Protokoll der Sitzung vom 09.04.2008

Drucksache 4/5052

2. Lesung

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Verbraucherschutz

Drucksache 4/5850

Des Weiteren liegt Ihnen in Drucksache 4/6135 ein Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE vor.

Die Debatte wird mit dem Beitrag der Faktion DIE LINKE eröffnet. Es spricht die Abgeordnete Adolph.

Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Der von der Landesregierung vorgelegte Entwurf zur Wassergesetznovelle entspricht nicht den Anforderungen an eine nachhaltige Wasserpolitik. Die Novelle enthält keine Schlussfolgerungen in Bezug auf die sich dramatisch verändernden Rahmenbedingungen in Brandenburg wie Klimawandel und demografische Entwicklung. Auf Witterungsextreme mit vermehrt auftretenden Trockenperioden und Hochwasser gibt es von der Landesregierung keine Anpassungsstrategien. Denken Sie nur an den langen, heißen, trockenen Sommer im Jahre 2006 und an die ungekannt starken Niederschläge im Jahre 2007.

Fakt ist, dass in den kommenden Jahren die Klimaextreme zunehmen werden. Dem stehen sinkende finanzielle Mittel für die Bewirtschaftung des Wasserhaushalts gegenüber. Der hohe Schuldenstand im Abwasserbereich wirkt ununterbrochen. Das Wassergesetz ist in seiner jetzigen Fassung nicht auf die Lösung dieser Probleme ausgerichtet, sondern konserviert den Status quo. Es stellt sich die Frage, ob eine nachhaltige Entwicklung Brandenburgs für die Ressourcen Wasser und Boden tatsächlich das Ziel dieses Gesetzes ist, oder ob das Gesetz vorrangig auf eine Kostenersparnis für das Land reduziert wird.

Klare Zielvorgaben, gerichtet auf Nachhaltigkeit und sparsamen Umgang mit der Ressource Wasser, sind kaum vorhanden. Handlungsbedarf zur Novellierung hatte sich eben nicht nur aus der Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie ergeben, Bundes- und Europarecht entbindet die Landesregierung nicht von einer landespezifischen Ausgestaltung.

Meine Damen und Herren! Zwischen der 1. und der heutigen 2. Lesung liegen fast sieben Monate. Eine lange Zeit, gemessen an der Zeit von über drei Jahren, die der Gesetzentwurf brauchte, um überhaupt in das Parlament eingebracht zu werden. Gemessen am Ergebnis eine Zeitdauer, die unverständlich

ist. Dieser Gesetzentwurf findet nicht die Zustimmung meiner Fraktion DIE LINKE.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Er ist in seiner Gesamtheit so ungenügend, dass auch mit einer Reihe von Änderungsanträgen meiner Fraktion allenfalls das Schlimmste zu verhindern gewesen wäre. Aber auch dazu fehlte es im Fachausschuss am Willen oder am Mut der Koalition.

Was vom aufwendigen Prozess der öffentlichen Anhörung geblieben ist, sind lediglich Änderungen redaktionellen Charakters. Der massiven Kritik des Nachhaltigkeitsbeirates meint man entsprechen zu können, wenn man an einer Stelle das Wort „Nachhaltigkeit“ einfügt. Gerade das reicht aber eben nicht für nachhaltige Entwicklungsansätze zur künftigen Bewirtschaftung des Wasserhaushalts. Das reicht eben nicht für eine in der Anhörung von Umwelt-, Kommunal- und Wirtschaftsverbänden geforderte vollständige Überarbeitung des Gesetzes. Es mangelt an der Fähigkeit zur Erneuerung.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Die LINKE hat sich daher entschieden, den Gesetzesauftrag an die Regierung zurückzugeben. Das entspricht in etwa der Empfehlung des Nachhaltigkeitsbeirates an die Landesregierung, das Gesetz zurückzuziehen. Der Entschließungsantrag der LINKEN fordert die völlige Überarbeitung und Vorlage im Januar 2009.

