Protokoll der Sitzung vom 10.11.2011

(Heiterkeit SPD und DIE LINKE)

Dass der AdR auch die internationale Mobilität von Beamten beschlossen hat - meine Hochachtung! Von welchen Beamten reden wir denn hier? Das erschließt sich mir nicht ganz.

Ich nenne ein Beispiel: 1999 hat der Landkreis Elbe-Elster mit dem polnischen Partnerkreis einen Partnerschaftsvertrag geschlossen. Seitdem sind nicht nur die Landräte hin- und hergefahren; sie haben auch ihre Beamten mitgenommen. Wir haben aber auch Bürgerinnen und Bürger mitgenommen. Es liegt immer an den Akteuren. Verständnis füreinander entwickeln, damit aus Nachbarn Freunde werden - das ist die große Überschrift.

Angesichts meiner Erfahrungen, die ich in den vergangenen 20 Jahren im europäischen Rahmen gesammelt habe - in dieser Zeit haben wir Europa in gewisser Weise auf dem silbernen Tablett geschenkt bekommen -, kann ich mit Fug und Recht feststellen, dass die Zusammenarbeit auf verschiedenen Ebenen bereits gut funktioniert. Ich treffe überall Menschen; darunter sollen auch Beamte sein. Die Notwendigkeit, sie nun extra zu mobilisieren, damit sie nach Polen fahren, erschließt sich mir nicht.

Es gibt eine ausreichende Zahl an Programmen der Europäischen Kommission, von Bildungsträgern und, und, und. Ich selbst veranstalte politische Bildungsfahrten, um unseren Bürgerinnen und Bürgern den europäischen Gedanken, in welche Himmelsrichtung auch immer, nach Frankreich oder nach Polen, zu vermitteln. Das ist das, was Sie - vielleicht - im Ansatz gemeint haben; ich weiß es nicht.

Frau Abgeordnete Hackenschmidt, möchten Sie eine Frage, gestellt von Herrn Abgeordneten Lipsdorf, zulassen?

Nein. Ich habe über zehn Minuten lang versucht, die Intention seines Antrags zu verstehen. Eine Zwischenfrage möchte ich nicht auch noch beantworten. Das muss ich ehrlich sagen.

Auf die Vielzahl von Projekten habe ich bereits hingewiesen. Es steht in keinem Programm - ich habe jedenfalls keines gefunden -, dass Beamte ausgeschlossen seien. Das hängt vom Dienstherrn ab. Wer nähere Informationen haben will, kann sich gern an mich wenden. Es gibt Internetseiten, „bis der Arzt kommt“; auch dort findet man Programme. Wie gesagt, die Personengruppe der Beamten ist nicht ausgeschlossen; sie dürfen genauso fahren. Wenn das mit dem Personalrat - oder wer immer zuständig ist - besprochen wird, dann ist das möglich.

Ich halte Ihren Antrag für mehr als überflüssig, Herr Lipsdorf. Aber wir können das gern bei einer Flasche Rotwein klären; dann wird es sicherlich verständlicher.

(Heiterkeit und Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Hackenschmidt. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der CDU-Fraktion fort. Die Abgeordnete Richstein hat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen, Sie machen es einem wirklich schwer, hier eine gut vorbereitete, strukturierte Rede vorzutragen; denn man muss ja erst einmal wieder Klarheit hineinbringen.

(Lachen bei der SPD - Frau Hackenschmidt [SPD]: Ich bin ja froh, dass es nicht nur mir so geht!)

Ich hatte gemeint, Sie seien nur ein bisschen verwirrt durch den Redebeitrag, aber jetzt hat sich bei mir der Eindruck verfestigt, dass Sie leider den Antrag nicht verstanden haben.

(Lachen bei der SPD)

Ich bin der FDP außerordentlich dankbar, dass sie diesen Antrag gestellt hat, weil es hier um die Umsetzung von Dingen, die in vielen Sonntagsreden einfach nur besprochen wurden, geht. Eigentlich soll der Verfassungsgrundsatz der Zusammenarbeit insbesondere mit den polnischen Nachbarn einmal mit Leben erfüllt werden. Der Anlass - das steht ja auch im Text ist die Vereinbarung auf höchster Ebene, Beamte auszutauschen. Frau Hackenschmidt, das heißt nicht, dass Sie nicht in das andere Land fahren dürften. Das dürfen Sie natürlich, wir haben in der EU Mobilität, Sie dürfen an irgendwelchen Programmen teilnehmen. Aber es geht darum, dass Sie wirklich in der Verwaltung des jeweils anderen Landes eingesetzt werden, um dort einmal neue und andere Aspekte mit hineinzubringen.

