Viertens: Für Brandenburg muss gelten: keine Kürzungen im Haushalt des MBJS in den kommenden Jahren, eine klare Prioritätensetzung im Bereich der Bildung, eine bessere und individuelle, begabungsgerechte Förderung der Kinder, mehr Investitionen in den Elementar- und Primarbereich, keine Streichung von Lehrerstellen, um den Unterrichtsausfall minimieren zu können, sowie den weiteren Einstieg in die Umsetzung der UNBehindertenrechtskonvention.
Meine Damen und Herren, wir stehen dazu, dass Bildung Priorität in diesem Land haben muss, und ich hoffe, Sie tun dies auch. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Gäste vom Humboldt-Gymnasium! Ich weiß nicht, wie es Ihnen in den letzten Tagen ergangen ist, aber ich habe mir manchmal die Augen gerieben und mich gefragt: Was läuft denn hier eigentlich in Deutschland? Wie kann es sein, dass in einigen Ländern Regierungskoalitionen von CDU und FDP bei dem Thema 10%-Ziel einen politischen Konflikt mit Schwarz-Gelb in Berlin provozieren? Es ist für mich und vielleicht auch für viele andere im Saal schon verwunderlich, wie die Vereinbarung der Bundeskanzlerin mit allen Ministerpräsidenten dieses Landes zum Gegenstand innerparteilicher Auseinandersetzungen gemacht wird. Herr Hoffmann, die neuesten Nachrichten aus Berliner Regierungskreisen sind es, die eine negative Stimmung verbreiten - nicht wir hier.
Das, meine Damen und Herren, war übrigens auch in der letzten Woche in München so. In der Kultusministerkonferenz mussten Martina Münch und ich, die wir Augen- und Ohrenzeugen waren, erleben, wie sich die ersten beiden CDU/FDP-regierten Länder bei unserem Ziel in die Büsche geschlagen haben - ich sage es einmal so salopp. Sie haben nämlich den gemeinsam erarbeiteten Vorschlägen zur Umsetzung des 10%-Ziels nicht mehr zugestimmt.
Zuvor hat es einen langen, arbeitsintensiven Prozess zwischen den Fachressorts in den Ländern - also bei uns MWFK und MBJS - und dem zuständigen Bundesministerium gegeben. Im Ergebnis wurden die Vorstellungen in einem Maßnahmenkatalog zusammengefasst: Wie können wir dieses 10%-Ziel erreichen? Die Kultusministerkonferenz hat diesem Bericht leider nicht einstimmig, sondern ohne die Stimmen von Hessen und Schleswig-Holstein zugestimmt.
Meine Damen und Herren, heute ist mehrmals der erste Bildungsgipfel - oder Maulwurfshügel, wie Klara Geywitz damals sagte - vom Oktober 2008 angesprochen worden. Ich habe damals hier an dieser Stelle keinen Hehl aus meiner Enttäuschung und auch aus der Skepsis gemacht, die die Umsetzung betraf, weil etwas ganz Wichtiges fehlte: Neben schönen Absichtserklärungen gab es keine Einigung über die notwendige Finanzierung. Das machte mir damals Sorgen, und diese Sorgen haben sich leider nicht in Gänze verflüchtigt.
Mir war eines klar - damals wie heute -: Eine gesamtstaatliche Priorität für Bildung muss sich auch in der Finanzverteilung wiederfinden.
- Danke. Die Länder weisen seit 2008 kontinuierlich darauf hin, dass es für die Umsetzung des 10%-Ziels einer finanziellen Beteiligung des Bundes bedarf, die weit über das hinausgeht, was von der Bundesregierung bis dato zu erfahren war. Die Länder erwarten - das wurde deutlich -, dass der Bund seine Beteiligung an den Mehrausgaben in erster Linie über eine Erhöhung des Umsatzsteueranteils der Länder realisiert.
Wir haben uns hier in Brandenburg klar positioniert. Erstens: Bildung hat Priorität. Zweitens: Wir stehen zu dem von der Bundeskanzlerin und den Ministerpräsidenten vereinbarten Ziel, die Ausgaben für Bildung und Forschung bis 2015 auf 10 % des Bruttoinlandsprodukts zu steigern. Drittens: Wenn der Anteil der Bildungsausgaben erhöht werden soll, muss das natürlich auch Konsequenzen bei der Verteilung der staatlichen Einnahmen zugunsten der Länder haben.
Die Länder haben sich zur Erfüllung des 10%-Ziels auf mehrere Schwerpunkte verständigt. Erstens: Verbesserung der frühkindlichen Förderung. Zweitens: Maßnahmen zur individuellen Förderung. Drittens: Maßnahmen im Hochschulbereich. Zu denen wird übrigens meine Kollegin Martina Münch später sprechen.
