Protokoll der Sitzung vom 24.03.2010

„Das Umwelt- und Landwirtschaftsministerium trägt eine neue Bezeichnung. Statt Landwirtschaft steht jetzt die Ländliche Entwicklung im Namen. Außerdem steht der Verbraucherschutz im Titel. Das lässt eine veränderte Ausrichtung der Politik Ihres Hauses vermuten. Welche neuen Schwerpunkte und welche internen Umstrukturierungen im Umwelt- und Agrarressort sind geplant?“

Das war die Frage. Die Antwort bzw. ein Teil daraus:

„Mein Auftrag lautet auch, die Fusion des früheren Landwirtschaftsministeriums mit dem Umweltministerium zum Abschluss zu bringen. Mein Vorgänger“

- gemeint ist Herr Birthler

„hatte es in dieser Hinsicht viel schwieriger, und ich bin froh, dass viel von dem Lagerdenken bereits überwunden ist.“

(Zustimmung des Abgeordneten Dr. Woidke [SPD] - Hei- terkeit bei der SPD)

- Dietmar Woidke nickt. Alle wissen, wovon wir sprechen; und genau deshalb, meine Damen und Herren, ist es so unverständlich, dass wir heute über diesen Gesetzentwurf beraten müssen, der letztendlich notwendig geworden ist, weil Sie die Entscheidung getroffen haben, die Landwirtschaft auszugliedern und die beiden Bereiche wieder zu trennen.

Was dies zu bedeuten hat, können sich die Kolleginnen und Kollegen an einem plastischen Beispiel verdeutlichen, sofern sie Mitglied des Ausschusses für Umwelt und Gesundheit und gleichzeitig des Ausschusses für Infrastruktur und Landwirtschaft sind. Die Kollegin Gregor-Ness lächelt schon; sie weiß, was jetzt kommt. Im Umwelt- und Gesundheitsausschuss stand die Frage auf der Tagesordnung: Wie wird mit den Beanstandungen des Landesrechnungshofs bei der Verwendung der EUFördermittel zur Beschäftigung der Forstarbeiter in Wasserund Bodenverbänden umgegangen? Die Antwort darauf ist dem Protokoll zu entnehmen; der Vorsitzende Jungclaus wird es bestätigen können: Wir sind nicht zuständig; zuständig ist das Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft.

Als wir das Thema letztens auf der Tagesordnung hatten, hat Minister Vogelsänger genau das Gegenteil erklärt: Wir sind nicht zuständig, sondern das Ministerium für Umwelt und Gesundheit ist zuständig.

(Senftleben [CDU]: Aha!)

Herr Dombrowski, Sie haben das Ende Ihrer Redezeit erreicht.

- Ich bin fertig. - Ich habe daraufhin ein Schreiben an den Ministerpräsidenten gerichtet und ihn gebeten,

(Minister Speer: Oh!)

von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch zu machen und zu klären, wer für diesen Fachbereich der Landesregierung zu

ständig ist. Dieses Gesetz und die gesamte Entscheidung, die Sie getroffen haben, sind nicht sinnvoll, meine Damen und Herren.

(Beifall CDU)

Danke, Herr Dombroswki. - Die Debatte kann möglicherweise im Ausschuss weitergeführt werden. Bevor ich Herrn Abgeordneten Holzschuher für die SPD-Fraktion das Wort erteile, begrüße ich sehr herzlich die Schülerinnen und Schüler des Humboldt-Gymnasiums Eberswalde in unserem Hohen Hause.

(Allgemeiner Beifall)

Herr Abgeordneter Holzschuher, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kollegen! Werter Kollege Dombrowski, dieses Gesetz ist deshalb sinnvoll,

(Senftleben [CDU]: Nicht wieder schönreden!)

weil es eine Strukturreform aufgreift, die in der Entscheidungsgewalt der Exekutive gelegen hat. Nun können wir uns hinstellen und sagen: Wir wollen das nicht nachvollziehen, wir wollen mal der Landesregierung - da, wo wir den Einfluss haben - ein paar Schwierigkeiten machen, indem wir die Strukturen bei den Behörden so belassen, wie sie sind. So könnte eine Opposition handeln, die offenbar das Ziel hat, der Regierung möglichst viele Schwierigkeiten zu bereiten. Aber Sie werden nicht erwarten, dass wir uns auf ein derartiges Niveau begeben und sagen: Jetzt blockieren wir mal dieses Gesetz.

