Herzlichen Dank. - Ich beende die Aussprache, und wir kommen zur Abstimmung. Ihnen liegt der Änderungsantrag in der Drucksache 4/7036 - eingebracht von der DVU-Fraktion - vor. Wer diesem Änderungsantrag seine Zustimmung geben möch
te, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt gegen den Änderungsantrag? - Wer enthält sich? - Mit großer Mehrheit ist gegen den Änderungsantrag gestimmt worden; er ist somit abgelehnt.
Ihnen liegt - zweitens - die Beschlussempfehlung in der Drucksache 4/7009 vor. Wer ihr seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? Wer enthält sich? - Mehrheitlich ist dieser Beschlussempfehlung zugestimmt worden. Das Gesetz ist damit in 2. Lesung verabschiedet.
Drittens liegt Ihnen der Entschließungsantrag in der Drucksache 4/7008 - eingebracht von den Fraktionen der SPD und der CDU - vor. Wer dem Entschließungsantrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? Wer enthält sich? - Mehrheitlich ist für diesen Entschließungsantrag gestimmt worden; er ist somit angenommen worden.
Gesetz zu dem Dritten Staatsvertrag vom 28. November 2008 zur Änderung des Staatsvertrages über den Ostdeutschen Sparkassenverband
Das Präsidium empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfs an den Hauptausschuss federführend und an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen. Wer dieser Überweisung zustimmt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Einstimmig ist für die Überweisung gestimmt.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren, die Umsatzsteuer muss gesenkt werden. Gemäß den Regeln für ein gutes Konjunkturpaket bedeutet das: Erstens ist diese Maßnahme schnell wirksam, zweitens wird viel Umsatz ausgelöst und drittens entsteht ein Handlungszwang für die Verbraucher aufgrund der
eingeleiteten Maßnahme. - Wir erinnern uns: Als die Umsatzsteuererhöhung von 16 % auf 19 % angekündigt war, kauften viele noch schnell zum günstigen Preis ein. Wird nun die Umsatzsteuer von 19 % auf 14 % gesenkt, wird damit automatisch erreicht, dass viele Ausgaben vorgezogen werden und die einsetzende Rezession aufgehalten oder zumindest verlangsamt wird.
Wir alle wissen, dass sich die Wirtschaft in Brandenburg wie in ganz Deutschland derzeit nach Aussagen aller Experten in der schlimmsten Krise seit 1929 befindet. Aufgrund der durch die internationale Finanzkrise bewirkten Deflation kam und kommt es zu massiven Nachfragerückgängen, die sich derzeit besonders im Bereich der Investitionsgüterproduktion niederschlagen.
Im Bereich der Automobilindustrie, Stahlindustrie, Chemieindustrie und vielen weiteren Bereichen der wichtigsten deutschen Industriezweige kommt es bereits jetzt zu massiven Produktionsausfällen und Kurzarbeit. Für 2009 wird mit einem Anstieg der Arbeitslosenzahlen in Deutschland um 700 000 gerechnet. Wie stark die Krise derzeit in Brandenburg bereits ist, sehen wir an den alarmierenden Meldungen über Produktionseinschränkungen bis hin zum Produktionsstillstand, Kurzarbeit und angekündigten Entlassungen unter anderem an den Standorten Eisenhüttenstadt, Hennigsdorf, Schwarze Pumpe usw.
Aber auch im Bereich der Konsumgüterindustrie ist die Krise längst angekommen. So klagte der Brandenburger Einzelhandel im Süden und Osten unseres Landes über zum Teil zweistellige Einbußen im Weihnachtsgeschäft dieses Jahres. Dieser gefährlichen Entwicklung mit drohender Massenarbeitslosigkeit und einem neuen Insolvenzrekord im Bereich unserer mittelständischen Wirtschaft muss gegengesteuert werden.
