Protokoll der Sitzung vom 06.05.2010

Aber wir haben auch Grund zur Freude: Wir Bündnisgrünen haben zur konstituierenden Sitzung die Öffentlichkeit der Ausschusssitzungen beantragt. Wenn ich jetzt höre, die Koalition hätte dies bereits in ihrem Koalitionsvertrag festgelegt, dann kann ich dazu nur sagen: Bei uns steht es schon seit Jahren im Wahlprogramm, und wir haben nach der Wahl gesagt, dass dies eine unserer ersten Initiativen sein wird.

(Zuruf von der SPD: Wir sind älter als Sie!)

- Nein, Sie nicht!

Die Vehemenz, mit der wir jetzt alle dafür streiten bzw. uns darum streiten, wer die Ersten waren, lässt mich, die ich hier neu bin, schon etwas verwundert zurück. Ich frage mich: Was war denn eigentlich, bevor wir gekommen sind?

(Unruhe bei der SPD und der Fraktion DIE LINKE)

Dass jetzt die Öffentlichkeit in den meisten Fällen umgesetzt ist und heute - ein halbes Jahr nach unserer Antragstellung auch formal besiegelt wird, ist ein Gewinn für den parlamentarischen Betrieb. Wir konnten beobachten, dass sich die Berichterstattung über die parlamentarischen Abläufe tatsächlich entzerrt hat, da die Journalisten nicht mehr nur zu den Parlamentsdebatten Zugang haben. Gleichzeitig wird klar, dass die Angst vor dem Massenansturm ein Trugschluss war. Falls es doch einmal passieren sollte, dass wir eine Turnhalle anmieten müssen, dann können wir uns über dieses öffentliche Interesse nur freuen.

Jetzt haben wir mit der Geschäftsordnung eine neue Basis für eine weitere Entwicklung geschaffen, und die Öffentlichkeit der Ausschüsse ist der größte Gewinn, der dazu führen wird, demokratische Abläufe transparenter zu machen und mit neuer Lebendigkeit zu erfüllen - als Bestandteil unserer Aufgabe, politische Entscheidungen nicht nur zu treffen, sondern Bürgerinnen und Bürgern auch deutlich zu machen, warum und wie wir das tun. - Herzlichen Dank.

(Beifall GRÜNE/B90 und CDU)

Meine Damen und Herren, die Landesregierung verzichtet bei diesem Tagesordnungspunkt auf einen Redebeitrag. Damit lasse ich über die Beschlussempfehlung des Hauptausschusses abstimmen, Drucksache 5/615. Wer ihr zustimmen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei einer merklichen Anzahl von Enthaltungen ist die Geschäftsordnung des Landtags damit angenommen. Damit schließe ich Tagesordnungspunkt 5.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 6 auf:

Bericht über notwendige Änderungen des Brandenburgischen Hochschulgesetzes gemäß Beschluss des Landtages vom 16. Dezember 2009 - Drs. 5/122 (ND)-B zu „Konsequenzen aus dem Bildungsstreik ziehen für eine qualifizierte Weiterentwicklung der BolognaReform“

Bericht der Landesregierung

Drucksache 5/799

Es wurde vereinbart, keine Debatte zu führen. Damit ist der Bericht der Landesregierung von Ihnen zur Kenntnis genommen. - Ich schließe Tagesordnungspunkt 6.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 7 auf:

Beschlüsse zu Petitionen

Übersicht 2 gemäß § 12 Absatz 2 PetG

Drucksache 5/780

Es wurde vereinbart, hierzu keine Debatte zu führen. Damit ist die Übersicht 2 des Petitionsausschusses zur Kenntnis genommen. - Ich schließe Tagesordnungspunkt 7.

Nun wartet ab 18 Uhr der Landesverband Außeruniversitäre Forschung wegen des Parlamentarischen Abends auf uns. Wir haben jetzt die Möglichkeit, den nächste Tagesordnungspunkt auf morgen zu verschieben oder unsere Gäste eine halbe Stunde warten zu lassen. Wozu neigen Sie?

(Zurufe von der SPD, der CDU und der Fraktion DIE LINKE: Warten lassen!)

- Ich wusste, dass die Unhöflichkeit die Mehrheit findet, und ich eröffne daher den Tagesordnungspunkt 8:

Evaluation und Fortschreibung des Schulressourcenkonzepts

Antrag der Fraktion der SPD der Fraktion DIE LINKE

Drucksache 5/884

(Allgemeine Unruhe - Zuruf der Abgeordneten Kaiser [DIE LINKE])

- Je besser Sie sich konzentrieren, desto zügiger können wir das abhandeln. Die Abgeordnete Große von der Fraktion DIE LINKE eröffnet die Debatte.

