Protokoll der Sitzung vom 15.11.2007

Heutzutage hat sich das geändert. Durch die intensiven Bemühungen, zuletzt auch unterstützt von der Landesregierung, was die Revitalisierung der Sprache betrifft, ist es mittlerweile gelungen, ein sehr reichhaltiges Leben zu etablieren und zu fördern. Natürlich gibt es die Folklore, die sorbischen Tänze, die Trachten, die sehr farbenfrohen und bunten Gewänder und Kostüme. Es gibt die sorbische Volksmusik. Ich begrüße das außerordentlich. Sie sind sowohl für die Identität als auch für die Heimatstiftung in der Region im sorbischen Siedlungsgebiet überhaupt nicht hoch genug einzuschätzen.

Auch der Kulturtourismus ist ein ganz wichtiger Zweig, der sehr stark davon profitiert. Das wiederum hat Rückwirkungen auf die gesamte Region und die Wirtschaft. Natürlich ist das Sorbentum und die sorbische Kultur sehr viel mehr als fröhliche Musik und bunte Trachten. Sie haben die sorbische Hochkultur angesprochen. Die sorbische Kultur ist eine außerordentliche Bereicherung für unsere Kultur in Brandenburg, in Sachsen und in ganz Deutschland.

Wie Sie sich erinnern werden, stand das Filmfestival im letzten Jahr, als wir das 850-jährige Bestehen der Stadt Cottbus gefeiert haben, im Zeichen des sorbischen Films und der sorbischen Kultur. Auch unser Ministerpräsident nahm kurz Unterricht in Sorbisch und lernte, das Wort „Cho´sebuz“ richtig auszusprechen. Er hat sehr gute Fortschritte gemacht. Bei der Eröffnung haben wir einen Stummfilm mit Asta Nielsen gesehen, in dem die sorbische Kultur im Spreewald ganz identisch und originalgetreu gezeigt wurde.

Heutzutage wird zeitgenössische Musik - wenn ich an einen Komponisten wie Detlef Kobjela oder Ulrich Pogoda denke auf der Höhe der Zeit produziert. Viele junge hochbegabte musikalische Menschen, gerade auch in Cottbus, wenden sich der sorbischen Musik zu und führen sie auf. Zur 850-Jahr-Feier von Cottbus gab es ein Eröffnungskonzert mit sorbischen Komponisten.

Ich spreche von der Literatur. Hier muss man Jurij Brˇeszan erwähnen, der leider in diesem Jahr verstorben ist, Jurij Koch, das Krabat-Stück, das auch in Senftenberg mit großem Erfolg aufgeführt wurde. Ich spreche von der bildenden Kunst und der Fotografie. Wer die Ausstellung von Ulrich Rinkar zu den Proletarierbildern, aber auch zu den Spreewaldbildern und zu seiner internationalen Kunst gesehen hat, weiß, dass das Sorbentum überhaupt nicht wegzudenken ist und eine ganz zentrale Bereicherung unserer Kultur darstellt.

Es geht also überhaupt nicht darum, dass irgendjemand das sorbische (wendische) Leben bzw. die sorbische (wendische) Kultur geringschätzt.

Natürlich wird von Kritikern immer wieder geäußert, dass die Förderung, die bisher jeweils zu 50 % vom Bund und von den Bundesländern Brandenburg und Sachsen getragen wird, sehr hoch sei. Jedoch weiß jeder, der sich ein wenig Gedanken um die Materie macht, dass es teuer ist, kleine Projekte in kleinen Auflagen zu produzieren. Wir wollen die sorbische Sprache revitalisieren. Es gibt zahlreiche Kindergärten und Grundschulen, in denen das Witaj-Projekt - ein zweisprachiges Projekt umgesetzt wird. Natürlich benötigt man dafür Lehrmaterialien. Jedoch ist eine Auflage von eventuell nur wenigen hundert Büchern - im Vergleich zu zehntausenden bzw. zigtausenden Büchern - sehr viel teurer. Insofern sind schon allein deshalb die Kosten höher als in vergleichbaren Bildungseinrichtungen.