Ganz zu Anfang, bevor Polen Mitglied der Europäischen Union wurde, ging einmal eine Brandenburger Beamtin nach Zielona Góra, ich glaube, für zwei Jahre, und zwar mit der Intention, die Arbeit innerhalb der Europäischen Union den polnischen Freunden näherzubringen. Das hat jetzt eine andere Dimension. Aber man braucht schon Grundlagen, damit ein solcher Austausch stattfindet und es nicht temporär bei irgendwelchen Freundschaftsbesuchen stehen bleibt. Der Anlass war der Austausch auf höchster Bundesebene, was auch erfolgt. Aber letztendlich darf es nicht dabei bleiben.

Es ist in der Tat so, dass der Ausschuss der Regionen auf seiner letzten Plenartagung eine Stellungnahme zur europäischen und

nationalen Mobilität von Beamteten und Bediensteten von Gebietskörperschaften in der Europäischen Union abgegeben hat. Auch ich möchte daraus zitieren. Sie ist lang genug, sodass wir nicht die gleiche Stelle gefunden haben, Herr Lipsdorf. Unter Ziffer 7 heißt es:

„Der Ausschuss der Regionen weist darauf hin, dass die Gebietskörperschaften gemäß dem Subsidiaritätsprinzip in der Mehrzahl der Mitgliedsstaaten direkt für die Planung und Bereitstellung der öffentlichen Dienstleistungen zuständig sind und zudem sicherstellen müssen, dass die Behörden so effizient wie möglich arbeiten. Sowohl auf lokaler als auch auf regionaler Ebene ist ein reicher Wissens- und Erfahrungsschatz vorhanden. Auf genau dieser Ebene ermöglicht der Austausch bewährter Praktiken die größtmögliche Anzahl innovativer Ansätze.“

Daran möchte ich anschließen, denn das ist es: Wir brauchen innovative Ansätze in der Zusammenarbeit mit Polen. Wir möchten eine funktionierende Verwaltungsbehörde im Rahmen der europäischen territorialen Zusammenarbeit, wir möchten eine fruchtbringende Oderpartnerschaft. Wir möchten generell ein gutes, ein engeres Miteinander mit unseren polnischen Nachbarn. Deswegen lassen Sie uns doch diese Möglichkeit nutzen, ein besseres Verständnis für die gegenseitige Politik und vor allen Dingen - und das macht es uns manchmal schwer für die politischen Entscheidungsprozesse zu erlangen. Auch hierzu äußert sich der Ausschuss der Regionen, in dem er sagt:

„Der Ausschuss der Regionen fordert die EU-Staaten, die noch keine Rechtsvorschriften für die Erleichterung der europäischen und internationalen Mobilität ihrer eigenen ständigen und zeitweiligen kommunalen und regionalen Bediensteten erlassen haben, auf, dies... zu tun... Solche Rechtsvorschriften sind sinnvoll, um die Rechte und Pflichten der entsandten Bediensteten zu definieren.“

Diese Stellungnahme ist einstimmig im Oktober verabschiedet worden. Ich gehe davon aus, dass Minister Christoffers, wenn er an der Sitzung des Ausschusses der Regionen teilgenommen hat, dieser Stellungnahme zugestimmt hat. Deswegen wäre es schön, wenn die eigene Stellungnahme dann auch im Land umgesetzt würde.

Wäre es vorher mit einem geordneten Verfahren zugegangen, hätte ich meine Rede eher unter ein Zitat von Nietzsche gestellt: „Die Glücklichen sind die Neugierigen.“ Lassen Sie uns neugierig sein auf die Beamten und die Bediensteten Polens, die hier arbeiten können. Deswegen: Machen Sie uns neugierig, machen Sie uns glücklich und stimmen Sie dem Prüfungsantrag zu! - Vielen Dank.

(Beifall CDU, FDP sowie GRÜNE/B90)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht die Abgeordnete Niels.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Gäste! Es ist nicht so, dass wir aus der einleitenden Rede von Kollege Jens Lipsdorf auf den Antrag schließen können. Er ist weit darüber hinausgegangen und hat auch allgemein Stel

lung dazu bezogen, wie die Freundschaft zwischen den Deutschen und den Polen bzw. den Brandenburgern und den Polen vertieft werden kann. Deswegen möchte ich noch einmal darauf hinweisen, worüber wir hier alle reden.

Wir reden über einen Auftrag an die Landesregierung, einfach einmal zu prüfen, ob ein Beamtenaustausch zwischen Brandenburg und Polen, befristet auf mindestens zwei Jahre, möglich wäre, und darüber am Ende des I. Quartals 2012 dem entsprechenden Ausschuss, dem Frau Barbara Richstein vorsitzt, Bericht zu erstatten. Diesen Antrag finde ich sehr vernünftig und schließe mich inhaltlich komplett dem Redebeitrag von Frau Richstein an. - Danke schön.

Für die Landesregierung wird Herr Minister Dr. Woidke das Wort ergreifen.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landesregierung nimmt die Landesverfassung sehr ernst, speziell auch die Zusammenarbeit mit der Republik Polen.