(Allgemeine Unruhe - Zuruf des Abgeordneten Schulze [SPD])

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Es war eigentlich verabredet, dass wir das morgen behandeln; nun schaffen wir es aber doch noch. Ich gebe mir auch Mühe, es kurz und schmerzlos zu machen.

(Allgemeine Unruhe)

Der Antrag, mit dem wir uns jetzt zu befassen haben, ist sozusagen der Schmelztiegel aus dem, was wir gestern und heute im Haushalt verabredet haben. Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, werden sich möglicherweise fragen, was dieser Antrag soll - das Schulressourcenkonzept muss ja ohnehin fortgeschrieben werden.

(Allgemeine Unruhe - Zuruf: Lauter!)

Sie müssen nicht noch „lauter“ rufen, wenn Sie selbst nicht leise sind, meine Damen und Herren!

Im Jahr 2012/2013 hätte es ohnehin die zweite Fortschreibung dieses Schulressourcenkonzepts gegeben, und zwar auch ohne unsere Beauftragung. Wir aber wollen die Landesregierung auffordern, dies vorfristig zu tun. Das haben wir im Koalitionsvertrag so vereinbart, es gibt aus unserer Sicht Handlungsbedarf. Uns hier im parlamentarischem Raum wird das im Übrigen auch ermöglichen, bei künftigen Debatten von einer gleichen Datenbasis auszugehen. Wir müssen dann vielleicht nicht mehr um unterschiedliche Zahlen streiten, sondern können unsere Energie für die Lösung der angestauten Probleme einsetzen. Das wird uns einiges abverlangen, uns allen. Die Koalition hat der Bildung höchste Priorität eingeräumt; die Haushaltslage haben wir in den beiden letzten Tagen hinlänglich diskutiert.

Es gilt dennoch ein ambitioniertes Ziel der Koalition umzusetzen. Wir wollen eine im Vergleich mit den alten Bundesländern zugegebenermaßen günstige Lehrer-Schüler-Relation von derzeit 1 : 15,4 halten. Dies wird nur mit einem enormen Kraftakt zu erreichen sein.

Die Schülerzahlen bleiben über den Zeitraum bis zum Schuljahr 2014/15 weitgehend stabil. Erst ab 2020 ist im Übrigen wieder mit einem demografischen Echo, also der dann wiederum verringerten Anzahl von Schülerinnen und Schülern, zu rechnen. Wir alle hoffen sehr, dass wir dann die demografische Rendite auch einfahren können. In dieser Legislatur müssen die Weichen dafür gestellt werden, dass es einen enormen Ersatzbedarf von Lehrkräften ab 2014 gibt. Ich möchte hier noch einmal ausdrücklich sagen: Die Zahl, die in der Begründung aufgeführt ist, bezieht sich auf Personen und nicht auf Stellen.

Eine verlässliche Lehrkräftebedarfsplanung ist also unabding

bar. Der gegenwärtige Stand muss kritisch analysiert werden. Wir brauchen exakte Daten zu den einzelnen Schulamtsbereichen, zu den Beschäftigungsumfängen der Lehrkräfte, zur Deckung des Fachunterrichts, zur Ausstattung der einzelnen Schulstufen, zu den Abgängen aus Altersgründen, zur Fluktuation usw. Auf der Grundlage dieser Analyse erwarten wir dann eine konkrete Strategie für die nächsten fünf Jahre, denn das war bisher immer eine einigermaßen zuverlässige Basis für das Schulressourcenkonzept.

Die Bedarfe sind übrigens auch im Konzept von 2007 schon ziemlich klar benannt. Das haben wir hier in der letzten Legislatur diskutiert. Aber es fehlte die Strategie, das Ziel auch zu erreichen. Eine Strategie, wie Brandenburg in den nächsten Jahren stabil mit genügend gut qualifizierten Lehrkräften ausgestattet werden kann, wird aber entscheidend dafür sein, die Ausbildungs- und Studierfähigkeit von Schülerinnen und Schülern zu verbessern, und das wollen wir ja alle.

Zur Strategie gehören auch Aussagen zur beabsichtigten Zielvereinbarung mit der Universität Potsdam bezüglich der zu erweiternden Kapazitäten genauso wie möglicherweise Quereinsteigerprogramme und Qualifizierungsmaßnahmen. Darüber hinaus ist der gemeinsame Lehrkräftearbeitsmarkt mit Berlin zu berücksichtigen.