Das Sorbische Institut entwickelt Lexika, entwickelt die sorbische Sprache weiter und erforscht philologisch die sorbische Sprache. Für die Pflege der Kultur gibt es das Sorbische Nationalensemble und das Deutsch-Sorbische Volkstheater. Das alles kostet natürlich Geld. Es gibt die Domowina, die als Dachverband zahlreiche Vereine in ihrem kulturellen aktiven Leben unterstützt. Das alles erklärt, weshalb der Betrag vermeintlich hoch ist. Wenn Sie sich im Detail anschauen, um wie viel Geld es sich dabei handelt und wofür es ausgegeben wird, kann nicht daran gezweifelt werden, dass dieses Geld tatsächlich notwendig ist.

Wie ist der Stand der Debatte? - Es geht nicht darum, dass jemand daran zweifeln würde, dass das Sorbentum unterstützt werden muss und von hohem, ja Verfassungsrang ist. Ich denke, ich muss Ihnen auch nicht vorlesen, was dazu im Grundgesetz und in unserem - überall als vorbildlich erachteten - Sorben(Wenden)-Gesetz des Landes steht. Darin heißt es eindeu

tig, dass das Recht des sorbischen Volkes auf Schutz, Erhaltung und Pflege seiner nationalen Identität und seines angestammten Siedlungsgebiets gewährleistet wird. Die Sorben haben das Recht auf Bewahrung und Förderung der sorbischen Sprache und Kultur im öffentlichen Leben und ihrer Vermittlung in Schulen und Kindertagesstätten. Selbstverständlich steht auch in der Präambel des Gesetzes - das wissen Sie, Herr Dr. Hoffmann -, dass sich das Land Brandenburg und die Bundesrepublik darüber im Klaren sind, dass die Sorben kein eigenes Mutterland haben und dass die Bundesrepublik bzw. die Bundesländer Brandenburg und Sachsen an dessen Stelle treten und für die Bewahrung und Förderung der sorbischen Sprache und Kultur Sorge tragen müssen.

Zugleich geht es darum, dass sich die Länder zu einer auskömmlichen Finanzierung bekennen. Sie haben den Beschluss der beiden Landeskabinette vom 16. Oktober 2007 zitiert. Darin wird ausdrücklich darauf eingegangen, dass die beiden Landesregierungen die Bereitschaft des Bundes begrüßen, sich nach dem Auslaufen des Finanzierungsabkommens um eine Fortschreibung des Vertrags zu bemühen, und dass es darum geht, die notwendigen kulturellen Einrichtungen zu sichern.

Zudem wird Folgendes ausdrücklich bekannt: Beide Länder sind sich einig, dass die Stiftung für das sorbische Volk - ausgehend von ihren Aufgaben - eine dauerhaft auskömmliche Finanzierung benötigt. Diese sollte gemäß dem bewährten Finanzierungsschlüssel erfolgen. Es steht sogar darin, es sei anzustreben, dass der Bund seine Globalzuweisungen beibehält und keine Umstellung auf eine reine Projektförderung vornimmt, wie es zwischenzeitlich angedacht war. Die Länder setzen ihre Bemühungen fort, zeitnah den Abschluss eines neuen Finanzierungsabkommens zu erreichen. Dabei wird ein Finanzierungsabkommen mit einer unbefristeten Laufzeit - zumindest jedoch für fünf Jahre - angestrebt. Ich gehe davon aus, dass dieses Finanzierungsabkommen mittlerweile auf einem guten Weg ist.

Natürlich geht es bei dem Abkommen auch um die Höhe der Finanzierung. Ich hätte mir gewünscht, dass der Bund bei den 8,2 Millionen Euro geblieben wäre. Wir können aber davon ausgehen, dass zumindest die Absenkung - eventuell kann uns Frau Wanka nachher mehr dazu berichten; denn zeitgleich findet die Debatte im Finanzausschuss des Bundestags statt - auf die angedachten 7 Millionen Euro nicht erfolgen wird. Sie können davon ausgehen, dass sich beide Landesregierungen sehr intensiv dafür einsetzen. Es hätte dieser Aktuellen Stunde und Ihres Antrags nicht bedurft; denn wir sind uns der Verantwortung sehr wohl bewusst.

Lassen Sie mich kurz auf Ihren Antrag eingehen; denn über ihn wird nachher noch abgestimmt werden, und es wird keine neue Debatte dazu geben. Bezüglich der ersten Punkte, dass wir eine angemessene Förderung und Pflege als eine unverzichtbare gemeinsame Aufgabe betrachten, gibt es keinen Dissens. Diese Dinge sind im Gesetz festgeschrieben. Dazu ist kein neuer Antrag vonnöten. Selbiges trifft auf die Punkte hälftige Teilung und den gemeinsamen Willen aller drei Partner zu.

