Protokoll der Sitzung vom 07.05.2010

(Lachen bei der Fraktion DIE LINKE)

Denn Sie wissen doch, wie die Entwicklung in Brandenburg ist. Es ist Ihnen nicht verborgen geblieben, dass Ihre Basis in Brandenburg zunehmend bröckelt.

(Lachen der Abgeordneten Lehmann [SPD])

Wenn ich mir die Parteitagsanträge ansehe, die von Liebe für den Herrn Generalsekretär Ness zeugen,

(Lachen und Beifall CDU)

- da werfen Mitglieder mit Blumen nach Ihnen, lassen aber die Töpfe daran -, dann verfestigt sich die Basis der CDU im Land dank Ihrer Politik und unserer Leistung. - Danke schön.

(Beifall CDU und FDP und Heiterkeit SPD - Bischoff [SPD]: Superrede!)

Die Abgeordnete Kaiser setzt für die Linksfraktion fort.

(Frau Lehmann [SPD]: Kerstin, aber jetzt! - Frau Melior [SPD]: Frauen können es besser! - Dombrowski [CDU]: Frau Dr. Ludwig ist besser als Sie!)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir werden heute den Landeshaushalt 2010 beschließen. Wer die Debatten hier im Hause oder in Auszügen über die Medien wahrgenommen hat, mag bei der Art des verbalen Schlagabtausches mitunter ins Grübeln geraten sein.

(Dombrowski [CDU]: Na hoffentlich! - Beifall des Abge- ordneten Burkardt [CDU])

Diese Debatten hatten dennoch von unserer Seite viel mit den Alltagsfragen, den Zukunftswünschen und Hoffnungen, ja auch mit dem Ängsten vieler hier im Land zu tun.

In dieser Krisensituation setzen wir Zeichen, indem wir uns entscheiden, wie und wofür wir öffentliches Geld verwenden, wie wir Konsolidierung verstehen und wofür wir auch Neuverschuldung verantworten.

Wenn ich für die Fraktion DIE LINKE spreche - das gilt aber heute auch für die Koalition -: Wir sind gemeinsam angetreten, und wir arbeiten zusammen, um in Brandenburg eine Neuorientierung der Politik anzugehen.

(Zuruf von der CDU: Der Schulden!)

Daran müssen wir diesen Haushalt messen und ihn auch messen lassen. Die Stichworte Mindestlohn und öffentlich finanzierte Beschäftigung, die Einstellung von Kita-Erzieherinnen und Lehrerinnen und Lehrern, mehr für Bildung und Ausbildung, musische Bildung sowie nachhaltige Wirtschaftspolitik belegen den ernsthaften Beginn unserer sechsmonatigen Arbeit in der SPD-Linken-Koalition in Brandenburg.

Bei allem Respekt vor den Kolleginnen und Kollegen aus CDU, FDP und Grünen: Entscheidend für die Bewertung des Haushaltes ist für mich nicht so sehr das vorhersehbare Urteil der Opposition, zumindest nicht von deren schwarz-gelbem Teil. Messen lassen müssen wir den Haushalt von den Menschen, die genau diesen Wechsel, diese Umsteuerung wollten. Diese Brandenburger haben darauf gesetzt, obwohl sie die schwierige wirtschaftliche Situation kannten, obwohl sie wussten und wissen, dass die Folgen der Finanzkrise erst jetzt und in den nächsten Monaten und wahrscheinlich sogar Jahren bei den Menschen vor Ort ankommen, in den Ländern, in den Regionen, in den Städten und Dörfern.

Herr Kollege Dombrowski, ich sage Ihnen, diese Brandenburgerinnen und Brandenburger werden die Zensuren verteilen, und zwar nach Ablauf dieser Legislaturperiode

(Senftleben [CDU]: Machen Sie schon!)

bei den Wahlen 2014 wie 2009. Diese müssen wir gemeinsam dann akzeptieren.

