Protokoll der Sitzung vom 28.09.2011

(Vereinzelt Beifall DIE LINKE)

Die Grünen sollen der Realität ins Auge blicken

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE)

und die Landwirtschaftspolitik auf bestehenden Strukturen aufbauen. Niemand kann ernsthaft denken, dass wir in Brandenburg zu kleinen landwirtschaftlichen Betrieben zurück wollen.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Zur zweiten Säule – dazu wurde auch schon etwas gesagt -: Hier gibt es interessante Ansätze der Europäischen Kommission, die, denke ich, auch für Brandenburg durchaus interessant sind. Aus unserer Sicht soll besonders der Schwerpunkt Wissenstransfer bei landwirtschaftlichen Beratungsdiensten förderfähig sein. Ausbildung, Hofübergabe, Nachwuchsförderung sollen auch in dem zukünftigen EPLR eine wichtige Rolle spielen. Ich denke, gerade das ist auch für Brandenburg wichtig.

Wenn wir über die neue Förderperiode nachdenken, müssen die gesellschaftlichen Leistungen der Landwirtschaft in sozialer und ökologischer Hinsicht im Vordergrund stehen, unabhängig von der Betriebsgröße; dafür steht die Linke.

(Vereinzelt Beifall DIE LINKE und SPD)

Wir setzen mit dem Beitrag der Abgeordneten Niels von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Gäste! Wir haben es schon in den vorhergehenden Reden gehört: Herr Folgart widmet sich eher seinen Verbandsaufgaben, anstatt als Abgeordneter an der Debatte teilzunehmen.

(Oh! bei der SPD - Zuruf von der SPD: Das ist aber unfair!)

Wir haben offene Kritik an Maismonokulturen gehört, und mich wundern absolut die heute gezogenen Schlussfolgerungen. Anscheinend herrscht in diesem Hause das Motto „Was geht mich mein Geschwätz von gestern an?“ Es ist klar, dass die Partei DIE LINKE in allen programmatischen Erklärungen auf Europa- und Bundesebene diese Reden hält, in denen es um Maismonokulturen geht und darum, dass große Agrarbetriebe den Markt beherrschen usw. Nur die Schlussfolgerungen, die heute hier seitens der Landesregierung zusammen mit der SPD gezogen wurden, sind ganz andere. Dabei ist doch ganz klar, dass wir in der Landwirtschaft einen Paradigmenwechsel brauchen: weg von der Produktion billiger Lebensmittel und Rohstoffe auf Kosten unserer Lebensgrundlagen hin zu einer umwelt- und tierschutzgerechten Landwirtschaft!

(Beifall GRÜNE/B90)

Darin sind wir uns ansonsten, an anderen Tagen, an anderen Orten mit der Partei die Linke einig.

Die aktuelle Reform der europäischen Förderpolitik bietet dafür eine einmalige Chance. Ich muss es wiederholen: Es geht um die Verteilung von Steuergeldern. Insofern, sehr geehrter Herr Beyer von der FDP: Wie können Sie sich denn hier plötzlich dafür aussprechen, dass nach dem Gießkannenprinzip weiter in der ersten Säule finanziert wird, wenn die großen Betriebe so wettbewerbsstark sind und Sie langfristig aus der Subventionspolitik aussteigen wollen, die eigentlich gar kein urliberales Thema ist?

(Beifall GRÜNE/B90)

Dann kann man doch sagen: Betriebe tragen sich ab einer bestimmten Größe selbst und können eben auf einen sehr hohen Förderbetrag gut und gerne verzichten. Wir wissen auch: Das können die in Deutschland und Frankreich zum Beispiel ganz gut.

Wir fordern, dass nur noch jenen Landwirten öffentliche Gelder zustehen, die besondere gesellschaftliche Leistungen erbringen. Hierzu gehören neben der Erzeugung von gesunden landwirtschaftlichen Produkten auch die Schonung von Wasser, Boden und Klima und der Erhalt der biologischen Vielfalt.

