Protokoll der Sitzung vom 28.09.2011

Solange es kein Angebot gibt, gibt es auch keine strukturellen Veränderungen. Ich hatte alle 15 Leiterinnen und Leiter der Großschutzgebiete an meinem Tisch. Sie haben dargelegt, wie schwierig die Situation ist. So sind noch nicht einmal alle Stellen besetzt; es fehlt ausreichend qualifiziertes Fachpersonal. Es sind viele Facetten, die da zusammenkommen. Gleichzeitig haben alle 15 Leiterinnen und Leiter der Großschutzgebiete zum Ausdruck gebracht, dass sie sich sehr wohl in der Lage fühlen,

auch in dieser Situation gute Arbeit für das Land Brandenburg zu leisten. Das würden wir gern unterstützen.

Ich habe in einer Ausschusssitzung im Frühjahr zugesagt, dass ich Sie informieren werde, wenn Sie das Thema wieder auf die Tagesordnung setzen. Dabei bleibt es. Wir haben gestern mit Vertretern des Naturschutzfonds ein Gespräch über ein Konzept geführt. Weitere Gespräche sind bereits geführt worden. Ich werde am 14. Oktober den Müritz-Nationalpark, für den das Nationalparkamt Müritz zuständig ist, besuchen, um mir die dortige Situation anzuschauen.

Wir sind dabei, viele Lösungen zu prüfen. Ich bin, wie gesagt, jederzeit bereit, mit Ihnen darüber zu diskutieren. Eines werden Sie allerdings verstehen, meine Damen und Herren von der Opposition: Diese Fragen werde ich zuallererst mit dem Koalitionspartner klären und die Lösung dann transparent machen. Ich wiederhole mein Angebot: Fragen Sie zu jeder Ausschusssitzung!

Mich würde allerdings interessieren, welche Vorschläge Sie haben, Herr Büttner. Sie kommen doch „vom Fach“. Wenn die FDP von „Reformen“ spricht, bin ich vorsichtig. Ich habe es schon mit einer auf Bundesebene beschlossenen Reform zu tun, der Gesundheitsreform, die leider nicht zugunsten Brandenburgs ausgegangen ist. Deshalb wollen wir hier nicht die von Ihnen gewünschte Reform, sondern wir wollen eine gut aufgestellte, zukunftsfähige Landschaft der Großschutzgebiete und die Nutzung all ihrer Potenziale. Dafür nehmen wir gern noch Ideen entgegen. - Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)

Vielen Dank, Frau Ministerin Tack. - Das Wort erhält noch einmal die FDP-Fraktion. Der Abgeordnete Beyer wird es ergreifen.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin froh darüber, dass es in diesem Hause eine grundsätzlich gute Einschätzung der Bedeutung und der Aufgaben von Großschutzgebieten gibt. Das ist eine wichtige Botschaft, die man - unabhängig vom Abstimmungsverhalten - von der heutigen Beratung mitnehmen kann.

Lieber Kollege Jungclaus, ich weiß nicht, ob Sie das kennen, aber manchmal gibt es im Leben den Zustand, dass man im richtigen Zug sitzt und dann mit ansehen muss, wie der Bahnhof abfährt. Das ist meine Befürchtung, was die Reform der Naturschutzverwaltung - oder besser: deren unterbliebene Reform - anbelangt.

Kollege Dombrowski, wir können uns gern darüber unterhalten, ob man eine Reform aufgrund der mitschwingenden negativen Bedeutung dieses Begriffs heutzutage überhaupt noch so bezeichnen sollte. Aber gerade der Verweis auf die Forstreform ist im Grunde der beste Ansatz, um zu klären, worum es gehen müsste. Wenn man sich die Geschichte der Forstreformen in der Bundesrepublik Deutschland anschaut - ich will gar nicht nur von denen in Brandenburg sprechen -, stellt man fest, dass über die Jahre hinweg immer wieder akzeptiert wurde, dass die

staatlichen Forstverwaltungen gigantische Defizite einfahren; in Brandenburg waren es zuletzt ungefähr 250 bis 280 Euro pro Hektar. Man hat es unterlassen, die Strukturen, mit denen der Wald - in dem Fall: das Landeseigentum - bewirtschaftet wird, dieser veränderter Marktsituation anzupassen.

