Protokoll der Sitzung vom 23.01.2008

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es wird immer spannend, wenn in diesem Hause die Brandenburgische Bauordnung zur Debatte steht.

(Heiterkeit bei der Fraktion DIE LINKE)

Jeder will mitreden, weil fast jeder schon einmal mit der Bauordnung zu tun hatte - positiv oder negativ.

Das zuständige Ministerium und wir als Fachpolitiker sind aufgerufen, alle möglichen - oder weniger möglichen - Ideen einzufangen und zu bewerten. Im vergangenen Jahr wurde unsere Bauordnung gründlich evaluiert und auf ihre Praxistauglichkeit hin überprüft. Damit erfüllten die Koalitionsfraktionen einen wichtigen Punkt ihrer für diese Legislatur getroffenen Vereinbarung. Die Ergebnisse wurden in Workshops vorgestellt und diskutiert. Heraus kamen die vorliegenden Änderungen der Brandenburgischen Bauordnung sowie des Architekten- und Ingenieurgesetzes.

Es hat sich herausgestellt, dass innerhalb der Verfahrensabläufe noch Verbesserungsbedarf besteht. Die Bündelung der Verfahren bei den unteren Bauaufsichtsbehörden und die Konzentrationswirkung der Baugenehmigungen haben sich dagegen bewährt. Außerdem wurden die Festlegungen aus der Berufsqualifikationsrichtlinie der EU umgesetzt.

Der zuständige Fachausschuss wird sich in einer Anhörung mit den vorgeschlagenen Änderungen intensiv befassen. Die Diskussion muss geführt werden, um eventuell weitere Änderungen der Bauordnung herbeiführen zu können. Ich danke schon jetzt allen Mitarbeitern des Infrastrukturministeriums für ihre gute, qualitativ hochwertige Arbeit. - Danke.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Herzlichen Dank. - Damit ist die Rednerliste geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung. Das Präsidium empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfs in Drucksache 4/5691 an den Ausschuss für Infrastruktur und Raumordnung. Wer dieser Überweisung seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist einstimmig überwiesen.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 4 und rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:

Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Straßengesetzes, des Brandenburgischen Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung und des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 4/5725

1. Lesung

Ich eröffne die Aussprache. Herr Minister Dellmann erhält das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Brandenburgische Straßengesetz - Ihnen liegt der Entwurf zur Novelle vor - ist auch auf Anregung des Sonderausschusses überarbeitet worden. Wir standen vor der Frage, wie eine modellhafte Gesetzesnovellierung aussehen sollte. Das vorliegende Gesetz ist das erste, das wir unter Zugrundelegung der entsprechenden Maßstäbe evaluiert haben. Die in diesem Zusammenhang erarbeiteten Vorschläge sind Gegenstand einer Gesetzesfolgenabschätzung gewesen und liegen Ihnen nunmehr vor. Angesichts der gesammelten Erfahrungen kann ich feststellen: Das ist ein sehr guter Prozess, den ich jedem empfehlen würde, unabhängig davon, ob es sich um Gesetzesinitiativen aus Ihren oder aus unseren Reihen handelt.

Die Gesetzesfolgenabschätzung ist dabei einer der wichtigsten Punkte. Das bedeutet: Wenn jemand eine Idee für eine Änderung hat, dann wird diese zunächst einem Prüfungsprozess unterzogen und mit Erfahrungen aus der Praxis verglichen. Zu überprüfen, was es bedeutet, wenn ein Paragraf im ersten oder im zweiten Anstrich geändert wird, ist eine sehr wichtige Angelegenheit. Für eine Gesetzesfolgenabschätzung braucht man natürlich eine gewisse Zeit; das ist nicht in einer Woche zu machen. Erfahrungsträger aus der Praxis und gegebenenfalls auch Gutachter sind einzubeziehen. Am Ende stehen aber handwerklich gut gemachte Gesetze in hoher Qualität. Deshalb möchte ich diesen Prozess ausdrücklich allen empfehlen.

