beispielsweise gilt ebenfalls ein Nachtflugverbot und trotz dieser Einschränkung wächst der Flughafen Franz-Josef-Strauß sowohl im Passagier- als auch im Frachtaufkommen. Damit entwickelt sich das Flugwesen in Brandenburg eben nicht zum „Fluchwesen“, wie es Frau Tack von der PDS verkündet hatte,

(Zurufe von der Linkspartei.PDS)

sondern zu einem wichtigen Meilenstein für eine ganze Region. In diversen Pressemitteilungen und Interviews äußerten Sie, meine Damen und Herren vom linken Rand, sich immer wieder negativ und erklärten der Landesregierung schon vorab, warum die Richter in Leipzig den Bau des BBI nur ablehnen könnten.

(Zurufe von der Linkspartei.PDS)

Sie sehen: Die Wirklichkeit und die Vernunft haben Sie wieder einmal eingeholt. So erging es Ihnen in den letzten Jahren immer wieder. Sie waren immer die Neinsager, ob es bei den großen Strukturreformen war, bei der Polizeireform, bei der Gemeindereform oder bei diesem großen Infrastrukturprojekt. Die Zurufe, die ich jetzt von der PDS-Fraktion vernehme, sprechen ebenfalls Bände. Meine Damen und Herren auf der linken Seite, Sie sollten Ihre Lehren daraus ziehen!

Für den Erfolg des Flughafens ist eine gute Schienen- und Straßenanbindung wichtig. Jeder Geschäftsreisende und jeder Urlauber will schnell und sicher an den Flughafen kommen und jeder Unternehmer will schnell an seine Fracht gelangen. Unsere Aufgabe ist es, hierfür die Voraussetzungen zu schaffen. Deshalb bin ich froh, dass die Deutsche Bahn zu ihrem Wort stehen will, ihre Pflicht zu erfüllen. Wenn es dabei haken sollte,

müssen wir den Druck erhöhen; denn der Flughafen wird seine Zukunftsfähigkeit und seine Zukunftspotenziale nur entfalten, wenn die Bahnanbindung vom ersten Tag an gewährleistet ist.

Expertenschätzungen gehen von 40 000 möglichen Arbeitsplätzen aus, die durch den Flughafen für unsere Volkswirtschaft entstehen können. Damit verbinden die Menschen berechtigte Erwartungen. Ich betrachte diesen Bau deshalb als eine der wichtigsten Entscheidungen für unsere Region seit der Wiedervereinigung. Die Wende war die politische Geburt unseres Landes, und der BBI wird den entscheidenden Anstoß für ein gemeinsames Bundesland Berlin-Brandenburg geben.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Hier werden Fakten geschaffen, vor denen niemand zurückweichen kann. Ich fordere daher alle Entscheidungsträger auf, sich für dieses Projekt, wo immer sie auch stehen und wirken können, mit ganzer Kraft einzusetzen.

Den Flughafengegnern wiederum reichen wir die Hand. Sie haben nicht das erreicht, was sie erreichen wollten. Ihre individuellen Interessen müssen hinter denen der Gesamtheit zurückstehen, weil das Projekt den Bürgerinnen und Bürgern in Brandenburg insgesamt dient. Aber auch die Gegner werden von dem Projekt profitieren, weil wir alle davon profitieren, weil die gesamte Region Berlin-Brandenburg davon profitiert. Lassen Sie uns gemeinsam die Zukunft einer ganzen Region positiv gestalten und nach vorn schauen!

Die Finanzierung des Projekts ist gesichert und die Planungen sind gut. Alle drei Gesellschafter, der Bund, das Land Brandenburg, das Land Berlin, stehen dazu und werden die Finanzierung gemeinsam realisieren. Das bedeutet ebenso, die zusätzlichen Lärmschutzkosten nicht als Hindernis, sondern als Herausforderung für unsere Wirtschaft anzusehen; denn grundsätzlich wird das gesamte regionale Unternehmertum von diesem Projekt profitieren. Davon bin ich fest überzeugt.

Aber wir müssen dazu auch noch einiges tun. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass die Auftragsvergabe unseren Firmen reale Chancen bietet. Aus diesem Grunde bin ich Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns dafür dankbar, dass er die Beteiligung der regionalen Wirtschaft zur Chefsache erklärt hat. Das ist der einzig gangbare Weg und die CDU-Fraktion steht dahinter. Bei einer derartigen Investition von mehr als 2 Milliarden Euro muss es uns gelingen, einen Teil davon in der Region zu belassen. Von hier sollte heute das Signal an alle in Verantwortung Stehenden ausgehen, alles dafür zu tun, dass regionale Brandenburger und Berliner Unternehmen an den Aufträgen beteiligt werden.

(Beifall bei CDU und SPD)

Das ist eine große Chance. Sie wissen, wie schwer es gerade die Bauindustrie in den letzten Jahren hatte. Allein im letzten Jahr hatte die Bauindustrie einen Auftragsrückgang um 10 % zu verzeichnen. In den letzten zehn Jahren ist das Auftragsvolumen bei den regionalen Bauunternehmen um 50 % zurückgegangen. Deshalb ist dieses große Projekt eine Riesenchance für die Unternehmen. Wir erwarten von allen in Verantwortung Stehenden, vor allem von der Gesellschaft, die die Auftragsvergabe realisiert, dass sie alles dafür tut, auch regionale Firmen davon profitieren zu lassen.

Unsere Handwerker und Unternehmer wiederum rufe ich dazu auf, sich im Bieterverzeichnis der Flughafengesellschaft registrieren zu lassen. Die Auftragsberatungsstelle in Cottbus, die von den brandenburgischen Industrie- und Handelskammern und Handwerkskammern eingerichtet wurde, ist hierfür der richtige Ansprechpartner. Nutzen Sie diese Chance!

Ich persönlich war enttäuscht, als sich der Bauindustrieverband vor eineinhalb Wochen hierzu öffentlich ablehnend geäußert hat, und zwar nach dem Prinzip: Das wird nichts. - Wir sollten nach vorn schauen und alle Chancen nutzen. Nur wenn wir es anpacken, werden wir es schaffen, auch regionale Baufirmen davon profitieren zu lassen. Wer dies von vornherein aufgibt, hat schon verloren.

Die große Masse der Airlines ist froh über die Entscheidung zum Bau des BBI. Einige haben ein bisschen mehr erwartet; dafür habe ich Verständnis. Trotzdem hilft es nicht, den Kopf in den Sand zu stecken und mit Abwanderung zu drohen. Die Passagiere und die Fracht sind hier bei uns und nicht anderswo. Hier wird verladen und eingecheckt und nicht anderswo. Nutzen Sie also Ihre Chance, seien Sie kooperativ und lassen Sie uns das Erfolgsprojekt gemeinsam vorantreiben!

Der endgültige Startschuss für den Bau des Flughafens Berlin Brandenburg International wird nicht nur wirtschaftliche Akzente und Akzente für die Region setzen, er wird uns ebenso der Fusion beider Länder wieder ein Stück näher bringen. Das müssen wir als Chance begreifen. Auch das Sperrfeuer, das vor wenigen Wochen aus Berlin zu vernehmen war, wird dies nicht verhindern. Ich bin übrigens froh darüber, dass der Regierende Bürgermeister hier Klartext gesprochen hat, indem er sagte: In einem gemeinsamen Bundesland ist und bleibt Potsdam Landeshauptstadt und Regierungssitz.

(Beifall bei CDU und SPD)

Anders geht es auch gar nicht, weil wir sonst keine Mehrheit bekommen.