Protokoll der Sitzung vom 01.07.2009

Ich möchte zusammenfassen, weil die rote Lampe hier schon wieder drängend leuchtet.

(Schulze [SPD]: Ach, leuchtet es bei Ihnen auch Rot?)

- Das ist ja das Schlimme.

(Heiterkeit bei der SPD)

Angesichts dessen, dass der Bund gegenwärtig noch Abstimmungs- und Regelungsbedarf hat, können wir - auch im Vergleich mit dem, was in anderen Ländern geschieht - mit Überzeugung sagen: Wir haben einen sehr fortgeschrittenen Regelungsstand, wir haben eine sehr klare Positionierung für die Beteiligten, und wir sehen uns in der Lage, das auch technisch einzuführen - natürlich nicht mit einem Schlag für alles, aber natürlich für diejenigen, die besonders hohe Häufigkeiten zu erwarten haben. Ansonsten werden wir dieses Thema auch im Interesse der Dienstleister national und international lösen können. Wir wollen mit dieser Dienstleistungsrichtlinie eine größere Serviceleistung der Verwaltung erreichen. Das wollen wir; das haben alle Beteiligten in diesem Prozess mit erreicht.

Ich bedanke mich ausdrücklich bei allen beteiligten Häusern, deren Fachgebiete zugearbeitet haben. Ich bedanke mich auch bei den Abgeordneten. Ich bitte um Verständnis bei der Partei DIE LINKE, wenn ich sage, dass sie mit ihren Vorschlägen dem europäischen Prozess keine neuen Impulse gibt, und was keine neuen Impulse gibt, sollte dann auch nicht die Zustimmung finden. In diesem Sinne machen Sie mit, dass aus dieser Dienstleistungsrichtlinie im Land etwas wird; die Unternehmerinnen und Unternehmer in diesem Land erwarten es von uns. Danke schön.

(Beifall bei CDU und SPD)

Meine Damen und Herren, ich stelle den Änderungsantrag in der Drucksache 4/7756 der Linksfraktion zur Abstimmung. Wer ihm Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist dieser Antrag mehrheitlich abgelehnt.

Ich stelle den Änderungsantrag in der Drucksache 4/7755 der Linksfraktion zur Abstimmung. Wer diesem Antrag Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Ohne Enthaltungen ist der Änderungsantrag mehrheitlich abgelehnt.

Ich stelle die Beschlussempfehlung in der Drucksache 4/7680 Neudruck, einschließlich Korrekturblatt - zur Abstimmung. Wer dem Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Ohne Enthaltungen mehrheitlich angenommen.

Ich schließe Tagesordungspunkt 10 und begrüße neue Gäste in unserem Hause, Mitarbeiter des Amtes Lindow mit Ihrem Chef ich glaube, es ist die ganze Mannschaft, die uns besucht - sowie Teilnehmer eines Integrationskurses aus dem Strausberger Sozialwerk. Auch Ihnen ein herzliches Willkommen. Ich wünsche Ihnen einen interessanten Nachmittag.

(Allgemeiner Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 11 auf:

Gesetz zur Neuregelung der heimrechtlichen Vorschriften

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 4/7372 einschließlich Korrekturblatt

2. Lesung

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie

Drucksache 4/7669

Die Abgeordnete Wolff-Molorciuc von der Linksfraktion beginnt die Debatte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Verabschiedung eines Brandenburger Heimgesetzes haben wir der Föderalismusreform zu verdanken, die das Heimrecht zum großen Teil aus der Kompetenz des Bundes in die Kompetenz der Bundesländer gelegt hat. Es gibt zweifellos eine Vielzahl von Themen, bei denen ein Mehr an föderaler Vielfalt wünschenswert ist. Ich weiß allerdings nicht, ob das beim Heimrecht wirklich eine glückliche Lösung war. Die Tatsache, dass die Bundesländer nun bestrebt waren, sich untereinander wieder auszutauschen und ihre Regelungen zu koordinieren, spricht eher für das Bedürfnis einer gewissen Einheitlichkeit, welche nun sehr viel schwieriger herzustellen ist. Träger, die bundesweit agieren, haben es nun mit 16 Gesetzen statt mit einem Gesetz zu tun.

Die Landesregierung sieht mit dem Gesetz insbesondere die Chance, den neuen Entwicklungen in der Pflege und Betreuung Rechnung zu tragen. Damit sind vor allem die sogenannten neuen Wohnformen gemeint, zum Beispiel Wohngemeinschaften oder sogenannte unterstützende Wohnformen, die bisher auch dann als „Heim“ betrachtet und behandelt worden sind, wenn das aus Sicht der Bewohner und Betreiber nicht erforderlich war. Immerhin ergeben sich daraus zum Beispiel in baulicher und brandschutztechnischer Hinsicht höhere Anforderungen. Ob das Gesetz hier die nötige Klarheit und Rechtssicherheit bringt, vermag ich heute noch nicht zu beurteilen.

