Protokoll der Sitzung vom 06.05.2010

All dies tut das Finanzministerium nicht. Das Finanzministerium will auf dem Kapitalmarkt unter anderem - ich sagte es gestern bereits - Triple-B-Anlagen, das heißt also mit anderen Worten Griechenland, in sein Portfolio nehmen. Aber man braucht nicht auf Griechenland zu schauen. Wir hatten auch Russland dabei, wo 1998, 1999 der Internationale Währungsfonds 20 Milliarden Euro zur Stabilisierung des Rubels und der russischen Wirtschaft hineinpumpen musste.

Also nicht, dass wir ständig auf denen herumtrampeln, die am Boden liegen. Es gibt noch andere negative Beispiele.

Zu Triple-A-Anlagepapieren: Ich sage nur Lehman Brothers. Bis vor zwei Jahren war Lehman Brothers ein Triple-A-Papier. Das werden wir künftig mit entsprechender Spannung beobachten dürfen: Geht es auf oder geht es nicht auf?

Meine Damen und Herren! Das Finanzministerium, am Ende das Land, spekuliert mit Geld, das es nicht hat, das es sich pumpt und für das es außerdem noch Zinsen zahlen muss, die mit einem entsprechenden Zinsänderungsrisiko unterlegt sind. Damit das nicht passiert, macht es noch ein Übriges und legt etwas drauf und setzt dann Derivate dagegen.

Meine Damen und Herren! Die Finanzministerien waren einst die Eliteverwaltungen, quasi eine Art Kaderschmiede, an der viele erfolgreiche Karrieren in Verwaltung, Politik und Wirtschaft ihren Anfang nahmen. Man muss bezweifeln, ob das für das brandenburgische Finanzministerium heute noch gilt.

Zum Haushalt: Das Wort Haushalt ist nichts anderes als ein Euphemismus. Haushalt heißt ordentliche Wirtschaft. Haushalt heißt nicht mehr ausgeben, als man einnimmt. Haushalt heißt nicht spekulieren auf die Zukunft. Haushalt heißt solide wirtschaften. Das alles verstehen wir begrifflich nach wie vor unter einem ordentlichen Haushalt.

Dieser Haushalt ist nicht nur in seiner Substanz unsolide und nicht nachhaltig, das habe ich gestern ausgeführt, sondern er ist - das haben die Beispiele auch gezeigt - schlampert, ignorant und intransparent.

Frau Teuteberg hat heute noch einmal deutlich gemacht, welche Luftnummern in diesem Haushalt enthalten sind. Sie haben uns gegeißelt, weil wir am 16. März den Antrag gestellt haben, diese Luftnummern aus dem Haushalt herauszunehmen. Es ist ja nicht so, dass diese Luft am Ende in den Überschuss des Landeshaushaltes, möglicherweise in die Reduzierung der Kreditaufnahme, münden würde. Nein, über die Budgetierung und die Deckungsvermerke, die Sie haben, wird das Geld, was dort an Luft zur Verfügung steht - Herr Christoffers, der jetzt nicht da ist, hat uns in den Haushaltsberatungen ein schönes Beispiel dafür geliefert -, dazu benutzt, um an anderer Ecke Ausgaben zu tätigen und das Geld im Grunde genommen - unkontrolliert vom Landtag - zu verprassen.

Es wäre falsch, die Verantwortung dafür auf die Mitarbeiter des Finanzministeriums zu schieben. Herr Dr. Markov hat ja, als es um die Jubiläumszuwendungen ging, ausdrücklich erklärt, was ihm hoch anzurechnen ist, dass er die Verantwortung für das Missgeschick - wenn man es freundlich formuliert -, das seiner Verwaltung unterlaufen ist, trägt. Das gilt für diesen Haushalt auch.

(Minister Dr. Markov: Genau, aber ganz genau!)

Für diese Landesregierung gilt: Jeder arbeitet an seinem Ruf, so gut er kann. - Schönen Dank.

(Beifall CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Burkardt. Die Redezeit der CDU ist damit fast mit Punktlandung ausgeschöpft.

Es ist mir eine besondere Freude, meinen Vorgänger im Amt des Vizepräsidenten hier heute begrüßen zu können. Herr Habermann, seien Sie herzlich willkommen.

(Allgemeiner Beifall)

Das Wort erhält jetzt die SPD-Fraktion. Bitte, Herr Bischoff.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das wäre dann aber schon die einzige Punktlandung für die zweitägige Haushaltsdebatte gewesen.

