Protokoll der Sitzung vom 22.02.2006

Meine Damen und Herren! Ich begrüße Sie herzlich zur heutigen Plenarsitzung. Neben unseren üblichen Gästen begrüße ich zunächst Schüler der 10. Klasse der Oberschule Sachsenhausen. Seien Sie herzlich willkommen! Da wir heute über das spannende Thema Vogelgrippe debattieren, habt ihr auch etwas mitzunehmen. Ich wünsche euch dabei viel Freude.

(Allgemeiner Beifall)

Vor Eintritt in die Tagesordnung habe ich Folgendes mitzuteilen: Auf Antrag der Fraktion der SPD wurde das Thema der Aktuellen Stunde in „Vorsorge gegen Vogelgrippe - Ist Brandenburg gerüstet?“ geändert. Zusätzlich wurde der folgende Tagesordnungspunkt 3 aufgenommen: 2. Lesung des Gesetzes zu dem Staatsvertrag über die Bestimmungen der Aufsicht über die Rentenversicherung Berlin-Brandenburg und zur Anpassung von Rechtsvorschriften. Des Weiteren wurde ein zusätzlicher Tagesordnungspunkt 4 aufgenommen, nämlich die 2. Lesung des Brandenburgischen Architektengesetzes. - Gibt es zu der Tagesordnung in der so geänderten Form Bemerkungen oder Änderungswünsche? - Das kann ich nicht feststellen. Dann lasse ich über die Tagesordnung abstimmen. Wer ihr zustimmt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das ist nicht der Fall. Damit ist die Tagesordnung in dieser Fassung beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:

Aktuelle Stunde

Thema: Vorsorge gegen Vogelgrippe - Ist Brandenburg gerüstet?

Antrag der Fraktion der SPD

Die SPD-Fraktion beginnt mit der Debatte. Ich rufe den Abgeordneten Folgart auf. Bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Wochenende und die darauf folgenden Tage haben bewiesen, was Wissenschaftler vermutet haben: Die Vogelgrippe wird auch für Deutschland ein Thema sein. Dies ist nicht wirklich neu. Ich erinnere kurz daran, dass wir eine ähnliche Situation bereits im Spätherbst hatten, als deutschlandweit ein Aufstallungsgebot erlassen wurde. Gleiches war auch für den 1. März dieses Jahres geplant. Das Gebot der Stunde verlangte es jedoch, dieses Gebot vorzeitig auszurufen. Seit Freitag, dem 17. Februar, ist es in Kraft. Das heißt, Nutzgeflügel ist in Ställen unterzubringen und ist auch dort bereits untergebracht worden. Damit wird das Risiko einer Ansteckung des Geflügels von außen erheblich vermindert, ausschließen können wir die Ansteckung jedoch nicht.

Wie eine Ausweitung der Geflügelgrippe auf Nutztierbestände erfolgreich verhindert werden kann, zeigte sich bereits im Jahr 2003, als sich in den Niederlanden die Krankheit ausbreitete, Deutschland aufgrund seiner Schutzmaßnahmen davon jedoch verschont blieb.

Bei der Geflügelgrippe handelt es sich um eine Tierkrankheit, die von Tier zu Tier übertragen wird. Von Mensch zu Mensch ist der Virus nicht übertragbar. Damit dies so bleibt und das Risiko für den Menschen gering gehalten wird, sind Schutzmaßnahmen ergriffen worden. Kritiker werden sagen: Ja, aber es haben sich auch Menschen mit dem H5N1-Erreger infiziert. Das stimmt, aber dabei muss man sich vor Augen führen, unter welchen Umständen dies geschah: zum Beispiel beim Spielen mit Teilen toter Hühner wie Hühnerköpfen oder bei engstem Kontakt, beispielsweise wenn Menschen und Geflügel unter einem Dach leben, wie das in Asien vielerorts der Fall ist.

Selbst bei den bekannt gewordenen Infizierungen fand keine Übertragung von Mensch zu Mensch statt. Angesicht dieser Tatsache und der Lebensbedingungen ist ein Ansteckungsrisiko in Deutschland tatsächlich äußerst gering. Obwohl es sich um eine Tierkrankheit handelt, die nur von Tier zu Tier übertragen wird, ist ein vorsorgender Schutz der Bevölkerung selbstverständlich ein Thema, wobei - auch das sei gesagt - der Begriff Vorsorge für die Bevölkerung aufgrund der Tierseucheneigenschaften eigentlich nicht ganz passend ist.

