Protokoll der Sitzung vom 28.09.2011

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Scharfenberg. - Wir setzen mit dem Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fort. Frau Abgeordnete Nonnemacher hat das Wort.

Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Gäste! Die Beschlussempfehlung des Innenausschusses lautet: „Der Landtag möge das oben genannte Konzept zur Kenntnis nehmen.“ - Dies ist unstrittig, und wir nehmen zur Kenntnis, dass in den Einsatzabteilungen der freiwilligen Feuerwehren im Jahr 2002 50 000 Personen, im Jahr 2009 46 500 Personen zur Verfügung standen und im Jahr 2020 vermutlich nur noch 35 000 Personen zur Verfügung stehen werden.

- Wir nehmen zur Kenntnis, dass die den Brand- und Katastrophenschutz tragenden jüngeren und mittleren Jahrgänge immer schmaler werden, dass sich gesteigerte Anforderungen an den Katastrophenschutz umgekehrt proportional zur Bevölkerungsentwicklung verhalten.

- Wir nehmen zur Kenntnis, dass wohnortnahes Arbeiten und damit verlässliche Verfügbarkeit ehrenamtlicher Helfer immer häufiger eine Ausnahme darstellt, dass durch den Transformationsprozess der Bundeswehr seit 2003 und besonders durch das Aussetzen der Wehrpflicht zum 01.07.2011 im Katastrophenfall Unterstützung aus diesem Bereich wegbrechen wird.

- Wir nehmen zur Kenntnis, dass das Konzept eine gute Zustandsbeschreibung ist und demografische Probleme zuverlässig erörtert, aber außer einem Potpourri an Ideen zur Förderung des Ehrenamtes keine belastbaren Antworten zu einheitlichen organisatorischen Strukturen und zur Finanzierung derselben gibt.

- Wir nehmen ferner zur Kenntnis, dass sich das Land für die LSTE, das zentrale Katastrophenschutzlager und das „Koordinierungszentrum Krisenmanagement“ im Innenministerium zuständig fühlt, seine sich aus § 5 des Brandenburgischen Brand- und Katastrophenschutzgesetzes erwachsende Zuständigkeit für kreisgebietsübergreifende Schadensereignisse aber nicht weiter anschaut.

Am 05.05.2011 fand im Innenausschuss das Fachgespräch zum Konzept statt. Belustigt hat mich der von einem Sachverständigen mit entwaffnender Offenheit vorgetragene Satz:

„Die wichtigsten Dinge sind darin nicht enthalten.“

Die Anzuhörenden forderten im Bereich des Katastrophenschutzes im Wesentlichen Folgendes:

- die guten Ansätze aus dem Konzeptentwurf von 2009 endlich verbindlich zu übernehmen;

- den Erlass einer Rechtsverordnung nach § 49 Abs. 2 Nr. 3 zur Schaffung verbindlicher einheitlicher Mindeststrukturen;

- den Erlass einer Rechtsverordnung zur Einführung des BOSDigitalfunks;

- den Erlass einer Verwaltungsvorschrift nach § 44 zur Gewährung von Zuwendungen an untere Katastrophenschutzbehörden;

- modernes, effektives Gerät und ein Ausstattungskonzept;

- die verstärkte Einbeziehung aller im Katastrophenschutz tätigen Organisationen und Behörden;

- eine stärkere, auf Freiwilligkeit beruhende interkommunale Zusammenarbeit.

Offensichtlich hat das MI inzwischen die seit Langem geforderte Erarbeitung einer Katastrophenschutz-Rechtsverordnung in die Hand genommen. Die zum Fachgespräch Geladenen hatten schon im April entsprechende Entwürfe zugestellt bekommen bzw. arbeiten kontinuierlich daran mit. Dies ist nach jahrelangem Stillstand zu begrüßen; den Ergebnissen sehen wir mit Interesse entgegen.