Des Weiteren möchten Sie, dass wir feststellen, dass die gegenwärtige finanzielle Ausstattung nicht dem Umfang der vom Bund sowie von den Ländern übertragenen Aufgaben entspricht. Das ist allerdings schwierig. Ich halte die Form eines Antrags für nicht geeignet; denn per Antrag ist nicht festzustel

len, ob die Mittel ausreichen oder nicht. So gehen wir mit anderen Institutionen auch nicht um. Natürlich müssen über Geldmittel wirtschaftliche Überlegungen angestellt werden dies geschieht auch -, und dies geht an niemandem vorbei. Das betrifft die Sorben genauso wie andere Kultureinrichtungen, unter anderem Musikschulen, Orchester und Bibliotheken.

Außerdem können wir nicht feststellen, dass irgendwelche Prüfberichte etwas Diskreditierendes an sich haben. Dem können wir nicht zustimmen, und so etwas ist auch nicht Sinn und Zweck eines Antrags im Landtag. Mit den Prüfberichten des Bundesrechnungshofs muss man sich intensiv auseinandersetzen. Wenn sie nicht zutreffen bzw. von falschen Voraussetzungen ausgehen, müssen die zuständigen Gremien das widerlegen.

Natürlich begrüßen wir, dass die Regierungen des Freistaates Sachsen und des Landes Brandenburg die dauerhaft auskömmliche Finanzierung beschlossen haben. Damit tragen wir doch Eulen nach Athen, Herr Dr. Hoffmann. Die Landesregierung hat sich dazu bekannt. Warum sollte das Parlament das anders sehen? - Dies müssen wir nicht noch einmal ausdrücklich bestätigen.

Lassen Sie mich noch einen letzten Punkt ansprechen: Ich habe nicht verstanden, warum Sie fordern, dass wir dafür Sorge tragen sollen, dass den fachlich zuständigen Gremien des Bundes und der Landtage ein Bericht der Stiftung für das sorbische Volk vorgelegt wird. Das ist der falsche Instanzenweg. Die zuständigen Gremien sind die beiden Landesparlamente und das Bundesparlament. Wir beide sitzen gemeinsam als Vertreter im Beirat für eine Stiftung für das sorbische Volk und können Berichte anfordern. Es macht wenig Sinn, zu beantragen, dass bestimmte Berichte vorgelegt werden sollen.

Ich denke, die Stiftung für das sorbische Volk und auch die Domowina gehen mit den Zahlen sehr verantwortlich um. Wir wissen, dass das Geld sehr knapp ist und es in vielen Bereichen im Grunde kaum ausreicht. Auch wenn es uns gelingen würde, die Finanzierung konstant zu halten, bedeutete es unterm Strich eine Absenkung, weil sowohl die Gehälter und Löhne als auch die Material- und Sachkosten im Laufe der Jahre steigen.

Dennoch, denke ich, gibt es das Einsehen, dass die finanzielle Situation in unserem Land sehr angespannt ist und ein Aufwuchs der Mittel - würde der Bund nicht zugleich höher gehen - eine Ungleichbehandlung anderer Kulturträger bedeutete. Wir setzen uns jedoch dafür ein, dass der Betrag, den das Land Brandenburg seit Jahren für das sorbische Volk zur Verfügung stellt, gleich bleibt und wir unseren Verpflichtungen nachkommen. Seien Sie versichert, dass die grundsätzliche Wertschätzung und die Bedeutung und Wichtigkeit der sorbischen Kultur und des sorbischen Volkes vom Landtag und von unserer Fraktion voll und ganz mitgetragen werden. Ich möchte mich ausdrücklich dafür bedanken, die die Sorben durch intensive Pflege ihres Brauchtums und durch ihre großartige Kultur die Länder Brandenburg und Sachsen sowie letztlich die gesamte Bundesrepublik bereichen.- Ich danke Ihnen herzlich!

