Protokoll der Sitzung vom 14.12.2011

(Frau Lehman [SPD]: Das ist ja wohl nicht zu fassen! - Weitere Zurufe von der SPD sowie der Fraktion DIE LINKE)

wo die Geldanlagen mit Zinsgeschäften optimiert werden, die Minister dieser Regierung hier schon heftigst kritisiert haben,

(Beifall CDU, FDP sowie GRÜNE/B90)

wird es nie ein Plus-Geschäft werden, wenn Sie Geld aufnehmen, um zu spekulieren - die Risiken einmal außen vor gelassen.

Meine Damen und Herren, Rücklagen sind im Übrigen Einmaleffekte. Wenn sie verbraucht sind, sind sie weg, und wenn die nächste Not kommt und Sie haben vorher nicht gespart und die Struktur nicht in Ordnung gebracht, dann helfen Ihnen die nicht vorhandenen Rücklagen nicht weiter.

Meine Damen und Herren, ein Haushalt wie dieser mit sprudelnden Steuermehreinnahmen von rund 600 Millionen Euro ist nichts anderes als ein Schönwetterhaushalt. Zu den 600 Mil

lionen Euro: Sie haben es gesagt, Frau Geywitz: Der Finanzminister hat noch einmal 80 Millionen Euro ins Körbchen gelegt. Die hat er gar nicht in den Haushaltsplan eingestellt, wird sie aber vereinnahmen müssen. Ich glaube nicht, dass er im Oktober eine Weisung an die Finanzämter herausgibt, keine Steuerbescheide mehr herauszuschicken, sondern wenn die kommen, werden sie auch vereinnahmt werden müssen. Von Konsolidierung kann da keine Rede sein.

Und da las man im Sommer mit einigem Amüsement, dass es um das, was da im Haushalt passiert ist - da oder dort ist ein wenig abgeknappst worden -, einen heftigen Streit gegeben habe. Mit „Zoff im Kabinett“ wurde das an der einen oder anderen Stelle überschrieben. Wenn deswegen schon - bei dem, was da passiert - Zoff im Kabinett entsteht, würde ich gern einmal wissen wollen, was denn da abgeht, wenn die wirklich ernsthaft in die Konsolidierung einsteigen müssen - und diese Frage wird sich stellen.

Kommen wir zum Thema Personal: Das ist sicher eine Leistung, was da abgebaut worden ist, aber auch eine schiere Notwendigkeit. Auch wir können nicht mehr Personal bezahlen, als wir Geld in der Kasse haben - selbst wenn wir 600 Millionen Euro Steuermehreinnahmen haben. Aber wie sehen denn die Personalplanung und deren Umsetzung tatsächlich aus? 45 000 Stellen sollen es bis zum Jahr 2015 sein. Im Haushaltsjahr 2012 werden 651 Stellen abgebaut. In den Jahren 2013 und 2014 müssen Sie, wenn Sie das Ziel von 45 000 Stellen bis zum Jahr 2015 erreichen wollen, durchschnittlich noch einmal 1 492, vereinfacht gesagt 1 500 Stellen - wenn Sie so wollen, das Zweieinhalbfache von dem, was Sie sich für 2012 vornehmen -, umsetzen. Dabei ist deutlich erkennbar: Die Aufgabe wird auf die nächste Legislaturperiode verschoben.

Dabei kann man nicht behaupten, meine Damen und Herren, die Landesregierung verfolge in ihrer Haushaltspolitik keine Strategie. Der Konsum wächst, die Investitionen werden gekürzt, es gibt scharfe Einschnitte bei der Wirtschaftsförderung und auch bei der Infrastruktur - ohne S-Bahn Berlin. Die Hochschulen werden gerupft, beim Hochschulpakt werden nun die Mittel zur Weiterreichung der Mittel des Bundes vom Hochschulpakt aus der Hochschul-Baurücklage genommen. Das heißt, die Hochschulen bezahlen es selbst, und obendrein sind sie noch mit einer satten globalen Minderausgabe in Höhe von 12 Millionen Euro versehen worden, von der in den Ausschussberatungen niemand sagen konnte, wie denn die von den Hochschulen erwirtschaftet werden soll.

