Protokoll der Sitzung vom 11.10.2007

Ich finde, dass das Landesamt das Recht hat, unbeschadet von irgendwelchen äußeren Einflüssen einen Variantenvergleich durchzuführen. Jede weitere politische Stellungnahme eines Gesamtparlaments sehe ich in dieser Situation, in der es im Prinzip um die tatsächliche Prüfung der vorliegenden Varianten geht, als sehr schwierig an.

Insofern, meine Damen und Herren, bitte ich Sie darum, diesen Antrag so nicht zur Abstimmung zu stellen. Auch wenn ich eine Auffassung vertrete, die nicht der Mehrheit meiner Fraktion und Partei entspricht, kann ich Ihnen sagen, dass dieses Herangehen die Diskussion um die Legitimität, um die Sachlichkeit bei der Auseinandersetzung mit Prüfverfahren nicht zum Tragen bringen wird. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Herzlichen Dank. - Das Wort erhält der Abgeordnete Karney.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Jeder spürt es seit längerer Zeit, an der Tankstelle, an seiner Energieabrechnung oder bei Gesprächen mit Unternehmen - alle schimpfen über die hohen Energiepreise. Über die hohen Ölpreise schimpfen

wir auch, und jeder schimpft über die Ölscheichs und Spekulanten an der Börse, doch kaum jemand denkt darüber nach, was man dagegen tun kann. Das Thema Energie ist also in aller Munde.

Aus diesem Grund war es wichtig, dass wir heute Morgen in der Aktuellen Stunde darüber gesprochen haben. Ich bin der festen Überzeugung, das dies nicht das letzte Mal war, denn wir stehen erst am Anfang der Debatte über die Einführung entsprechender Maßnahmen. Die Koalitionsfraktionen möchten mit diesem Antrag die Landesregierung auf ihrem Weg unterstützen, unser Land in puncto Energie zukunftssicher zu machen. Uns Christdemokraten war und ist ein ebensolcher zukunftssicherer Energiemix wichtig, und wir glauben, dass nur so eine effektive Lösung geschaffen werden kann. Die Bundeskanzlerin hat beim Energiegipfel diesbezüglich wichtige Signale ausgesandt, die Bundesregierung ist meines Erachtens insgesamt auf dem richtigen Weg.

Auch wir in Brandenburg wollen und können etwas gegen die hohen Energiepreise und die Abhängigkeit von Importen tun.

Ich möchte Ihnen an dieser Stelle anhand einiger Zahlen verdeutlichen, dass es an der Zeit ist, zu reagieren: 48 % der Energienachfrage in der EU müssen durch Importe gedeckt werden, die Energiepreise sind in Deutschland von 1996 bis 2004 um 38 % gestiegen; in der EU der 15 um 28,4 % und in der EU der 25 um 34,6 %. Deutschland hat die in der EU zweithöchsten durchschnittlichen Strompreise für private Haushalte und Industriekunden. Das gilt auch für die Energiepreise. Zurzeit liegt der Ölpreis bei etwa 77 Dollar pro Barrel. Um zu verdeutlichen, welche Sprünge er in den letzten Jahren gemacht hat, will ich Ihnen einige Zahlen nennen: 1999 lag der Ölpreis bei ca. 18 Dollar, und im letzten Jahr um diese Zeit waren es 48 Dollar pro Barrel. Allein dieser Anstieg zeigt, dass wir etwas tun müssen.

Der Wirtschaftsminister wird noch in diesem Jahr - das sagte er heute schon in der Aktuellen Stunde - eine neue Energiestrategie für unser Land vorlegen. Darin wird neben den erneuerbaren Energieträgern auch unsere einheimische Braunkohle eine Rolle spielen. Vattenfall hat der Landesregierung seine Bauund Technologieplanung vorgestellt, die Abgeordneten sowie die Öffentlichkeit wurden mit der Broschüre „Voller Energie die Zukunftsregion Lausitz“ und in Pressemitteilungen darüber zumindest informiert.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE)

Wir wissen nun, woran wir sind, müssen jedoch darauf achten, dass das Unternehmen die Braunkohle so schonend wie möglich abbaut und verstromt.

Die meisten Punkte des vorliegenden Antrags sind meines Erachtens eine Selbstverständlichkeit, beispielhaft nenne ich die Berichterstattung in den Ausschüssen oder die Einbeziehung der Folgen des Braunkohleabbaus in die zukünftige Energiestrategie. Manchmal muss das Parlament jedoch auf Nummer sicher gehen und bei der Landesregierung solche Maßnahmen nochmals anmahnen. Wir sind der Meinung, dass ein zukunftssicherer Energiemix ohne Braunkohle nicht zu erreichen sein wird. Dass technologische Fortschritte wie die erfolgreiche CO2-Speicherung dabei eine entscheidende Rolle spielen müssen, ist auch für uns von Bedeutung. Dass wir mit dieser Meinung nicht allein stehen, zeigt auch die scharfe und für mich

eindeutige Reaktion der Bergbaugewerkschaft auf die Initiative gegen den Tagebau in der Lausitz.