Das ist das Problem. Als das Kind irgendwann in den Brunnen gefallen war und die Defizite so groß waren, dass der zuständige Minister das dem Finanzminister nicht mehr erklären konnte, war das letzten Endes immer der Anlass für die Reform. Dann hat man angefangen, irgendwelche hektischen Entscheidungen zu treffen. Genau das ist der Punkt, warum es unter Förstern diesen schönen Satz gibt: pro Umtriebszeit mindestens 100 Forstreformen. - Also alle zehn Jahre etwa eine Forstreform. Das ist genau das Problem.

Genau das - darum spreche ich darüber - sollte uns bei der Naturschutzverwaltung nicht passieren. Es ist eben nicht so einfach, wie es hier von dem einen oder anderen Redner dargestellt wurde. Wir haben keine nachhaltige Reform der Naturschutzverwaltung seit der Wende gehabt. Wir haben im Prinzip immer noch genau die gleichen Strukturen, die wir uns in den schönen goldenen Jahren, als Milch und Honig geflossen sind, dankenswerterweise ausgedacht haben. Die Landesanstalt für Großschutzgebiete wurde nicht aufgelöst. Sie wurde einfach nur „Abteilung im Landesumweltamt“ genannt und ist genau so weiterbetrieben worden. Das genau sind die Probleme.

Wir haben die gleichen großen Strukturen, und wir haben deutlich weniger Mittel. In den Großschutzgebieten haben wir momentan zwar das Personal, aber das Personal hat gar keinen Etat mehr, um irgendetwas umzusetzen. Wir werden in Kürze wieder Haushaltsberatungen haben. Da wird sich die Frage stellen, was mit dem Titel Öffentlichkeitsarbeit für die Großschutzgebiete ist. Den haben wir letztes Jahr schon entgegen unseren Anträgen zusammengestrichen. Das genau ist die Situation.

Frau Kollegin Steinmetzer-Mann, ich begrüße es sehr - ich habe es vor zwei Wochen ganz interessiert gelesen; ich weiß gar nicht mehr, in welcher brandenburgischen Tageszeitung -, dass hier Regionen sagen: Lasst uns darüber nachdenken, zwei Naturparks zu Biosphärenreservaten umzuwandeln. - Nur eines weiß ich ganz genau - da knüpfe ich gern an meine berufliche Vorerfahrung an -: Wenn Regionen das Gott sei Dank sagen, erwarten sie etwas. Dann geht es nicht nur darum, irgendwelche Großschutzgebietsstrukturen von Naturpark in Biosphärenreservat oder Nationalpark umzubenennen. Dann erwarten die Regionen etwas davon, und dann müssen wir Antworten darauf haben. Das genau sind die Probleme, die wir sehen.

Es geht hier nicht, ich sage das ausdrücklich, um eine Reform um der Reform willen. Ob wir das ganze Konstrukt am Schluss Reform nennen, darüber kann man gern diskutieren. Es geht einfach darum, die Strukturen der Umweltverwaltungen den Gegebenheiten anzupassen. Die Zeiten, in denen Milch und Honig flossen, sind in der Tat vorbei.

Ich freue mich trotzdem, dass es einen Grundkonsens über die Bedeutung unserer Umweltverwaltung gibt. Das Thema wird uns auf alle Fälle in den nächsten Wochen und Monaten begleiten. Wir schauen dann einmal, wie viele Tage der rot-roten Landesregierung das insgesamt noch sind. - Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Beyer. - Wir sind am Ende der Aussprache angelangt und kommen zur Abstimmung. Es geht um den Antrag auf Drucksache 5/4050, eingebracht von der FDP-Fraktion. „Konzept für eine Reform der Naturschutzverwaltung vorlegen!“ Wer diesem Antrag Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? - Bei einer Anzahl von Enthaltungen ist dieser Antrag abgelehnt worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 12 und rufe Tagesordnungspunkt 13 auf:

Vision und Konzept für die kulturelle Bildung

Antrag der Fraktion der SPD der Fraktion DIE LINKE der Fraktion der CDU der Fraktion der FDP der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN des Abgeordneten Dr. Hoffmann (fraktionslos)

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die diesen Antrag eingereicht hat.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Gast, herzlich willkommen! Nach zwei Jahren in diesem Haus ist aus diesem Antrag ein Beitrag zur kulturellen Bildung in eigener Sache geworden.