(Beifall CDU und GRÜNE/B90)

Kommen wir zu den freien Schulen. Dazu fällt mir nur ein Wort ein: Die werden gewürgt, am langen Ende mit 18 Millionen Euro per anno auf der Basis der heutigen Zahlen - ich bin ja froh, dass Sie das ausreichend differenziert haben. Zu der platten Aussage „Die kriegen ja mehr im nächsten Jahr“ sage ich: Natürlich kriegen sie mehr, weil es mehr Schulen sind und weil es mehr Schüler sind. In der Spitze wird bei einzelnen Positionen bis zu ein Drittel gestrichen. Mit Sparen hat das, was da passiert, allerdings überhaupt nichts zu tun; denn das, was die freien Schulen nicht leisten, müssen die staatlichen Schulen leisten.

Da hilft es auch nicht weiter, wenn der Staatssekretär in einer Podiumsdiskussion - im Umkreis von 2 Kilometern befanden

sich eine internationale Schule, eine Waldorfschule, ein privates Gymnasium und eine Grundschule - sagt: Na und? Was macht das schon, wenn die Schüler dort nicht mehr zur Schule gehen können? Wir haben in der Uckermark noch einige freie Plätze. Damit entstehen uns keine Mehrkosten.

Meine Damen und Herren, auf dieser Argumentationsebene wird man die Schulen und die Bürger in unserem Land nicht davon überzeugen können, dass hier eine sinnvolle Veranstaltung stattfindet.

Fazit: So sieht die angebliche Priorität dieser Koalition für Bildung und Wissenschaft aus.

Das eigentliche strategische Ziel der Koalition wird deutlich, wenn sie heute Geld aufnimmt - was wir eigentlich gar nicht brauchten, wenn wir unsere Sparziele tatsächlich realisieren würden -, um Reserven für das Jahr 2014 anzulegen. 2013 gibt es noch einmal eine Nettoneuverschuldung, und 2014 will man sich für die Nettoneuverschuldung von null feiern lassen. Dann hat man üppige Rücklagen zur Verfügung, mit denen man das tun kann, was man zu Wahlzeiten immer gern tut: reichlich Wahlgeschenke spendieren.

(Frau Melior [SPD]: Sie reden aus eigener Erfahrung?)

Lassen Sie mich bei dieser Gelegenheit aus einer Zeitschrift zitieren, in der auch der Justizminister mit bemerkenswerten Ausführungen zur Resozialisierung jugendlicher Straftäter zu Wort gekommen ist; das fand ich sehr interessant. Der „Spiegel“-Journalist Jan Fleischhauer schreibt zu dem Thema „Was wir aus der Krise lernen können“ - er meint die Euro-Krise -:

„Griechenland ist ja nur das prominenteste Beispiel, wohin einen der Stimmenkauf durch politische Wohltaten führen kann. Auch den Deutschen ist die Bestechungspolitik nicht fremd, wie ein Blick in den Katalog wohlfahrtsstaatlicher Leistungen zeigt, der verbilligte Opernbillets“

- man könnte auch sagen: Rockkonzertkarten; das haben wir hier auch schon gehört -

„ebenso einschließt wie sozial gestaffelte Tarife und Sprachreisen in die Levante.“

An anderer Stelle fährt er fort - das ist das Fazit, das wir alle, ich sage ausdrücklich: wir alle, bedenken sollten -:

„Man sollte Freigebigkeit nicht mit Gerechtigkeit verwechseln. Ein Staat kann, wie man sieht, nicht nur zu kleinlich, er kann auch zu großzügig sein. Nur weil er alles finanziert, heißt das noch lange nicht, dass er besonders sozial wäre. Manchmal ist sogar das Gegenteil der Fall, weil für diejenigen, die wirklich auf seine Hilfe angewiesen sind, bei einem eventuellen Kassensturz nicht mehr viel übrig ist.“

Dem ist kaum etwas hinzufügen.

Damit wir die Finanzsituation unseres Landes und die Herausforderungen, vor denen wir stehen, nicht missverstehen: Die Nettoneuverschuldung null im Jahr 2012 - die möglich und nötig ist, die aber meinetwegen auch 2014 kommen kann - ist nur

eine Wegmarke, ein Zwischenschritt. Ziel kann und muss es sein, die Haushaltskonsolidierung um rund 2 Milliarden Euro pro anno spätestens 2019/2020 zu erreichen. Dann nämlich fallen die Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen weg, wir werden höhere Pensionszahlungen als heute leisten müssen, und es fließen weniger EU-Mittel. 2 Milliarden Euro müssen bis dahin eingespart werden. Auf dem Weg dorthin ist jedes Jahr, in dem wir nicht damit beginnen, mit dem Schuldenmachen aufzuhören, ein verlorenes Jahr. Deswegen ist dieser Haushalt eine vertane Chance. - Schönen Dank.