Lassen Sie uns gemeinsam an einer für die Menschen und die Unternehmen sicheren, zukunftsfähigen Energiestrategie arbeiten und die ideologischen Scheuklappen ablegen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herzlichen Dank. - Das Wort erhält Herr Norbert Schulze.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Energie und Ökologie - zwei Schlagworte, die zurzeit in Politik und Wirtschaft allgegenwärtig sind; aber, meine Damen und Herren, nicht nur zwei Schlagworte schlechthin, sondern es sind zukunftsweisende und verpflichtende Begriffe für jeden Bereich unserer Gesellschaft. Diese beiden Begriffe zur allgemeinen Realität werden zu lassen heißt nichts anderes als das Herangehen an die Lösung des Problems mit einem zukunftsfähigen Energiemix. Brandenburg ist ein Land mit zwei bedeutenden Wirtschaftssäulen: die Landwirtschaft und die Energiewirtschaft. Wir sind schon immer für einen vernünftigen Energiemix eingetreten, und daran wird sich auch nichts ändern.

Wer der Realität ins Auge schaut, meine Damen und Herren, muss aber zur Kenntnis nehmen, dass die heimische Braunkohle derzeit unser Hauptenergieträger ist und auch für die nächsten Jahre bleiben wird - unabhängig von der Weiterentwicklung der Windenergie, Solartechnik usw. Tausende Arbeitsplätze, die günstige Kostenfrage angesichts stetig steigender Preise auf den Rohöl- und Gasmärkten und der steigende Energiebedarf in unserer Gesellschaft spielen eine nicht zu übersehende Rolle. Genau das muss den Bürgern sachlich und vor allem verständlich erklärt werden.

Es kann nämlich nicht angehen, dass Geheimniskrämerei, wie es bei der sogenannten Braunkohlenstudie der Fall war, zu öffentlichen Diskussionen und Verunsicherungen in der Bevölkerung führt. Das engstirnige Ressortdenken innerhalb der Landesregierung - hier speziell auf dem Sektor der Energiewirtschaft - muss endlich beendet werden. Letzten Endes berührt gerade dieser Wirtschaftszweig sowohl das Wirtschafts- als auch das Umweltministerium gleichermaßen, sodass in diesem Falle ein steter Konsens zwingend erforderlich ist.

Dem Antrag von CDU und SPD ist prinzipiell nichts hinzuzufügen. Wie ich bereits heute in der Aktuellen Stunde dargelegt hatte - und das, meine Damen und Herren, möchte ich noch einmal mit allem Nachdruck unterstreichen -, dürfen wir keine Energiepolitik mit der Brechstange betreiben. Eine Energiestrategie, die ausgehend von einem störungsfreien Energiebedarf sowohl die Umweltverträglichkeit als auch die allseitigen Interessen der Bürgerinnen und Bürger berücksichtigt, muss unser aller Denken und Handeln bestimmen.

(Beifall bei der DVU)

Das Wort erhält Minister Junghanns. Bitte schön.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine Bemerkungen zu dem Antrag fallen recht kurz aus, weil wir uns heute Morgen schon zu diesem Thema ausgetauscht haben; das brauche ich nicht zu wiederholen.

Wir haben uns gemeinschaftlich vorgenommen, die Energiestrategie - sie läuft bis zum Jahre 2010 - zu überarbeiten. Vor diesem Hintergrund findet landauf, landab eine Diskussion über die Energiestrategie statt. Mit der Aufstellung von Eckpunkten haben wir klargestellt, dass wir uns bei den Zielstellungen auf einen gemeinsamen Weg begeben haben: Wir wollen die CO2Emissionen senken; wir wollen den Anteil erneuerbarer Energien erhöhen; wir wollen sowohl die Wirtschaft als auch die Forschung auf diesem Gebiet voranbringen; wir wollen die Energieeffizienz erhöhen und den Energieverbrauch senken.

Wir sind gegenwärtig dabei, die Wege zur Zielerreichung festzulegen, und ich werde in Übereinstimmung mit der Beschlusslage bzw. mit dem Antrag der Koalitionsfraktionen vor der Verabschiedung der neuen Energiestrategie in den Ausschüssen für Wirtschaft sowie für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Verbraucherschutz über den Stand der Aktivitäten berichten und sie damit einmal mehr zur Diskussion stellen.

Herr Christoffers, ich möchte Ihnen in zwei Punkten widersprechen. Bezüglich Ihrer Ausführungen zur Erzeugung von Druck im Zusammenhang mit der Entwicklung einer Technologie, die CO2 separiert und damit die Emissionen senkt, bin ich anderer Meinung. Ich glaube, Druck erzeugt man nicht durch ein Ausstiegsszenario - in der Wirtschaft ist man geneigt, mit solchen Szenarien zu taktieren -, sondern Druck entsteht, wenn man sagt, dass eine Investition für ein neues Kraftwerk nur in Verbindung mit dieser Technologie zum Zuge kommt. Ein höherer Druck als auf diese Art und Weise kann gar nicht erzeugt werden, auch nicht mit dem Hinweis: Macht das mal, und dann warten wir bis zum Jahr 2050.