Ich verweise nur darauf, dass in der Anhörung, auch von Experten, erhebliche Schwierigkeiten für die Gesetzesanwendung vorausgesagt worden sind. Damit ist vor allem gemeint, dass Begriffsbestimmungen, Definitionen, Anwendungsbereiche und Ziele schwer voneinander abzugrenzen sind, dass Ausnahmen und Ausnahmen von den Ausnahmen geregelt werden. Das mag jetzt übertrieben klingen, aber vielleicht nehmen Sie sich das Gesetz als Urlaubslektüre mit, studieren die §§ 1 bis 5 und versuchen dann, Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin zu erklären, was damit gemeint ist. Verstehen sie es nicht, muss es nicht am Partner oder der Partnerin liegen.

Wir hätten uns vorstellen können, an der einen oder anderen Stelle klarer und verständlicher zu trennen, was erlaubt sein

soll und was nicht. Da geht es nicht allein um Lesbarkeit und Verständlichkeit, sondern auch um den Schutz von Bewohnern vor bestimmten Geschäftspraktiken von Trägern, die ein Wohnangebot so mit den Pflege- und Betreuungsleistungen verkoppeln, dass die Entscheidungsfreiheit des Bewohners unter Umständen nicht mehr gegeben ist. Hier hätten wir uns klarere Regelungen gewünscht.

Ich sehe den Erfahrungen bei der Anwendung des Gesetzes mit großen Erwartungen entgegen. - Danke.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Die Abgeordnete Prof. Dr. Heppener setzt die Debatte für die SPD-Fraktion fort.

Verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 2007 verabschiedete der Landtag die Leitlinien zur Seniorenpolitik der Landesregierung „Alt werden im Land Brandenburg“. Ich bin Frau Ministerin Wanka sehr dankbar, dass sie heute bei der Aufzählung der Höhepunkte der Politik der letzten Jahre in Brandenburg auf die Leitlinien zu sprechen kam. In der 9. Leitlinie heißt es:

„Zwischen bisherigem Zuhause und Pflegeheim sind Wohn- und Betreuungsalternativen zu schaffen … Auch in Pflegeheimen setzt sich die Landesregierung für eine neue Kultur des Helfens ein. Ziel ist es, Lebensqualität und Würde auch in der letzten Lebensphase zu ermöglichen.“

Das Gesetz zur Neuregelung heimrechtlicher Vorschriften ist Teil der Einlösung dieses Versprechens der Landesregierung.

Ich habe einen anderen Eindruck als Sie, Frau Wolff-Molorciuc. Ich und auch die älteren Menschen, mit denen ich umgehe, haben die Intention des Gesetzes durchaus verstanden.

(Görke [DIE LINKE]: Das unterscheidet uns immer!)

Dieses Gesetz steht im wahrsten Sinne des Wortes auf der Höhe unserer Zeit. Es trägt im Ganzen den Forderungen älterer und behinderter Menschen nach mehr Eigenverantwortung, Selbstbestimmung, Teilhabe und Normalität der Lebensführung Rechnung. Es schafft Klarheit und zugleich Offenheit gegenüber der Vielfalt neu entstehender Wohn- und Betreuungsmöglichkeiten.

So nimmt es keine starre Typisierung von Wohnformen vor etwa nach „Heim“ oder „Nichtheim“ oder nach „stationär“ oder „ambulant“. Entscheidend für den Anwendungsbereich des Gesetzes ist allein die Frage nach dem Grad der strukturellen Abhängigkeit der Bewohnerinnen und Bewohner einer unterstützenden Wohnform vom Leistungsanbieter. Es geht darum, ob sie die Möglichkeit haben, die für ihr Leben unerlässlichen Dienstleistungen ohne Auswirkungen auf das Wohn- und Mietverhältnis frei zu wählen. Damit ist auch das Maß ihres Schutzbedarfs bestimmt.

Ausgehend vom Grad der strukturellen Abhängigkeit und damit der Selbstständigkeit des Menschen verknüpft das Gesetz

auf sinnvolle Weise Eigenverantwortung und Mitbestimmung der Menschen mit ihrem Schutz. Das Gesetz zielt auf so viel Selbstbestimmung wie möglich und so viel Schutz wie nötig.

Dieses Herangehen ist in besonderem Maße für ambulant betreute Wohngemeinschaften wichtig. Sie bieten mehr Betreuung und Hilfe, als in der eigenen Häuslichkeit möglich ist. Zugleich schaffen sie mehr Freiheit und Selbstbestimmung der Lebensführung.

