dass eine Betriebsnachfolge bei kleinen Familienunternehmen aufgrund der Änderung der Erbschaftssteuer zur Wohltat für eine sowieso schon reiche Klientel der Großgrundbesitzer- und Familienunternehmen wird.
Das alles ist eine pure Neiddiskussion, das alte Klassenkampfgetöse der Linken und grenzt an Verleumdung der Tausenden fleißigen Mittelständler in Brandenburg.
Leider werden diese Lügen zweckdienlich und wider besseres Wissen gelegentlich auch von der SPD und von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN zum Abreagieren antiliberaler Reflexe benutzt.
So etwas steckt tief drin, auch in manchem Mitglied dieses Landtags. Hierzu möchte ich ein lebendiges Beispiel anführen. Bei einem meiner ersten Besucherdienste als neues Landtagsmitglied traf ich gemeinsam mit Herrn Fritsch auf eine Schulklasse. Die Abiturienten fragten nach meiner beruflichen Entwicklung. Ich berichtete, dass ich seit 35 Jahren Unternehmer sei und sehr fleißige und langjährige Mitarbeiter meines Entsorgungs- und Fuhrbetriebs dafür sorgen, dass ich dieses Landtagsmandat ausfüllen kann. Darauf erklärte Herr Fritsch spontan, ich sei einer von denen, der andere für sich arbeiten lasse. Die Schüler hat es nicht beeindruckt, mich auch nicht. Nichtsdestotrotz ist das eine Äußerung mit Symbolkraft, die Eingang in Beschlüsse dieses Landtags findet.
Mit dieser Denkweise werden mittelständische Schutzklauseln für die wirtschaftliche Betätigung von Kommunen beschlossen. Mit dieser Denkweise werden Haushaltsmittel für öffentliche Beschäftigungsfelder in mittelständischen Kernbereichen, zum Beispiel im Bereich der Landschaftspflege, von Sicherheitsdiensten und in anderen Bereichen, beschlossen.
Mit dieser Denkweise schützt man das marktverzerrende Umsatzprivileg kommunaler Unternehmen. Mit dieser Denkweise werden Mindestlöhne beschlossen, die für Leihfirmen, Callcenter, große Handelsketten und ausländische Firmen ohnehin wirkungslos sind, aber die Teilnahme kleiner und mittlerer Unternehmen an öffentlichen Vergaben verhindert. Diese mittelstandsfeindliche Denkweise wird von der politischen Mehrheit in diesem Landtag vertreten.
Die fehlende Wertschätzung für die KMU hat noch eine weitere Ursache. Ein Blick in die Broschüren der Landtagsverwaltung zeigt die beruflichen Wurzeln der Mitglieder dieses Landtags: Unter anderem 13 Lehrer, zwei Beamte, 21 Angestellte oder Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes und vier Unternehmer.
So weit zur Einschätzung der derzeitigen Situation der kleinen und mittelständischen Unternehmen in Brandenburg. Es ist grundsätzlich die Stimmung für den Mittelstand, die fehlt. Das wird sich in der nächsten Zukunft nicht verbessern, sondern eher verschärfen. Dagegen kann nur eines helfen, und nur eine Antwort ist hierauf möglich: Dieser Landtag braucht eine bürgerliche Mehrheit, und dieser Tag wird kommen.
Vielen Dank, Herr Tomczak. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag des Abgeordneten Thomas Domres von der Fraktion DIE LINKE fort.
Sehr geehrter Kollege Tomczak, zu Ihrem Schlusssatz möchte ich einen Hinweis geben. Das, was uns eine bürgerliche Mehrheit beschert, erleben wir gegenwärtig in der Bundespolitik. Gott bewahre uns daher vor dieser bürgerlichen Mehrheit in diesem Landtag.
Sehr geehrter Kollege Bommert, Ihr Einstieg war schon bemerkenswert. Sie haben sinngemäß gesagt, endlich beschäftige sich der Landtag einmal mit wichtigen Sachen. Bei den Diskussionen, die ich in meinem Wahlkreis mit Handwerkern und Unternehmern führe, erlebe ich etwas anderes. Sie haben nämlich erkannt, dass Kitaplätze, Kultur und Sozialangelegenheiten Standortfaktoren sind.
Daher weise ich den Vorwurf, dass wir uns bisher nur mit unwichtigen Dingen beschäftigt hätten, eindeutig zurück.
