Protokoll der Sitzung vom 25.03.2010

Wir haben zwar auf Dauer weniger Einwohner; aber wir haben in den letzten Jahren immer wieder erlebt - völlig egal, welche Regierung gerade Gesetzgeber auf Bundesebene ist -, dass es gerade für die Mitarbeiter in der Steuerverwaltung immer mehr Gesetze und Rechtsverordnungen gab. Insofern wird der Aufwand an dieser Stelle immer größer, und man muss sich sehr wohl überlegen, was Ursache und Wirkung dessen ist. Deswegen finde ich, das Einzige, das auf Dauer helfen kann, ist das möchte ich an dieser Stelle nochmals deutlich sagen - ein wirklich deutlich vereinfachtes und entbürokratisiertes Steuersystem, das die Menschen wieder in die Lage versetzt, ihre Steuererklärung ohne fremde Hilfe zu machen, und das zur Konsequenz hat, dass wir nicht mehr, sondern langfristig weniger Personal brauchen, um diese Fälle bearbeiten zu können. Aber darauf haben wir keinen unmittelbaren Einfluss, deshalb sollten wir zusehen, wie wir den Landeshaushalt insgesamt in die richtige Richtung bekommen; und die Zielzahl, die von der Landesregierung vorgegeben wurde, steht auch für die Steuerverwaltung. Ich bin immer froh darüber, wenn man mit Betroffenen

spricht und diese sagen: Wir sind nicht fundamental dagegen; wir haben ein Problem, aber nun lasst uns schauen, wie wir es lösen können.

Den Vorschlag, Arbeit hin- und herzuschicken und nicht Personal, finde ich sehr charmant. Deshalb sollten wir in diese Strukturdebatte eintreten genauso wie in das Thema Aufgabenkritik. Alles in allem verlangen die Grünen als Antragsteller einen Bericht, der zur Entscheidungsfindung beitragen kann.

Deshalb wird unsere Fraktion diesem Antrag zustimmen. - Vielen Dank.

(Beifall GRÜNE/B90 und CDU)

Der Abgeordnete Görke spricht für die Linksfraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Senftleben, für meine Fraktion war es nicht überraschend, dass der Antrag heute kommt - nach der Haushaltsausschusssitzung, auf der sich der Vorsitzende der Steuergewerkschaft - Kollegin Dr. Ludwig sagte es - zur aktuellen Situation der Steuerverwaltung geäußert und nachdem uns auch der Bericht des Landesrechnungshofes einiges ins Stammbuch geschrieben hat.

Es ist auch nicht überraschend, dass der Text, den die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vorlegt, ein Text vom Juli 2008 ist. Nicht nur der Titel, sondern viele Passagen aus dem Antrag, den wir damals eingereicht haben, sind in den jetzigen Antrag übernommen worden. Damals haben Sie als Fraktion unseren Antrag noch abgelehnt. Deshalb freue ich mich, dass wir heute gemeinsam - wahrscheinlich in einer sehr großen Koalition diesen Bericht beschließen können.

(Beifall DIE LINKE)

Meine Damen und Herren! Aus Sicht der Fraktion DIE LINKE war damals der Bericht über die Situation der Steuerverwaltung in Brandenburg genauso notwendig wie heute. So hat sich die Steuererhebung nicht gerade vereinfacht, sondern vor dem Hintergrund, dass viele Änderungen auf der Bundesebene gemacht worden sind, eher verkompliziert.

Das ist auch in Brandenburg nicht ohne Folgen geblieben, und nach wie vor ist meine Fraktion der Auffassung, dass es vor dem Hintergrund der haushaltspolitischen Situation, in der sich Brandenburg befindet, wichtig ist zu erfahren, welche Aufgaben, Anforderungsprofile und Veränderungsnotwendigkeiten auf die Steuerverwaltung in Brandenburg zukommen und welche eventuell neuen Ausrichtungen hinsichtlich der Organisation und Leistungsfähigkeit vorzunehmen sind.

Darüber hinaus soll der Bericht aus unserer Sicht Antworten darauf geben, inwieweit die Anzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Veranlagungsbereich mit der Höhe der eruierten Steuereinnahmen korrespondiert. Ich würde vermuten, dass anders als oft in der Öffentlichkeit behauptet, kein linearer Zusammenhang besteht. Gern wird ja unterstellt, dass sich der zusätzliche Mitarbeiter in der Steuerverwaltung quasi über die

Generierung von zusätzlichen Steuereinnahmen selbst finanziert. Ich denke, dass niemand in diesem Haus davon ausgeht, dass wir nur mehr sogenannte Außenprüfer im Veranlagungsbereich einstellen müssen, um unsere haushaltspolitischen Problemstellungen hier in Brandenburg zu lösen.