Erlauben Sie mir, meine Damen und Herren, an dieser Stelle einen Hinweis darauf, wie die Erreger übertragen werden. Als Erstes müssen die Viren in hoher Konzentration aufgenommen werden, um überhaupt Symptome hervorzurufen. Zum Zweiten findet eine Übertragung nur durch Sekrete und Exkremente von infizierten Tieren statt. Dies erklärt auch das beobachtete Auftreten der Erreger bei Tieren, die in Gruppen leben, wie Schwäne oder Enten, bzw. auch die Fälle der Greifvögel, die anscheinend Aas von infizierten Tieren gefressen hatten. Da der Normalbürger weder mit Vogelkot noch mit Aas in Berührung kommt, ist eine Hysterie nicht angebracht; eine Aufklärung ist sehr wohl angebracht, doch ein Aufputschen nicht. Dies sage ich auch an die Adresse der Medien, die mit diesem Thema offensiv, aber auch sensibel und wahrheitsgetreu umgehen müssen.

(Beifall bei SPD und CDU)

Hysterische Schlagzeilen helfen dabei weder dem Verbraucher noch der Ausmerzung der Geflügelgrippe, sondern dienen einzig und allein der Erhöhung der Auflage.

Ganz außer Acht gelassen werden die Folgen unrealistischer Horrorszenarien. Ich fordere deshalb alle auf, insbesondere auch die Verbraucher, die Situation realistisch einzuschätzen. Ich meine, eine Panikmache schadet mehr als sie nutzt. Sie schadet zum Beispiel den Geflügelhaltern, wenn sie ihre nach wie vor unbedenklichen Produkte nicht mehr verkaufen können. Sie schadet aber auch dem Tourismus, wie das momentan in Mecklenburg-Vorpommern zu beobachten ist, wo Stornierungen von Reisewilligen eintreffen.

Geflügelfleisch und Eier können weiterhin gegessen werden, denn bei einer europäischen Zubereitungsart wird das Fleisch in der Regel auf bis zu über 70 Grad Celsius erhitzt und dies bedeutet das Absterben der Viren. Somit hätten diese Produkte auch dann bedenkenlos gegessen werden können, wenn in den Beständen die Geflügelgrippe aufgetreten wäre. Damit es aber erst gar nicht dazu kommt, wurden umfassende Schutzmaßnahmen ergriffen. Dazu gehört das von mir erwähnte aktuelle Aufstallungsgebot, aber auch die rasche Beseitigung der toten Wildvögel. Desinfektionsmaßnahmen vor dem Betreten

der Ställe und eine konsequente Futtermittelhygiene sollten Selbstverständlichkeit in den Betrieben sein.

Zudem ist das Betreten der Ställe möglichst zu vermeiden, um somit den Kontakt und die Gefahr der Infizierung und Verbreitung des Erregers zu verhindern. Dazu gehört natürlich auch ein streng kontrollierter Personen- und Transportverkehr auf jedem betroffenen Hof bzw. Betriebsgelände. Diese Maßnahmen dienen dem Schutz der Nutztierbestände. Dieser hat für mich nach dem vorsorgenden Schutz für die Bevölkerung selbstverständlich Priorität.

In Brandenburg werden über acht Millionen Hühner, Enten und Gänse gehalten. Eine rein prophylaktische Tötung der Bestände wäre ein riesiger wirtschaftlicher Verlust für die Geflügelhalter und könnte rasch die Züge von reinem Aktionismus annehmen. Hierbei müssen wir uns fragen, ob wir das wirklich wollen. Ich sage nein, solange keine Gefahr für die Menschen besteht, und dies ist bekanntermaßen derzeit nicht der Fall.

