Protokoll der Sitzung vom 18.12.2002

Deshalb möchte ich noch einmal mit aller Deutlichkeit sagen: So kann das nicht sein. Ich habe dies in der Besprechung mehrfach deutlich gemacht. Im Übrigen, Herr Goetz...

Herr Schulze, darf ich...

Ich komme gleich zum Ende; ich habe das Recht auf drei Minuten.

Lieber Herr Schulze, ich wollte Sie nur fragen, ob Sie auch Zwischenfragen zulassen. Dann haben Sie vielleicht noch größeren Redebedarf.

Gleich. Gerne. Lassen Sie mich den Satz noch zu Ende bringen.

Bitte schön.

Im Übrigen ist ja die Frage, wer Einbringer eines Gesetzes ist, nicht nur von philosophischer, sondern auch von rechtmäßiger und verfassungsmäßiger Bedeutung. Ich meine, es wäre möglich gewesen, es gestern mit den fünf Parlamentarischen Geschäftsführern zu machen. Frau Funck - jetzt Frau Dr. Ludwig - und ich haben es übrigens im Dezember 2004 mit dem Schulgesetz auch gemeinsam so gemacht. Wir haben das Schulgesetz eingebracht, weil andere Fristen sonst nicht zu halten gewesen wären.

Ich darf auf den § 100 der Geschäftsordnung verweisen. Es gibt überhaupt gar keinen Zweifel daran, dass eine rechtmäßige Einbringung nach § 100 auch gesten noch möglich gewesen wäre. Wer sich dieser Tatsache entzieht, der - muss ich sagen belügt auch das Haus. Anders kann man das nicht nennen.

Herr Eichelbaum, Sie sind ja Jurist. Lesen Sie sich den § 100 der Geschäftsordnung durch.

(Eichelbaum [CDU]: Lesen Sie sich die Landesverfas- sung durch!)

Bitte keine Zwiegespräche!

Herr Eichelbaum, ich will jetzt mit Ihnen keine Zwiegespräche führen. Ich glaube, dass das, was hier passiert, wieder nur ein Nebenkriegsschauplatz und dem Lande Brandenburg nicht dienlich ist.

(Zurufe von der CDU)

Wenn das die neue Form von Zusammenarbeit ist, dann sage ich: Gute Nacht, liebes Land Brandenburg.

(Eichelbaum [CDU]: Verfassungsbruch, Herr Schulze!)

Herr Abgeordneter Schulze, lassen Sie Zwischenfragen zu?

Ich gebe Frau Prof. Dr. Wanka das Wort.

Meine Damen und Herren, es ist doch unstrittig, dass es nicht darum geht, ob das Gesetz sinnvoll ist und dass wir das hier im Landtag in der letzten Legislaturperiode beschlossen haben. Darum geht es doch überhaupt nicht. Das ist doch gar nicht Diskussionsgegenstand.

(Zurufe von der SPD: Frage!)

Was Herr Petke oder irgendjemand anderes gesagt hat, ist doch völlig egal, sondern bei der Verkündung ist ein Verfahrensfehler gemacht worden, der muss korrigiert werden. Darum geht es. Keiner von uns hat Lust darauf, dass wir uns als Landtag Brandenburg wieder zum Affen machen, weil wir nicht in der Lage sind, die Verfahren zu beherrschen. Das ist die Frage, und nicht, was irgendwann war. Es geht nur um die Heilung des Verfahrensfehlers.

(Beifall CDU und FDP)

Liebe Frau Ministerin a. D., Sie kennen die Geschäftsordnung noch aus der vorigen Legislaturperiode. Da war es so, dass man Fragen stellen konnte. Was Sie eben gemacht haben, war eine Kurzintervention. Auch sie wäre möglich gewesen. Bitte machen Sie in Zukunft von dieser Möglichkeit Gebrauch.

(Frau Prof. Dr. Wanka [CDU]: Ich nehme die Kritik an!)

Frau Blechinger, jetzt haben Sie das Wort.

Herr Abgeordneter Schulze, ist Ihnen bekannt, dass für die Verkündung von Gesetzen der Landtag zuständig ist und nicht die Landesregierung?

Liebe Kollegin Blechinger, ich war zufälligerweise mit der Beratung dieses Gesetzes intensiv beschäftigt, weil ich mit dem ursprünglichen Gesetzentwurf überhaupt nicht einverstanden war, weil ich mit der ausschließlich elektronischen Gesetzgebung mit Signatur und ohne Urdokument nicht einverstanden war. In diesem Zusammenhang sind mehrfach das Justizministerium und das Innenministerium als die Verfassungsministerien beteiligt worden. Bei der Beratung eines solchen Gesetzes hätte das Justizministerium auch einmal den klugen Hinweis geben können, dass es von Anfang der 70er Jahre ein Urteil gibt, wonach man beachten muss, dass die Verkündung des Gesetzes zur Änderung der Verfassung und die darauffolgende Angelegenheit der Verkündung im Gesetz- und Verordnungsblatt zu beachten sind.

