Protokoll der Sitzung vom 14.12.2011

Zu einem Lieblingsprojekt der Verwaltungsmodernisierung, der elektronischen Akte EL.DOK BB, verweise ich wieder auf den diesjährigen Bericht des Landesrechnungshofes, der die Wirtschaftlichkeit des Projektes grundsätzlich anzweifelt.

Der Verwaltungsmodernisierung hat sich auch gar nicht die Landesregierung gewidmet, sondern eine Art Mini-Koalitionsausschuss unter Führung des Innenministers. Bei diesem Modernisierungspapier handelt es sich um einen Minimalkompromiss. Einige Punkte - wie die Forstreform - sind schon lange angelaufen, andere an Kleinteiligkeit nicht zu überbieten. Die Angliederung des Archäologischen Landesmuseums Brandenburg an die Stiftung Stadtmuseum Berlin ist ein Thema im Modernisierungspapier. Man könnte darüber lachen, wenn es nicht so deprimierend wäre. Statt endlich mit dem Land Berlin Klartext über die schlecht laufenden Kooperationen und über eine Fusionsperspektive zu reden, ergeht man sich in abseitigen Petitessen.

(Beifall GRÜNE/B90)

Ob die Prüfaufträge einen praktischen Mehrwert haben, wird sich zeigen - ob die Linke damit ihre Regierungstauglichkeit über 2014 hinaus dokumentiert hat, auch.

Sicher aber ist, dass es Ihnen wieder einmal gelungen ist, die Gewerkschaften auf die Barrikaden zu treiben. Dieser mobilisierende Effekt ist doch auch ein schöner Erfolg; da in nächster Zeit noch die Novellierung des Landesbesoldungsrechts, des Dienstrechts und des Landespersonalvertretungsgesetzes anstehen, ist man gleich im Kontakt miteinander.

Einige Projekte in Verantwortung des Innenministeriums werden in dieser Woche noch abschließend behandelt: das Gesetz zur Stärkung der kommunalen Daseinsvorsorge, die Herabsetzung des Wahlalters, das Brandenburgische Polizeigesetz. Das Volksabstimmungsgesetz, das mit dem Ziel novelliert werden sollte, die Zugangsbedingungen für die Bürgerinnen und Bürger zu erleichtern, wird im Januar auf der Tagesordnung stehen. Leider werden die Bürgerinnen und Bürger die Erfahrung machen müssen, dass sich der Fortschritt bei der direkten Demokratie millimeterweise vollzieht.

Es bleibt nur noch eine Frage: Ist die offene und transparente Evaluierung der Kommunalverfassung schon in der Pipeline? Danke schön.

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Nonnemacher. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der CDU-Fraktion fort. Herr Abgeordneter Lakenmacher hat das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn über politische Prioritätensetzung gesprochen wird, dann stehen aus guten Gründen regelmäßig die Themen Bildung, Wirtschaft und Arbeitsplätze im Vordergrund. Ich stelle hier ganz bewusst die Frage: Was ist eine gute Schule, was ist ein gesicherter Arbeitsplatz wert, wenn sich die Bürger im Land nicht mehr sicher fühlen?

Herr Dr. Scharfenberg, was bedeutet es denn, wenn man sich entlang der polnischen Grenze als Unternehmer, als Mittelständler oder einfach nur als Besitzer eines Kraftfahrzeuges oder sogar eines Fahrrades nicht mehr sicher fühlen kann, wenn man vor Diebstählen und Einbrüchen nicht mehr sicher ist? Diese werden dort übrigens mittlerweile sehr dreist, sogar am helllichten Tag begangen. Die Bürger fürchten sich vor dieser Grenzkriminalität. Wir waren vor Ort. Ich habe Sie dort nicht gesehen; daher kann ich Ihnen aus erster Hand berichten.

(Widerspruch bei der Fraktion DIE LINKE)

Die Grenzkriminalität wird schlicht und ergreifend nicht mehr beherrscht. Sie wird auch unbeherrscht bleiben - nicht nur, weil die Polizeipräsenz schon abgenommen hat und nach den Plänen der Landesregierung weiter abnehmen wird,

(Beifall CDU)

sondern auch deshalb - genau darauf kommt es als fachlicher Bekämpfungsansatz an -, weil intensive polizeiliche Ermittlungen zur Aufdeckung der organisierten - meist internationalen Strukturen im Rahmen einer intensiven länderübergreifenden Zusammenarbeit fehlen. Das ist aber Zuständigkeit und Aufgabe der Landespolizei Brandenburgs. Das gehört zur Verantwortung der Landesregierung Brandenburgs.