(Beifall DIE LINKE sowie des Abgeordneten Bischoff [SPD])

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Erschütterungen aus Griechenland ganz neuer Qualität, deren Auswirkungen wir in Europa alle zu spüren bekommen, machen vor allem zwei Dinge überdeutlich:

Erstens: Die Politik ist weit davon entfernt, die Finanzkrise und ihre Folgen zu beherrschen.

Zweitens: Wer in dieser Situation glaubt, die Folgen der Krise auf dem Rücken der sozial Schwachen, der kleinen Leute bewältigen zu können, der setzt eine Abwärtsspirale in Gang.

(Zuruf von der CDU: Machen Sie doch!)

Diese Abwärtsspirale setzt nicht nur europäisch verstandenen Wohlstand, Stabilität der Gesellschaft und Sicherheit aufs Spiel, soweit diese überhaupt noch gegeben sind, sondern diese Spirale noch weiter abwärts würde in der Konsequenz eine Gefahr für die Demokratie bedeuten. Sie wäre eine Gefahr für politische Handlungsfähigkeit, für die kommunale Selbstverwaltung, für Chancengleichheit und für die Teilhabe aller.

Wir hier in Brandenburg stehen so wie andere Bundesländer auch vor der entscheidenden Frage: Welche ernsthaften Konsequenzen ziehen wir aus dieser Krise?

Wir kannten die schwierige wirtschaftliche Situation natürlich, als wir unsere Koalitionsvereinbarungen getroffen haben und auch als die Eckpunkte des Haushalts vorgelegt wurden und dann der Haushalt erarbeitet wurde. Deshalb messen wir uns auch selbst an dem Anspruch aus dem Wahlkampf: Ist dieser Haushalt eine geeignete Grundlage? Ist er geeignet, um unter immer schwieriger werdenden allgemeinen Bedingungen unsere Ansprüche und Hoffnungen auf eine soziale, demokratische Politik zu tragen, dass heißt finanzieren zu können, um Impulse genau in diese Richtung zu setzen?

Das, ich wiederhole es gern, sind die Maßstäbe, die wir an uns selbst anlegen. Das geht nicht widerspruchsfrei.

Ja, in der Kenntnis der Kritik und durchaus mit Verständnis für weitergehende Forderungen und Demonstrationen stehe ich dazu: Wir wollen und wir können diesen ersten Landeshaushalt nach der Wahl vor den Menschen im Land verantworten, den ersten Landeshaushalt, der in Verantwortung eines linken Finanzministers eingebracht und von uns im Parlament nun über zwei Monate intensiv besprochen wurde.

Im Land wartet man auf diesen Haushalt. Der Dank auch meiner Fraktion geht an alle, die dafür gesorgt haben, dass er nach

einer Wahl vergleichsweise im Rekordtempo vorgelegt wurde und nun beschlossen wird.

(Beifall DIE LINKE sowie der Abgeordneten Lehmann [SPD] - Zuruf von der CDU: Ist noch nicht beschlossen!)

Gerade in dieser Woche hat sich gezeigt, wie ernst, wie sensibel all das ist, was mit den öffentlichen Finanzen zusammenhängt. Sie werden es auch nicht bestreiten: Die Leute vor Ort sind verunsichert. Sie sind auch verärgert, weil zum zweiten Mal nach 2008 ungeheure Geldmassen mobilisiert werden müssen, um einen Zusammenbruch des internationalen und nationalen Finanzsystems zu verhindern.

Die Steuerzahler werden erneut für Vorgänge in die Pflicht genommen, die nicht sie, sondern verschiedene Banker und Politiker zu verantworten haben. Solch ein Zusammenbruch hätte schlimme Folgen für den Alltag vieler Menschen - mehr in Griechenland, aber auch in Deutschland und in ganz Europa. Den Griechen würde unter anderem der Geldhahn völlig versiegen. Wir wissen: Bei einem großen Teil der griechischen Staatsschulden sind deutsche Banken die Gläubiger. Durch die verbindende gemeinsame Währung kann die eine wie die andere Volkswirtschaft in den Strudel geraten, in dem Ersparnisse entwertet und politische Spielräume verbaut werden.