Es bedarf konkreter Zielsetzungen, um eine nachhaltige Entwicklung des Wasserhaushalts im Gesetz zu verankern. Es geht um kurze, lokale Kreisläufe des Wassers. Es geht darum, Wasser in der Landschaft zu halten. Es geht unter anderem um eine ortsnahe Wiederaufbereitungsanlage oder eine Wiederverwertung gereinigten Wassers statt der Ableitung. Diese konkrete Form sparsamen Umgangs mit Wasser ist bisher im Gesetz nicht verankert. Der Wiederverwendung gereinigten Abwassers sollte jedoch der Vorzug gegeben werden. Die jetzt vorgesehene Änderung im Gesetz stellt aber gerade den Versuch dar, die Errichtung moderner, grundstücksnaher Abwasseraufbereitungsanlagen zu verhindern.

In diesem Zusammenhang frage ich, wie weit die Selbstverleugnung der SPD geht. Die auf Initiative des SPD-Abgeordneten Robert Gemmel in der vergangenen Legislaturperiode eingebrachte Genehmigungsdauer für Kleinkläranlagen von 15 Jahren streichen Sie heute mit diesem Gesetz wieder. Das Ziel ist eindeutig: Das Interesse an der Errichtung von Kleinkläranlagen soll verhindert werden, indem die Investitionssicherheit verloren geht. Für Kleinkläranlagen muss aber endlich die rechtliche Sicherstellung erfolgen. Bürgerinnen und Bürger sollen selbst entscheiden, ob ihre Grundstücke zentral angeschlossen werden sollen oder ob sie mit ökologisch hochwertigen Anlagen ihr Abwasser wiederaufbereiten. Wer auf einem höheren Niveau Abwasser reinigt als die von der Gemeinde betriebene Einrichtung, sollte daran nicht gehindert werden. Derzeit ist die Gesetzgebung strikt auf die zentrale Abwasserbehandlung ausgerichtet. Das ist häufig wegen überdimensionierter Anlagen unwirtschaftlich. Diese finanzielle Hypothek darf nicht dazu führen, andere Technologien nicht zu fördern oder gar verhindern zu wollen.

Betreiber dezentraler Wiederaufbereitungsanlagen sollen neu

erdings sogar mit polizeilichen Maßnahmen zum Anschluss an zentrale Anlagen gezwungen werden, wie im Dezember in Briesensee und Rauen. Gegen die anerkannt ordnungsgemäß funktionierende Wiederaufbereitungsanlage in Rauen wurde erst jüngst wieder im März mit Faustrecht vorgegangen. Ja, wenn man sich für 15 Uhr ankündigt und um 11 Uhr das Grundstück in Abwesenheit der Bewohner unter Polizeischutz betritt, um einer rechtzeitigen gerichtlichen Entscheidung zuvorzukommen, sei mir der Begriff „Faustrecht“ gestattet. Dies sei mir auch deshalb gestattet, weil das Klärwerk, an das dieses Grundstück zwangsweise angeschlossen werden soll, seit Jahren ohne wasserrechtliche Genehmigung betrieben wird. Dieses Verfahren reiht sich nahtlos in regierungsamtliches Handeln - wie bei der Bodenreform - ein.

Meine Damen und Herren, zur Nachhaltigkeit gehört auch, Auwälder in den Flussauen zu sichern. Das vorgesehene Verbot von Pflanzungen in Deichvorländern und die Möglichkeit zur Beseitigung gefährden die naturnahe Gestaltung von Auenlandschaften, insbesondere im Nationalpark Unteres Odertal und im Biosphärenreservat Elblandschaften. Die enormen Anstrengungen der vergangenen Jahre in diesen Bereichen werden mit der Gesetzesänderung ad absurdum geführt. Naturnähe und Ökologie sind halt in diesem Gesetz nicht vorgesehen.