Es sind hier verschiedene Dinge gesagt worden; es ist keine neue Geschichte. Ich bin Frau Richstein sehr dankbar für ihren Redebeitrag, weil sie auch darauf eingegangen ist, dass es schon in Vorbereitung des EU-Beitritts der Republik Polen eine sehr enge und intensive Zusammenarbeit in verschiedenen Fachbereichen gab. Deswegen ist es aus meiner Sicht auch falsch, das Ganze formal zu diskutieren, sondern man sollte sich einmal anschauen, was in den einzelnen Häusern passiert. Es ist in der Vergangenheit viel passiert, und es passiert auch heute sehr viel. Stichworte sind: Zusammenarbeit im Bereich Hochwasserschutz, Zusammenarbeit im Bereich Verbraucherschutz, Zusammenarbeit im Bereich Kriminalitätsbekämpfung, gemeinsame Polizeiarbeit in unserer Region.

Ich kann nur dazu raten, dass wir auch weiterhin dies nicht formal diskutieren und nicht sagen: Wir schicken einmal, um der Formalie Genüge zu tun, ein paar Leute in die Republik Polen, und dafür kommen ein paar Leute aus der Republik Polen zu uns in die Verwaltung.

(Unruhe im Saal - Glocke der Präsidentin)

Wir sollten das vielmehr projektbezogen weiterhin praktizieren, um einen Nutzen für beide Länder zu erreichen und auch die Rolle der gemeinsamen Regionen in Brüssel zu stärken. Danke sehr.

(Vereinzelt Beifall SPD)

Es hat noch während der Redezeit eine Anfrage gegeben. Das war wegen der Unruhe und der Bewegung in den Gängen nicht zu sehen. Der Antrag ist zur richtigen Zeit gestellt worden. Bitte, Frau Abgeordnete Richstein, Sie haben jetzt die Möglichkeit, Herr Minister Woidke lässt die Anfrage zu.

Herr Minister, stimmen Sie mir zu, wenn ich sage, dass es durchaus einen Unterschied zwischen hospitierenden Beamten,

die für eine längere Zeit in einem anderen Verwaltungsbereich tätig sind, und einem projektbezogenen Gedankenaustausch, wo man nur über eine bestimmte Sache spricht, gibt? Stimmen Sie mir zu, dass es eine andere Qualität hat und man mehr Nutzen daraus ziehen könnte, wenn so etwas über einen längeren Zeitraum stattfände? Falls Sie das mit Ja beantworten würden, wäre meine Frage: Warum geben Sie dem keine Chance und prüfen nicht wenigstens, wie wir dies theoretisch umsetzen könnten?

Frau Richstein, danke für die Frage. Ich meine, ich habe deutlich gemacht, dass wir sehr wohl bereit sind, darüber nachzudenken. Das sollten wir aber nicht formalisiert- theoretisch tun, sondern es muss am Ende mit den Ressorts laufen. Dazu muss man sich überlegen: Wo profitieren beide Seiten davon? In welchen Bereichen kann man gegenseitig die Arbeit befruchten? Es geht ja nicht nur um die Republik Polen. Mittlerweile schicken wir beispielsweise Polizisten in andere Länder. Mazedonien ist ein schönes Beispiel, und es gibt andere Beispiele.

Das Ganze formalisiert auf eine theoretische Ebene zu heben, darüber kann man diskutieren. Aber ich meine, wir sollten erst einmal - das ist im Bericht der Landesregierung vom Mai dieses Jahres auch niederlegt - den Status quo in den einzelnen Ressorts beraten. Das ist in den Ausschüssen ohne Weiteres möglich. Dann kann man darüber nachdenken, ob man weitere Schritte geht. Aber wir sind hier, meine ich, schon sehr gut.

Da die FDP ihre Redezeit aufgebraucht hat, sind wir am Ende der Aussprache angekommen. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag auf Drucksache 5/4172, eingereicht von der FDP, Beamtenaustausch zwischen den Verwaltungen Brandenburgs und Polens. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Wer ist dagegen? Enthaltungen? - Damit ist dieser Antrag bei zwei Enthaltungen abgelehnt worden. Ich schließe Tagesordnungspunkt 5.

Bevor ich Tagesordnungspunkt 6 eröffne, begrüße ich sehr herzlich Gäste aus dem befreundeten und benachbarten Niedersachsen. Wir haben als Gäste Mitglieder der SPD-Arbeitsgemeinschaft 60+ aus Bad Nenndorf. Seien Sie herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 6:

Kinderrechte in die Verfassung

Antrag der Fraktion der SPD der Fraktion DIE LINKE

Drucksache 5/4212

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion DIE LINKE. Herr Abgeordneter Krause hat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch einen Gruß nach Niedersachsen! - „Kinderrechte in die Verfassung“ steht

heute auf der Tagesordnung. Dazu liegt Ihnen ein Antrag der Fraktionen von SPD und DIE LINKE vor.