Der Schutz der Nutztiergeflügelbestände hilft indirekt auch dem Landeshaushalt; dies nur ganz nebenbei. Denn würde die Tötung von acht Millionen Stück Geflügel angeordnet werden, müsste die Tierseuchenkasse für den Schaden sowie die Beseitigung der Tierköper aufkommen. Die Beiträge kommen primär von den Tierhaltern. Reichen die geschaffenen Rücklagen jedoch nicht aus, muss das Land, der Staat, in die Bresche springen. Nicht abgedeckt durch die Tierseuchenkasse sind die wirtschaftlichen Folgen, wenn die Ställe für einen längeren Zeitraum leer stehen oder Handelsbeschränkungen aufgrund des Tierseuchenrechts in Kraft treten. Hier sollte das Land im Fall der Fälle helfend einspringen und sich zum Berufsstand bekennen.

Damit es aber nicht so weit kommt, sind die getroffenen Schutzmaßnahmen richtig und sie müssen eingehalten werden. Verantwortung haben jedoch nicht nur die Geflügelhalter und die Behörden, sondern auch die Reisenden. Die Deklaration von Geflügel, Federn usw. bei der Einreise ist meiner Meinung nach unbedingt erforderlich bzw. sollte der Privatimport gänzlich unterbleiben. Hier muss bei der Aufklärung noch einiges getan werden.

Auf EU-Ebene und besonders intensiv in Frankreich und in den Niederlanden wird jetzt die Impfung der Geflügelbestände diskutiert, wobei Frankreich und auch die Niederlande eindeutige Befürworter dieser Impfung sind. Ich zähle mich nicht dazu, denn die Impfung von Geflügel bedeutet nicht, dass die Bestände virusfrei sind. Im Gegenteil, die Tiere überleben die Infektion und die Ansteckungsgefahr steigt. Ich frage Sie: Was ist damit gewonnen?

Steigen würde auch die theoretische Ansteckungsgefahr für den Menschen. Die Mutationsrate der Viren wäre zigmal erhöht und die potenzielle Gefahr, dass Viren dann auch von Mensch zu Mensch übertragbar wären, könnte steigen. Dann wäre der qualitative Umschlag von einer Tierseuche, wie wir sie jetzt haben, zu einer Humanseuche vollzogen. Eine Impfung der Bestände wäre zwar eine prophylaktische Maßnahme zum Schutz der Geflügelbestände, würde aber die potenzielle Gefahr für den Menschen erhöhen. Daher bin ich der Meinung, dass die getroffenen Schutzmaßnahmen vorerst richtig sind. Die Impfung lehne ich, wie gesagt, ab.

Auch wirtschaftlich gesehen sind die Argumente für eine Impfung eher schwach, denn eine Unterscheidung zwischen geimpften und infizierten Tieren ist aufgrund des fehlenden Markerimpfstoffs - das ist das Stichwort - nicht gegeben. Damit würden alle Geflügelbestände aus Deutschland rechtlich als infiziert gelten und mit einem Exportverbot belegt. Wirtschaftliche Schäden der exportierenden Branche wären demzufolge auch im Fall der Impfung nicht zu vermeiden.

Wenn sich die Nutztierbestände durch die vorsorglichen Maßnahmen schützen lassen - davon gehe ich aus -, lässt sich wirtschaftlicher Schaden am ehesten abwenden. Zudem ist eine Tötung oder Impfung der Bestände aus gesundheitlichen Erwägungen heraus derzeit nicht erforderlich.

Zu dem Thema „Gefahr für den Menschen“ wird meine Fraktionskollegin Martina Münch noch etwas sagen.

Ich bedanke mich an dieser Stelle erst einmal für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei SPD und CDU)

Herzlichen Dank. - Wir setzen mit dem Beitrag der Fraktion der Linkspartei.PDS fort. Es spricht die Abgeordnete Wehlan.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir sind gut beraten, uns auf einen Ausbruch der Vogelgrippe einzustellen. Angesichts der nunmehr real gewordenen Bedrohung durch die Hühnerpest appelliere ich an uns, an alle verantwortlichen Politikerinnen und Politiker sowie Amtsträger, sich mit ganzer Kraft der Gefahr entgegenzustellen und Schaden für unser Land, für die Bürgerinnen und Bürger abzuwenden.