Angesichts dieser Perspektiven kann sich niemand so recht der Idee von Rettungspaketen verschließen. Natürlich nicht; jetzt genauso wenig wie im Jahr 2008. Allerdings gibt es einen großen Unterschied. Damals: Hilfe ja, Stabilisierung ja, aber mit der klaren Auflage, dass es zu Veränderungen, zu tiefgreifenden Reformen an den Finanzmärkten, zur Rückkehr zu Regulierung und zu neuen Instrumenten von Regulierung kommt. Geschehen ist in dieser Hinsicht bislang kaum etwas. Dieses Umdenken ist dringend nötig, aber leider nicht absehbar.

Im Bund ist trotz neuer Farbenlehre alles wie gehabt. Die Zocker dürfen weiterzocken und ihre Gewinne behalten. Dabei das sage ich deutlich und appelliere dabei auch an Ihre Verantwortung und Ihren Kontakt zu den Regierenden in Berlin - wäre es jetzt schon eine große Hilfe gewesen, Herr Dombrowski, wenn es zum Beispiel eine Börsenumsatzsteuer gäbe. Ich will hier nicht den Streit um Zahlen aufmachen, aber die nun in Rede stehende gesamte deutsche Griechenlandhilfe wäre aus einem Jahresertrag einer nur 0,1%igen Börsenumsatzsteuer locker zu finanzieren.

(Beifall DIE LINKE, GRÜNE/B90 und des Abgeordne- ten Bischoff [SPD])

Natürlich wird das nicht im Landtag, sondern im Bundesrat bzw. Bundestag entschieden. Insofern begrüße ich es, dass der Brandenburger Finanzminister mit Blick auf den Bund und Europa mit den Koalitionsfraktionen im Rücken die Forderung nach einer Finanztransaktionssteuer erhoben hat und diese dort auch vertreten wird. Das ist eine andere Politik als die, die Sie bisher betrieben haben.

(Beifall DIE LINKE, SPD und GRÜNE/B90)

Meine Damen und Herren „Noch-immer-Anhänger“ - so muss man es ja formulieren - von Schuldenbremse und Steuersenkungen, Sie sprechen lediglich von der Ausgabenseite, aber

über Einnahmen des Staates haben Sie an keiner Stelle gesprochen. Ich sage Ihnen: Wer sich scheut, öffentliche Gelder und Ressourcen einzusetzen, um heute soziale Probleme und Verwerfungen zu mildern, und wer die Gelder morgen erst beschaffen will, obwohl sie heute benötigt werden, der verspielt die Chance auf Stabilität und zerstört vor allem die Perspektiven für die Zukunft. An dieser Stelle darf ich meine Ihnen schon bekannte Großmutter zitieren.

(Zuruf des Abgeordneten Dombrowski [CDU])

Herr Dombrowski, Sie hatten bestimmt auch eine Großmutter, die vielleicht wie meine gesagt hat: „Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen.“

(Frau Melior [SPD]: Genau! - Beifall DIE LINKE und SPD)

Es geht um den Haushalt und um die Einnahmepolitik des Staates, und hier kommen wir genau zum Kern vieler unserer Debatten und Kontroversen. Die Opposition gefiel sich in den letzten Wochen bei dem Vorwurf, SPD plus Linke führten das Land ins Schuldenelend.

(Zuruf von der CDU: Das ist auch so!)

Schauen wir einmal genauer hin: Union und FDP haben sich soweit ich mich erinnern kann - noch nie davor gedrückt, irgendwo Schulden zu machen. Die Zahl hat Ihnen gestern Kollege Görke zugerufen, ich werde sie Ihnen noch einmal zum Mitschreiben nennen: Volumen des Bundeshaushalts - 320 Milliarden Euro. Davon sind 80 Milliarden Euro neue Schulden.

(Görke [DIE LINKE]: Schuldenmacher!)

Da ist übrigens nicht Rot-Rot am Werk, was Sie sehr genau wissen.

(Burkardt [CDU]: Gott sei Dank! - Görke [DIE LINKE]: Schöne Koalition!)