Lieber Herr Kollege, eigentlich ist die Haushaltsdebatte die Stunde der Opposition. Darauf habe ich - ehrlich gesagt - auch zwei Tage gewartet.

(Lachen der Abgeordneten Lehmann [SPD])

Es wäre Ihre Pflicht, Ihre verdammte Pflicht gewesen, einen Gegenentwurf zum Etat dieser Landesregierung, dieser rot-roten Koalition vorzulegen.

(Lachen bei CDU und FDP)

Was dann gekommen ist, entbehrt wohl jeder Grundlage.

(Widerspruch und Zurufe bei der CDU)

Ich zitiere Sie und lasse es einmal so stehen: Trainingslager und kräftig üben, Herr Kollege.

(Frau Melior [SPD]: Jawohl!)

Meine Damen und Herren! Neben den Allgemeinplätzen gibt es auch reale Politik, die wir als rot-rote Koalition umsetzen. Der Haushalt ist eine in Zahlen gegossene Politik dieser neuen rot-roten Regierung.

Ich will mit den 10,5 Milliarden Euro abschließen und in der parlamentarischen Debatte noch einmal auf einige wenige Punkte eingehen, die finanzpolitisch durchaus schwergewichtig sind.

Der erste Punkt: Ich fand das wirklich hinreißend - der Kollege Krause hatte damit begonnen -, hier Grafiken hochzuhalten; ein Kollege von der Unionsfraktion hat das, glaube ich, auch getan. Ich habe ebenfalls etwas dabei, und das sollte uns alle interessieren.

(Zuruf von der CDU: Zeigen!)

Bevor ich es hochhalte, sage ich gleich vorweg: Es ist ein Ausdruck. Es ist nicht so schön handgemacht, es hat nicht die persönliche Note wie bei Herrn Krause. Aber es zeigt eine Entwicklung, die Grund zur Sorge geben sollte.

Als ersten Punkt möchte ich gern zum Schluss der 2. Lesung die Entwicklung der Pensionslasten für den Landeshaushalt noch einmal ansprechen. Ich tue das nicht aus Jux und Tollerei. Es ist auch kein Thema, aus dem man politisches Kalkül oder Honig saugen kann. Ich mache es aus einer Sorge heraus, die wir in der politischen Diskussion im Haushalt- und Finanzausschuss auch mit unterschiedlichen Konzepten diskutiert haben:

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sagt: Pensionsvorsorge sollte man jetzt nicht betreiben. Wir nehmen gerade Kredite auf. Dem hat sich die Unionsfraktion angeschlossen. Ich bin darüber sehr verwundert, da wir ein gemeinsames Gesetz vorgelegt und gesagt haben: Für alle diejenigen, die neu verbeamtet werden, wird eine Vollkostenvorsorge betrieben.

Das heißt aber nicht, dass für diejenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die pensioniert sind und die wir jetzt im Landesdienst haben, jemals eine Vorsorge betrieben worden ist. Das ist weder in der Ampel am Anfang passiert noch in der Großen Koalition, und wir können es jetzt auch nicht mehr tun.

Jetzt kommt meine Folie oder mein Bildchen.

(Der Abgeordnete hält eine Grafik in die Höhe.)

Bergsteiger würden sich freuen. Es ist der klassische Aufstieg nach oben, allerdings der Anstieg von Kosten. Es ist eine Grafik des Finanzministeriums, für jeden einsehbar: 2005 hatten wir 1 070 Beamte in Pension, die wir finanzieren mussten. Schon jetzt sind es 6 900, und am Ende dieser Legislaturperiode werden es 13 000 sein. Das bedeutet, dass sich die Pensionslasten allein in dieser Legislaturperiode weit mehr als verdoppeln, sogar verdreifachen.

Wir haben in diesem Landeshaushalt jetzt 90 Millionen Euro. Die Pensionskosten werden Ende der Legislaturperiode bei 300 Millionen Euro liegen. Das ist Landesgeld. Unser Konzept, Pensionsvorsorge auch in schwierigen Haushaltszeiten zu betreiben, ist eine ganz ehrliche Antwort, weil wir dann deutlich sehen, was eigentlich unsere Ausgaben für diesen Bereich sind.