In der Anhörung kamen 16 für die Pflege maßgebliche Vertreterinnen und Vertreter von Verbänden, Organisationen, Beiräten, Behörden und Dienstleistern zu Wort. Bis auf eine Ausnahme fand der Gesetzentwurf volle Zustimmung. - Auch da muss ich in einer anderen Anhörung gewesen sein als Sie.

Diese Zustimmung galt dem konzeptionellen Herangehen, den im Gesetz fixierten Qualitätsanforderungen, der Auskunfts- und Meldepflicht, dem Verbraucherschutz und Prüfungsregime, dem Abbau von Überregulierungen sowie dem Umfang der gemeinschaftlichen Mitwirkung der Bewohnerinnen und Bewohner.

Im Ergebnis der Anhörung haben die Koalitionsparteien dem Ausschuss einige Änderungsvorschläge unterbreitet. Es ging um mehr Klarheit und um die Logik einiger Formulierungen, die Wahlmöglichkeiten und die Verantwortungsübertragung in § 11. Eine Eigenversorgung und Leistungsauswahl in einzelnen Bereichen ist nun eindeutiger formuliert.

Die Mitwirkung der in der jeweiligen Einrichtung lebenden Bewohnerinnen und Bewohner in Fragen ihres gemeinschaftlichen Lebens wird durch einen Bewohnerschaftsrat sichergestellt. Über Ombudspersonen haben die Bewohnerschaftsräte die Möglichkeit, auch den externen Sachverstand von Ehrenamtlern hinzuzuziehen.

Viele Seniorenbeiräte haben über Jahre feste Verbindungen zu Bewohnerinnen und Bewohnern von Pflegeeinrichtungen in ihrer Kommune aufgebaut. Diese Erfahrungen und menschlichen Kontakte sollen nicht verloren gehen. Deshalb bin ich sehr froh, dass in § 16 unter den ehrenamtlich engagierten Personen und Organisationen nunmehr Senioren- und Behindertenbeiräte ausdrücklich genannt werden.

Wir haben ein Gesetz zu verabschieden, das, früher oder später, aber mit Sicherheit, für jede und jeden von uns sehr wichtig sein wird. Es werden neue Wege im Heimrecht beschritten, die noch nicht selbstverständlich sind und neue Regelungen erfordern. Die Brandenburgische Krankenhaus- und Pflegeheimverordnung muss noch durch eine bauaufsichtliche Richtlinie ergänzt werden, die flexible Lösungen für alternative Wohnformen bietet.

Ich bin vom Inhalt und von der Zielstellung des Gesetzes überzeugt und stimme ihm mit meiner Fraktion aus vollem Herzen zu. Mit der Klausel, seine Wirkungen nach zwei Jahren zu evaluieren, verbinde ich weder Zögern noch Unsicherheit, sondern die Überzeugung, dass seine kluge Durchsetzung an alle hohe Ansprüche stellt. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei SPD und CDU)

Die Abgeordnete Fechner setzt für die DVU-Fraktion fort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die derzeitige Krankenhaus- und Bauordnung ist für große Einrichtungen gedacht, jedoch sind in den vergangenen Jahren viele alternative Formen von Alten- und Pflegewohngemeinschaften entstanden; Wohngemeinschaften, die mehr oder weniger Pflegeleistungen anbieten, aber nicht unbedingt Heime sind.

Auch diese neuen Formen der Altenbetreuung sollten kontrolliert werden, um die Sicherheit der alten Menschen auch dann zu gewährleisten, wenn sie nicht mehr alle Fäden selbst in den Händen halten können. Der vorliegende Gesetzentwurf regelt vor allem die staatliche Kontrolle auch in kleinen Betreuungsformen. Diese gilt dann, wenn ein Vermieter mehrere Wohnungen und Pflegeleistungen anbietet.

Leider ist im Gesetzentwurf die genaue Anzahl der Wohnungen nicht festgelegt, was zur Folge hat, dass theoretisch ein Ehepaar staatlich kontrolliert werden könnte, welches lediglich einen Pflegevertrag abgeschlossen hat, um ein Familienmitglied zu pflegen.

Kritisiert wurde das Gesetz auch von einem Vertreter der Bauaufsicht des Kreises Oberhavel. Wenn es nach der Bauaufsichtsbehörde ginge, müsste die Bauordnung für Krankenhäuser und Heime auch bei sogenannten Senioren-WGs zur Anwendung kommen. Die Bauordnung sieht dichte Türen, Notausgänge, Notbeleuchtung und viele kostenintensive Maßnahmen vor. Es ist ein schwieriger Abwägungsprozess, welche baurechtlichen Sicherheitsstandards auch in kleinen Häusern gelten sollten, ohne dass die Kosten explodieren und ohne dass auf Kosten der Sicherheit Geld mit der Unterbringung alter Menschen verdient wird.