Was ich denn eigentlich wollte, wurde ich auf der Pressekonferenz letzte Woche gefragt. Noch ein Orchester auflösen für mehr Theater auf dem Land? Dagegen ist die Unterstützung, die ich hier aus Ihren Reihen bekomme, geradezu überwältigend. Was haben wir falsch gemacht?

(Zuruf von der SPD: Sie haben alles richtig gemacht!)

Ausnahmsweise sind wir einmal für etwas, Herr Beyer, wie übrigens bei dem Ökostrom auch schon. Darüber hinaus liegt es meiner Ansicht nach zum großen Teil daran: Wir stellen ja nur Fragen. Kulturelle Bildung - was ist das eigentlich? Zu den berühmtesten modernen Beispielen gehörte sicherlich das Projekt „Rhythm is it“, Boyston Maldoom und Sir Simon Rattle studieren mit Kindern aus 25 Nationen ein Ballett von Strawinski ein. Plötzlich verschwinden Ländergrenzen und Sprachgrenzen. Schulnoten werden irrelevant. Schulschwänzer werden zu Strebern und Mauerblümchen zu Vortänzerinnen. Das leistet kulturelle Bildung. Sie eröffnet neue Perspektiven in Bezug auf die eigene Person und in Bezug auf andere. Sie regt Fantasie an, fördert Kreativität, weckt Interesse an anderen Kulturen, macht das Leben bunter - für Menschen von 0 bis 99.

Kulturelle Bildung kann stattfinden in Museen, Malschulen, Musikschulen, normalen Schulen, in Bibliotheken und Jugendklubs - kurz: überall in Brandenburg. Der Nachteil dabei: Wie Bildung allgemein folgt sie nicht den Kriterien der Wirtschaftlichkeit, zumindest nicht der kurzfristig gedachten.

Wo und wie viel kulturelle Bildung wollen wir uns eigentlich leisten in diesem Land? Sollen alle Kinder in der Schule Theater spielen dürfen? Wem leiht das Land Musikinstrumente? Brauchen wir in immer dünner besiedelten Randregionen überhaupt noch Jugendkunstschulen und wofür eigentlich? Wir geben ziemlich viel Geld für kulturelle Bildung aus. Wie viel genau, lässt der Haushalt nicht erkennen.

Kulturelle Bildung ist in zwei unterschiedlichen Ministerien verankert. Welchen Anteil daran leistet eigentlich Schule? Wenn ein Theater Landesmittel erhält, wie hoch ist der Anteil für kulturelle Bildung? Werden kleine freie Anbieter kultureller Bildung wirklich freihändig gefördert? Brauchen wir da nicht klare Kriterien? Wenn wir das Musikschulgesetz novellieren, wäre es nicht sinnvoll, die Jugendkunstschulen mit in ein solches Gesetz zu integrieren? Wie erfolgt kulturelle Bildung eigentlich bei Erwachsenen? Was können wir bei all den Fragen vielleicht auch von anderen Bundesländern lernen?

Paul Auster hat einmal gesagt, der wahre Sinn der Kunst liege nicht darin, schöne Objekte zu schaffen. Sie sei vielmehr eine Methode, um zu verstehen. - Jetzt bin ich gespannt, ob Sie dasselbe darunter verstehen.

(Beifall GRÜNE/B90)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete von Halem. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fort. Die Abgeordnete Theiss erhält das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Frau von Halem, so, wie Sie eben gerade mit Paul Auster aufgehört haben, wollte ich beginnen.

(Heiterkeit der Abgeordneten von Halem [GRÜNE/B90])

So nah ist man manchmal miteinander.

(Zuruf von der SPD: Aber Sie haben Geburtstag!)

- Nein, einmal, denke ich, reicht bei den Abgeordneten.

(Heiterkeit bei der SPD)

Was eigentlich heißt kulturelle Bildung? Kulturelle Bildung bedeutet, so fand ich die Definition, Bildung zur kulturellen Teilhabe. Kulturelle Teilhabe bedeutet Partizipation am künstlerisch-kulturellen Geschehen einer Gesellschaft im Besonderen und an ihren Lebens- und Handlungsvollzügen im Allgemeinen. Kulturelle Bildung gehört zu den Voraussetzungen für ein geglücktes Leben in seiner personalen wie in seiner gesellschaftlichen Dimension. Kulturelle Bildung ist konstitutiver Bestandteil von allgemeiner Bildung.