Denn es geht auch darum, wie wir Standortfaktoren in Brandenburg gestalten. Über dieses Thema haben wir an dieser Stelle sehr ausführlich diskutiert.
Dennoch begrüße ich, dass die CDU-Fraktion die Aktuelle Stunde heute beantragt hat. Es ist wichtig, dass wir uns heute über die Situation und vor allem über die Zukunftsperspektiven des Handwerks in Brandenburg unterhalten.
Gewundert habe ich mich allerdings aus zwei Gründen. Zum einen deswegen, weil Sie, meine Damen und Herren von der CDU, in der Begründung für Ihre Aktuelle Stunde aus dem Mittelstandsbarometer des Bundesverbandes der Mittelständi
schen Wirtschaft vom Dezember 2009 verkürzt zitieren. Damit wir uns richtig verstehen: Es ist äußerst alarmierend, dass sich mehr als 80 % der Befragten heute nicht wieder dafür entscheiden würden, Unternehmer zu werden. Mehr als 58 % wären bereit, ihr Unternehmen zu verkaufen, und nur 35 % würden eine Übernahme innerhalb der Familie empfehlen.
Da ich davon ausgehe, dass Sie nicht den Eindruck erwecken wollen, dass das zunehmend negative Unternehmerbild auf den vollzogenen Politikwechsel im Land Brandenburg zurückzuführen ist, will ich weitere Ergebnisse des Mittelstandsbarometers nennen.
Unter der Überschrift „Brandenburg befindet sich im Bundesvergleich auf gutem Weg“ ist Folgendes zu lesen:
„Der Mittelstand in Brandenburg hat sich in den vergangenen Jahren trotz der Finanz- und Wirtschaftskrise gut entwickelt.... In Brandenburg herrscht ein exzellentes Gründungsklima.“
Außerdem habe ich mich darüber gewundert, weil Herr Bommert mit diesem Zitat aus dem Mittelstandsbarometer bereits im Januar eine mündliche Anfrage gestellt hat. Entweder war es die Unzufriedenheit der CDU-Fraktion mit der damaligen Antwort des Wirtschaftsministers, oder aber die Antwort war so zielführend und ergiebig, dass Sie dachten, es sei unbedingt nötig, diese in der Öffentlichkeit zu diskutieren.
Letzteres ist wohl auch zutreffend; denn die Frage ist nicht nur vom Umfang her umfassend beantwortet worden, sondern die Antwort ist auch qualitativ gut.
Scheinbar ist die Antwort so gut, dass Sie, und somit der Wirtschaftsminister, der Ideengeber für diese Aktuelle Stunde und für Ihren Antrag geworden ist. Die Antwort des Wirtschaftsministers geht nämlich auf den Global Entrepreneurship Monitor, kurz GEM, ein.
Es ist Folgendes zu lesen: Seit Beginn des GEM wird allerdings die schulische Vorbereitung für Gründungen und Selbstständigkeit vergleichsweise sehr schlecht beurteilt, wie auch die gesellschaftliche Anerkennung von Selbständigkeit. - Diese Schlagworte durchziehen nicht nur die Begründung der Aktuellen Stunde, sondern auch den noch später zu behandelnden Antrag „Maßnahmenpaket für unseren brandenburgischen Mittelstand“.
Der GEM hat die oben genannten Aussagen nicht explizit auf Brandenburg, sondern auf ganz Deutschland bezogen. Trotzdem ist es wichtig, darüber zu debattieren, inwieweit sich daraus Anforderungen sowie Handlungsmöglichkeiten und -notwendigkeiten für die brandenburgische Wirtschafts- und Bildungspolitik ergeben. Nur leider sind Ihre Antworten zu kurz. Wo Maßnahmenpaket draufsteht, muss auch Maßnahmenpaket drin sein. Dies ist bei Ihrem Antrag, den wir heute Nachmittag behandeln werden, nicht der Fall.
Aus der Sicht der Linksfraktion muss ein Maßnahmenpaket für den Mittelstand nicht nur eine Imagekampagne umfassen. Wer mit offenen Augen durch das Land fährt, hat längst festgestellt, dass dies das Handwerk viel besser kann. Seit Januar 2010 hat der Deutsche Handwerkskammertag eine diesbezügliche Kampagne ins Leben gerufen.