Für meine Fraktion ist das Thema „Vogelgrippe in Deutschland“ kein Thema zur parteipolitischen Profilierung. Woran sich Verantwortung auf Bundes-, Landes- und Ortsebene messen lassen muss, sind - erstens - der Schutz der Bürgerinnen und Bürger und - zweitens - der Schutz der heimischen Geflügelwirtschaft. Dabei hat im Kontext der globalen, europäischen und nationalen Dimension der Bund den Ton anzugeben und mit den Ländern und gemeinsam mit den kommunalen Behörden die Anordnung, den Vollzug sowie die Kontrolle durchzusetzen.

Das Verhalten des Landwirtschaftsministers von MecklenburgVorpommern, die Einsatzkräfte auf der Insel Rügen vor laufender Kamera und in deren Beisein schulmeisterlich abzuwatschen, soll für das, was uns möglicherweise bevorsteht, der erste und letzte Ausrutscher dieser Art gewesen sein.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Ein Gespräch am vergangenen Freitag mit der Landrätin vermittelte mir jedenfalls sehr anschaulich, dass man in der Tauphase verendete Vögel rügenweit nicht in Stundenfrist vom Eis der Ostsee bergen kann, zumal verendete Enten und Schwäne zu dieser Jahreszeit nichts Ungewöhnliches sind und erst das sprunghafte Ansteigen der Zahl der Wildvögel bis zum Freitag auf über 300 eine besondere Situation signalisierte.

Ihren differenzierten Ausführungen zum „Wochenende auf Rügen“, Herr Minister Woidke, entnehme ich da wirklich mehr Sachkenntnis.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, der SPD und des Abge- ordneten von Arnim [CDU])

Sie wissen, dass der „Notfallplan Geflügelpest“ in Mecklenburg-Vorpommern den Fall des Ausbruchs der Seuche in Wildtierpopulationen gar nicht vorgesehen hatte, sondern nur den des Ausbruchs in Gehöften. Wir haben also eine völlig neue Situation und die sonntägliche Konstituierung des Landeskrisenstabes und die Aktivierung in den Kreisen zeigen mir, dass Sie auch das erkannt haben.

Vor Rügen wurde der Verbreitungsweg über Wildtiere immer wieder heruntergespielt. Aber es spricht einiges dafür, dass die Erreger bei Wildvögeln bereits seit längerem in Deutschland angekommen sind - möglicherweise in gering pathogenen Formen -, die Übertragung also stattgefunden hat, ohne dass es zu einem flächenhaften Ausbruch gekommen ist. Vielleicht haben dazu auch Kälte und Eis beigetragen. Die Natur hat uns, lax gesagt, also ein Schnippchen geschlagen. Deshalb sind aus den Rügener Erfahrungen schnell und konsequent Schlussfolgerungen für den Schutz der Bevölkerung und der Nutztierbestände in Brandenburg zu ziehen.

Im Wesentlichen zielen nach der bisherigen Planung die Maßnahmen zur Eindämmung des Virus darauf ab, dass betroffene Bestände abgesperrt, die so isolierten Tiere getötet, unschädlich beseitigt und die Lokalitäten desinfiziert werden. Nach Abnahme der Reinigung und Desinfektion durch den beamteten Tierarzt und Ausbleiben eines neuen Ausbruchs innerhalb von 30 Tagen gilt die Tierseuche im betroffenen Gehöft als erloschen.

Tatsächlich liegt der derzeitige Schwerpunkt des Gefahrenherdes aber in der Umwelt, bei den Wildvögeln. Eine Absperrung ist hier schwierig und nur begrenzt wirksam, denn sie hängt von der Zufälligkeit des Auffindens und dem Fundort der verendeten Tiere ab. Die umfassende Tötung von Wildtieren schließt sich von selbst aus. Eine umfassende Desinfektion der Landschaft ist weder sinnvoll noch realisierbar. All das macht die neue Situation deutlich und verlangt neue Strategien, um kommunale Behörden nicht in Vollzugsprobleme kommen zu lassen.

Das Auffinden, Einsammeln und Entsorgen einer Vielzahl von infektiösen Tierkadavern muss stabsmäßig vorbereitet werden. Deshalb sind die Notfallpläne sofort zu überarbeiten. Die Bevölkerung muss umgehend umfassend und nicht selektiv informiert werden. In Kindertagesstätten und Schulen ist eine altersgerechte Vermittlung der Gefahren zu sichern. Vor allem aber sind die Landkreise mit geschulten Einsatzkräften in Schutzausrüstung, mit Transportmitteln, Tierkörperaufnahmeund Entsorgungskapazitäten, Desinfektionsmitteln und Infektionssperren sowie entsprechend den aktuellen Anforderungen mit zivilen Katastrophenschutzkräften auszustatten.