(Beifall bei SPD und CDU)

Für die DVU-Fraktion erhält der Abgeordnete Nonninger das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wieder einmal ist es die Fraktion DIE LINKE, die das Thema Sorben (Wenden) auf die Tagesordnung setzt und sich als einziger Sachwalter dieser Thematik zu profilieren versucht. Wieder einmal geht es um das Finanzierungsabkommen für die Stiftung für das sorbische Volk. Es ist schon erstaunlich, mit welcher Ausdauer die Fraktion DIE LINKE - ehemals SED und PDS - seit einigen Jahren versucht, sich vehement des Themas der Sorben zu bemächtigen. So werden Sie sich wieder einmal die Frage gefallen lassen müssen: Welchen Stellenwert haben Sie den Sorben (Wenden) beigemessen, als Sie noch als SED herrschten? - In der Zeit Ihres real existierenden Sozialismus fielen trotz massiver Proteste der sorbischen Bevölkerung 46 Dörfer und 47 Ortsteile allein Ihrer Braunkohlepolitik zum Opfer. Kritiker wie der bekannte Pfarrer Josef Nowak wurden seinerzeit als „Hilfeleister westdeutscher Militaristen“ abgestempelt. Noch schlimmer erging es vielen Sorben. Sie wurden aus politischen Gründen mit Haftstrafen und Berufsverboten belegt.

Meine Damen und Herren, bereits der Einigungsvertrag aus dem Jahr 1990 sicherte den Sorben den Schutz ihrer nationalen Identität zu. In der Brandenburger Verfassung wird den Sorben ausdrücklich eine Förderung bei der Verwirklichung ihrer Rechte zugestanden. Die konkreten Festlegungen wurden im Gesetz zur Ausgestaltung der Rechte der Sorben (Wenden) im Land Brandenburg getroffen. Letztlich jedoch ist immer wieder alles eine Frage des Geldes.

Bereits im Jahr 1991 wurde die Stiftung für das sorbische Volk gegründet.

Wie bekannt ist, wurde der Etat zu 50 % von der Bundesregierung getragen, während sich der Freistaat Sachsen und das Land Brandenburg die restlichen 50 % im Verhältnis von zwei Dritteln zu einem Drittel teilen. Die Stiftung für das Sorbische Volk finanziert so den Haushalt der meisten sorbischen Organisationen. Kultur, Kunst, Wissenschaft, Schulwesen, Presseund Verlagswesen werden unterstützt. Natürlich ist Planungssicherheit dafür ein dringendes Erfordernis. Im Landeshaushalt Brandenburgs jedenfalls wurden - wie auch in diesem Jahr - für die Folgejahre jeweils 2,6 Millionen Euro veranschlagt.

Die DVU-Fraktion teilt die Auffassung, dass es angesichts der desolaten Haushaltslage nicht selbstverständlich ist, dass das Land seinen Beitrag stabil hält. Dennoch muss natürlich auch darüber diskutiert werden, wenn der Bundesrechnungshof zum Beispiel kritisiert, dass die Gelder global an die Stiftung überwiesen und die Fördergelder nur zu einem geringen Teil für Sprachprojekte ausgegeben werden. Die DVU-Fraktion ist der Ansicht, dass solche Vorwürfe sofort zu klären sind, um damit der Bundesregierung ein klares Signal zu geben.

Wenn hier und heute über die noch nicht geklärte Finanzierung der Sorben gesprochen wird, dann sollte man auch gleichzeitig über die Gesamtsituation der Gesellschaft im betreffenden Siedlungsraum sprechen; denn hier wird das Versagen der bisherigen Brandenburger Regierung deutlich. Einerseits werden Steuergelder für die Förderung von Sprache, Kultur und nationalen Traditionen bereitgestellt, aber gleichzeitig werden die Menschen der Region zur Abwanderung gezwungen. Die Ursache liegt in der nach wie vor katastrophalen wirtschaftlichen Situation in Südbrandenburg. Nach wie vor verlassen vor allem jun

ge Menschen die Region in Richtung Westen und - neuerdings verstärkt - in Richtung Ausland, um einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz zu bekommen. Das betrifft Sorben und Deutsche gleichermaßen. Familien werden auseinandergerissen, weil der Partner ein paar hundert Kilometer entfernt arbeiten muss. Ein Aufschwung ist hier jedenfalls nicht in Sicht. Auch Kultur und Kunst erleiden im Zeichen des Niedergangs empfindliche Rückschläge. Das trifft auf die sorbische Kultur, die ohnehin nur von einer kleinen Gruppe getragen wird, in besonderem Maße zu.