Des Weiteren ist es keinesfalls nur ein Problem, welches in der Schule gelöst werden kann. Meine Damen und Herren von der CDU, nach zehn Jahren, in denen Sie den Wirtschaftsminister dieses Landes stellten, haben Sie für den Mittelstand nicht mehr zu bieten gehabt, als dass den Schülern im Unterricht zum Beispiel wirtschaftliche Aspekte der Globalisierung objektiv und unideologisch dargestellt werden.
Ist dies für Sie wichtiger als die Vermittlung von Fachunterricht? Aus unserer Sicht nützt dieses Wissen einem zukünftigen Selbstständigen nicht viel. Besser ist, er beherrscht das Einmaleins, um so berechnen zu können, ob die Einnahmen der Selbstständigkeit auch die Ausgaben decken können und ob dann noch etwas zum Leben übrig bleibt.
Es ist wichtig, dass wir heute problemorientiert nach Lösungen für Probleme suchen, zum Beispiel für die Finanzierung der Sicherung des Fachkräftebedarfs, die Unterstützung bei der Unternehmensnachfolge, aber auch bezüglich dessen, wie das Bild des Unternehmers in der öffentlichen Wahrnehmung verbessert werden kann.
Die Regelung für die Betriebsnachfolge in Brandenburger Unternehmen gewinnt für das Land hinsichtlich der Erhaltung bestehender Arbeitsplätze zunehmend an Bedeutung. Hierbei muss die Zusammenarbeit mit den Wirtschaftsverbänden verbessert werden. Laut Mittelstandsbericht gibt es in Brandenburg mehr als 63 000 Unternehmen, 53 000 davon befinden sich in Familienbesitz. Es wird davon ausgegangen, dass jährlich 2 000 Unternehmen vor der Nachfolgefrage stehen. Deshalb ist ein Schwerpunkt innerhalb der Förderung von Existenzgründungen die Förderung der Unternehmensnachfolge. Wird sie nicht rechtzeitig geklärt, droht im schlimmsten Fall das Aus und damit der Verlust von Arbeitsplätzen.
Seit dem Jahr 2007 bieten daher die Beratungsstellen in Cottbus, Potsdam und Frankfurt (Oder), die zurzeit von den Kammern getragen werden, Hilfe bei der Unternehmensübergabe an. Die Industrie- und Handelskammer sowie die Handwerkskammer eines Kammerbezirks kooperieren dabei. Die Beratungsstellen vermitteln Moderatorinnen und Moderatoren, die den Prozess der Unternehmensnachfolge beratend begleiten und dabei das Ziel einer erfolgreichen Übergabe im Auge haben.
Meine Damen und Herren von der CDU, es ist ein hoher Anspruch, wenn es tatsächlich Aufgabe der Politik sein soll, die Rolle von Unternehmen als tragende Säule in einer Gesellschaft zu definieren und die entsprechenden Rahmenbedingungen für eine positive Entwicklung zu setzen. Ich frage mich allerdings, wie diese Rahmenbedingungen aussehen sollen. Meinen Sie damit etwa weitere „Wachstumsbeschleunigungsgesetze“ und damit Klientelpolitik à la Mövenpick? Das ist bestimmt kein gutes Beispiel, um Kindern und Jugendlichen die ökonomischen Zusammenhänge, die Strukturen und Funktionsmechanismen der sozialen Marktwirtschaft zu erläutern.
Herr Tomczak, ein Thema in den vergangenen Jahren war der geminderte Mehrwertsteuersatz für arbeitsintensive Dienstleistungen. Dieses Thema haben Sie in der Bundesregierung gründlich vergeigt.
Genauso untauglich ist es, einen Bäcker oder einen Frisör, also Vertreter typischer Handwerksberufe, in die Schulen zu holen, um mit den bekannten Arbeitsbedingungen und Arbeitsentgel
ten um Fachkräftenachwuchs zu werben. Meinen Sie nicht auch, dass die Frage eines existenzsichernden Einkommens - ja oder nein? - völlig unideologisch ist, weil sich die Abstimmung mit den Füßen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels längst vollzieht? Jahrelang wurde unter einem schwarzen Wirtschaftsminister mit Niedriglöhnen geworben.
Aber da ist jetzt Abhilfe in Sicht. Bis zum Sommer wird die rot-rote Koalition in Brandenburg ein Vergabegesetz verabschieden, welches die Vergabe von öffentlichen Aufträgen an die Zahlung von Tarifentgelten bzw. eines existenzsichernden Mindestlohns koppelt.