Wir hatten in diesem Zusammenhang zu prüfen, inwieweit das Gesetz den Anforderungen entspricht und wo Vereinfachungen möglich sind, ohne in bestimmten Bereichen grundsätzlich auf Standards zu verzichten. Zudem ging es darum, die einzelnen Prozesse und Zuständigkeiten zu überprüfen. Dabei ergab sich der eine oder andere nicht unerhebliche Veränderungsbedarf. Wir haben - dafür sind wir sehr dankbar - mit den Kollegen aus

dem MLUV Einigkeit erzielen und Anpassungen vornehmen können; bei der Umweltverträglichkeitsprüfung geht es um Verfahrensvereinfachung. Das bedeutet nicht, dass Standards im Naturschutz oder Umweltbereich gesenkt werden, sondern es geht um die Frage: Wie können wir einfachere Verfahren gestalten bzw. Doppelregelungen aufheben?

Zudem geht es darum, Verfahren zu beschleunigen. An verschiedenen Stellen konnten die Stellungnahmefristen deutlich reduziert werden, zum Beispiel von zwei Monaten auf einen Monat. Eine Frist von weniger als einem Monat ist kaum möglich; denn es muss eine optimale Zeit eingeräumt werden.

Ein großes Augenmerk haben wir auf die Frage der Stärkung der kommunalen Eigenverantwortlichkeit gelegt. Das gilt insbesondere im Bereich der Sondernutzung, denn wir sind der Auffassung, dass es sich dabei um klassisches kommunales Recht handelt, das ausschließlich von den Kommunen wahrgenommen werden soll. Ihnen soll per Gesetz ein großer Ermessensspielraum eingeräumt werden.

In Brandenburg gibt es viele Siedlungsstraßen, die noch nicht in dem Zustand sind, in dem sie sein sollten. In Deutschland gibt es bezüglich der Gestaltung von Siedlungsstraßen strikte Standards und Vorgaben. Wir stellen jedoch fest, dass es immer wieder neue, innovative technische Lösungen gibt. Mit den geänderten Regelungen des Straßengesetzes haben wir es den Kommungen ermöglicht, innovative Straßenausbaumethoden, die noch nicht in das klassische Regelwerk eingeführt worden sind, modellhaft zu testen. Ich glaube, auch in diesem Bereich sollte man auf der Höhe der Zeit sein.

Nun möchte ich auf einen Punkt eingehen, der aus unserer Sicht in der öffentlichen Wahrnehmung völlig verkehrt wird. Diesbezüglich möchte ich einen schönen Gruß nach Kleinmachnow senden - weder an den Kollegen Innenminister noch an Kollege Dr. Klocksin, sondern an Frau Behm. Wer öffentlich behauptet, mit diesem Straßengesetz würde der Alleenschutz ausgehebelt werden, der muss sich wirklich fragen lassen, liebe Kollegin Behm und andere, die auch dieser Meinung sind, was in den sieben Jahren, in denen es einen Umweltminister der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN gab, unternommen wurde. Wir wären froh darüber gewesen, wenn es vom Bund in dieser Zeit auch nur ansatzweise mehr Geld für Brandenburg zur Unterhaltung und Neuanpflanzung von Alleen an Bundesstraßen gegeben hätte. Wir sind völlig allein gelassen worden. Es ist ausgesprochen traurig - um nicht zu sagen: fast verwerflich -, wenn jetzt behauptet wird, mit diesem Gesetz bzw. mit anderen Maßnahmen würden wir nichts für den Alleenschutz tun. Man sollte gut überlegen, wer diejenigen sind, die sich für den Alleenschutz einsetzen.

(Beifall bei der CDU)

- Dass wir alle es so sehen, beweist, glaube ich, dieser Beifall.