Die DVU-Fraktion erachtet es als notwendig, die Verhandlungen zwischen den Ländern Brandenburg und Sachsen einerseits und der Bundesregierung andererseits zu einem baldigen Abschluss zu bringen und damit eine auskömmliche Finanzierung zu sichern.- Ich bedanke mich.

(Beifall bei der DVU)

Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Dr. Niekisch.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich denke, es ist immer gut und aktuell, über Minderheiten im Land Brandenburg und in Deutschland zu sprechen, egal, woher sie kommen, und egal, welcher politischen Provenienz sie angehören. Ich habe mich auch über die Demostration vor dem Landtag gefreut. Ich denke, wir sollten nicht zwischen guten und schlechten Sorben unterscheiden, je nach politischer Farbenlehre. Ich freue mich, dass Sie heute hier sind, und ich freue mich, dass wir darüber sprechen, wenngleich ich die Aktualität des Anlasses so, wie sie von der Linkspartei intendiert ist, nicht sehe. Dass es einen finanziellen Notstand gibt und die Sorben in ihrer Existenz bedroht sind und in ihren kulturellen, wissenschaftlichen und bildungsmäßigen Entfaltungsmöglichkeiten beschnitten werden, trifft, glaube ich, nicht zu. Nichtsdestotrotz ist es immer ein guter Anlass.

Uns als CDU, als Regierungskoalition im Land Brandenburg sind Minderheiten sehr wichtig, gerade vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte. Es ist ein guter Anlass, heute, am 15.11., daran zu erinnern, dass genau heute vor 100 Jahren der deutsche Oberst und Generalstabsoffizier Claus Graf Schenk von Stauffenberg geboren wurde - ein Mann, der sehr oft in Potsdam war, der hier in der Leiblstraße 5 seinen letzten Geburtstag, den 36., gefeiert hat und der gerade wegen der Massaker, wegen der Ausschreitungen, der Geringachtung der slawischen Bevölkerungen Schritt für Schritt von einem Saulus zu einem Paulus geworden ist. Sie erinnern sich vielleicht: Vor kurzem ist der Film von Joe Baier ausgestrahlt worden. Ich erinnere an die Stelle, wo gezeigt wird, dass Stauffenberg beim Stab der Heeresgruppe Mitte bei Tresckow ist und ihm eine jüdische Ukrainerin dort in Winniza erzählt, dass ihre Kinder und ihre Eltern umgebracht worden sind. Er merkt dann, es geht nicht nur um Deutschland, es geht nicht um die Ehre der Wehrmacht, sondern um die Minderheiten, um Männer und Frauen.

Deswegen muss man in Deutschland aufstehen. Die Minderheiten müssen geschützt werden. Deswegen muss die Majestät des Rechts wieder aufgerichtet werden, und deswegen müssen

Sprach- und auch Bevölkerungsminderheiten geschützt werden. Ich denke, das ist ein guter Anlass.

Der Ministerpräsident und auch der Finanzminister werden den Ort in der Leiblstraße kennen. Die Praxis des bekannten Augenarztes Dr. Rasch ist dort gleich um die Ecke.

Meine Damen und Herren, wir wissen auch - das muss man der Gerechtigkeit halber sagen -: Zu DDR-Zeiten hat man einiges wieder gutzumachen versucht. Die Bezirksverwaltungen Cottbus und Dresden haben versucht, der sorbischen (wendischen) Bevölkerung vieles zugute kommen zu lassen. Ich stamme aus der Oberlausitz, bin in Löbau geboren; in Weißenberg begann das sorbische Sprachgebiet. Ich hatte einen Klassenkameraden, der sorbischer Herkunft war, sehr katholisch, und er hatte die eine oder andere Schwierigkeit.

Seit 1990, seit der Wiedervereinigung Deutschlands, gibt es eine gemeinsame Grundlage. Die Europäische Charta zum Schutz von Sprachminderheiten und Minderheiten ist jetzt gemeinsamer Bestandteil unserer Politik, und auch in Artikel 35 des Einigungsvertrags der Bundesrepublik Deutschland mit Bezug auf das Grundgesetz ist es verankert, ähnlich wie im § 25 der brandenburgischen Landesverfassung und im § 6 der Verfassung des Freistaates Sachsen.