(Beifall CDU, FDP und GRÜNE/B90)

Der Übergang zum Abgeordneten Görke von der Linksfraktion gibt mir Gelegenheit, mich mit Blick auf unsere Gäste zu korrigieren: Ich habe die Uckermark unzulässig vergrößert. Buckow liegt noch im Barnim - aber in einer Landschaft so schön wie die Uckermark.

(Beifall - Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Danke, Herr Präsident!)

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Jeden Cent kann man nur einmal ausgeben - diese Binsenweisheit, die selbst Grundschüler im Umgang mit ihrem Taschengeld beherrschen, ignorieren die einen oder anderen hier im Haus - allen voran die CDU-Fraktion -, wenn es darum geht, über die Haushaltsstrategie zu reden.

Herr Kollege Burkardt, ich kam mir gerade so vor, als ob hier ein Zauberer aus der Märchenwelt gestanden hätte. Sie versuchen - ein paar Gehilfen haben Sie noch, nämlich die FDP und die Grünen -, die Quadratur des Kreises in der Finanz- bzw. Haushaltspolitik hinzubekommen. Einen Mangel an Bühnennebel, Pulverdampf und Glitzerballons hatten Sie nicht. Aber in dem gleichen Brustton der Überzeugung fordern Sie parallel Mehrausgaben für Bildung - darauf liefe es hinaus, wenn bei den freien Schulen alles so bliebe wie bisher -, im Bereich der Polizei - sind Polizisten etwa keine Kostenträger? - oder bei der Wirtschaftsförderung. Gleichzeitig plädieren Sie parallel dafür, Einsparungen vorzunehmen, die Nettokreditaufnahme schon in diesem Jahr auf null zu setzen und eine Schuldenbremse vorzusehen. All das zusammen ist wirklich Nebel.

Seriosität sieht anders aus. Das ist aber ohnehin nicht Ihre Parole. Sie setzen eher auf Skandalisierung, zumindest hier im Parlament; im Ausschuss waren die Beratungen sehr sachlich. In Ihre grundsätzliche Haltung passt Ihr PR-Gag durchaus hinein. Herr Kollege Burkardt, Sie wollen gemeinsam mit Ihrer Fraktionsvorsitzenden als Kreditkartenakrobaten vor die Presse treten und - meine Kollegin Geywitz sagte es bereits die „brandenburgische Kreditkarte“ ungültig machen, weil Sie die Botschaft vermitteln wollen, das Konto des Landes Brandenburg sei aufgrund der Neuverschuldung komplett überzogen. Ich hoffe nur, dass Sie der interessierten Weltöffentlichkeit nicht vorenthalten, dass Sie als CDU maßgeblich am Überziehen der „brandenburgischen Kreditkarte“ beteiligt waren.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)

Für die Zeit Ihrer Regierungsbeteiligung - 1999 bis 2009 - haben Sie eine Nettokreditaufnahme in der Größenordnung von 6,152 Milliarden Euro mitzuverantworten. Vor diesem Hintergrund ist Ihre Aktion einfach lächerlich.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Zur Bilanz von Rot-Rot: Wir haben bisher eine Nettokreditaufnahme von 350 Millionen Euro aus dem Haushalt 2010 zu verzeichnen. Ob wir 2011einen erfolgreichen Haushaltsabschluss haben werden, steht noch aus; möglicherweise müssen wir die Kreditermächtigung überhaupt nicht ziehen. Insofern ist Ihre Kritik an der Bilanz - 6,152 Milliarden Euro zu - möglicherweise - 350 Millionen Euro - wirklich lächerlich.

Aber kommen wir aus der Zauberwelt in die Realität zurück und sprechen wir über den Landeshaushalt 2012! Bei der Aufstellung dieses Haushalts hatte die Regierung ein strukturelles Defizit von einer Viertelmilliarde Euro zu bewältigen. Realität ist aber auch, dass Brandenburg trotz steigender Steuerdeckungsquellen - wir haben es geschafft, den Anteil von 50 % im vergangenen Haushaltsjahr auf nunmehr 55 % anzuheben nur zu gut der Hälfte seine Ausgaben aus Steuern finanziert. Die andere Hälfte unserer Ausgaben decken wir aus Zuweisungen und anderen Quellen. Deshalb muss der Konsolidierungspfad weiter beschritten werden.