(Beifall GRÜNE/B90)

Die bisherige Verteilung der Gelder ist zutiefst ungerecht. Im Jahr 2009 erhielten 1,6 % der deutschen Agrarbetriebe ein Drittel aller Fördermittel, und das finden Sie als Linke jetzt eine

tolle Politik, die SPD findet das total gerecht und macht weiter so - alles klar.

Ich freue mich über die Brandenburger CDU, die erkannt hat, dass eine Vielfalt von Betrieben auch für den Wettbewerb wichtig ist.

Und ich frage mich, Herr Beyer, was Sie mit „guten alten Zeiten“ meinen. Das Lehnswesen? Also ich meine, Lehnsherr und Vasallen hatten einen sehr respektvollen Umgang miteinander. Ich kenne keine politische Partei, die zu irgendwelchen guten alten Zeiten zurück will. Wir reden hier über eine EU-Agrarpolitik und eine Vielfalt von Firmen, von landwirtschaftlichen Betrieben, denen es möglich sein muss, Landwirtschaft zu betreiben. Das Nachwuchsproblem hängt ja wohl auch an der Verfügbarkeit des Bodens.

Um in Brandenburg aus Maiswüsten vielfältige Kulturlandschaften entstehen zu lassen, setzen wir uns für eine gute fachliche Praxis mit mindestens dreigliedriger Fruchtfolge ein. Eine Hauptfrucht darf hierbei auf höchstens 50 % der Ackerfläche eines Betriebes angebaut werden. Des Weiteren erwarten wir, dass Landwirte, die öffentliche Gelder bekommen, auf klimaschädlichen Grünlandumbruch und den Einsatz von gentechnisch veränderten Organismen verzichten.

(Beifall GRÜNE/B90)

Das will auch der Verbraucher nicht, das ist im Grunde gar kein Thema.

Autobahnunfälle durch Sandstürme dürfen nicht wieder vorkommen. Wir fordern deshalb außerdem verpflichtende Maßnahmen des Erosionsschutzes, zum Beispiel die Winterbegrünung gefährdeter Ackerflächen.

Deutschland und auch Brandenburg sind in hohem Maße immer noch von Futtermittelimporten abhängig. Für den Anbau von Soja werden weiterhin ungebremst große Regenwaldflächen gerodet. Trotzdem gibt es etwas Fleischexportsubventionierung von der Bundesregierung; das wird auch noch von politischer Seite finanziell unterstützt. Der Rückbau von Regenwaldflächen, um einfach nur Tierfutter für Europa anzubauen, ist eine vielschichtige Tragödie. Für diese Tragödie sind wir mitverantwortlich; Die Linke weiß es an anderen Tagen auch. Wir sehen deshalb die europäische Landwirtschaft in der Pflicht, selbst eiweißhaltige Futtermittel anzubauen, zumal mit dem Anbau von bodenverbessernden Leguminosen auch Ziele des Boden-, Gewässer- und Artenschutzes erreicht werden können.

(Beifall GRÜNE/B90)

Wir setzen uns außerdem dafür ein, dass Direktzahlungen innerhalb der ersten Säule an verpflichtende, anspruchsvolle Umweltkriterien geknüpft werden. Hierzu zählen zum Beispiel Einschränkungen im Einsatz von Kunstdünger und Pflanzenvernichtungsmitteln und eine Reduzierung der Tierbesatzdichte.

Als vorbildlich kann immer noch der ökologische Landbau hervorgehoben werden, denn er zeigt bereits seit Jahrzehnten, wie umweltgerechte Landwirtschaft funktionieren kann. Wir fordern deshalb eine besondere Unterstützung von ökologisch wirtschaftenden Agrarbetrieben und auch eine Förderung von

Betrieben, die umstellen wollen, sowie eine Auszahlung der Fördergelder innerhalb der ersten zwei Jahre, in denen die ökonomischen Risiken am größten sind.

(Beifall GRÜNE/B90)

Die Absatzmärkte - hier leuchtet etwas. Also: Wenn Sie unseren Antrag unterstützen, dann werden wir uns in Zukunft an wunderbaren blühenden Landschaften weiden.

