Protokoll der Sitzung vom 25.03.2010

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE)

und wir wollen wissen,

(Zurufe von der Fraktion DIE LINKE)

was Sie in Zukunft vorhaben.

(Jürgens [DIE LINKE]: Sie sind unter Druck, Herr Bretz! - Heiterkeit und Beifall CDU und SPD)

Wissen Sie, wenn ich unter Druck stehe - das möchte ich Ihnen wirklich nicht antun.

(Heiterkeit und Beifall CDU und SPD)

Was glauben Sie, zu welchen Dingen ich dann fähig bin. Das will ich Ihnen nur sagen.

(Frau Kaiser [DIE LINKE]: Wissen Sie, was passiert, wenn der Druck zu hoch ist? - Weitere Zurufe von der Fraktion DIE LINKE)

Liebe Frau Kaiser, übrigens noch einmal schönen Dank für die Taschentücher gestern. Das ist ja eine Herzlichkeit, die von Ihrer Seite ausgeht.

(Heiterkeit und Beifall CDU und SPD - Zurufe von der Fraktion DIE LINKE)

Heben Sie mir bitte immer welche auf, für den Fall, dass ich sie brauche.

Der Punkt ist: Wir haben jetzt einen Antrag vorliegen, mit dem wir Sie auffordern, Tacheles zu reden, und mit dem wir Ihnen klar die Anweisung erteilen wollen, tätig zu werden. Wir sind sehr gespannt, wie Sie sich zu dem Antrag verhalten.

Ich möchte, dass in diesem Land eines nicht passiert: dass Sie die Welt mit bunten Bildchen schönreden, wo doch an allen Ecken und Enden des Landes Konflikte zutage treten und Sie keine Lösung anbieten können. Wir haben keine Zeit mehr. Heute müssen die Entwicklungen der Zukunft begründet werden. Der einjährigen Schlafzeit, die Sie sich heute legitimieren lassen wollen, werden wir nicht zustimmen. Ich hoffe, dass es bei Ihnen ein wenig zum Nachdenken führt. Vielleicht haben Sie den Mut dazu, das Datum Ihrer Vorlage dem unsrigen anzupassen, Herr Dellmann. Darüber würden wir uns sehr freuen. In diesem Sinne sind wir sehr gespannt, wie Sie sich zu den Anträgen verhalten werden. - Vielen Dank.

(Beifall CDU und FDP)

Wir setzen mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fort; es spricht der mehrfach zitierte Kollege Dellmann.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein Lob an den Kollegen Bretz: Rhetorisch war das sicherlich hervorragend, nur habe ich kein Wort zur Energiepolitik und zum Klimaschutz gehört.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Es gibt natürlich einen großen Unterschied zwischen Koalition und Opposition. In der Koalition war wirklich eine sehr gute Zusammenarbeit mit Ihrer Fraktion möglich, momentan macht es Spaß, Ihnen zuzuhören, jedoch nur, was die Rhetorik anbelangt.

Unser Papier ist im Laufe der letzten zwei, drei Monate erweitert worden. Darin steckt sehr viel Arbeit. Ihr schmaler Antrag indes zeugt nicht davon, denn damit wird die Landesregierung ledig

lich aufgefordert, einen Bericht vorzulegen. Unsere Vorschläge sind umfangreich, detailliert und ambitioniert. Es sind nicht nur Arbeitsaufträge an die Landesregierung, sondern dahinter verbergen sich Ziele, die es in sich haben und einer breiten fachlichen Diskussion bedürfen. Ich bin mir sicher, dass wir diese Diskussion führen werden.

Unsere Vorlage - auch das sei an die Kollegen der CDU-Fraktion gerichtet - baut im Übrigen auf die im Konsens mit Ihnen erarbeitete Energiestrategie und das Klimaschutzpaket auf. Ich sehe keine großen Konflikte; denn wir haben damals gemeinsam vereinbart, im Jahr 2010 eine Evaluierung vorzunehmen. Das ist der Zeithorizont, den wir damals mit Herrn Junghanns und Frau Prof. Dr. Wanka einvernehmlich vereinbart haben. Darauf sollten wir uns konzentrieren.

Ich meine, es wäre nicht gut, wenn aus dem Landtag heraus nur die Forderung käme, dass die Landesregierung zum Zeitpunkt X eine Strategie vorlegt. Vielmehr sollte er sich - wie es geschehen ist - mit Detailfragen beschäftigen und auf konkrete Bereiche, einschließlich vorgezeichneter Wege und bestimmter Richtungen, hinweisen und diesbezüglich Arbeitsaufträge erteilen.

