Wenn Sie dies gelesen haben, werden Sie sehen, dass sich gemäß § 18 SGB II Akteure und Träger vor Ort längst in Kooperation befinden und sich die einzelnen Punkte Ihres Antrages zum Nachrang, zur Brückenfunktion, zur Zusätzlichkeit und Gemeinnützigkeit, zur Dauer, zur Qualifikationsanforderung und Zertifizierung von Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung - in Luft auslösen.
Die Luftblase in Punkt 2 unter I. bedarf eines gesonderten Kommentars. In Satz 1 fordern Sie, dass auch Nicht-Leistungsbeziehern die Instrumente des SGB II vollständig zur Verfügung stehen sollen, um im anschließenden Satz 2 hingegen vorzuschlagen, dass diese Instrumente nach dem prozentualen Verhältnis von Arbeitslosengeld- und Arbeitslosengeld-II-Empfängern zu verteilen sind. Nach Adam Riese bliebe demnach für Nicht-Leistungsbezieher nichts mehr übrig. Diesbezüglich wissen Sie offenbar nicht, was Sie wollen.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen von der PDS! Allein schon die Wahl Ihrer Begriffe zeugt von Oberflächlichkeit und Unkenntnis. Es gibt kein ALG I. In der Sozialgesetzgebung ist das beitragsfinanzierte Arbeitslosengeld im SGB III und das steuerfinanzierte Arbeitslosengeld II im SGB II geregelt. Es gibt auch keine Regionalstelle der Bundesagentur für Arbeit. Sie meinen vermutlich die Regionaldirektion.
Der Antrag ist auch bezüglich der Punkte unter II. überflüssig, weil ein inhaltlich fundierter Beschluss zur Weiterentwicklung der Landesarbeitsmarktpolitik bereits gestern gefasst wurde. Darüber hinaus wurde im zuständigen Fachausschuss in der vorigen Woche bereits eine laufende Berichterstattung über die Umsetzung von Hartz IV und des Landesprogramms auf Initiative der SPD-Fraktion und auf Antrag der Koalitionsparteien beschlossen. Auch hier wird wieder deutlich, dass Sie das Grundanliegen der Arbeitsmarktreform im Kern bis heute nicht begriffen haben.
Die Forderung nach besonderen Anschlussprogrammen nach Ausübung von Arbeitsgelegenheiten ist schlichtweg abwegig, weil dieses Anliegen Eingliederungschancen von vornherein negiert und auf eine strukturelle Verfestigung von Langzeitarbeitslosigkeit zielt.
Das ist kein Anliegen der Bundes- und Landespolitik. Anliegen unserer Arbeitsmarktpolitik ist es, die Ungerechtigkeiten in dem bestehenden System von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe endlich zu beseitigen und Langzeitarbeitslosen - mittels der Strategie „Fördern und Fordern“ - verbesserte Eingliederungsmöglichkeiten in Beschäftigung zu ermöglichen.
Meine Damen und Herren von der PDS, ich fordere Sie ausdrücklich auf, diesen Prozess nicht länger zu torpedieren. Spannen Sie arbeitslose Menschen nicht schon jetzt vor den Karren Ihres Bundestagswahlkampfes 2006.
Die SPD-Fraktion lehnt den heute vorgelegten Antrag der PDS-Fraktion aus den genannten Gründen ab. Er ist schlichtweg überflüssig. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestern haben wir über einen Antrag der Koalitionsfraktionen debattiert, der im Grunde dasselbe wie der hier vorliegende fordert, nämlich die Landkreise und kreisfreien Städte bei der Umsetzung des unsozialen Hartz-IV-Gesetzes zu unterstützen. Die PDS-Fraktion fordert im ersten Teil ihres Antrages, dass die Landesregierung mit der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit eine Rahmenvereinbarung zu den beschäftigungspolitischen Zielen von Eingliederungsleistungen nach dem SGB II schließt.
Im zweiten Teil ihres Antrages fordert die PDS-Fraktion die Landesregierung auf, eigene Landesinitiativen zu entwickeln. Die PDS-Fraktion war auch so nett, in ihrem Antrag zu formulieren, welche Schwerpunkte zu setzen sind.
Mit etlichen Forderungen kann sich die DVU-Fraktion durchaus einverstanden erklären, zum Beispiel mit der Forderung, dass die Vermittlung in sozialversicherungspflichtige, öffentlich geförderte Beschäftigung Vorrang vor dem Angebot von so genannten 1-Euro-Jobs behalten soll. Die Frage ist jedoch: Wie viel sozialversicherungspflichtige, öffentlich geförderte Beschäftigungsmöglichkeiten wird es demnächst überhaupt noch geben?