Der von den Koalitionsfraktionen und der Fraktion der FDP meine Damen und Herren, nicht nur Neuruppin bleibt bunt, sondern auch dieser Landtag wird immer bunter, was ich ausdrücklich begrüße - vorgelegte Entschließungsantrag fordert nun nochmals das ein, was das Innenministerium seit Längerem erarbeitet. Vermutlich macht man das so, gefallen muss es einem aber nicht.

Zum Digitalfunk und zur Feuerwehr schweigt sich der Entschließungsantrag aus. Was wird aus den Feuerwehrführerscheinen? Wie geht es mit der Förderung der Stützpunktfeuerwehren weiter? Wie wird die Einsatzfähigkeit in der Fläche gewährleistet, wenn nicht in dem gewünschten Umfang neue Ehrenamtler gewonnen werden können?

Die Feuerwehr stellt sowohl in Brandenburg als auch bundesweit das Gros der Einsatzkräfte im Katastrophenschutz. Auch wenn die Debatte tabuisiert wird - außer Herrn Goetz spricht

das hier niemand an -, so werden wir doch mittelfristig nicht umhinkommen, die Stützpunktfeuerwehren mit immer mehr hauptamtlichen Kräften zu unterfüttern, um ein einigermaßen flächendeckendes und verlässliches Netz beim Brandschutz garantieren zu können. Auf diese Kräfte wird dann auch im Katastrophenfall ein schneller Zugriff möglich sein. Wie es so schön im Fachgespräch hieß: Auch eine Verstärkung der interkommunalen Zusammenarbeit generiert nicht mehr Personal, und eine Rechtsverordnung über Mindeststärken löst nicht das Problem, woher das Personal kommen soll. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall GRÜNE/B90 und vereinzelt DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Nonnemacher. - Wir setzen mit dem Beitrag der Landesregierung fort. Herr Minister Dr. Woidke hat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu diesem Thema ist schon viel gesagt worden. Frau Nonnemacher hat dankenswerterweise nochmals auf die demografischen Herausforderungen hingewiesen, vor denen das System des Brandenburger Brand- und Katastrophenschutzes in den nächsten Jahren steht. Was heißt das für uns? Für uns kann das nur heißen, dass das ehrenamtliche Mitmachen beim Brand- und Katastrophenschutz attraktiver werden muss. Das wiederum gelingt nur, wenn dieses Mitmachen von der Gesellschaft sichtbar anerkannt wird und in Vorhaben der Landesregierung einen festen Platz hat. Ich bin sehr froh, dass dies passiert ist, und verweise auf Projekte im Rahmen von „Arbeit für Brandenburg“ sowie auf die Zusammenarbeit mit Schulen zur Förderung freiwilliger Feuerwehren im ländlichen Raum. Dafür bin ich meinen Ressortkollegen sehr dankbar.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Schon daran lässt sich ablesen: Ein Zukunftskonzept für den Brand- und Katastrophenschutz des Landes war und ist nötig. Als der Landtag im Juni 2010 ein solches Konzept beschloss, wies er auch auf die besondere Verantwortung des Landes für den Katastrophenschutz hin. Dieser Verantwortung stellt sich das Land. Das Konzept stellt die Aufgaben des Landes dar, die nicht nur beim Ministerium des Innern, sondern auch bei den anderen Ressorts liegen. Ihre Fähigkeiten zum Schutz der Bevölkerung wird die Landesregierung vorhalten, entwickeln und auch einsetzen. Diesem Anliegen entspricht der vorliegende Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen, den ich ausdrücklich begrüße.

Eine Weiterentwicklung des Bevölkerungsschutzes ist dringend geboten; denn das, was Land und Kommunen künftig im Katastrophenschutz leisten müssen, ist auch bedingt durch die Folgen des Wehrrechtsänderungsgesetzes 2011 des Bundes. Die Bundeswehr befindet sich im größten Reformprozess seit ihrer Aufstellung im Jahr 1955. Weniger Streitkräfte und der Wegfall der allgemeinen Wehrpflicht werden sich erheblich auf bestehende Strukturen des Bevölkerungsschutzes in den Bundesländern, aber auch auf Bundesbehörden wie die Bundesanstalt Technisches Hilfswerk auswirken.