Zur Nachhaltigkeit gehört auch, Wassernutzungsentgelt von Bergbaubetrieben einzufordern, die einen enormen Eingriff in den natürlichen Wasserhaushalt verursachen. Die Grundwasserabsenkung durch den Braunkohlenbergbau ist ein besonders gravierender Eingriff in die Landschaft. Eine fortgesetzte Befreiung vom Wassernutzungsentgelt halten wir für unverantwortlich. Schließlich werden dem Steuerzahler erhebliche Kosten für die Renaturierung ehemaliger Tagebaue aufgebürdet.

Sehr geehrte Damen und Herren, nicht Entbürokratisierung und Kostenersparnis um jeden Preis, sondern eine nachhaltige Entwicklung Brandenburgs sollte die Prämisse gesetzgeberischen Handelns sein. Darum bitte ich Sie, dem Entschließungsantrag meiner Fraktion zuzustimmen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Die Abgeordnete Gregor-Ness spricht für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Land Brandenburg sind 134 Wasserversorger und 243 Wasserentsorger tätig. Diese tun das in großer Mehrzahl als verlässliche Dienstleister und tragen damit wesentlich dazu bei, dass dieses Feld der Daseinsvorsorge ordentlich bearbeitet wird.

Trotz aller Sorgfalt, trotz technischer Standards, trotz Einleitungsgenehmigungsverfahren gibt es nach der Bestandsaufnahme entsprechend der EU-Wasserrahmenrichtlinie im Land Brandenburg noch zu viele Gewässer, die den Status „guter Zustand“ nicht erreichen. Deshalb und vor allen Dingen für unsere Zukunft und für unsere Kinder sollten wir unsererseits auf Landesebene alles tun, um die Zielsetzung der Wasserrahmenrichtlinie so schnell wie möglich zu erreichen. Aus Sicht der Wasserversorger und -entsorger sowie der Gewässerunterhaltungsverbände gilt: Die Vorsorge muss Vorrang vor der Aufbe

reitung haben. Das ist Kern und Ziel der heute zu verabschiedenden Novelle des Gesetzes zur Änderung der wasserrechtlichen Vorschriften.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die zur Abstimmung vorliegende Beschlussvorlage hat einen Diskussionsprozess, der sich über mehrere Monate erstreckte, hinter sich. Es wurde über mehrere Jahre - sogar innerhalb der Landesregierung - mit den Verbänden und mit den Beteiligten ein Abstimmungsprozess geführt, bevor der Gesetzentwurf überhaupt unser Parlament erreichte. Nach der Einbringung des Gesetzentwurfs im September und der Anhörung am 24. Oktober 2007 erfolgte eine intensive, natürlich zum Teil sehr kontroverse Diskussion in den Fraktionen, im Ausschuss und auch hier im Plenum.

Bei der Unterschiedlichkeit der Interessen ist ein Ausgleich selbstverständlich besonders schwierig und nur mit hoher Kompromissfähigkeit aller Betroffenen machbar. Unsachliche, beleidigende und herabwürdigende Stellungnahmen, wie sie zum Teil in der Anhörung erfolgten, sind dabei nicht sachdienlich.

Auch bei den durch die Koalition eingebrachten Änderungsanträgen handelt es sich um einen Kompromiss. Aber die Änderungsanträge enthalten eine verantwortungsvolle, abwägende und ausgewogene Wertung der vorgetragenen Stellungnahmen.

Wichtig waren uns als Koalition die Anregungen des Nachhaltigkeitsbeirates, der kommunalen Spitzenverbände und der Naturschutzverbände. Diese finden sich in unserer Beschlussvorlage auch wieder.

Konkret: Auf Anregung des Nachhaltigkeitsbeirates haben wir in den Gesetzentwurf die nachhaltige Entwicklung und die flussgebietsbezogene Bewirtschaftung aufgenommen. Damit unterstreichen wir die Notwendigkeit einer nachhaltigen Bewirtschaftung unserer Gewässer vor dem Hintergrund der Klimaveränderungen und der daraus resultierenden Auswirkungen.

Ernst genommen haben wir ebenfalls die Hinweise des Städteund Gemeindebundes und einzelner Kommunen.