Genau deshalb ist es ein Erfolg, Herr Kollege Burkardt, dass es gelungen ist, im Bereich Wissenschaft und Forschung die Gesamtausgaben auf hohem Niveau - 508 Millionen Euro - zu stabilisieren. Auch die Verpflichtungen aus dem Hochschulpakt für Forschung und Innovation werden mit den Änderungsanträgen der Koalition erfüllt.

Es ist ein Erfolg, dass wir im Einzelplan 05 - Bildung, Jugend und Sport - mehr Geld zur Verfügung haben als 2011. In diesem Jahr waren es 1,439 Milliarden Euro, 2012 werden es 1,475 Milliarden Euro sein. Ja, diese Mehrausgaben resultieren zum Teil aus den Tarifanpassungen. Aber das ist eben auch ein Fakt, der für Beschäftigte und Lehrer positiv zu Buche schlägt.

Apropos Beschäftigte: Wir werden mit diesem Haushalt den Grundstein dafür legen, dass wir nicht nur 1 250 Lehrerinnen und Lehrer einstellen, sondern 2 000 Lehrerinnen und Lehrern die Möglichkeit geben können, im Schuldienst tätig zu werden.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Mit dem Bildungspaket der Koalitionsfraktionen stärken wir die Sprachförderung für die Kita-Ausbildung um 1 Million Euro. Wir erhöhen die Mittel für die Anleitung und Ausbildung in den Ausbildungskitas. Wir verbessern die Bedingungen für den gemeinsamen Unterricht und wenden dafür noch einmal 2 Millionen Euro auf. Wir geben aus den Haushaltsbeschlüssen noch einmal 1 Million Euro in das Fortbildungssystem der Lehrerinnen und Lehrer.

Eines verhehlen wir nicht: Wir hätten uns gewünscht, die Entnahme aus der Rücklage im Personalbudget des MBJS in Höhe von 17,2 Millionen Euro im System belassen zu können, um diese Mittel für eine noch bessere Ausstattung der Schulen einsetzen zu können.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

An dieser Stelle spreche ich die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN an: Damit setzen wir genau das um, was Sie von uns in der letzten Haushaltsdebatte gefordert hatten, nämlich die Rücklagen endlich abzuschmelzen.

Pikant dabei ist, Herr Kollege Vogel - ich habe gesehen, dass Sie den Antrag jetzt schnell noch verändert haben -, dass die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Haushaltsausschuss, nämlich in der entscheidenden 2. Lesung, einen Antrag vorgelegt hat, in dem sie eine globale Minderausgabe auf alle Personaltitel - das sind die Personalausgaben des Landes - legt. Warum? Weil Sie eine Deckungsquelle benötigte, um ihr hehres Ziel - Absenkung der NKA auf null - gegenzufinanzieren. Nach Ihrer Logik müssten Sie sich jetzt also selbst geißeln, weil Sie ebenfalls Personalmittel des MBJS - also für Bildung - und Mittel des MWFK - also für Hochschulen - kürzen, einziehen, konsolidieren, einsparen - es ist mir egal, wie Sie das nennen, aber das ist das, was Sie getan haben.

(Frau Lehmann [SPD]: Guck' an!)

Damit konterkarieren Sie alle Änderungsanträge, mit denen Sie gerade im Bereich von Bildung und Personal - auch unten, vor den Demonstranten gerade wieder - geworben haben. Das ist die Wahrheit. Aber um Ihnen, Herr Kollege, die Tortur als „Bildungskonsolidierer“ zu ersparen, sind wir so solidarisch, diesen Unfug an Anträgen abzulehnen, weil: Das ist die falsche Richtung.

(Beifall SPD und vereinzelt DIE LINKE)

Was Sie angeht, meine Damen und Herren von der Opposition, wäre festzustellen: Für Ihre aufgeregte Rhetorik über Kürzungen im Bildungssystem gibt es aus unserer Sicht nur geringen Anlass, denn im öffentlichen Schulsystem ist nicht ein Cent eingespart worden. Im Gegenteil, mit dem Bildungspaket der Koalitionsfraktionen haben wir noch einmal 5,5 Millionen Euro ins System gebracht.