Ich erläutere es an einem Beispiel. Es heißt ja nicht einfach nur, der Anteil an erneuerbaren Energien solle im Jahr 2020 20 % betragen, sondern es heißt: Gemeinsam mit den Regionen ist darüber zu diskutieren, ob wir mehr schaffen können. Wissen Sie, was das bedeutet? Aus den Regionen bekommen wir aktuell starken Gegenwind. Es ist ein klarer Auftrag - eine gemeinsame Vereinbarung -, der uns sehr viel Kraft kosten wird. Ich bin gespannt, aber auch hoffnungsfroh, dass die Landesregierung diese klar formulierten ambitionierten Ziele gemeinsam mit uns erreichen wird.

Dazu zählt, dass wir mittel- bis langfristig einen 100%-Anteil an erneuerbaren Energien erreichen wollen. Aber wir haben eben nicht den Fehler begangen, in einer Schwarz-WeißDiskussion zu fordern: Ausstieg aus der Braunkohleförderung, Ausstieg aus der Atomenergie, sondern wir sind der Meinung, dass wir es in Deutschland und Europa schaffen können, den Anteil an erneuerbaren Energien auf 100 % zu erhöhen. Dies gilt natürlich nur, wenn wir gleichzeitig die Versorgungssicherheit garantieren können. Das ist doch das ungelöste Kernproblem.

(Beifall des Abgeordneten Ness [SPD])

Je eher die Versorgungssicherheit aus erneuerbaren Energien gewährleistet ist, desto eher werden wir aus der Braunkohleverstromung aussteigen können. Das heißt, wir müssen, wenn wir dieses Ziel im Auge haben, uns um die Wege dorthin kümmern.

Die Braunkohleverstromung ist eine Brückentechnologie; das war so vereinbart worden und ist noch immer größtenteils Konsens. Wie lange diese Brücke noch gebraucht wird, ist davon abhängig, bis wann uns die Versorgungssicherheit auf der Grundlage von erneuerbaren Energien gelingt.

Wir haben klar festgelegt, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien zu den Kernaufgaben gehört. Doch stellen sie fast überall Konfliktfelder dar. So mancher Abgeordneter macht es sich zu leicht, wenn er im Landtag für den Ausbau von erneuerbaren Energien stimmt und sich im Wahlkreis dann gegen konkrete Maßnahmen zur Umsetzung der Beschlüsse einsetzt. Das geht nicht. Wenn wir uns hier dazu positionieren, dann heißt es, diese hart umstrittenen Konsenslösungen vor Ort auch zu vertreten.

Das heißt vor allem auch, sich damit zu beschäftigen, wie wir es schaffen können, Energie zu speichern. Das ist die zentrale Aufgabe. Wir haben Zeiten mit Windspitzen, aber auch Zeiten völliger Windstille aufgrund einer Hochdruckwetterlage. Wir müssen eine Lösung finden, wie ein Ausgleich geschaffen werden kann. Wir müssen fragen, welche Medien es gibt. Reden wir dann mittelfristig darüber, dass wir ein Einspeisegesetz für Wasserstoff in Erdgassysteme haben? Wie funktioniert die Verteilung? Bisher gibt es in Deutschland keinerlei finanzielle Anreize, Stromspeichersysteme zu unterstützen. Das heißt, wir werden nur dann - ähnlich wie bei erneuerbaren Energien - Unternehmen finden, die in solche Systeme investieren, wenn klar ist, wie sie sich refinanzieren.

Die nächste Frage ist: Wie gelingt es, verstärkt dezentrale Energiespeichersysteme zu schaffen? Es ist ein breites Spektrum an begleitenden Aufgaben, die ebenfalls anstehen. Gerade was die dezentrale Energieversorgung und -speicherung anbelangt, werden wir in Deutschland und Europa zum Teil Neuland betreten müssen. Ich bin mir sicher, dass diesbezüglich viel möglich ist. Ich weiß aber auch, dass die erneuerbaren Energien angesichts der Absicht von Teilen der schwarz-gelben Koalition auf Bundesebene - ich betrachte das mit großer Sorge -, die Laufzeiten von Atomkraftwerken zu verlängern, automatisch einen Wettbewerbsnachteil haben werden. Wer in Brandenburg sagt, er wolle den Anteil an erneuerbaren Energien erhöhen, der muss wissen, dass er betriebswirtschaftlich dagegen arbeiten muss, dass die Laufzeiten von Atomkraftwerken verlängert werden. Ich glaube, diesbezüglich müssen wir richtig kämpfen.