Unser Land geht sehr verantwortungsvoll mit dieser Situation um. Derzeit befinden wir uns - unter anderem in der Uckermark bei Herrn von Arnim oder bei Frau Stark sowie im Barnim bei Herrn Lunacek - in der verrückten Situation, dass es in diesen Landkreisen an brandenburgischen Landes- und Bundesstraßen kaum noch Stellen gibt, an denen wir Alleen pflanzen können. Das spricht für das, was wir in der Vergangenheit tatsächlich getan haben.

Ich darf mich herzlich bei denjenigen, die sich an dem Prozess beteiligt haben, sowie beim Sonderausschuss bedanken. Ich freue mich auf die intensive Diskussion - sicherlich mit einer Anhörung verbunden - im zuständigen Fachausschuss. - Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU)

Danke schön, Herr Minister. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht die Abgeordnete Tack. Bitte schön.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Schön freundlich bleiben!)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich soll freundlich sein. Als ob ich nicht immer freundlich wäre!

(Schippel [SPD]: Das kann man so oder so sehen! - Wei- tere Zurufe von der SPD)

- Wie auch immer, jetzt bin ich freundlich und würde gern zum vorgestellten Straßengesetz ausführen.

Es wird Sie nicht überraschen, dass unsere Bemerkungen etwas kritisch ausfallen und nicht so aalglatt sind, wie das Vorstellen des Gesetzentwurfs durch den Minister.

(Oh! von der SPD - Minister Dellmann: Das war un- freundlich!)

Ich will erwähnen - dies kann nachahmenswert sein -, dass der Gesetzentwurf vor Einbringung in das Parlament im Ausschuss vorgestellt wurde. Das kann so gehandhabt werden. Jedoch konnten wir nicht rege Nachfragen stellen, denn man muss sich schon sehr intensiv damit befassen, um Kritikpunkte zu finden. Das war sicherlich ein gutes Zeichen.

Zudem möchte ich nicht versäumen zu sagen, dass wir etwas befremdet sind, dass es vergangene Woche im Ausschuss nicht möglich war, Benehmen über den Landesnahverkehrsplan herzustellen, jedoch heute in der Zeitung zu lesen ist, wie gut dieser Nahverkehrsplan sei, weil er nun im Kabinett war. Im Parlament erreicht er uns leider nicht. Sie haben unseren Antrag abgelehnt. Diesbezüglich wünschte ich mir, wenn es im Ausschuss behandelt wird und Benehmen hergestellt werden muss, dass es zum richtigen Zeitpunkt erfolgt.

Das Straßengesetz muss in Anwendung des Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetzes - das ist ein Wortmonster - an Bundesrecht angepasst werden. Dieses Gesetz, das uns seit den 90er Jahren begleitet, sehen wir sehr kritisch, weil die Beschleunigungsverfahren für Verkehrswegeplanungen immer wieder damit zu tun hatten, dass Bürgerrechte - Beteiligungsrechte der Bürgerinnen und Bürger - beschnitten wurden.

Ich würde gern einige kritische Punkte nennen, die wir auch in der Anhörung - diese soll gemeinsam mit dem Umweltausschuss stattfinden - und in der inhaltlichen Debatte im Ausschuss verdeutlichen wollen: Mit dem Gesetz stellen Sie sich einer enormen Herausforderung. Sie wollen für die Wirtschaft,

die Bürgerinnen und Bürger, die Investoren und auch für die Verwaltung die Prozesse optimaler gestalten. Das ist unter keinen Umständen unter einen Hut zu bringen. Es wird Betroffene geben, deren Rechte beschnitten werden. Ich denke, darauf müssen wir noch einmal zurückkommen.

§ 7: Umstufung ist ein Thema, das die Kollegen in den Kreistagen und in den Gemeindevertretungen immer wieder beschäftigt. Diesbezüglich, Herr Minister, sollte uns im Ausschuss dargestellt werden, wie viele Umstufungen es mit welchen Ergebnissen bereits gegeben hat. Wir wüssten gern, welche Kreise und Gemeinden davon nicht begeistert sind und diese Umstufung auch nicht nachvollziehen wollen, und ob schon juristische Schritte eingeleitet wurden.