Wie soll denn nun kulturelle Bildung in Brandenburg aussehen? Ein umfangreiches Angebot für alle Kinder - von der Früherziehung in den Kitas, in den Schulen und im außerschulischen Bereich, welches zum Teil schon vorhanden ist - ist zu stärken und auszubauen. Von der Früherziehung über das Lernen eines Instruments, Kinderchöre und Orchester, Ballett und

moderner Tanz, kreatives Werken und Schauspiel sollte Kindern und Jugendlichen eine breite Palette an Möglichkeiten gegeben werden.

Viele Orte sind neben Schule und Kita denkbar, an denen Kinder mit Kultur in Berührung kommen: in den Musikschulen, Museen, Theatern, Kunst- und Ballettschulen, Volkshochschulen, Bibliotheken, ja selbst im Zirkus. In den Städten und im berlinnahen Raum ist die Erreichbarkeit kultureller Angebote sicherlich eher gegeben als im ländlichen Raum. Auch soziostrukturelle Aspekte wie die finanziellen Möglichkeiten und das Bildungsniveau der Eltern spielen sicherlich eine große Rolle. Deshalb ist es wichtig, den Kindern in den Bildungseinrichtungen kulturelle Bildung zu vermitteln.

Kulturelle Kinder- und Jugendbildung muss für alle Kinder, unabhängig vom Elternhaus, möglich sein. Deswegen ist es notwendig und richtig, eine Vielzahl von Angeboten wie Schulchöre, „Klasse musiziert“, Kunst- und Zirkusprojekte im Rahmen von Ganztagsangeboten zu haben. Die mögliche Zusammenarbeit mit Schulen kann hier nur ein Glied in einer langen Kette komplizierter Fragen der Zukunft sein, beginnend mit der Frage, wie kulturelle Bildung in sehr formalen Zusammenhängen und mit neuen Lernkulturen sowie partizipatorischen Aktivitätsformen vermittelt werden sollte und vielleicht vorerst endend mit der Frage, welche Möglichkeiten es gibt, auch informell-bildende Erfahrungen und Lernformen, etwa auf dem Feld der kulturell-ästhetischen Medienbildung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, mit unserem professionellen Bildungs- und Vermittlungswissen besser zu verstehen, zu evaluieren, zu realisieren und zu qualifizieren - als Gelingensbedingungen und Ermöglichungsstrukturen kulturellkünstlerischer ästhetischer Bildung für das 21. Jahrhundert.

Es wäre natürlich schön, wenn wir noch mehr Angebote unterbreiten könnten. Aber angesichts des schrumpfenden Landeshaushaltes ist an einen weiteren Ausbau der kulturellen Jugendangebote leider nicht zu denken. Deshalb sollten die Mittel, die im Haushalt für die kulturelle Bildung ausgegeben werden, nicht im Gießkannenprinzip verteilt, sondern gezielt für kulturelle Bildung eingesetzt werden - dort, wo wir es für wichtig befinden.

Die Datenerhebung 2009/2010 in Brandenburg ergab, dass sich kulturpädagogische Einrichtungen - von Musik- bis zu Jugendkunstschulen - als Partner in der kommunalen Bildungslandschaft begreifen. Dabei können die Kooperationen sowohl inhaltlich-fachlich als auch technisch-institutionell organisiert sein. Ziel aller Kooperationsansätze ist es, den Bildungsansatz der Jugendkunst- und Musikschulen sowohl bekannt zu machen als auch ihn den angesprochenen Zielgruppen zugute kommen zu lassen.

Aufgrund der Vielzahl der Kooperationen und der Mobilität sowie Flexibilität ist es nun nicht möglich, einen aktuellen umfassenden Istzustand darzustellen. Beispielhaft für die Einbindung einer Einrichtung in einer Stadt sind zum Beispiel die Aktivitäten des Kunstvereins Templin und die hervorragende Kooperation des Kinder- und Jugendtheaters Senftenberg mit den Schulen und Kindereinrichtungen des Landkreises.

Sehr geehrte Frau Abgeordnete, es...

Einen abschließenden Satz: Nun muss es uns gelingen, die vorhandenen Ressourcen zu bündeln und vorhandene Netzwerke sowie die erforderlichen Rahmenbedingungen auszubauen. Dies sollte im Leitbild des Landeskonzeptes „Kulturelle Bildung“ enthalten sein.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete. Es gibt leider keinen Geburtstagsbonus. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der CDU-Fraktion fort. Die Abgeordnete Heinrich hat das Wort.