Protokoll der Sitzung vom 24.11.2004

Frau Kollegin Schröder, das ist nicht das Thema. Das Thema lautet, dass die damit verbundenen Mittel gegenwärtig nicht eingesetzt werden, das heißt, die Frage ist nicht beantwortet, inwieweit es Möglichkeiten gibt, dieses Programm nach einer Überarbeitung und Verbesserung unter den neuen Bedingungen von Hartz IV weiterhin auszuführen. Wir sehen dafür Ansatzpunkte.

(Beifall bei der PDS)

Ich danke Ihnen für die Beantwortung der Zwischenfrage. - Wir setzen mit dem Beitrag der CDU- Fraktion fort. Bitte, Frau Abgeordnete Schulz.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In vielen Punkten kann ich meiner SPD- Kollegin durchaus zustimmen. Deshalb wird der vorliegende Antrag ja auch von beiden Koalitionsfraktionen getragen.

Schon in den zurückliegenden Jahren haben wir als

Regierungsparteien die Arbeitsmarktpolitik mitgestaltet und deren Umsetzung auch immer kritisch begleitet. Das wollen wir künftig ebenso handhaben. Deshalb der gemeinsame Antrag mit dem Ziel, Arbeitsuchende in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren.

Herr Otto, in diesem Zusammenhang möchte ich Ihnen etwas auf den Weg geben, wobei ich zu Ihren Gunsten berücksichtige, dass Sie in der Vergangenheit nicht Mitglied des Landtags waren: Einige Teile des LAPRO sind in der Tat bereits abgeschlossen, weil diese keinen Sinn mehr machen, wie Frau Schröder schon gesagt hat. In der letzten Legislaturperiode sind aber auch einige Programmteile verlängert worden, was Sinn macht, wenn man berücksichtigt, dass wir dadurch jetzt genau auf die vorhandenen Notwendigkeiten abstellen können.

Auch wenn das Land bei der Umsetzung von Hartz IV nicht unmittelbar gefordert ist, sind wir doch verpflichtet, die Umsetzung zu begleiten. Das sind wir nicht zuletzt den arbeitslosen Mitbürgern schuldig. Im Koalitionsvertrag bekennen wir uns auch zu einem eigenen Landesprogramm.

Das Landesprogramm ist im Übrigen nicht etwas Statisches, sondern es muss auch künftig den veränderten Bedingungen angepasst werden; denn Arbeitsmarktpolitik bindet finanzielle Mittel, und zwar in nicht unerheblichem Maße insbesondere Mittel der Europäischen Union, die zielorientiert und effizient eingesetzt werden müssen.

Natürlich müssen bei der anstehenden Reform inhaltliche Veränderungen vorgenommen werden. Das geht auch aus unserem Antrag hervor, mit dem wir auf drei wichtige Punkte abstellen. Man muss hinzufügen, dass das drei wichtige Punkte unter vielen anderen sind. Frau Schröder hat dazu schon einiges gesagt.

Punkt 1 - Anreize zur Schaffung von Arbeitsgelegenheiten für Langzeitarbeitslose mit Mehraufwandsentschädigung, die nicht zu Verdrängungseffekten führen dürfen - ist wichtig, weil es gilt, gegenüber den Kommunen darauf hinzuwirken, dass sie in ihre Beiräte oder wie auch immer gestrickte Umsetzungsmaschinerien die Kammern zu integrieren haben, damit die Kammern von vornherein darauf achten können, dass es zu den oben genannten Effekten nicht kommt.

Mit dem zweiten Punkt - Stärkung der betriebsnahen Qualifizierung - haben wir schon in der Vergangenheit gute Erfahrungen gemacht. Das bedeutet insbesondere für die kleinen und mittleren Betriebe in unserer Region eine gute Chance.

Auch der dritte Punkt - Berücksichtigung von Langzeitarbeitslosen, insbesondere Frauen, ohne Leistungsanspruch - ist wichtig, um insbesondere Frauen eine Chance zum Wiedereinstieg, zur Qualifikation und letztlich auch zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu geben.

Das Programm wird auch künftig immer wieder evaluiert werden müssen, damit eine zeitnahe Reaktion auf veränderte Bedingungen jeweils möglich ist.

Des Weiteren wird eine regelmäßige Berichterstattung zwingend erforderlich sein, damit wir mit den gewonnenen Erkenntnissen den weiteren Prozess aktiv begleiten können.