Die vergangenen Jahre waren in vielerlei Hinsicht für den Schulbereich wilde Jahre. Dabei habe ich vor allem im Auge: die stark sinkenden Schülerzahlen, die daraus von der damaligen Landesregierung abgeleiteten Personalabbaumaßnahmen und Stellenstreichungen sowie den Beitrag, den auch der Bildungsbereich zur Haushaltskonsolidierung leisten musste. Das hat zu zahlreichen Versetzungen, Umsetzungen und Diskontinuitäten verschiedenster Art geführt. Es hat zu Unruhe, Unsicherheiten bei den Lehrkräften, Eltern und Schülern, zu vermehrtem Unterrichtsausfall, zu höheren Belastungen vieler Lehrkräfte geführt.

Das ist jetzt eigentlich vorbei. Jetzt könnte Kontinuität einziehen. Wir könnten uns noch stärker auf die Qualität konzentrieren, wenn es uns gelingt, die angespannte Lehrkräftesituation zu bewältigen. Genau das ist eben diese riesige Herausforderung. Neben unserer Haushaltssituation kommt erschwerend hinzu, dass ähnliche Bedarfe in allen Bundesländern gleichzeitig prognostiziert werden und schon jetzt ein gnadenloser Wettbewerb ausgebrochen ist. Es wird sich zeigen, ob unsere Strategie, mit der Verbeamtung zu werben, aufgehen wird. Es muss in den nächsten fünf Jahren sehr genau analysiert werden, was wie greift.

Dass wir schon in diesem Jahr 450 statt bisher 180 Lehrkräfte einstellen, obwohl nur 250 das System aus Altersgründen verlassen, ist ein erster richtiger Schritt. Wenn sich im Schulamtsbereich Perleberg - darüber haben wir gestern schon kurz gesprochen - 450 Lehrkräfte auf 90 Stellen beworben haben, stimmt das ja hoffnungsvoll und zeigt, wie groß der Einstellungsstau noch ist, der sich in den vergangenen Jahren ergeben hat. Es zeigt aber auch, dass es nicht so unattraktiv ist, in unserem Land zu arbeiten. Eigentlich müssten wir alle, die sich bei uns beworben haben, festhalten, weil die Situation ja nicht so komfortabel bleiben wird.

Fakt ist: Wir müssen die Probleme aus eigener Kraft lösen. Das Schulressourcenkonzept soll dazu eine Grundlage sein. Darauf aufbauend gilt es dann, Konzepte zu entwickeln und zeitnah Maßnahmen einzuleiten, um die Unterrichtsversorgung und

die Unterrichtsqualität in den kommenden Jahren auf einem hohen Niveau zu sichern. Anfang 2011 werden wir anhand des dann vorliegenden Schulressourcenkonzepts in den politischen Wettbewerb um die besten Lösungsansätze treten können.

Vonseiten der Oppositionsfraktionen hat es einen Änderungsantrag gegeben. Ein Punkt „Vertretungsreserve“ sollte noch aufgenommen werden. Wir sind der Meinung, dass das nicht sein muss, weil dies in dem ersten Punkt, den wir einfordern, aufgehoben ist. Je nachdem, wie wir unsere Schulen mit Lehrkräften ausstatten können, werden wir auch die Vertretungsreserve sichern können. Wir müssen aber festlegen, welche Prozentzahl wir uns leisten können. Das muss kein Extraauftrag für die Landesregierung sein.

Insofern werbe ich sehr dafür, dass Sie diesem Antrag zustimmen. Er ermöglicht es uns, wie ich schon sagte, gemeinsam nach Lösungen für dieses schwierige Problem zu suchen. Das Schulressourcenkonzept ist ja nicht mehr und nicht weniger als eine Grundlage, auf deren Basis wir dann in den nächsten Haushaltsdebatten um die Lehrerstellensituation ringen werden. Insofern, meine Damen und Herren, auch der Oppositionsfraktionen, bitte ich Sie, diesmal zuzustimmen. - Danke schön.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)

Der Abgeordnete Hoffmann spricht für die CDU-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kollegen! Auch wenn das Thema das letzte ist, das hier am späteren Abend behandelt wird, und die Veranstalter des Parlamentarischen Abends auf uns warten, wäre es falsch, die Bedeutung dieses Schulressourcenkonzepts zu unterschätzen. Denn darin werden im Wesentlichen zwei Dinge festgelegt:

Zum einen beinhaltet das Schulressourcenkonzept die Festschreibung, wie viele Lehrerstellen es in den kommenden Jahren in Brandenburg im Schulsystem geben wird. Das ist natürlich wichtig für eine verlässliche und sichere Planung.