Worum geht es aber meiner Fraktion noch? In erster Linie muss gewährleistet werden, dass der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung eingehalten werden kann. Das heißt vor allem auch, dass die Steuergesetze durch die Finanzverwaltung gleichmäßig angewandt und durchgesetzt werden. Eine effiziente und arbeitsfähige Steuerverwaltung muss das Ziel sein. Wenn sich darüber hinaus noch die Einnahmensituation des Landes verbessert, umso besser.

Auch die Brandenburger Verwaltung wird sich zukünftig verstärkt dem Problem der Sicherung von Fachkräften stellen müssen. Bei unserem komplizierten Steuersystem ist es jetzt dringend notwendig, auch um den geeigneten Nachwuchs zu werben und sich zu kümmern. Das MdF und die Landesregierung haben es auf den Weg gebracht, einen Einstellungskorridor zu eröffnen. Im Jahr 2010 ist zum Beispiel die Einstellung von 30 Auszubildenden in der Steuerverwaltung geplant. Das ist ein erster Schritt, um auch zukünftig eine effiziente und effektive Steuerverwaltung in Brandenburg aufzubauen und beizubehalten. Dabei gilt es, das erreichte Leistungsniveau im Wesentlichen zu halten und einzelne Aufgabenfelder weiter zu stärken.

Aus diesem Grund stimmen wir natürlich für unseren Antrag und freuen uns auf einen sicherlich fundierten Bericht seitens der Landesregierung.

(Beifall DIE LINKE)

Die Abgeordnete Vogdt spricht für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Als dieser Antrag in der vergangenen Woche vorgelegt wurde, habe ich mich gefragt, warum wir überhaupt über so etwas Selbstverständliches debattieren müssen.

Jeder der hier Anwesenden müsste doch ein Interesse daran haben, dass wir im Land eine gut funktionierende Finanzverwaltung mit einer vernünftigen Personalausstattung, qualifizierten und motivierten Mitarbeitern sowie einer guten Nachwuchskräfteausbildung haben.

Das Interesse an der Leistungsfähigkeit müsste schon deshalb vorhanden sein, weil fast 50 % der Gesamteinnahmen des Landes aus Steuern stammen. Umso unverständlicher ist daher die Vorgehensweise der Regierungskoalition. Sie wurde Mitantragsteller unter der Voraussetzung, dass weder die CDU noch wir, die FDP, den Antrag unterstützen.

Worum geht es Ihnen eigentlich hier im Landtag? Geht es um Ihre persönlichen Befindlichkeiten, oder geht es um das Land Brandenburg und das Wohl seiner Bürger?

(Senftleben [CDU]: Das Klima!)

Diesbezüglich sollten Sie vielleicht noch einmal in sich gehen. Die FDP ist sich jedenfalls der übernommenen Verantwortung bewusst. Wir stimmen dem Antrag zu. - Ich danke Ihnen.

(Beifall FDP sowie vereinzelt CDU)

Für die Landesregierung spricht Minister Dr. Markov.

Liebe Abgeordnete! Die Wiederaufnahme eines schon einmal gestellten Antrages ist weise, und eine kluge Landesregierung wird sich dieser Weisheit selbstverständlich nicht verschließen.

(Frau Alter [SPD]: Genau!)

Wir werden diesen Bericht anfertigen.

Ich habe allerdings eine ganz kleine Bemerkung, weil dort von Aufgabenkritik gesprochen wird. Sie wissen, das ist Bundesrecht. Deshalb ist die Aufgabenkritik für die Steuerverwaltung auch bundesrechtlich geregelt. Im Übrigen ist ebenfalls grundsätzlich geregelt, wie eine Personalplanung für eine Steuerverwaltung zu sein hat. Von der darf man im Land auch nur im Einzelfall bei nachweislicher Ausnahmenotwendigkeit abweichen.

Aber ansonsten werden wir es tun. Ich denke, wir werden, wenn dieser Bericht vorliegt, eine sehr spannende Debatte in diesem Landtag führen.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank, meine Damen und Herren. Wir sind am Ende der Rednerliste für diesen Tagesordnungspunkt angelangt. Es steht zur Abstimmung der Antrag in Drucksache 5/630, Neudruck, „Entwicklung und aktuelle Situation der Steuerverwaltung des Landes Brandenburg“ der Fraktionen SPD, DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Beides ist nicht der Fall. Das wünsche ich mir öfter. Der Antrag ist einstimmig angenommen worden.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 7 und rufe Tagesordnungspunkt 8 auf:

Stadtumbau Ost auf hohem Niveau und mit neuen Akzenten fortsetzen

Antrag der Fraktion der SPD der Fraktion DIE LINKE der Fraktion der CDU

Drucksache 5/627

Des Weiteren liegt ein Entschließungsantrag der FDP-Fraktion, Drucksache 5/681 - Neudruck -, vor. Die Abgeordnete Alter eröffnet die Debatte für die SPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wer kennt sie nicht, die gespenstisch leerstehenden Häuser, die systematisch verfallen, da sie seit Jahren leergezogen und der Zerstörung preisgegeben sind, ob in Stadtzentren, an Ortseingängen und besonders auf dem Land, wo früher die LPGs oft auf der grünen Wiese ihren Arbeitern preiswerten Wohnraum angeboten haben. Diese Blöcke stehen vielfach leer und verschandeln das Ortsbild.