Ein Planfeststellungsverfahren wollen Sie nach dem Gesetzentwurf verbindlich nur noch für Landesstraßen und nicht mehr für Kreisstraßen und Gemeindestraßen. Bei Letzteren gibt es einen Ermessensspielraum. Unseres Erachtens ist dies jedoch nicht der richtige Weg, denn dann besteht ein erhöhtes Risiko, dass Straßenbau durch das B-Plan-Verfahren begünstigt wird und Bürger dadurch, dass kein Planfeststellungsbeschluss zur Verfügung steht, kein Klagerecht haben. Das sehen wir sehr kritisch.

Problematisch ist auch, dass die Schwellenwerte für die Umweltverträglichkeitsprüfung angehoben werden. Das sehen wir kritisch. Dazu hätten wir gern eine Erläuterung. Zudem sehen wir kritisch, dass die Naturschutzverbände und Umweltvereinigungen laut Gesetz nun wie Private behandelt werden sollen, also ihre bisher ausgestaltete Sonderrolle aufgegeben werden soll.

Kritisch sehen wir auch die Verlängerung der Gültigkeit von Planfeststellungsbeschlüssen von bisher fünf auf künftig zehn Jahre. Der Zeitraum ist zu groß. Ich kann mich an einen Verkehrsminister erinnern, der gesagt hat: Wenn wir aktuell hätten entscheiden müssen, hätten wir die Ortsumgehung B2 Michendorf so niemals gebaut. - Dazu gab es jedoch schon eine alte Entscheidung. Die Gültigkeit auf zehn Jahre zu verlängern ist unseres Erachtens also nicht sinnvoll. Es entwickelt sich vor Ort sehr viel, und man muss neu entscheiden.

Interessant wird auch Folgendes: Was heißt Vorarbeiten, auch wenn der Planfeststellungsbeschluss ausgesetzt ist? Wie groß ist der Spielraum für Vorarbeiten, die bereits zu leisten sind, obwohl der Beschluss außer Kraft gesetzt ist? - Diese und andere Fragen werden sehr interessant sein.

Sie sind auf den Alleenschutz eingegangen. Aus Ihrer Sicht gibt es ein hervorragendes Alleenkonzept des Landes. Das sehen wir etwas anders. Wir haben verdeutlicht, dass das vorliegende Alleenkonzept die brandenburgischen Alleen in ihrem Bestand nicht sichert und schützt, sondern eher gefährdet.

In der Kabinettsvorlage zum Straßengesetz gab es unter Artikel 3 den § 31 - Alleen -, der zwei wunderbare Dinge regelte. Erstens: Die Alleen dürfen nicht beseitigt, zerstört, beschädigt und sonst erheblich oder nachhaltig beeinträchtigt werden. Zweitens: Um den Alleenbestand nachhaltig zu sichern, soll die jeweils zuständige Behörde - insbesondere im Rahmen von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen - rechtzeitig und in ausreichendem Umfang Neuanpflanzung festsetzen oder für deren Durchführung sorgen. Warum das nun nicht mehr Bestandteil des Gesetzes ist, würden wir gern erfahren. Wir können es uns natürlich erklären.

Wir möchten gern die Überweisung des Gesetzentwurfes nicht nur an den Ausschuss für Infrastruktur und Raumordnung, sondern auch an den Ausschuss für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Verbraucherschutz sowie eine gemeinsame Anhörung. - Vielen Dank.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Herzlichen Dank. - Das Wort erhält der Abgeordnete Dr. Klocksin.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Einbringung in den Landtag ist noch keine Ausschussberatung. Deshalb gestatten Sie mir, dass ich auf das Detail in der Sache verzichte. Frau Kollegin Tack hat einiges erwähnt; auch der Minister hat einige Hinweise gegeben, die wir in der Ausschussberatung vertiefen werden.