(Beifall CDU und FDP)

Ich wiederhole das Beispiel: Seit der Grenzöffnung nach Polen im Jahr 2007 ist die Zahl der Diebstähle von Autos - Autoklaus sozusagen - um 250 % gestiegen. Die Aufklärungsquote liegt bei nicht einmal 20 %. Das sind beängstigende Zahlen für die Menschen in den betroffenen Regionen. Die Menschen werden in dieser Situation schlicht allein gelassen. Das Dunkelfeld haben wir hier noch gar nicht betrachtet. Herr Goetz hat zu Recht darum gebeten, dass zur Erhellung des Dunkelfeldes jeder Diebstahl zur Anzeige gebracht werden soll.

Herr Dr. Scharfenberg, wenn Sie das zurückweisen, dann kann ich nur sagen: Willkommen in der Realität! Wenn Sie diese ein Stück weit kommentiert und nähergebracht haben wollen, dann fragen Sie doch Kollegen Maresch aus Ihrer eigenen Fraktion.

(Beifall CDU und FDP)

Ich denke, die genannten Beispiele aus dem täglichen Leben vieler Brandenburger zeigen, dass Ordnung und Sicherheit zentrale Grundlagen für unsere Gesellschaft sind. Das muss

man sich stets vergegenwärtigen, wenn man hier über Innenpolitik, Personalabbau und Strukturreformen spricht. Strukturreformen dürfen eben nicht von Beginn an entlang einer fest vorgegebenen Größe in Sachen Personalabbau bewerkstelligt werden. Das war aber bei dieser Strukturreform der Fall, Herr Dr. Scharfenberg. Es gab von vornherein eine feste Abbauvorgabe. Darin liegt der große Fehler Ihrer Reform.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die CDU-Fraktion steht dennoch seit jeher - das wissen Sie - für eine konsequente Aufgabenkritik und die Konsolidierung des Haushalts. Das ist auch heute wieder deutlich geworden. Wir wissen aber auch, dass die Bürger für die Steuergelder, die sie zahlen, vor allem eines erwarten - und zwar zu Recht! -: die Gewährleistung von Recht, die Gewährleistung von Ordnung, die Gewährleistung von innerer Sicherheit. Dies kann nur der Staat als Träger hoheitlicher Rechte garantieren und gewährleisten. Darum ist eine Polizeireform kein ganz normaler Verwaltungsakt und auch keine simple Behördenreform.

Das, was hier momentan als abstrakte Zahl durch dieses Parlament geistert, spüren die Bürger bald ganz nah und ganz praktisch und nicht geräuschlos, nämlich dann, wenn 1 900 Stellen gekürzt und Wachen geschlossen oder zu Revieren mit Tagesöffnungszeiten degradiert werden. Das mag kurzfristig etwas Geld einsparen, aber es spart eben auch Sicherheit, und zwar objektive und subjektive Sicherheit. Mittel- und kurzfristig wird das zu erheblichen wirtschaftlichen Schäden führen.

Deshalb stehen wir seit Beginn dieser unverantwortlichen Abbaupläne gegen diese Kürzungsorgien und haben ein eigenes Reformkonzept vorgelegt, mit welchem wir zumindest die Totalschließung der Wachen verhindern konnten. Aus unserer Sicht - auch das ist bekannt - ist ebenfalls nicht zu vertreten, dass nun auch beim Verfassungsschutz Stellen eingespart werden. Hier soll von 115 im Jahr 2010 auf 90 im Jahr 2014 reduziert werden. Dieses Unverständnis gilt insbesondere in Anbetracht der aktuellen Ereignisse und der rechtsextremen Terrorzelle in Zwickau. Dies hat uns gezeigt, wie wichtig die Arbeit des Verfassungsschutzes Brandenburg ist.

Der Stellenabbau beim Verfassungsschutz passt im Übrigen auch nicht zur Wahrnehmung des Innenministers. Herr Dr. Woidke, Sie hatten doch im Zuge der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes im Jahr 2010 gesondert auf die unterschätzten linksextremistischen Gefahren hingewiesen.

Ich habe hier aber nicht nur kritische Anmerkungen. Ich darf auch einmal loben.

(Hey! Uui! bei der SPD)

- Ja, Sie haben unseren Antrag auf Einrichtung einer Sportfördergruppe bei der Polizei im Ausschuss zwar noch abgelehnt, aber wir alle wissen, dass Sie diesen Vorschlag so schlecht dann doch nicht fanden; im Gegenteil: Wir dürfen feststellen, dass Sie nun doch einige Stellen unter dem Leistungssportgedanken im Polizeidienst in den Haushalt 2012 eingefügt haben.

(Beifall CDU - Frau Dr. Ludwig [CDU]: Besten Dank!)