(Zurufe von der CDU)

Das hat aber nicht stattgefunden. Deswegen finde ich es sehr bemerkenswert, dass einige jetzt versuchen, sich da herauszuziehen, und mit dem Finger auf andere zeigen. Frau Blechinger, da sage ich Ihnen nur: Wer mit dem Finger auf andere zeigt, auf den zeigen drei zurück.

Das Wort erhält der Abgeordnete Senftleben. Er hat ebenfalls eine Frage.

Herr Kollege, ich gebe Ihnen ja Recht, dass wir über das Thema in der Runde der Geschäftsführer nicht nur einmal beraten haben. Deswegen frage ich, ob Sie mir auch Recht geben, dass uns erst am Dienstag, wo Sie nicht mehr dabei waren, die Ergebnisse des Beratungsdienstes schriftlich vorlagen, die auch inhaltlich unseren Weg, nämlich dass wir die Dinge nach dem jetzigen Vorgehen kritisch betrachten, unterstützen, und dass letztendlich die FDP-Kollegen dies bereits rechtzeitig per E-Mail an die Geschäftsführer mit dem Hinweis verteilt haben, dass darüber am Dienstag noch einmal ausführlich gesprochen werden sollte. Darüber hat man im Vorfeld auch von anderen Fraktionen nichts gehört, um die Dinge im Vorfeld zu klären. Ich sage das nur, damit Sie die Behauptung, dass hier Lügen aufgebaut werden, vielleicht auch anders interpretieren können.

Herr Senftleben, das ist doch gar keine Frage, dass man über bestimmte Dinge unterschiedlicher Meinung sein kann. Die spannende Frage ist doch eine andere: Ist man willens, konstruktiv mit anderen gemeinsam einen Weg zur Lösung zu gehen, oder baut man einen Popanz auf? Die Frage ist hier doch ganz klar. - Danke.

(Beifall SPD)

Ich bedanke mich herzlich. - Das Wort erhält die Abgeordnete Nonnemacher. Sie spricht für die Fraktion GRÜNE/B90.

Sehr verehrte Frau Vizepräsidentin! Meine Damen und Herren! Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat der Wiedervorlage des Brandenburgischen Ausfertigungs- und Verkündungsgesetzes ganz besondere Aufmerksamkeit gewidmet, da wir als parlamentarische Neulinge an der Lesung und Verabschiedung des Gesetzes im Sommer nicht beteiligt waren und die Diskussion nicht so nahe verfolgen konnten. Im Vordergrund unserer Sorge stand nicht so sehr die Heilung einer möglichen Unwirksamkeit des Gesetzes durch erneute Erlassung. Wir halten den beschrittenen Weg zur Schaffung von Rechtssicherheit, das Gesetz in unveränderter Form neu vorzulegen, für vernünftig. Unsere Sorge galt vielmehr der Frage, inwieweit eine Zugänglichkeit des Gesetzes in Papierform gewahrt und eine Benachteiligung von Bevölkerungskreisen, die über keinen Internetzugang und keine IT-Kenntnisse verfügen, gewährleistet ist. Durch die Benennung von Stellen, die Ausdrucke bereithalten, durch die Verpflichtung der Kommunen zur Hilfe in Verwaltungsangelegenheiten und durch das Vorhalten der Gesetze bei den Amtsgerichten in Papierform sehen wir in dieser Hinsicht

keinerlei Probleme. Insbesondere durch die Inanspruchnahme der Gemeinden bei der Beschaffung der Papierform bleibt die Information der Bürger unabhängig von funktionierenden Internetzugängen gewahrt. Die Kosten für Fotokopien dürften sich auch in Grenzen halten.

Die Vorteile, die sich durch elektronische Ausfertigung und Verkündung ergeben, sind erheblich: schnellerer Zugriff, vereinfachte Recherche, verbesserte Zugänglichkeit und Gewährleistung von Barrierefreiheit für Menschen mit Handicaps. Hinzu kommen eine Vereinfachung von Verwaltungshandeln und Kostenreduktion für Verwaltung und Bürger. Ja, das neue Ausfertigungs- und Verkündungsgesetz ist ein Fortschritt und wird von uns als solcher begrüßt.

Das Gesetz ist im Juni 2009 mit einer breiten verfassungsändernden Mehrheit über Fraktionsgrenzen hinweg verabschiedet worden. Hinweise, dass der 5. Landtag Brandenburg dem Gesetz gegenüber eine gänzlich andere, ablehnende Haltung einnehmen könnte, sind nicht vorhanden. Die von den Kollegen der FDP vorgebrachten Argumente gegen das Gesetz erbringen auch keine überraschenden, neuen inhaltlichen Argumente, sondern sind ausschließlich formaler, ja formalistischer Natur.