Die Sächsische Staatsregierung und die Brandenburger Regierung haben in ihrer gemeinsamen Kabinettssitzung am 16. Oktober dieses Jahres noch einmal klar gemacht, dass sie zu ihren Verpflichtungen gegenüber den 60 000 Mitgliedern des sorbischen Volkes in Sachsen und Brandenburg stehen, dass sie selbstverständlich davon ausgehen, dass man nicht nur einzelne Projekte fördern kann, sondern dass man global, dass man institutionell fördern muss. Wenn Sie sich die Zahlen vergegenwärtigen, erkennen Sie, dass das zutrifft.

Wir, Sachsen, Brandenburg und der Bund, fördern gemeinsam das Sorbische Nationalensemble. Dafür werden 4,5 Millionen Euro ausgegeben. Des Weiteren werden folgende Summen ausgegeben: für das Sorbische Volkstheater in Bautzen 1,2 Millionen Euro, für den Domowina-Verlag 1,6 Millionen Euro, für Domowina-Bund, Lausitzer Sorben, Witaj-Sprachzentrum 2,5 Millionen Euro, für das Sorbische Institut 1,6 Millionen Euro, für das Sorbische Museum in Bautzen fast 400 000 Euro, für das Wendische Museum in Cottbus 147 000 Euro und für die Schule für Niedersorbische Sprache und Kultur 87 000 Euro. Über 80 % des Geldes, das sie bekommen, werden in Projekte, in Bildung, Wissenschaft und Kultur gesteckt. Das soll auch so bleiben. Dafür steht dieser Landtag in seiner Mehrheit, dafür stehen die CDU und die SPD, und dafür steht auch die Landesregierung. Das können wir Ihnen heute zusagen, und dafür können wir uns auch verbürgen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Sicher, was die Aktualität betrifft, so würde auch ich Sie bitten, in Berlin vorstellig zu werden. Dort gibt es zwar Bannmeilen und andere organisatorische Regelungen - an den Bundestag kommen Sie nicht so nah heran -, aber es ist wichtig und sinnvoll, den Bundestagsabgeordneten klarzumachen, wer Sie sind, und dass hinter dem Kommentar des Artikel 35 des Einigungsvertrags zum Grundgesetz Sie stehen, eine nationale Minderheit, die sich als Sorben und als Deutsche in unserem Land fühlen.

Ich darf zum Schluss darauf aufmerksam machen, dass die Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland am 16. Juli 2007 in einem Brief noch einmal klargestellt und versichert hat: Auch die Bundesrepublik Deutschland, die Bundesregierung und der Bundestag stehen für eine auskömmliche Finanzierung, stehen dafür, dass nicht nur einzelne Projekte, sondern dass global institutionell gefördert wird.

In den ersten Jahren des neuen Jahrtausends waren die Haushalte sehr stark belastet, aber Sie haben immer zwischen 15 und 16,5 Millionen Euro bekommen. Wenngleich es einige Schwankungen gab, so lag die jährlich Förderung bei durchschnittlich 278 Euro pro Kopf. Das ist im Vergleich überdurchschnittlich.

Sie müssen Ihre Stimme erheben. Wir müssen darauf achten, dass die Förderung so bleibt; denn die Lebenshaltungskosten steigen, die Energiekosten steigen. Das ist auch beim Sorbischen Nationalensemble oder beim Sorbischen Museum in Bautzen der Fall. Seien Sie versichert: Wir stehen an Ihrer Seite und zu den Abkommen, die geschlossen worden sind. In Deutschland schützt man Minderheiten. Gerade an einem Tag wie dem 15.11.2007, dem 100. Geburtstag von Stauffenberg, möchte ich das von hier aus bekräftigen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Für die Landesregierung spricht Frau Ministerin Prof. Dr. Wanka.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Förderung der sorbischen (wendischen) Sprache und Kultur ist für die Landesregierung nicht nur eine Verpflichtung, die sich aus der Landesverfassung und aus dem Sorben(Wenden)-Gesetz sowie aus den einschlägigen europäischen Abkommen ich nenne hier nur die Charta der Regional- oder Minderheitensprachen und das Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten - ergibt, sondern diese Förderung wird von der Landesregierung als eine besondere landespolitische Verpflichtung empfunden, die ihren Ausdruck in konkreten Maßnahmen findet.

Wir haben in allen Redebeiträgen gehört, dass das sorbische Volk ein wichtiger und selbstverständlicher Teil unserer Brandenburger Identität ist. Gerade im Jubiläumsjahr ist dies, sowohl historisch als auch aktuell gesehen, immer wieder betont worden.