- Ja, noch einmal laut: Besten Dank. Wir alle wissen, dass es in den kommenden Jahren große finanzielle Herausforderungen für alle Ministerien geben wird und dass hier vieles auf den

Prüfstand gestellt werden muss. Ich möchte deshalb nochmals auf meine Bemerkung verweisen, die ich zu Beginn getätigt habe: Ordnung, Recht und Sicherheit sind ganz originäre Kernaufgaben und die Pflicht des Staates. Da ist diese Landesregierung in der Pflicht.

Mit dem, was Wilhelm von Humboldt schon vor weit über 200 Jahren feststellte, will ich schließen - und dies gilt heute umso mehr und ganz uneingeschränkt:

„Ohne Sicherheit vermag der Mensch weder seine Kräfte auszubilden noch die Frucht derselben zu genießen; denn ohne Sicherheit ist keine Freiheit.“

- Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Lakenmacher. - Für die Landesregierung wird Herr Minister Dr. Woidke das Wort ergreifen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ich möchte zunächst einmal mit einigen Vorbemerkungen auf Bemerkungen von Vorrednern eingehen.

Herr Goetz, Sie haben vorhin tränenreich die schlimme finanzielle Situation der Kommunen im Land Brandenburg bedauert. Nun ist es leider so, dass es nicht nur im Land Brandenburg eine solche Situation der kommunalen Ebene gibt, sondern bundesweit. Es ist leider auch so, dass gerade Ihre Partei nicht dafür bekannt ist, Kommunen zu entlasten. Ich nenne hier vor allem das Stichwort „Sozialkosten“. Meistens passiert genau das Gegenteil. Denn ihre Steuersenkungspläne richten sich wiederum gegen die Interessen der Kommunen - auch hier im Land Brandenburg.

(Beifall SPD und DIE LINKE - Bischoff [SPD]: Saftig!)

Frau Nonnemacher, Sie haben ein lautes Knirschen hinter dem Bauzaun, der bunt bemalt ist, in der Polizeistrukturreform gehört. Ich denke, das ist nicht ganz verwunderlich, wenn man sich überlegt, dass es seit den Zeiten eines Innenministers Alwin Ziel, der die Polizei in diesem Land aufgebaut hat, keine so umfassende Strukturreform der Polizei gegeben hat. Es war eine organisatorische Herausforderung für alle Beteiligten - besonders für die Polizistinnen und Polizisten, die sich diesem Prozess sehr intensiv gestellt haben -, und es ist eigentlich normal, dass es dann auch ein Knirschen gibt.

Aber wenn Sie Ihre Ohren schon vor der Polizeistrukturreform richtig gespitzt hätten, dann hätte Ihnen dieses Knirschen nicht entgangen sein dürfen; denn die alte Struktur war in dieser Art und Weise nicht mehr arbeitsfähig. Sie ist personell an ihre Grenzen gestoßen, und deswegen war die Polizeistrukturreform notwendig.

Ich möchte mich hier ganz herzlich auch bei Herrn Goetz und bei vielen anderen Abgeordneten, besonders bei den Kollegen

aus den Koalitionsfraktionen, bedanken, dass wir hier die richtigen Rahmenbedingungen gesetzt haben. Wir haben auch die richtigen Rahmenbedingungen in Bezug auf die Polizeipräsenz gesetzt, Herr Lakenmacher. Die Polizeipräsenz - ich sage das hier zum wiederholten Male - wird nämlich auch und gerade in der Grenzregion nicht abnehmen. Die Zahl der Streifenwagen bleibt zumindest stabil, wenn sie sich nicht sogar teilweise erhöht.

(Widerspruch CDU)

Dazu kommt, dass wir die Zahl der Revierpolizisten bundesweit auf dem höchsten Niveau haben. Auch das wird so bleiben. Wir werden eine hohe Anzahl von Revierpolizisten, gerade in den ländlichen Räumen, behalten.

Wenn Sie über die Präsenz der Polizei im Grenzraum reden, dann frage ich Sie: Was haben Sie unternommen, um die Präsenz der Bundespolizei an den Schengengrenzen zu sichern, und zwar gerade hier an der polnischen Grenze? Wie sieht es da aus? - Da sieht es nicht sehr fröhlich aus.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Wenn Ihre Fraktionsvorsitzende fordert, dass wir wieder Grenzkontrollen einführen sollen, dann ist das natürlich keine Frage für die Landespolizei. Die Landespolizei darf keine Grenzkontrollen machen. Das ist vielmehr eine Frage für die Bundespolizei.

Wenn Frau Dr. Ludwig den Austritt aus dem Schengenraum für Deutschland erklären will, dann muss sie das zuerst mit ihrer Bundesregierung klären.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, jetzt komme ich zu etwas trockenerer Materie, nämlich zum Einzelplan 03.

Herr Minister Dr. Woidke, lassen Sie eine Frage von Herrn Abgeordneten Dombrowski zu?