In diesem Sinne hoffe ich, dass Sie unserem Antrag zustimmen werden, sodass wir an der Ausgestaltung der

Reform zügig weiterarbeiten können, auch wenn es sicherlich den einen oder anderen kritischen Punkt gibt, den auch ich sehe. Das müssen wir im Auge behalten. Das gilt aber nicht nur für Hartz IV, sondern auch für die schon geltenden Gesetzeswerke Hartz I, II und III. Hiermit werden wir uns in Zukunft also weiterhin kritisch auseinander setzen müssen. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Danke, Frau Schulz. - Für die DVU- Fraktion spricht jetzt die Abgeordnete Fechner.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Koalitionsfraktionen scheinen allmählich nervös zu werden, je näher die Umsetzung der Hartz- Reform heranrückt. Allmählich scheint nun auch dem Letzten bewusst zu werden, wie viele Unklarheiten es noch gibt und wie viele Korrekturen noch vonnöten sind.

Tatsächlich sind die ganzen arbeitsmarktpolitischen Förderinstrumente des Landes im Programm „Qualifizierung und Arbeit für Brandenburg“ noch immer auf bundesgesetzliche Rahmenbedingungen hin ausgerichtet, die es in wenigen Wochen so nicht mehr geben wird. Es ist also allerhöchste Zeit zum Tätigwerden. Überall herrscht Verunsicherung, hauptsächlich was die Fortführung des Landesprogramms „Qualifizierung und Arbeit für Brandenburg“ anbelangt.

Zum Schluss noch einen Satz: Es ist traurig und beschämend für diese Landesregierung, aber auch für die vorherige Landesregierung, dass es dieses Antrags überhaupt bedarf.

(Beifall bei der DVU)

Den Beitrag der Landesregierung hören wir jetzt von Ministerin Ziegler.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich finde es überhaupt nicht beschämend, wenn Parlament und Regierung in eine Richtung arbeiten.

Hartz IV ist die grundlegende Arbeitsmarktreform des Bundes. Von Anfang an haben wir diese konstruktiv begleitet, zunächst in der Arbeitsgruppe „Arbeitslosen- und Sozialhilfe“ der Kommission zur Reform der Gemeindefinanzen

und

dann

gesamten

Gesetzgebungsverfahren. Wir tun das auch jetzt, wie wir heute gesehen haben, beim Ausführungsgesetz zum SGB II und in der Monitoring- Gruppe, in der die Ostländer ihre Interessen zu vertreten haben. Wir wissen, welche offenen Fragen und Probleme auftreten. Wir sind in Gesprächen mit Kommunen und Verbänden und wir reagieren auch auf Anfragen von Bürgern. Wir haken dort ein, wo Änderungen erforderlich

sind,

und

fordern

entsprechende

Nachbesserungen in dieser Monitoring- Gruppe, die uns zur Verfügung steht.

Aus der Reform ergeben sich in wichtigen Bereichen der

Arbeitsmarktpolitik neue Rahmenbedingungen, die auch die Weiterentwicklung

unseres

Landesprogramms

„Qualifizierung und Arbeit für Brandenburg“ erforderlich machen. Ich sehe in dem neuen Handlungsfeld „Grundsicherung für Arbeitsuchende“ die Hauptaufgabe darin, die kommunale Beschäftigungspolitik zu stärken. Darauf richten wir derzeit auch die Arbeit der Teams Verzahnung und Chancengleichheit aus.

Wir wollen mit den Mitteln, die uns aus ESF und Landeskofinanzierung zur Verfügung stehen, die Reform ergänzen und flankieren, um sie erfolgreicher zu machen. Bislang war es so, dass Änderungen im Zusammenhang mit Hartz III und IV mehr für die sinnvolle Straffung der Landesprogramme genutzt wurden, zum Beispiel die Zusammenführung von vier ABM- und SAM- Richtlinien zu einer einzigen gemeinsamen ABM- Richtlinie, die in erster Linie auch für die ALG- II- Bezieher gedacht ist. Damit ist also nichts weggefallen.

Auch angesichts von Hartz IV sind nach meiner Meinung die Highlights unserer Arbeitsmarktpolitik nach wie vor richtig gesetzt. Ich sehe überhaupt keinen Grund, erfolgreiche Programme zu ändern, schon gar nicht - darin werden Sie mit uns einig sein - , wenn sie nur marginal von Hartz IV betroffen sind wie die Programme zur Förderung der beruflichen Erstausbildung, die Richtlinie zur Förderung der Kompetenzentwicklung in kleinen und mittleren Unternehmen, die INNO- PUNKT- Kampagnen sowie die Lotsendienste für ExistenzgründerInnen.