(Klocksin [SPD]: Das ist genehmigungsrelevant, Herr Minister!)

- Ich will ja nur sagen, wie Druck entsteht.

(Klocksin [SPD]: Gar nicht. Das ist ein rein politisches Bekenntnis!)

- Nein, Herr Klocksin. Lassen Sie uns noch einmal die Verfahren betrachten.

Damit bin ich dann auch beim zweiten Punkt, dem ich widerspreche. Sie kritisieren, dass lediglich von „Kenntnisnahme“ die Rede ist und dass sich das Parlament mit einer Thematik befasst, die es - so unvorbereitet - gar nicht bewerten kann. Was wäre der Umkehrschluss? Im Land gibt es eine Diskussion, das Parlament beschäftigt sich jedoch nicht mit diesem Thema bzw. nimmt diese Pläne nicht zur Kenntnis und nutzt sie nicht, um sie zu konditionieren? - Das hielte ich politisch gesehen für fragwürdig. Wir haben die Pläne zur Kenntnis genommen.

Um den unterschiedlichen Status der Landesregierung und des Unternehmens noch einmal zu verdeutlichen, sei an Folgendes erinnert: Die Landesregierung hat als Rahmenbedingung festgelegt, dass der geplante Energiemix Kohle beinhaltet. Darauf

hin hat das Unternehmen, das hier tätig ist und sich mit diesem Thema vertraut macht, sein Vorhaben bekannt gemacht.

Der Gesetzgeber sieht in Deutschland, Gott sei Dank, vor, dass es nicht einer Abwägung oder gar mehrheitlichen Abstimmung obliegt, sondern dass diese Abwägung, wenn diese Pläne dann in die Realität umgesetzt werden, zunächst von der Begründung, dem Ausmaß der Inanspruchnahme und dem Ausgleich her ganz anderen Verfahren anheimgestellt ist.

Herr Minister, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

- Ja. - Deshalb halte ich es in dieser frühen Phase für geboten, sich auf diese Art und Weise dem Thema zu nähern und damit eine Position festzulegen. Sie machen in Ihrem Entschließungsantrag mit der Umwegargumentation: Wir fordern die Regierung auf, so zu handeln, im Grunde nichts anderes. - Herr Christoffers, Sie wollten etwas fragen, bitte.

Herr Minister, Druck kann man auf verschiedene Art und Weise, möglicherweise auch durch mehrere Varianten, aufbauen. Ich möchte Sie fragen: Ist Ihnen bekannt, wie viele Abgeordnete dieses Parlaments die Vattenfall-Pläne bezüglich dessen kennen, in welchen Zeiträumen Ersatzneubauten an welchen Standorten in welchen Kapazitätsgrößen tatsächlich geschaffen werden sollen?

Das wird eine wesentliche Größe dafür sein, über die Wirtschaftlichkeit bestimmter Varianten im Bereich Tagebau zu entscheiden.

Ich kann nicht sagen, wie viele Abgeordnete davon Kenntnis haben. Das war ja Ihre Frage.

Die Beantwortung dieser Frage ist wichtig, um überhaupt eine Entscheidung treffen zu können. Es ist entscheidend, ob ich heute zur Kenntnis nehme... Entschuldigung!

Sie haben gesagt, dass die Kenntnisnahme so ausgelegt werden muss, dass sich in der Sache eine Bewertung ergibt. Hier gibt es von der Koalitionsfraktion...

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Klocksin [SPD])

- Nein, Herr Klocksin. Den Umfang und die Klarheit der Pläne, also dass die Argumentation nicht völlig schlüssig ist, kann man kritisieren. Aber es spricht nichts dagegen, sie zur Kenntnis zu nehmen, Konditionen aufzulegen und zu sagen, was man erwartet.

(Dr. Klocksin [SPD]: Ich kann doch nicht zur Kenntnis nehmen, was ich nicht weiß!)

- Herr Kollege, jetzt halte ich mich mit aller Vorsicht zurück, weil ich an die Formulierungen nicht von der anderen Seite herangehen will.

Ich halte die Auseinandersetzung mit diesem Thema auf diese Art und Weise für eine geeignete Methode, um den parlamentarischen Willen in den Meinungsbildungsprozess einzubeziehen.

Bleibt noch die verkürzte Darstellung, dass das Landesamt die Notwendigkeit der Erstellung der Potenzialstudie mit dem Verschwinden von Unterlagen begründet. Dem werde ich nachgehen. Ich halte diese Argumentation bezüglich des Umgangs mit dieser Studie nicht für geeignet. - Danke schön.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Herzlichen Dank. - Wir kommen damit zur Abstimmung. Ihnen liegt ein Antrag der SPD- und der CDU-Fraktion in der Drucksache 4/5182 vor. Wer diesem Antrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Diesem Antrag ist mehrheitlich zugestimmt; er ist somit angenommen.