Bis Ende 2009 sind in Ostdeutschland 250 000 Wohnungen abgerissen worden. In Brandenburg waren es rund 50 000. Der Stadtumbau wirkt. Der Leerstand liegt bei 10 bis 11 %. Ohne Stadtumbau wären es 20 %, in den Randregionen von Brandenburg sogar 25 % und mehr. So hat Guben seit der Wende fast 50 % der Einwohner verloren. Ohne Stadtumbau stünden heute 40 % der Wohnungen leer.

Von 2000 bis 2009 hätten die Wohnungsunternehmen in Ostdeutschland für ihre Modernisierungs- und Wohnumfeldmaßnahmen über 10 Milliarden Euro eingesetzt und damit die Attraktivität der ostdeutschen Städte als Wohn- und Wirtschaftsstandort erhöht, sagte am 23.02.2010 der GdW-Präsident Lutz Freitag auf dem 6. Stadtumbaukongress in Leipzig.

Gegenwärtig laufen die Verhandlungen zwischen Bund und Ländern über die Verwaltungsvereinbarung Städtebauförderung 2010. Wir wollen der Landesregierung mit dem Antrag ein gemeinsames Signal für diese Verhandlungen mitgeben und deutlich machen, dass trotz der Erfolge der Stadtumbau auf hohem Niveau fortgesetzt werden muss. Die Lösung der Probleme vor Ort sollte praxisnah und flexibel gestaltet werden können.

Was sind unsere künftigen Herausforderungen? Ab 2010 sinkt in den ostdeutschen Kommunen die Zahl der Haushalte. Im Jahre 2020 drohen nach einem Rückgang der Zahl der Haushalte um 420 000 1,5 Millionen Wohnungen leerzustehen. Deshalb muss der Stadtumbau fortgesetzt werden.

80 % der Wohnungsbestände sind teil- oder vollsaniert. Das bedeutet, dass in Einzelfällen auch teilsanierte Wohnungen abgerissen werden müssen. Möchten Sie in einem Haus wohnen, in dem Erd- und Dachgeschoss schon seit Jahren unbewohnt sind und in dem sich Kinder und Jugendliche Abenteuerspielplätze einrichten?

Der Teilrückbau wird wichtiger. Statt 60 Euro pro Quadratmeter muss die Abrisspauschale auf 80 Euro pro Quadratmeter steigen. Im Verhältnis Abriss und Aufwertung müssen die Förderkulissen flexibler werden. Statt starr 50 zu 50 sollte ein Korridor von 40 zu 60 möglich sein, sodass Kommunen je nach ihren lokalen Gegebenheiten flexibel handeln können.

Ein Beispiel für den Anpassungsbedarf: In Berlin und Brandenburg gibt es eine Tendenz zur Haushaltsverkleinerung. Während die Bevölkerungszahl seit 2000 um 3 % gesunken ist, nahm die Zahl der Haushalte um 7,6 % zu. Die Förderung muss also auf den Trend des Einpersonenhaushaltes und die Alterung der Bewohner reagieren.

Klar ist auch: Wohnungsmarkt ist nicht gleich Wohnungsmarkt. Der äußere Entwicklungsraum ist durch andauernde Wanderungsverluste und fortschreitende Alterung und somit durch ei

ne Verstärkung der Angebotsüberhänge gekennzeichnet. Hier kann die Haushaltsverkleinerung den Bevölkerungsrückgang nicht kompensieren.

Im Berliner Umland wird dagegen vielfach neu gebaut. Auf diese unterschiedlichen Trends müssen wir reagieren. Die Altschulden bleiben beim Bund. Deshalb brauchen wir eine Nachfolgeregelung des § 6 a AHG. Wichtig ist dabei, dass alle Wohnungsunternehmen unabhängig von der Leerstandsquote ganz zügig von Altschulden entlastet werden.

Bisher war es nicht möglich, etwas gegen den Leerstand im ländlichen Raum zu tun. Im Bundesbauministerium wird es ein neues Programm „Städtebauförderung, Förderung kleinerer Städte und Gemeinden“ geben, für das in diesem Jahr 20 Millionen Euro vorgesehen sind. Das ist nicht viel, aber ein Anfang, denn mindestens 50 Millionen Euro wären erforderlich.

Ich bin stolz darauf, dass diese Initiative auch von Brandenburg ausgegangen ist. Ziel ist die Stärkung kleinerer Städte, die eine Ankerwirkung vor dem ländlichen Raum entwickeln. Aus diesem Grund bitten wir den Minister, uns bis März 2011 einen Vorschlag für die Beseitigung des Leerstandes von Wohnungen im ländlichen Raum vorzulegen. Der neue Ressortzuschnitt bietet für diese Aufgabe sehr gute Voraussetzungen.