(Beifall GRÜNE/B90 sowie vereinzelt CDU)

Es gibt eine Kurzintervention des Abgeordneten Dombrowski, die sich allerdings auf den vor-vorherigen Redebeitrag bezieht. Bitte, Herr Dombrowski.

Ich möchte auf den Kollegen Luthardt zurückkommen.

(Görke [DIE LINKE]: Nein, das dürfen Sie nicht! Kurz- interventionen dürfen sich nur auf den vorherigen Redner beziehen!)

Das hatte ich gerade mitgeteilt. Er hat das Recht zu reden.

Herr Görke, Sie sind zwar Lehrer und achten darauf, wenn die Schüler nicht zuhören, aber in dem Fall haben Sie nicht zugehört.

(Beifall CDU)

Der Kollege Luthardt hat mich bzw. die CDU angesprochen und darauf verwiesen, wie sich die Meinung bei der CDU so ändere. Er hat sinngemäß erklärt, niemand habe die Absicht, die Großbetriebe zu Kleinbetrieben zu machen. Zu Letzterem kann ich Ihnen sagen: Die Absicht haben wir natürlich auch nicht, denn wir akzeptieren die Betriebsstrukturen in Brandenburg so, wie sie sind, um das einmal klarzustellen.

Aber, Herr Dr. Luthardt, ich frage Sie: Was haben Sie eigentlich dagegen, dass die Europäische Union Beschäftigung im ländlichen Bereich sichern will, indem sie die Direktzahlung auch an die Beschäftigungswirksamkeit koppelt? Was haben Sie dagegen, dass die Europäische Union, das Europaparlament und der Kommissar die Direktzahlungen an den aktiven Landwirt knüpfen wollen, das heißt, dass nur derjenige Agrarsubventionen bekommt, der im Haupterwerb Landwirtschaft und nicht etwa Seniorenheime und Ähnliches betreibt?

(Beifall CDU)

Was haben Sie eigentlich dagegen, dass junge Landwirte bei ihrer Existenzgründung verpflichtend gefördert werden sollen? Was haben Sie eigentlich gegen den Vorschlag, wie er vom Agrarkommissar und dem Europaparlament unterbreitet wur

de, dass die Mittel, die in den einzelnen Nationalstaaten im Agrarbereich eingespart werden, im Land verbleiben und in Innovationen der Betriebe und einzelbetriebliche Förderungen fließen? Was haben Sie dagegen?

(Frau Melior und Frau Gregor-Ness [SPD]: Gar nichts! - Beifall CDU)

Das sind die Dinge, über die wir hier konkret reden. Deshalb wiederhole ich mich und kann nur sagen: Guten Morgen! Hier weiß der eine oder andere nicht, was für Diskussionen im Laufe des letzten halben Jahres geführt und Entscheidungen getroffen wurden.

Von daher ist unsere Aufgabe eigentlich auch, zu schauen, Herr Dr. Luthardt, was wir in Brandenburg tun können. Sie haben verschiedene Punkte, was Vernetzung usw. angeht, angesprochen. Das ist alles wunderschön, aber schauen Sie in den Regierungsfraktionen doch einmal darauf, wo Sie, die beiden Fraktionen und die Landesregierung, den Landwirten das Leben schwermachen. Schauen Sie sich das Wolfsmanagement, die Gänsefraßschäden, die nasse Enteignung durch die Moorschutzprogramme und den Streit zwischen Landwirten und Naturschützern an und sehen Sie ein, dass sich die Teilung des Ministeriums nicht bewährt hat. Das sind Dinge, an denen wir in Brandenburg arbeiten sollten, anstatt immer auf andere zu zeigen, die angeblich keine Ahnung von Brandenburg haben.

(Beifall CDU)

Brandenburg ist nicht der Nabel der Welt. Wir sind wichtig, wir als Landtag sind für dieses Land verantwortlich, aber wir sind nicht der Nabel der Welt. Die Welt dreht sich weiter, auch wenn Sie weiterhin verharren und warten, was passiert.