Das von der Bundesregierung geplante Konjunkturpaket und die von der Landesregierung in Aussicht gestellten flankierenden Maßnahmen reichen bei weitem nicht aus, um den bereits entstandenen und den zu befürchtenden massiven Nachfragerückgang auszugleichen. So fordert auch die EU-Kommission eine Umsatzsteuersenkung zur Konjunkturbelebung. Machen wir es doch einigen unserer wichtigsten europäischen Nachbarländer nach:
Die britische Regierung will die strauchelnde Wirtschaft mit einer Senkung der Umsatzsteuer ankurbeln. Beschlossen wurde eine Senkung von 17,5 % auf 15 %. Insgesamt unterstützt die britische Regierung die dortige Wirtschaft mit etwa 15 bis 20 Milliarden Pfund, davon allein 12,5 Milliarden Pfund zur Senkung der Umsatzsteuer. Italien erwägt ebenfalls eine Umsatzsteuersenkung. In Russland schließlich soll laut Beschluss der Regierung Putin die Umsatzsteuer von 18 % auf nur noch 10 % im Jahre 2010 abgesenkt werden.
Meine Damen und Herren, da eine Wirtschaftsflaute sich bekanntlich selbst verstärkt, wäre diese durch Absenkung der Umsatzsteuer damit schon deutlich abgemildert. Als nächste Schritte müssten langfristige Maßnahmen getroffen werden, insbesondere durch groß angelegte staatliche Konjunkturprogramme. Doch die Bundesregierung unter Kanzlerin Merkel steht handlungsunfähig vor der Krise, die auf uns alle zukommt. Die von ihr geplanten Maßnahmen werden konjunkturpolitisch entweder verpuffen, wie die geplante Kfz-Steuer-Senkung, oder sich nur langfristig auswirken wie die an sich begrüßenswerten neuen Abschreibungsregelungen oder das geplante Mittel
standsprogramm. Doch bis dahin ist die Wirtschaft nach allen Aussagen bereits in einem Depressionsloch. Um es dazu nicht kommen zu lassen und die Nachfrage kurzfristig anzukurbeln, auch und gerade im Hinblick auf den Warenaustausch mit unseren europäischen Nachbarländern, ist eine Umsatzsteuersenkung dringend erforderlich. - Ich bedanke mich vorerst.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Abgeordnete von der DVU-Fraktion, das, was Sie hier vorlegen, ist nicht nur abenteuerlich. Die Umsatzsteuer in Deutschland um mehr als ein Viertel, von 19 % auf 14 % zu senken, ist nicht nur für die Volkswirtschaft schädlich und tödlich, sondern für alle Bundesländer und den Bundeshaushalt. Wenn man sein Land, seine Nation liebt, sollte man ihr Medizin und nicht Gift verschreiben. Das, was Sie uns hier verschreiben wollen, ist Gift. Deswegen muss das dringend abgelehnt werden.
Es gibt überhaupt eine ganze Menge von radikalen, unverantwortlichen Dingen, die Sie sagen. Ihre Fraktionsvorsitzende hat heute in der Debatte zur Regierungserklärung behauptet, in Brandenburg treibe man nicht nur willentlich, sondern sogar wissentlich den Mittelstand oder Teile des Mittelstandes in den Ruin. - Wie wollen Sie das denn rechtfertigen?
Ich komme nun zum Kern Ihres Problems und Ihrer Sichtweise. In der Begründung schreiben Sie einen Satz:
„Die Wirtschaft in Brandenburg wie in ganz Deutschland befindet sich nach Aussagen aller Experten in der schlimmsten Krise seit 1929.“
Das müssen sie erst einmal belegen. Ich kenne pessimistische und kritische Aussagen, die meinen, dass wir, wenn wir nicht entsprechend handeln, in einer starken Krise oder vielleicht in der stärksten Krise seit 1949, seit der Gründung der Bundesrepublik, sein könnten. Aber in der größten Krise seit 1929? Ich möchte Sie bitten, in Ihr Geschichtsbild aufzunehmen, dass es in den 30er und 40er Jahren viel stärkere Krisen und fürchterliche, unvergleichbare Katastrophen gegeben hat. Die übersehen Sie einfach. Die sollten Sie mit einbeziehen.
Diese Mischung aus Schwarzseherei, Geschichtsklitterung und einseitigem Populismus muss deutlich zurückgewiesen werden. Populismus ist ein ganz großes Übel der europäischen Politik und auch von Ihnen und meistens eine Vorstufe für radikale und extreme Politik.