Die Landesregierung setzt sich gegenüber dem Bundesministerium der Verteidigung mit Nachdruck - mit Nachdruck, Herr

Petke! - für jeden militärischen Dienstposten bzw. zivilen Arbeitsplatz an unseren Bundeswehrstandorten ein. Dennoch müssen wir uns auf erhebliche Veränderungen gefasst machen. So wird die personalstärkste Teilstreitkraft der Bundeswehr, das Heer, von derzeit 82 100 auf ca. 57 000 Dienstposten vermindert. Das wird Auswirkungen auf die Verfügbarkeit von Kräften und Technik haben - auch und insbesondere im Katastrophenfall. Es bedarf daher einer strukturellen Stärkung der Katastrophenschutzbehörden in Brandenburg und neuer Formen der Zusammenarbeit, um weiterhin einen wirkungsvollen Schutz der Bürgerinnen und Bürger des Landes Brandenburg zu gewährleisten.

Mir ist es noch wichtig zu sagen, dass die dargelegten Ergebnisse und Handlungsoptionen ohne die Mitarbeit der Expertengruppe „Zukunft des Brand- und Katastrophenschutzes im Land Brandenburg“, die aus Vertretern der Ressorts der Landesregierung, der kommunalen Gebietskörperschaften, der kommunalen Spitzenverbände und des Landesfeuerwehrverbandes Brandenburg besteht, so nicht hätten zustande kommen können. Hierfür nochmals unser herzlicher Dank!

(Vereinzelt Beifall SPD und DIE LINKE)

Das Konzept ist nicht der Abschluss einer Diskussion, sondern es bildet die Grundlage für die Arbeit der kommenden Jahre und die Basis, um den kommenden Herausforderungen begegnen zu können. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Minister Dr. Woidke. - Wir sind damit am Ende der Aussprache angelangt und kommen zur Abstimmung. Wir stimmen zuerst über die durch den Ausschuss für Inneres eingereichte Beschlussempfehlung zum Konzept zur Zukunft des Brand- und Katastrophenschutzes, Drucksache 5/4042, ab. Wer dieser Beschlussempfehlung Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Stimmenthaltungen? - Stimmenthaltungen gibt es nicht. Der Beschlussempfehlung ist mehrheitlich entsprochen und das Konzept der Landesregierung zur Kenntnis genommen worden.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag ohne Titel - in der Drucksache 5/4087, eingebracht durch die SPD-Fraktion, die Fraktion DIE LINKE und die FDP-Fraktion. Wer diesem Entschließungsantrag Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Stimmenthaltungen? - Bei einigen Stimmenthaltungen ist diesem Entschließungsantrag ebenfalls Folge geleistet worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 5 und eröffne Tagesordnungspunkt 6:

Brandenburgisches Besoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetz 2011/2012 (BbgBVAnpG 2011/2012)

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 5/3750

2. Lesung

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Haushalt und Finanzen

Drucksache 5/4014

Es wurde vereinbart, hierzu keine Debatte zu führen. Wir kommen demzufolge sofort zur Abstimmung. Wer der Beschlussempfehlung in der Drucksache 5/4014, eingebracht durch den Ausschuss für Haushalt und Finanzen, Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist das Gesetz in 2. Lesung verabschiedet worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 6. Bevor ich Tagesordnungspunkt 7 aufrufe, begrüße ich sehr herzlich in unseren Reihen Vertreterinnen und Vertreter der GEW-Seniorengruppe Finsterwalde. Seien Sie herzlich willkommen.

(Allgemeiner Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 7 auf:

Kinder- und Jugendhilfebeteiligung als aktiver Beitrag zur Gestaltung des Landes Brandenburg

Große Anfrage 12 der Fraktion der SPD der Fraktion DIE LINKE

Drucksache 5/3031

Antwort der Landesregierung

Drucksache 5/3499