(Senftleben [CDU]: Warum?)

Wir machen es aber auch deshalb nicht, weil wir diese Strukturreform durchaus nachvollziehen können. Ich weiß auch, dass es vor vielen Jahren Konflikte im Bereich Umweltschutz und Landwirtschaft gab und es damals sinnvoll war, diese beiden Zuständigkeiten in einem Haus zusammenzuführen. Aber ich denke, diese Konflikte gehören der Vergangenheit an. Ich glaube, es wäre fatal, wenn man sie jetzt künstlich schüren würde.

(Senftleben [CDU]: Aha! Das ist eine Logik!)

Diese Konflikte machen es jedenfalls nicht erforderlich, heute noch ein gemeinsames Haus mit Zuständigkeit für beides zu behalten. Genauso sinnvoll ist es nämlich, die ländliche Entwicklung, die Regionen im ländlichen Raum, die Landwirtschaft an die Infrastruktur zu koppeln; denn natürlich gibt es auf dem Land sehr wohl noch andere Probleme als nur Umweltprobleme; und da, wo es um Infrastrukturprojekte in der ländlichen Region geht, wird man, denke ich, sehr froh sein, dass es nun eine neue Struktur in der Landesregierung gibt.

Herr Holzschuher, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Herr Dombrowski, bitte.

Herr Kollege, Sie sagten eben, dass die alten Gräben usw. nicht wieder aufbrechen werden. Wie erklären Sie sich dann, dass gerade die Landwirte in Brandenburg nicht nur verwundert waren, sondern gegen diese Entscheidung Sturm gelaufen sind? Heute haben die Landwirte auch noch erfahren müssen, dass das, was ihnen von ihrem Präsidenten und Ihrem Kollegen in der Fraktion mitgeteilt wurde, dass es nämlich einen stellvertretenden Staatssekretär für Landwirtschaft gebe, auch nicht stimmt. Wie wollen Sie den Landwirten diese Sorge nehmen?

Herr Kollege Dombrowski, ich habe gerade gesagt, ich bin sicher, dass diese Gräben nicht wieder aufbrechen, und ich bin auch sicher, dass die in der Landwirtschaft Tätigen sehr schnell erkennen werden, dass es eben nicht mehr erforderlich ist, die Bereiche in einem Haus zusammenzuführen. Es ist nun einmal so, dass Änderungen nicht immer auf uneingeschränkte Zustimmung stoßen. Aber wie auch immer, ich habe versucht, klarzumachen, dass es sehr wohl sachliche und vernünftige Gründe gab, eine Umstrukturierung dieser Ressorts vorzunehmen.

(Senftleben [CDU]: Dann erzählen Sie mal!)

Im Übrigen habe ich auch darauf hingewiesen, dass es nun einmal Aufgabe der Exekutive, Aufgabe des Ministerpräsidenten ist, hier Vorgaben zu machen. Das haben wir letzten Endes zur Kenntnis zu nehmen. Wir können es auch politisch kommentieren, aber wir können es nicht ändern und müssen es auch nicht. Wenn wir uns dann hinstellen und sagen, die Konsequenzen bei den Landesoberbehörden ziehen wir aber jetzt nicht, weil wir bockig sind oder uns stur stellen, dann ist das, denke ich, keine seriöse Politik, auch keine seriöse Oppositionspolitik. An dieser Stelle, werte CDU-Fraktion, können Sie nun wirklich etwas mehr vernünftige, sachorientierte Politik machen und sagen: Okay, das ist eine Reform, eine Strukturänderung, die vollziehen wir jetzt nach, auch wenn wir möglicherweise inhaltlich weiter anderer Meinung bezüglich der Sinnhaftigkeit der neuen Ressortzuschnitte sind.

Sie sind nicht mehr an der Regierung beteiligt; damit müssen Sie sich abfinden. Deswegen haben Sie nicht mehr das Wort, wenn es um den Ressortzuschnitt geht. - Vielen Dank.