Kein Landeshaushalt in Deutschland und auch kein Bundeshaushalt könnte diese Senkung verkraften. Das würde die Handlungsfähigkeit und die Flexibilität des Staates und der Staaten in der Krise völlig ad absurdum führen und nicht zu der Frei
heit für Verbraucher und Unternehmer, zu konsumieren, zu verbrauchen und zu investieren. Deswegen ist es Gift für Deutschland. Wer so etwas will, meint es nicht gut mit unserer Nation. Deswegen lehnen wir das ab.
Herzlichen Dank. - Herr Christoffers hat signalisiert, dass er verzichtet. Die Landesregierung verzichtet ebenfalls. Frau Hesselbarth, Sie sind wieder an der Reihe.
Deutschland in der Liquiditätsfalle, Frau Präsidentin, meine Damen und Herren. Wir erleben eine Situation, in der die gewöhnlichen Rezepte der Wirtschaftspolitik nicht mehr funktionieren, Herr Niekisch. Die Geldpolitik ist weitgehend wirkungslos. Dafür ist die Fiskalpolitik weitaus wirksamer als in normalen Zeiten. Um eine Depression zu verhindern, müssen daher die Steuern, insbesondere die Umsatzsteuer, deutlich gesenkt werden.
Nach den Kommentaren der Bundeskanzlerin und ihres Finanzministers sollte man sich am Ende dieses Monats nicht ein frohes neues Jahr wünschen, sondern eine frohe Depression. Die Bundesregierung ist offensichtlich nicht bereit, für den Fall einer Liquiditätsfalle vorzubeugen. Stattdessen will sie abwarten, bis man tatsächlich dort hineintappt. Daran ändert auch ihr sogenanntes Konjunkturpaket nichts, ebenso wenig wie das von Ihnen angekündigte Programm, Herr Wirtschaftsminister Junghanns.
Wir als DVU-Fraktion wollen wirklich etwas tun, damit dieses Land und seine Bürgerinnen und Bürger die Krise überstehen. Dazu muss es einen gewaltigen Nachfrageschub geben, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln, und das ist kein Populismus, Herr Dr. Niekisch.
Ich beschreibe die Effekte einer Senkung der Umsatzsteuer in nüchternen Worten: Da es sich bei einer Umsatzsteuersenkung um 5 Prozentpunkte mikroökonomisch nicht um mächtige Beträge handelt, die man unter anderem in Form von Wertpapieren anlegen könnte, ist davon auszugehen, dass diese Beträge sofort wieder in den Konsum fließen. Durch diesen Konsum wird erneut Umsatzsteuer generiert. Natürlich müsste der Staat zunächst einmal für einige Monate auf erhebliche Steuereinnahmen verzichten, jedoch würden diese anschließend durch deutlich mehr Konsum und eine damit einhergehende Umsatzsteuer mehr als ausgeglichen. Dieser Auffassung sind im Übrigen auch führende Wirtschaftsexperten.
Unter anderem spricht sich das Mitglied des Sachverständigenrates der Bundesregierung, Peter Bofinger, in deutlicher Weise für eine Umsatzsteuersenkung aus, um den Konsum im Inland anzukurbeln. Gegenüber dem „Handelsblatt“ äußerte sich Herr Bofinger wie folgt:
„Eine Steuerentlastung wäre als kurzfristige Maßnahme sinnvoll. Das wäre eine Maßnahme mit großer Breitenwirkung und wenig Versickerungseffekten. Die Maßnahme wirkt direkt und schnell auf die Konsumnachfrage... Das Falscheste, was man jetzt machen könnte, wäre der Versuch, der durch die Rezession ansteigenden Neuverschuldung mit Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen entgegenzuwirken. Damit würde wie Anfang der 30er Jahre die Gefahr einer Deflation heraufbeschworen.“
Auch der ehemalige Bundesarbeitsminister Norbert Blüm hat sich für eine Senkung der Umsatzsteuer als ein Modell der Nachfragesteigerung ausgesprochen. In einer „Phoenix“-Sendung erklärte er Folgendes:
„Es muss einen Schub geben. Ich finde ganz intelligent, was die Engländer gemacht haben: die Mehrwertsteuer zu senken. Also nicht so eine allgemeine Steuersenkung. Wir brauchen jetzt Nachfrage, und zwar nicht nach Finanzprodukten, sondern nach realen Produkten.“