(Beifall SPD und GRÜNE/B90)

Ich möchte noch ein paar Worte zum Thema Netzausbau verlieren. Seit längerem beschäftigt uns das Thema der 380-kVLeitung durch die Schorfheide. Wir müssen letztendlich den Netzausbau vorantreiben. Auch da heißt heißt es: Wo sind die erneuerbaren Energien? Wo sind die Verbraucher? Was ist notwendig? Wenn wir dort, wo es technisch möglich ist, eine Erdverkabelung wollen, müssen wir akzeptieren und bei den Bürgerinnen und Bürgern um Akzeptanz dafür werben, dass der Endverbraucher die Kosten trägt. Wer sonst? Das ist völlig normal. Wir können uns nicht auf der einen Seite für den Ausbau von erneuerbaren Energien aussprechen und auf der anderen Seite gegen einen Netzausbau votieren. Beides bedingt einander. Lassen Sie uns das Thema gemeinsam angehen.

Dem einen oder anderen mögen dezentrale Systeme nicht recht bekannt sein. Es ist noch nicht lange her, dass darüber diskutiert wurde, Nachtspeicheröfen abzuschaffen. Ich kann mir vorstellen - erste Modelle gibt es bereits -, dass wir mit dem Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen - Herr Burkardt als alter, erfahrener Chef des BBU sitzt im Parlament Modelle auf den Weg bringen.

(Zurufe von der CDU)

- Er ist ein alter - erfahrener - Hase, das darf man sagen, und ein junger engagierter Parlamentarier. Diese Kombination ist einmalig; das wünschten wir uns öfter.

Wir müssen fragen, wie wir die kommunalen Wohnungsunternehmen und -genossenschaften einbinden können, sodass Energie dezentral gespeichert werden kann. Es ist zum Beispiel vorstellbar, dass überschüssiger preiswerter Windstrom zwischen

gespeichert wird und zur Wärmeversorgung dient. Die Stromheizung wird - nämlich über Speichersysteme - zukünftig eine größere Rolle spielen.

Wir haben auch vor dem Thema CCS nicht Halt gemacht. Ich habe, wenn ich in Brandenburg unterwegs bin bzw. die Medienberichterstattung betrachte, manchmal das Gefühl, es handelte sich um ein Vattenfall-Thema. Mitnichten! Die CCSTechnologie ist für sämtliche Industrien ein Thema und nicht nur für Energiekonzerne. Wir wissen, dass wir uns mit dem Thema auseinandersetzen müssen. Wer sagt: Lasst uns nicht mit diesem Thema beschäftigen, der begeht einen großen Fehler. Es heißt doch nicht, dass wir die CCS-Technologie auf Dauer wollen oder durch sie einen hohen CO2-Ausstoß akzeptieren. Mitnichten! Vielmehr wird diese Technologie benötigt, um negative Auswirkungen zu minimieren. Natürlich muss es das Ziel sein - diesbezüglich sind wir uns in diesem Hause alle einig -, den CO2-Ausstoß radikal zu reduzieren.

Wir machen auch vor dem Thema Zusammenarbeit mit Berlin nicht Halt. Wie sind die Berliner? In Umfragen zeigt sich eine hohe Akzeptanz für Windenergie. Natürlich sind sie alle dafür. Doch kaum haben sie eine Datsche in der Uckermark, sind sie dagegen.

Das heißt auch: Wie schaffen wir es tatsächlich in Zusammenarbeit mit Berlin? Ich finde es ganz interessant, wenn sich dort in Berlin die Berliner Politiker - übrigens egal, welcher Partei oder Fraktion sie angehören - gemeinsam mit Vattenfall hinstellen und sagen: Jetzt machen wir ein Biomassekraftwerk. Super, toll! Dann fragt einmal die Kollegen - wir haben nächstes Mal einen Vertreter von Vattenfall im Wirtschaftsausschuss zu Gast, den werden wir dann auch fragen -: Woher kommt die Biomasse eigentlich? Der Kollege Folgart ist heute nicht hier, aber ich sage einmal: Brandenburg ist ziemlich abgegrast, was Biomasse anbelangt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir für Berlin durch Brandenburg hindurch Biomasse mit einem Schiff heranfahren.