(Beifall GRÜNE/B90 und SPD)

Dass verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine Einbringung des Gesetzentwurfs durch den Präsidenten bestehen sollen, verwundert. Dies ist seit 1990 unbeanstandete Praxis. Im Übrigen wurde im Vorfeld - das ist hier mehrfach betont worden - das Angebot unterbreitet, den Gesetzentwurf gemeinsam durch die parlamentarischen Geschäftsführer einzubringen, um sämtliche bestehende Bedenken auszuräumen. Auf dieses Angebot sind Sie nicht eingegangen.

Wir sehen weder inhaltlich noch formal schwere Bedenken und werden dem Brandenburgischen Ausfertigungs- und Verkündungsgesetz in der vorliegenden Form zustimmen. - Vielen Dank.

(Beifall GRÜNE/B90 und SPD)

Herzlichen Dank, Frau Abgeordnete. - Das Wort erhält für die Landesregierung Minister Dr. Schöneburg.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hätte mir natürlich nicht träumen lassen, dass meine Jungfernrede im Zusammenhang steht mit einem, wie ich finde, sehr guten Gesetzgebungsvorhaben, das im Wesentlichen die Handschrift meiner Vorgängerin trägt. Ich will versuchen, hier Sachlichkeit hineinzubringen. Es geht letztendlich um die Interessen des Landes Brandenburg, um ein widerspruchsfreies Gesetzgebungsverfahren, das es uns ermöglicht, uns zukünftig auf rechtssicherem Boden zu bewegen. Ich begrüße die neue Einbringung des Brandenburgischen Ausfertigungs- und Verkündungsgesetzes ausdrücklich und will dazu vier Anmerkungen machen.

Der Präsident des Landtages und die verschiedenen Sprecher der Fraktionen haben ausgeführt, dass in unterschiedlicher Qualität rechtliche Unsicherheiten mit dem alten, verabschie

deten Gesetz verbunden sind. Ich würde nicht so weit gehen wie der Sprecher der CDU, der von Nichtigkeit gesprochen hat. Aber es sind die rechtlichen Unsicherheiten gegeben. Die sind in der Begründung des neu eingebrachten Entwurfs auch ausgeführt worden und basieren auf der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die aber nicht deckungsgleich ist mit dem Sachverhalt, den wir hier haben. Aber es ist einfach wichtig, diese rechtlichen Unsicherheiten durch einen Neuerlass aus dem Weg zu räumen. Noch dazu haben wir im Moment die Situation, dass bis zu einem Neuerlass das bisherige Brandenburgische Ausfertigungs- und Verkündungsgesetz für die Landesverwaltung maßgeblich und bindend ist. Der Landesregierung steht es nicht zu, dieses vom Landtag verabschiedete Gesetz von sich aus infrage zu stellen und von seinen Vorschriften abzuweichen. Dementsprechend hat die Landesregierung die technischen Möglichkeiten für die elektronische Ausfertigung und Verkündung bereits geschaffen. Am 6. November ist die elektronische Verkündungsplattform des Landes in Betrieb genommen und zugleich sind die ersten Verordnungen veröffentlicht worden. Insofern ist es dringend geboten, dass wir zu einer Lösung kommen, und ich appelliere daran, dass wir zu einer sachgerechten Lösung kommen.

Bei aller berechtigten Diskussion um das Problem der Verkündung - darauf habe ich schon Bezug genommen -: Ich will noch einmal ausdrücklich betonen, dass dieses Gesetz inhaltlich ein riesengroßer Fortschritt für das Land Brandenburg ist. Meine Vorrednerin hat das in ausgezeichneter Form dargestellt. Wir eröffnen neue Möglichkeiten, an die Gesetzestexte heranzukommen. Wir flankieren dies mit Maßnahmen wie der Möglichkeit einer Bestellung in Papierform oder der Einsichtnahme bei Amtsgerichten oder in Bibliotheken, sodass auch Menschen, die den Umgang mit den neuen Medien nicht pflegen, Zugang zu den Gesetzestexten haben. Diesem Bedürfnis ist ausreichend Rechnung getragen worden.

Ich sehe, dass dieses Gesetz große Einsparmöglichkeiten bringt; denn es bedeutet eine Vereinfachung und einen schnelleren Zugriff auf die Gesetzestexte. Ich sehe dieses Vorhaben auch im Kontext der weiteren Effektivierung der Arbeit der Landes- und der Landtagsverwaltung. Wir sind ja dabei, mit verschiedenen Programmen das Gesetzgebungsverfahren insgesamt auf eine elektronische Basis zu stellen. Darin ordnet sich das vorliegende Gesetz ein. Von daher: Ich kann nur empfehlen, das Gesetz so schnell wie möglich zu verabschieden.

Zu dem zweiten verfassungsrechtlichen Streit möchte ich nicht im Detail Stellung nehmen.

(Eichelbaum [CDU]: Das ist aber das wichtigste!)

Ich nehme dazu Stellung, aber nicht im Detail. Ich finde schon im Gegensatz zu manch anderen Aussagen -, dass Formalien wichtig sind.