Wir finanzieren fast alles, was wir im Landesprogramm haben, mit ESF- Mitteln, aber das mit der bindenden Maßgabe der Kofinanzierung durch Landesmittel. Darauf werden wir auch künftig nicht verzichten können. Die Haushaltsberatungen stehen vor der Tür und natürlich können wir kein neues Landesprogramm mit neuen Mitteln auf den Weg bringen, ohne die Haushaltsberatungen beendet zu haben.

Was ist aber nun das Neue? Worauf müssen wir uns im Zusammenhang mit Hartz IV und unserem Landesprogramm konzentrieren? Vor allem geht es um die Anreize zur Schaffung zusätzlicher Arbeitsgelegenheiten für Langzeitarbeitslose mit Mehraufwandsentschädigung, die aber, wie wir alle wollen, nicht zu Verdrängungseffekten führen dürfen. Mit der Bundesagentur, Regionaldirektion BerlinBrandenburg, sind wir uns darüber einig, solche Arbeitsgelegenheiten einzurichten, und wir haben dafür am 14. September eine gemeinsame Initiative gegründet. Natürlich kann man das nicht gegen den Markt machen, darf man kleine und mittlere Unternehmen nicht in die Bredouille bringen. Deshalb ist - so betonen wir immer wieder gemeinsam - die Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Zusätzlichkeit, Gemeinnützigkeit bzw. das öffentliche Interesse bei Arbeitsgelegenheiten unabdingbar.

Um das zu gewährleisten, wird unter anderem die Einrichtung regionaler Beiräte unter Einbeziehung der Wirtschaft und der Verbände empfohlen. Frau Schulz, ich kann Ihnen aus den Gesprächen von vorgestern und gestern mit der kommunalen Seite berichten, dass alle derartige Institutionen, egal, wie sie sich nennen, ob Beirat oder besondere Ausschüsse in den Kreistagen einrichten werden. In Brandenburg wurden bis Anfang November bereits 7 482 Arbeitsgelegenheiten eingerichtet, und das immerhin ohne Landesmittel und ohne ESF- Förderung. Soweit bekannt, werden diese auch gern nachgefragt und angenommen.

Mit dem weiterentwickelten Landesprogramm sind für 2005 unter anderem - auch das ist neu - Regionalbudgets geplant, mit denen zunächst ausgewählte Landkreise und kreisfreie Städte in ihrer Beschäftigungsförderung unterstützt werden sollen. Es wird dazu Zielvereinbarungen geben und es soll nicht nur zusätzliche Arbeitsgelegenheiten geben, sondern auch die Qualitätsverbesserung der Maßnahmen erreicht werden. Wir werden Fallmanager in ihrer Qualifizierung unterstützen. Es wird landesweit ungefähr 300 Fallmanager für Jugendliche geben. Wir werden diese Qualifizierung mit Mitteln des Landes finanzieren. Diese Förderung soll Ende 2004 beginnen.

Betriebsnahe Qualifizierung und Stärkung ist ebenfalls ein wichtiger Teil des Landesprogramms. Obwohl sie von den Reformen am wenigsten betroffen sind, wollen wir die Chancen von Langzeitarbeitslosen auf reguläre Arbeit verbessern. Das werden wir weiterhin vorantreiben. Zur betriebsnahen Qualifizierung zähle ich auch die Begleitung hin zu einer tragfähigen Existenzgründung. Neu ist hier, dass auch Existenzgründungswillige ALG- II- Empfänger und - Empfängerinnen die Beratung und individuelle Qualifizierung durch die Lotsendienste nutzen können.

Die Berücksichtigung von Langzeitarbeitslosen, insbesondere Frauen ohne Leistungsansprüche nach SGB II und III, haben wir gegenüber der Bundesagentur für Arbeit als zusätzlichen Bedarf angemeldet, über den wir miteinander verhandeln müssen. Dies ist auf gutem Wege.

Wir wollen aber auch schon früher ansetzen, um Langzeitarbeitslose wieder beschäftigungsfähig und für den regulären Arbeitsmarkt fit zu machen. Das werden wir, weil auch die Halbzeitbewertung des operationellen Programms sehr positiv ausgefallen ist, weiterhin vorsehen. Zum Beispiel „Fordern und Fördern“, das so genannte PfiFF- Programm, werden wir weiterentwickeln.