Ich will an der Stelle noch einmal eine Zahl in Erinnerung rufen. Würden wir in dem Haushaltsjahr die Beamtinnen und Beamten ganz konkret in Arbeitslosenversicherung und Sozialversicherung finanzieren, also wie Angestellte, müssten wir 350 Millionen Euro bezahlen. Das heißt, die Pensionsvorsorge, die wir jedes Jahr betreiben müssten, um eine Vollkostenvorsorge für die Zukunft zu treffen, beträgt 350 Millionen Euro. Das heißt, in dem Haushaltsjahr, in dem wir 400 Millionen Euro Überschuss hatten - das war 2007 -, hatten wir in Wahrheit nur 50 Millionen Euro Überschuss, weil wir 350 Millionen Euro Überschuss bzw. Kosten ja eigentlich auf die Zukunft vertagt haben. Das ist das Problem bei der Pensionsvorsorge, dass diese in den letzten Jahren so nicht angegriffen worden ist.

Wir haben als Große Koalition damit begonnen, wir werden es als Rot-Rot konsequent fortsetzen, auch unter schwierigen Bedingungen. Es gibt dazu meines Erachtens keine Alternative.

Eine letzte Zahl zu dem Thema: Die Pensionslasten für die jetzt vorhandenen Beamtinnen und Beamten werden kumuliert auf alle Jahre bis 2030, 2040 8 Milliarden Euro Landeshaushaltsgeld betragen. Da sind wir alle gefordert. Es wird uns in einer Zeit treffen, in der die Solidarpaktmittel II etc. komplett weggefallen sind.

Den zweiten Punkt, den ich ansprechen will - keine Angst, es gibt keine weiteren Folien -, sind die Zinsen, die Zinslasten des Landeshaushaltes. Die Zahlen sind ja bekannt. Im Haushaltsausschuss sind sie kaum diskutiert worden. Ich nenne sie hier noch einmal. 750 Millionen Euro werden im Haushalt 2010 an Zinsen gezahlt. Es ist einer der allergrößten Ausgabeposten; ich glaube, er steht auf Nr. 4.

Wer immer hier vorn erzählt und sagt, wir machen Quersubventionierung für diesen oder jenen, dem versuche ich das einmal zu übersetzen: Wir finanzieren die Banken der ganzen Welt, weil sich Brandenburg überall Kredite holt, weltweit. Wir finanzieren diese Banken mit dem vierfachen Betrag, den das Land Brandenburg - das sind 170 Millionen Euro - für die Kita-Finanzierung ausgibt. Viermal 170 Millionen sind allein für Zinsen weg, nicht refinanzierbar, und wahrscheinlich steigen die später sogar einmal an. Das sind 2 Millionen Euro pro Tag.

Diese Last - Herr Kollege Bretz, ich kann Ihre Frage, die Sie jetzt noch einmal hochspulen, förmlich schon hören, wer denn diese Schulden gemacht hätte - haben wir gemeinsam in der Großen Koalition zu verantworten. Bevor Sie eine Frage stellen, wenden Sie sich bitte an die Bundesregierung, die endlich aufhören soll, ständig Steuersenkungen auf dem Buckel bzw. zulasten des Landes durchzusetzen.

Herr Bischoff, lassen Sie die Frage, die Sie schon erwartet haben, zu?

Es ist mir eine große Ehre, eine Frage von Herrn Bretz zu beantworten.

Lieber Kollege Bischoff, Ihre prognostischen Fähigkeiten vermag ich nicht zu beurteilen; ich stelle einfach meine Frage. Sie haben gerade drei Punkte aufgezählt: die Pensionslasten, die Zinslasten und die schwierigen haushalterischen Situationen, vor denen das Land angesichts der Schuldenbremse usw. steht.

Das ist falsch.

Sie haben soeben Gründe geliefert, deretwegen Sie als verantwortungsvoller Abgeordneter des Landtags zu der Entscheidung kommen müssten, dem vorgelegten Haushalt nicht zustimmen zu können. Deshalb meine Frage: Wie können Sie es mit der von Ihnen dargestellten Verantwortung bzw. mit Ihrer Verantwortung in Übereinstimmung bringen, diesem Haushaltsentwurf zuzustimmen? Es wäre Ihre Pflicht gewesen, Herr Kollege Bischoff, einen Gegenentwurf vorzulegen. Die Gründe dafür haben Sie selbst genannt.

(Frau Wehlan [DIE LINKE]: Wissen Sie selbst noch, was Sie gefragt haben? Bischoff (SPD) :

Herr Bretz, ich werde Ihnen sagen, warum wir dem Haushalt zustimmen werden: weil wir keine Populisten sind. Deshalb.

(Beifall SPD - Lachen bei der CDU)