Zu den anderen Bereichen: In Brandenburg beabsichtigen wir zum Beispiel eine weitere qualifizierte Verbesserung der Bildung und Betreuung im Elementarbereich. Wir haben uns vorgenommen, die Weiterentwicklung der Fördermöglichkeiten zum Beispiel in Ganztagsschulen zu intensivieren. Wir wollen Schulen beispielsweise durch zusätzliche Sozialarbeit und auch durch zusätzliche schulpsychologische Beratung unterstützen. Das sind ambitionierte Ziele, die wir aber ohne die Unterstützung des Bundes nicht erreichen werden.
Noch ein Wort, Frau von Halem, zur demografischen Rendite: Die im Vergleich zu anderen Bundesländern - das habe ich hier schon oft gesagt - gute, ich sage sogar sehr gute Schüler-Lehrer-Relation von 1:15,4 zeigt, dass in Brandenburg von Anfang an ein Teil dieser demografischen Rendite im Lehrerstellenplan erhalten geblieben ist. Sonst hätten wir dieses gute LehrerSchüler-Verhältnis nicht. Wir wissen: In Brandenburg hat der Schülerrückgang Anfang der 90er Jahre eingesetzt, und zwar in einem Maße wie in kaum einem anderen Bundesland, im Vergleich zu unseren westlichen Bundesländern in einem viel, viel stärkeren Maße. Aber in Brandenburg und in anderen östlichen Bundesländern gibt es eine Veränderung bei der demografischen Entwicklung. Wir haben inzwischen zumindest bis zur 10. Klasse stabile Schülerzahlen. Nur in der gymnasialen Oberstufe und im berufsbildenden Bereich verlieren wir noch Schüler. Das heißt: Diese so oft zitierte demografische Rendite wird es in Zukunft eigentlich nur noch in den westlichen Bundesländern geben.
Sie sehen - ich komme zum Schluss -: Wir sind im Hinblick auf die Umsetzung des 10%-Ziels klar positioniert. Das entscheidende Signal muss jetzt vonseiten des Bundes kommen. - Danke für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Verehrte Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN! In Ihrem Antrag zur heutigen Aktuellen Stunde fragen Sie: Was ist uns die Bildung wert? Falsche Frage, möchte ich antworten. Falsche Frage, denn müsste es nicht eher heißen: Wie viel Luft zum Atmen lässt uns der Bund? Welche Möglichkeiten bleiben uns angesichts der immer knapper werdenden Kassen?
Dass Bildung von Anfang an bis zu unseren Hochschulen im Land oberste Priorität hat, haben wir Sozialdemokraten nicht erst mit unseren aktuellen Beschlüssen zur Verbesserung des Kita-Schlüssels und zur Einführung eines Schüler-BAföGs bewiesen. Bei uns zahlen Studierende keine Studiengebühren. Und: Das wird mit uns auch in den kommenden Jahren so bleiben!
Meine Damen und Herren, sieben plus drei ist zehn. Wir sind hier im Elementarbereich, würden die Lehrerinnen und Lehrer sagen. Sieben plus drei ist zehn - so war die verabredete Formel beim ersten Bildungsgipfel. Auf 10 % des Bruttoinlandsprodukts sollten die Ausgaben für Bildung gesteigert werden: 7 % für Bildung und Wissenschaft und 3 % für Forschung. Die erste Schätzung lautete: 60 Milliarden Euro Mehrbedarf, um dieses Ziel zu erreichen.
Der zweite Bildungsgipfel in Berlin war dann schon etwas bescheidener. Es war die Rede von 13 Milliarden Euro. Allein in Brandenburg - ich will Ihnen einmal verdeutlichen, was das für das Land Brandenburg heißen würde - bräuchten wir bis 2015 zusätzlich 1,5 Milliarden Euro für das 7%-Ziel. Für den Forschungsbereich müssten wir 1,4 Milliarden Euro gemeinsam mit dem Bund mehr finanzieren. Ein Blick zum Finanzminister lässt die Realität wieder etwas näherrücken. Das wird ein sehr großes, wenn nicht gar nicht erreichbares Vorhaben werden. Brandenburg - das sind neun Hochschulen mit rund 45 000 Studierenden, das sind leistungsstarke außeruniversitäre Forschungseinrichtungen. Ich lade Sie hiermit zur Langen Nacht der Wissenschaft in Potsdam am nächsten Wochenende ein. Da kann man sich gern einen Überblick verschaffen.
Auch in den kommenden Jahren werden in Brandenburg nicht Milch und Honig fließen. Wir können froh sein, wenn es gelingt, den gemeinsam finanzierten Bund-Länder-Pakt für die Hochschulen zu stemmen. Zur Wahrheit gehört auch, dass wir in Brandenburg eine Wissenschaftslandschaft und eine Forschungslandschaft haben, die vor allem staatlich finanziert ist. Die Industrieforschung ist noch immer deutlich unterentwickelt. Dazu kommen die Probleme des demografischen Wandels und immer enger werdende finanzielle Spielräume der öffentlichen Kassen.