(Beifall SPD sowie vereinzelt DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Holzschuher. - Das Wort erhält der Abgeordnete Goetz. Er spricht für die FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Herr Minister, eines ist natürlich richtig: Die Landesregie

rung hat neue Strukturen. Diese haben ihre Gründe in der politischen Zusammensetzung der Landesregierung, weniger im Ressortdenken oder in sachlichen Erwägungen. Das ist vom Kollegen Dombrowski schon dargelegt worden. Ich sehe das genauso.

Es ist Sache der Landesregierung, ihren Laden selbst zu organisieren; auch das ist völlig klar. Insofern greife ich das auf, was Sie sagten, Kollege Holzschuher. Wenn es im Ergebnis der Neuorganisation der Landesregierung gut läuft, dann ist das ein Ergebnis des Agierens der Landesregierung. Wenn es aber schlecht läuft, dann ändert sich nichts, und es bleibt so wie bisher. Mit allem muss die Regierung leben. Das sind die Folgen, die dann zu tragen sind.

Ich nehme es durchaus als Eingeständnis hin, dass nach der Neustrukturierung, was die Landesoberbehörden angeht, in den vergangenen Monaten nicht alles toll gelaufen ist. Wir haben auch heute verschiedene Beispiele dafür gehört; verschiedene Zuständigkeiten müssen aufgeräumt werden. Ich wünsche mir eine handlungsfähige Landesregierung, die ihre Aufgaben klar strukturiert hat, ihre Behörden richtig einordnen und anleiten kann und mit dem Regieren endlich anfängt, um für das Land zu besten Ergebnissen zu kommen. Darauf warte ich seit einem halben Jahr. Ich glaube nicht, dass es mit diesem Gesetz anders wird. Aber wir haben auch nicht vor, Ihnen im Wege zu stehen, wenn Sie sich selbst organisieren wollen. Deshalb wird sich die Fraktion der FDP in diesem Punkt der Stimme enthalten. - Ich danke Ihnen.

(Beifall FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Goetz. - Nun erhält der Abgeordnete Dr. Scharfenberg von der Fraktion DIE LINKE das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nach dem Beitrag von Herrn Holzschuher kann ich mich kurzfassen. Wir haben es für möglich gehalten, diesen Gesetzentwurf sofort in den Innenausschuss zu überweisen, ohne im Rahmen der 1. Lesung eine Debatte zu führen. Der Sinn des Gesetzentwurfs erschließt sich, denke ich, eindeutig. Sie von der Opposition haben auch nicht gefordert, den Gesetzentwurf infrage zu stellen, sondern sie haben ihn genutzt, um die Strukturentscheidungen der Landesregierung zu kritisieren. Ein solches Vorgehen ist schon von seiner Anlage her fragwürdig. Herr Holzschuher hat es deutlich gemacht: Es gibt nun einmal das Prinzip der Gewaltenteilung. Nicht der Landtag, sondern die Landesregierung selbst entscheidet über ihre eigene Struktur. Damit müssen wir leben. Es gibt manchen Gesetzentwurf der Landesregierung, dessen Sinn sich uns nicht unmittelbar erschließt.

(Lachen bei der CDU - Vogel [GRÜNE/B90]: Oh!)

Dieser Gesetzentwurf gehört nicht dazu. Lassen Sie uns im Ausschuss darüber diskutieren, wenn Sie noch Bedarf haben. Wir stimmen der Überweisung natürlich zu.

(Vereinzelt Beifall DIE LINKE - Oh! bei der CDU)

Herr Dr. Scharfenberg, es ist noch eine Frage des Abgeordneten Goetz angemeldet. Er hatte seinen Fragebedarf noch während Ihrer Rede signalisiert.

Herr Kollege Scharfenberg, ich bin nur neugierig. Sie sagten, Ihnen - Sie sind Koalitionspartner - erschließe sich nicht der Sinn jedes Gesetzes der Landesregierung. Können Sie mir Beispiele nennen? Es wäre so schön, das einmal von Ihnen zu hören.

(Heiterkeit bei FDP, CDU und GRÜNE/B90)

Meine Aussage bezog sich natürlich auf die Vergangenheit.

(Ah! bei der CDU)