Entgegen dem Gesetzentwurf gilt: Umlageschuldner ist und bleibt der Flächeneigentümer. Die Voraussetzung der Bestandskraft des Beitragsbescheides ist gestrichen, um Gemeinden vor unnötigen Vorfinanzierungen zu bewahren.

Die Gemeinden sind mit den Änderungsanträgen der Koalition in der Lage, unter verschiedenen Möglichkeiten der Beitragserhebung zu wählen. Diese werden regional verantwortlich und dem Aufwand verwaltungsseitig angemessen flexibel gehandhabt werden.

Für alle Flächen, die aufgrund der Naturschutzgesetzgebung einer wirtschaftlichen Nutzung entzogen werden, besteht die Möglichkeit, auf Antrag die zu zahlenden Beiträge durch das Land zu erstatten. Die ausgewiesenen und sich in Planung befindenden bis zu ca. 20 000 Hektar Totalgebiete und Naturschutzentwicklungsgebiete sind von hohem öffentlichen Interesse. Um eine Gleichbehandlung mit den anderen Flächeneigentümern zu gewährleisten, haben wir diesen Weg der Erstattung gewählt.

Zur Sicherung von Investitionen haben wir die Befristung der

Freistellung vom Anschluss- und Benutzungszwang zwingend an die Erlaubnis zur wasserrechtlichen Einleitung gebunden. Damit wollen wir dem Eindruck der Willkür von Entscheidungen entgegenwirken.

Die Gewässerunterhaltungsverbände werden in ihrer Satzungshoheit gestärkt, indem die Modalitäten zur Bildung der Verbandsbeiräte selbst bestimmt werden können. Die geeigneten Kriterien wird jeder Verband für sich bei der Bestimmung der Vertreterzahl vor Ort finden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie Sie sehen, sind unsere Anträge wirklich abgewogen und allumfassend.

Zu dem von der Fraktion DIE LINKE eingebrachten Entschließungsantrag möchte ich abschließend noch Folgendes ausführen: Die Fortführung der Novelle unter Beachtung der Nachhaltigkeit und die Vorlage eines neuen Gesetzes zu Beginn des nächsten Jahres ist nichts weiter als ein ungeeigneter und unangemessener Versuch politischer Profilierung.

(Widerspruch der Abgeordneten Adolph [DIE LINKE])

Die Punkte unseres Änderungsantrags habe ich benannt, und die Punkte des Entschließungsantrags sind nichts weiter als all die Änderungsanträge, die wir im Ausschuss bereits einmal mit Mehrheit abgelehnt haben. Es wäre also recht und billig gewesen, die Anträge heute noch einmal zu stellen und eine Novelle nicht auf den Sankt-Nimmerleins-Tag zu verschieben. In meinen Ausführungen habe ich darauf bereits hingewiesen.

Die Gesetzesnovelle ist die erste vollumfängliche Novelle des Wassergesetzes in Brandenburg. In diese Novelle sind auch 12 Jahre Vollzugserfahrung eingeflossen. Das Landesgesetz ist erstens dem Bürokratieabbau und zweitens der Nutzerfreundlichkeit verpflichtet.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Na, na, na!)

Es ist ein modernes Gesetz mit hohen, anspruchsvollen Zielen bezüglich der Gewässerqualität. Es gibt Nachfragen aus anderen Ländern, die sich bei ihren anstehenden Novellen unseres Gesetzes bedienen wollen.

Um das alles zu ignorieren, muss man wohl wirklich Opposition sein!

Wir alle wissen aber auch, dass mit der zu erwartenden Umweltgesetzgebung des Bundes eine Novellierung des Wassergesetzes erfolgen wird.

(Zuruf der Abgeordneten Adolph [DIE LINKE])

Die Haltbarkeit unseres heutigen Beschlussvorschlages ist daher begrenzt. Auch nur von daher und nur von Bundesseite begründet, werden wir das Gesetz wieder anfassen, und nicht auf Wunsch von Frau Adolph.