Neben der umfassenden Kontrolle ist den Geflügelproduzenten alle erforderliche Hilfe zu geben bis hin zu einer schnellen und unbürokratischen Unterstützung bei der finanziellen Auszahlung im Schadensfall. Es sind Anpassungsstrategien aufzuzeigen, wie einem negativen Entwicklungstrend der heimischen

Geflügelwirtschaft durch fehlenden Absatz, sinkende Preise durch Einstallung - ich denke hier insbesondere an die Biobauern - und steigende Kosten zukünftig begegnet werden kann. Schon heute muss an Konzepten gearbeitet werden, mit denen Insolvenzen bei den Produzenten, Händlern und in anderen Bereichen, wie der Tourismusbranche, verhindert werden können.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, wir sind uns darin einig, dass der Schutz der Bevölkerung im Mittelpunkt aller Bemühungen stehen muss und Panikmache ein schlechter Ratgeber ist. Aber gerade weil die Übertragungswege unklar sind und der Ausbruch der Vogelgrippe bei heimischen Schwänen und Wildtieren vor Rügen überrascht hat, helfen uns auch keine Beruhigungstheorien, wie etwa die, dass die Übertragung auf den Menschen weitgehend ausgeschlossen ist, oder die der Hilfe der Länder untereinander mit Medikamenten im Ernstfall.

Mit einem leichtfertigen Gegenrechnen von Zahlen infizierter und verstorbener Menschen verschiedener Epidemien kann man gleich gar nicht den Bürgerinnen und Bürgern in Brandenburg erklären, warum ihr Land für nur 7 % der Bevölkerung Medikamente vorhält und zum Beispiel Nordrhein-Westfalen für 30 % seiner Bürgerinnen und Bürger Vorsorge trifft. Das RobertKoch-Institut geht von einem notwendigen vorbeugenden Gesundheitsschutz durch Tamiflu und Relenza von mindestens 20 % aus.

Wir können uns die Lage nicht anders beschließen, nur weil uns die Finanzen zu erdrücken scheinen. Und es sind ja nicht nur die Medikamente, sondern auch die anderen notwendigen Aufgaben. Herr Folgart hat bereits davon gesprochen. Hier, Frau Funck, Herr Lunacek, hätte ich mir schon eine deutlichere Ansage an die Bundesebene und Herrn Seehofer gewünscht, die in Anbetracht der von mir bereits beschriebenen globalen, europäischen und nationalen Dimension der Vogelgrippe eine größere Verantwortung wahrnehmen müssen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Vorbeugende Maßnahmen, Bekämpfungsstrategien, der Schutz der Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger dürfen nicht an finanziellen Mitteln scheitern und sind auch nicht teilbar in arme und reiche Länder.

Für Deutschland und insbesondere für Brandenburg ist die Konsequenz einer Infektion in den hoch konzentrierten Anlagen der Geflügelzüchter besorgniserregend. Insgesamt könnten über acht Millionen Stück Nutzgeflügel in unserem Bundesland betroffen sein. Der wirtschaftliche Schaden, der im Ernstfall entstehen würde, lässt sich gegenwärtig kaum beziffern.

Kritisch stehen wir aktuell diskutierten Impfaktionen gegenüber, und zwar nicht nur in Anbetracht des Verfahrens: per Hand und mit Spritze bei über acht Millionen Tieren, und das zweimal, nein, vor allem, weil derzeit die verfügbaren Impfstoffe das Geflügel lediglich vor den klinischen Symptomen der Vogelgrippe schützen und es auch bei geimpften Tieren nach der Infektion zu einer Virusvermehrung im Tier und einer Ausscheidung von Viren kommt. Herr Folgart hat darauf auch schon hingewiesen. Symptome würden damit verschleiert, ein potenzieller Erstausbruch nicht erkannt und das Einleiten wirkungsvoller Maßnahmen erheblich verzögert werden. Notimpfprogramme sollten deshalb als unterstützende Maßnahme zur