Des Weiteren fordert die PDS, dass die Arbeitsgelegenheiten so auszugestalten sind, dass sie für Langzeitarbeitslose eine Brücke in den regulären Arbeitsmarkt bilden. Gute Forderung! Nur: Wie viele Arbeitsstellen gibt es noch auf dem regulären Arbeitsmarkt? Man muss nicht sonderlich pessimistisch sein, um zu befürchten, dass es in Zukunft noch weniger Arbeitsstellen auf dem ersten Arbeitsmarkt geben wird.
Diskussionswürdig ist die Forderung, dass Arbeitsgelegenheiten nur auf Grundlage von Freiwilligkeit vermittelt werden sollen. Leider - ich sage bewusst leider - gibt es gerade unter den jugendlichen Sozialhilfeempfängern nicht wenige, die sich an das Leben als Sozialhilfeempfänger gewöhnt haben und keine reguläre Arbeit aufnehmen wollen. Darüber, inwieweit für solche Fälle Freiwilligkeit bestehen soll, könnte man durchaus diskutieren.
Die Forderung in Punkt 4 findet dagegen unsere volle Zustimmung. Die PDS-Fraktion fordert nämlich, dass vorhandene Ar
beitsplätze nicht durch 1-Euro-Jobs gefährdet werden dürfen. Zusätzlichkeit und Gemeinnützigkeit dieser Arbeitsgelegenheiten müssen nachgewiesen werden - das ist eine sehr wichtige Forderung -, doch leider wusste die Landesregierung bis vor wenigen Tagen noch nicht, wie sichergestellt werden kann, dass die zusätzlichen, öffentlich geförderten Stellen nicht im Wettbewerb zu Unternehmen am Markt stehen.
Die zuständige Ministerin antwortete auf eine Anfrage meines Kollegen Schulze, dass die Verantwortung dafür bei den kommunalen Verantwortungsträgern liege. Mittlerweile liegt - nach Aussage der Ministerin - ein Schreiben der Handwerkskammer vor, in dem vorgeschlagen wird, dass die Kommunen vor Auftragsvergabe die Zustimmung der Handwerkskammern einzuholen haben. Das liegt nach Aussage der Ministerin - womit sie Recht hat - in alleiniger Verantwortung der Kommunen. Wenn diese das aus nachvollziehbaren Gründen nicht mitmachen wollen, haben die kleinen und mittelständischen Brandenburger Unternehmen eben zusätzliche Konkurrenz. Das bedeutet, dass auf dem Arbeitsmarkt wiederum Arbeitsstellen abgebaut werden. Die Genossen der PDS-Fraktion haben in ihrem Antrag keinen Vorschlag unterbreitet, wie das zu unterbinden wäre. Somit wird die durchaus berechtigte Forderung Wunschdenken bleiben. Das gilt für fast alle in diesem PDS-Antrag aufgestellten Forderungen.
Leider ist die unsoziale Harz-IV-Gesetzgebung nicht mehr aufzuhalten. Welche negativen Auswirkungen das für viele arbeitslose Brandenburger haben wird, dürfte im Hause mittlerweile jedem bekannt sein. Die in dem vorliegenden Antrag gestellten Forderungen könnten durchaus dazu beitragen, die Folgen des rot-grünen Reformchaos abzumildern. Nur aus dem Grunde stimmen wir diesem Antrag zu.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Otto, Sie sprachen vorhin von einem Gemisch von Gefühlen. Mit diesem Gemisch von Gefühlen, mit den Emotionen der Menschen haben Sie im Wahlkampf Ihr Unwesen getrieben. Darauf haben Sie gebaut.
Sie haben nicht - das wäre auch jetzt Ihre Pflicht als Opposition - für Klarheit gesorgt, sondern eher für Verwirrung. Dieser Antrag ist nicht nur populistisch - das zu sagen kann ich mir fast sparen -, sondern er enttäuscht mich aus folgenden Gründen regelrecht: Erstens ignoriert er das Gesetz - das wurde schon ausgeführt - und zweitens hinken Sie mit Ihren Forderungen eindeutig hinter unseren Beschlüssen her. Zu jedem einzelnen Punkt könnte man sagen: Das haben wir schon beschlossen.
Sie ignorieren bestimmte Dinge oder Sie greifen Dinge aus der Luft, bei denen man darüber nachdenken müsste, wie man das jemals finanzieren will.
Unser oberstes Ziel ist es, die Menschen in Arbeit zu bekommen. In diesem hohen Hause sind wir uns darüber einig, dass Harz IV nicht das Allheilmittel dafür sein wird, Menschen in Arbeit zu bekommen.
Darüber, dass wir dafür noch eine Reihe anderer Maßnahmen ergreifen müssen, sind wir uns auch einig.