45 Millionen Euro weniger für Schulen, 30 Millionen Euro weniger für Hochschulen - so die „Damokles-Äußerung“ aus Hessen. Das Bundesland Hessen hat sich bereits vom 10%-Ziel verabschiedet - genauso Schleswig-Holstein. Darauf wurde eben schon hingewiesen: Beide Länder sind Schwarz-Gelb regiert. Diese Verabschiedung werden wir hier in Brandenburg nicht machen. Für uns steht das vereinbarte Ziel. Das heißt für uns,
Meine Damen und Herren, beim ersten Bildungsgipfel in Dresden konnten sich Bund und Länder nicht über konkrete Finanzierungsmodalitäten einigen. Beim zweiten Bildungsgipfel in Berlin ist die Entscheidung wiederum vertagt worden. Der bevorstehende Bildungsgipfel im Juni wird diese Gipfeltreffen zur Gipfelkette werden lassen mit immer gleichen Ergebnissen: Bedarf erkannt, Schuld zugewiesen, Finanzierung unbekannt. Das hilft leider keinem Schüler und keiner Schülerin in Brandenburg und auch keinem Studierenden bei uns. In Brandenburg kennen wir keine Gipfel. Es wäre auch etwas vermessen, wenn wir den höchsten Berg an der sächsischen Grenze mit 202 m als Gipfel bezeichnen würden, und auch der dritthöchste Berg in Potsdam-Mittelmark mit 200 m, der Hagelberg, ist kein Gipfel. Wir reden in Brandenburg eher von Hügeln. In diesem Sinne sollten wir uns auch den vor uns liegenden Bildungsgipfel ein bisschen genauer anschauen und ihn Bildungshügel nennen - weniger aufgedonnert, dafür realistischer.
Zu den vom Bund avisierten Anteilen an der Umsatzsteuer: Frau von Halem, wir würden sie nehmen, wenn wir sie denn erhalten würden, weil wir wissen - und das haben wir in Brandenburg immer wieder gezeigt -, wie wir Geld wirklich in Bildung investieren und wie wir damit vernünftig umgehen. Wir werden sie wohl nicht bekommen. Stattdessen finanziert der Bund Stipendienprogramme, die wir als Sozialdemokraten falsch finden. Man könnte zum Föderalismus-Fan werden, wenn man sieht, wofür der Bund das Geld einsetzen will.
Unsere Wanderschuhe in Brandenburg sind mit verbesserten Betreuungsschlüsseln in den Kitas, Schüler-BAföG und gut aufgestellten Hochschulen geschnürt. Also gehen wir es an! Erklimmen wir die Hügel! - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident, jemand hat hier vorn am Pult seine Rede vergessen. Das ist aber nicht so schlimm, denn es war einiges dabei, was man gleich wieder vergessen kann.
Minister Rupprecht sagte, es gehe nicht darum, irgendetwas schlechtzureden und negative Stimmung zu verbreiten. RotRot spricht aber in einer Tour von einem Gipfel, der in Wahrheit nur ein Hügel und zum Scheitern verurteilt sei. Ich weiß nicht, was eine solche Aussage mit einer objektiven Einschätzung zu tun hat. Für mich ist das Schwarzmalerei, meine Damen und Herren.
Wir wissen doch alle, dass der Bildungsgipfel ein ambitioniertes Projekt ist, dessen Realisierung nicht einfach sein wird. Aber Politik trägt auch Verantwortung für die Zukunft unseres
Landes. Verantwortung übernehmen, Frau Kaiser, bedeutet eben auch, nicht immer nur mit dem Finger auf andere zu zeigen.
Verantwortung übernehmen bedeutet, dass man verlässlich das organisieren muss, was unser Land wirklich braucht.
Unser Land braucht nämlich nicht die ständige Selbstbeweihräucherung von Rot-Rot und auch nicht das fortwährende Sich-auf-die-Schulter-Klopfen von Herrn Rupprecht und den Bildungspolitikern der Koalition. Diese Selbstbeweihräucherung ist in Wahrheit nichts anderes als die reinste Vernebelungstaktik.
Unser Land braucht auch nicht dieses unsägliche, von Ihnen heute schon wieder hoch gelobte Schüler-BAföG, dieses unausgegorene Chaosgesetz, das Sie gegen jeden Rat der Experten durchsetzen wollen.
Heute früh habe ich in die Zeitung geschaut und ein Interview mit dem Bildungsminister gelesen. Er wurde darauf hingewiesen, dass die Umsetzung bis September nicht möglich sei, schon deshalb, weil noch die passende Software fehlt. Der Minister antwortete, dass das Geld wahrscheinlich in der Tat erst ab November ausgezahlt werden könne. Das sei aber nicht so schlimm, kein Drama. Herr Minister, sagen Sie das einmal den Menschen, die auf dieses Geld warten! Sie behaupten die ganze Zeit, das Geld solle für Bildungsausgaben verwendet werden, um zum Beispiel Hefte, Stifte und Mappen zu kaufen. Wenn Sie helfen wollen, was sagen Sie dann der Familie, die am Schuljahresanfang die versprochenen Leistungen nicht erhält? Soll diese Familie einen Kredit aufnehmen in der vagen Hoffnung, dass der Antrag vielleicht irgendwann positiv beschieden wird? Was Sie da machen, ist absoluter Unsinn!