Also auch hier heißt es, eine Verantwortung von Brandenburg in Richtung Berlin gemeinsam wahrzunehmen und uns als einen einheitlichen Wirtschaftsraum zu verstehen.

Aber ich glaube, eines der allerwichtigsten Themen ist das Thema Kommunikation. Wir merken an vielen Stellen, ob es in Ostbrandenburg zum Thema CCS oder im Bereich der Braunkohle ist, wo neue Braunkohleplanverfahren anstehen, dass wir stärker mit den Menschen kommunizieren und dass wir es gemeinsam mit ihnen entscheiden müssen.

Ganz wichtig sind die regionalen Akteure, die regionalen Planungsgemeinschaften, die Landkreise und auch kommunale Institutionen, die wir einbinden müssen und so als Wir-Aufgabe verstehen. Wir haben erste Regionen, beispielsweise Waren in der Uckermark, die dort Vorreiter sind und die für sich gesagt haben: Wir wollen eine Region sein, die mittelfristig ihre Eigenenergie selbst produziert.

Das sind Vorbilder, die wir mit unterstützen müssen! Deshalb bin ich auch sehr froh, dass regionale Planungsgemeinschaften im Haushaltsplan ein Stück weit bei der Erarbeitung regionaler Konzepte unterstützt werden. Denn es geht nicht von oben einzupflanzen, sondern wir müssen dieses als gemeinsamen Prozess verstehen.

Das heißt auch, dass, wenn Kompromisse gefunden sind, natürlich auch alle Mitglieder der Landesregierung gemeinsam nach vorn gehen müssen. Ich weiß, das fällt schwer - das ist der Unterschied zwischen Opposition und Koalition. Ja, da muss man, wenn man einen gemeinsamen Weg vereinbart hat, sich auch zusammen draußen hinstellen. Das darf man nicht nur einem Minister, nicht nur dem Kollegen Christoffers überlassen, sondern es müssen sich dann alle hinstellen und sagen: Das sind die Wege, die wir gemeinsam gehen. - Deshalb hoffe ich, dass die angekündigte Kommunikationsstrategie der Landesregierung, die eine gemeinsame sein muss und wird, nicht nur möglichst bald vorgelegt, sondern auch umgesetzt wird.

Ich erinnere mich, wie ich mit dem Kollegen Woidke sehr gute Erfahrungen gemacht habe und vielfach unterwegs war. Wir waren gemeinsam in Atterwasch, an anderen Standorten, auch in Welzow, wo man wirklich mit den Leuten reden und auch fragen muss: Bitte, was haben wir hier? Das ist notwendig, um gegenüber Windkraftgegnern eine Akzeptanz zu erreichen. Das macht Arbeit, aber es ist notwendig, und nur so werden wir es tatsächlich gemeinsam erreichen, hier möglichst bald zu 100 % erneuerbarer Energie zu kommen.

Ich bin mir sicher, dass es nicht passieren wird, dass dieser Antrag heute beschlossen wird. Wenn wir irgendwann zu einem klar definierten Termin einen Zwischenbericht bekommen, weiß ich, dass wir gemeinsam in allen Ausschüssen - von Ihnen gefordert oder von uns gefordert - Einzelthemen herausgreifen und sie viel intensiver behandeln. Es wäre das Allerschlimmste, wenn wir heute sagen würden: Das war es jetzt für die nächsten Monate; und dann sind wir irgendwann einmal über einen Bericht dankbar. - Nein, wir werden die einzelnen Themen herausnehmen. Der Wirtschaftsausschuss wird ein Punkt sein, zu dem Herr Hassa von Vattenfall eingeladen ist. Ich weiß ganz genau, dass es dann heftige Diskussionen zu Detailfragen geben wird. Und ich sage: Es ist notwendig, und es wird auch von der Koalition in diesem Jahr nicht der letzte Antrag zum Thema Energie und Klimaschutz sein. Das haben wir uns gemeinsam auf die Fahne geschrieben.

In diesem Sinne ist dies, glaube ich, ein ambitionierter Antrag, und es sind ambitionierte Ziele, die wir mitgesetzt haben. Ich weiß, dass wir gemeinsam diese Diskussion führen müssen und führen wollen. Deswegen, lieber Kollege Bretz, freue ich mich über rhetorische, vor allen Dingen aber über inhaltliche Auseinandersetzungen. - Vielen herzlichen Dank.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Der Kollege Tomczak spricht für die FDP-Fraktion.