Ich verschone Sie damit, jeden einzelnen Punkt aufzurufen, weil ich einfach nur enttäuscht bin, dass die Qualität dieses Antrags so schlecht ist. - Danke schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gibt fast nichts zu ergänzen. Trotzdem möchte ich noch auf einige Punkte eingehen. Natürlich lehnt auch die Landesregierung die Rahmenvereinbarung, wie sie von der PDS gewünscht wird, ab. Ich möchte Ihnen die Gründe nennen:
Wir haben derzeit 13 aus Kommunen und Arbeitsagenturen bestehende Arbeitsgemeinschaften. Fünf Kreise haben sich, wie Sie wissen, als Optionskommunen etabliert; sie wollen die Umsetzung nach SGB II eigenverantwortlich übernehmen. Eine zentrale Steuerung dieses Prozesses vonseiten des Landes ist weder rechtlich möglich, noch ist dies politisch wünschenswert. Das SGB II setzt sehr stark auf dezentrale Verantwortung und auch auf Wettbewerb unter den umsetzenden Stellen. Dazu gehören auch Spielräume in der aktiven Arbeitsmarktpolitik. Sie werden an den Ergebnissen sehen, welche Konstellationen und welche Modelle erfolgreich sind. Wir werden die Kommunen und Agenturen in diesem Prozess begleiten, wir werden mit ihnen diskutieren und den Prozess auswerten.
Ich glaube nicht, dass mit zentralistischen Vorgaben eine bessere Politik vor Ort gemacht wird, sondern eher, dass die gewollten Spielräume auch Kreativität freisetzen und die Möglichkeit eröffnen, neue Formen auszuprobieren, von denen andere lernen können.
Aus dem PDS-Antrag kann man meines Erachtens ein gewisses Misstrauen gegenüber dem Verantwortungsgefühl und der Kompetenz der regionalen Akteure herauslesen. Die Einschätzung, dass man vor Ort eine zentrale Orientierung braucht, teilt die Landesregierung nicht. Ich teile sie erst recht nicht, seit ich in dieser Woche mit allen beteiligten Landkreisen, Kommunen und Agenturen für Arbeit gesprochen habe.
Ich vermute, dass die PDS-Fraktion mit ihrem Antrag Elemente der entsprechenden Rahmenvereinbarung der Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und Frauen mit der Regionaldirektion vom August 2004 kopieren und nach Brandenburg transportieren will. Es wird dabei offensichtlich übersehen, dass die Umsetzung des SGB II in Berlin nicht mit der in Brandenburg vergleichbar ist, denn Berlin ist Stadt und Land zugleich. In § 2 Abs. 1 der oben genannten Berliner Vereinbarung heißt es:
Für die Stadtstaaten wurde eigens ein Passus in das SGB II aufgenommen, der deren besonderen Verwaltungsaufbau berücksichtigt und ihnen Gestaltungsmöglichkeiten einräumt.
Sie haben in Ihrer Anfrage und in Ihrem Antrag offensichtlich nicht beachtet, dass das im Land Brandenburg anders ist. Wie bereits erwähnt, haben wir viele Forderungen der PDS, insbesondere bezüglich der Zusatzjobs, in der gemeinsamen Initiative der Landesregierung mit der BA Regionaldirektion aufgegriffen. Natürlich sollen die Kriterien „Zusätzlichkeit“ und „im öffentlichen Interesse“ eingehalten und kontrolliert werden. Natürlich sollen keine vorhandenen Arbeitsplätze gefährdet werden. Natürlich ist bei Einsatzfeldern im sozialen Bereich besonders viel Sensibilität und auch eine gewisse Kontinuität erforderlich. Diese Bedingungen kann man in der gemeinsamen Initiative nachlesen.
Auch hierfür halte ich übrigens dezentrale Beiräte oder andere Formen der Abstimmung für sinnvoll. Die Arbeitsmarktakteure vor Ort wollen dies auch. Insofern erübrigt sich eine Vereinbarung auf Landesebene.
Die derzeitige überproportionale Bedeutung der Zusatzjobs ist sicherlich auch der Finanzierung in der Übergangszeit geschuldet. Es sollte uns allen am Herzen liegen, dass die arbeitsmarktpolitischen Gestaltungsspielräume des SBG II in der gesamten Bandbreite genutzt werden. Dazu zählen im Bereich der öffentlich geförderten Beschäftigung auch ABM und sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen, wie sie lange Jahre erfolgreich durch das Programm „Arbeit statt Sozialhilfe“ gefördert wurden. Die vorrangige Vermittlung in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ist selbstverständlich. Sie ergibt sich bereits aus dem Ziel der Reform und wird sicherlich im Zielsystem der Träger der Grundsicherung verankert werden.
Zudem können die Kommunen durch nachhaltige Vermittlung eine finanzielle Entlastung von den von ihnen zu tragenden Kosten für die Unterkunft erreichen. Von ganz besonderer Qualität ist - darüber haben meine Kollegen aus der Koalition schon gesprochen -, dass Sie die Landesregierung auffordern, in einer Rahmenvereinbarung mit der Regionaldirektion Regelungen zu treffen, die Gesetzesänderungen sowohl im SGB III als auch im SGB II voraussetzen. Dazu kann man nur sagen: Das geht wohl nicht.