Deshalb ist es richtig, dass wir diese Diskussion führen und dass die Fotovoltaiksubvention gekürzt wird.
Ich will abschließen. Was ist die Lehre daraus? Die Lehre daraus ist: Eine Wirtschaftspolitik, die einzig und allein auf Subventionen beruht, hat keine Zukunft, und das ist abermals ein bitteres Beispiel dafür. Lieber Herr Wirtschaftsminister, reden Sie sich nicht heraus. Ich habe an diesem Pult mehrfach darauf hingewiesen, dass wir weitere Kürzungen in diesem Bereich haben werden. Wenn Sie gut zugehört hätten, hätten Sie es wissen können.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Bretz, Sie haben Recht: Das ist eine sehr ernste Situation. Aber ich sage das nicht wie Sie und nehme das als persönliche Erklärung, sondern ich spreche hier im Namen meiner Fraktion, der SPDFraktion insgesamt.
Es ist eine ernste Situation für das Land Brandenburg. Die Situation, die dort, in Frankfurt (Oder), entstanden ist, ist außergewöhnlich. Das muss man einräumen. Das dritte Mal in 22 Jahren muss man in Frankfurt (Oder) wieder über einen grundlegenden Neuanfang, einen Neustart nachdenken, eine psychologisch sehr schwierige Situation, in der es nur eines geben darf: Wir dürfen Frankfurt (Oder) nicht alleinlassen.
Ich bin sehr froh, dass die Landesregierung das nach dem, was gestern im Kabinett besprochen worden ist, genauso sieht: Wir lassen Frankfurt (Oder) in dieser Situation nicht allein. Wir lassen es nicht allein!
Es gibt in der akuten Situation Hilfen. Es muss Hilfen geben, wenn 1 200 Arbeitsplätze und darüber hinaus diverse Zulieferbetriebe unmittelbar bedroht sind. Wenn eine ganze Branche, von der Frankfurt (Oder) in den letzten Jahren sehr stark profitiert hat, möglicherweise vor dem Aus steht, dann muss sich die Landesregierung - dann müssen wir uns alle - dafür einsetzen, dass dieser Stadt, dieser Region in der akuten Lage geholfen wird.
Selbstverständlich dürfen die Hilfen nicht dazu führen, dass andere Regionen dieses Landes benachteiligt werden. Darum wird es nicht gehen. Es wird darum gehen, einzelne Unterstützungsmaßnahmen zu ergreifen, die Wirtschaftsförderung der Stadt durch die Wirtschaftsförderer des Landes zu unterstützen. Es wird darum gehen, den Betriebsrat und die Gewerkschaften vor Ort in dem Bestreben, einen vernünftigen, für alle akzeptablen Sozialplan herbeizuführen, zu unterstützen. Es wird darum gehen, Übergangsregelungen für die Beschäftigten zu schaffen und eine Transfergesellschaft zu bilden. Es wird darum gehen, Ideen für die Zukunft dieser Stadt zu entwickeln. Das wird jedoch - das hat der Wirtschaftsminister gestern gesagt - nicht auf Kosten anderer Regionen erfolgen können, und das wird es auch nicht. Das muss es auch nicht, weil das Land Brandenburg in seiner Struktur sehr gut aufgestellt ist.
Das Land Brandenburg hat dadurch, dass es sich dazu bekannt hat, Stärken zu stärken und Wachstumskerne zu unterstützen, eine Struktur geschaffen, die bezüglich der aktuellen Krise im Osten des Landes helfen wird, die Region wieder voranzubringen. Das wird - da sind wir uns sicher - einige Zeit dauern. Niemand kann heute sagen, wie lange es dauern wird und wie viele Beschäftigte möglicherweise davon betroffen wären deswegen ist diese Aktuelle Stunde so richtig. Wir lassen die Region, diese Stadt nicht allein. Das ist das Signal unserer heutigen Aktuellen Stunde.
Diese Krise belegt im Übrigen nicht nur, dass die Struktur der Wirtschaftsförderung, der Wirtschaftsregion im Land gut ist und zukunftsfähig sein wird, sondern sie belegt auch, dass die Energiepolitik, die Energiestrategie des Landes richtig ist. Denn die Energiestrategie setzt nun einmal nicht nur vor dem Hintergrund der Energiepolitik darauf, dass wir für eine Übergangszeit auf die bisherigen - konventionellen - Energieträger setzen müssen.
Es zeigt sich einmal mehr: Es ist eine Illusion, zu glauben, wir könnten mit erneuerbaren Energien in absehbarer Zeit Arbeitsplätze in der Form schaffen, wie wir sie derzeit im Bereich der Kohleverstromung haben. Gemeint sind gut bezahlte, dauerhaft stabile Arbeitsplätze, die mit qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern besetzt sind. Diese haben wir im Bereich der erneuerbaren Energien leider noch nicht, und es sieht auch nicht so aus, als würden sie demnächst in der erforderlichen Anzahl geschaffen werden. Insofern ist die Energiestrategie des Landes von großer Bedeutung.
In dem Zusammenhang muss man - Herr Bretz, das kann ich Ihnen, der CDU und der FDP nun weiß Gott nicht ersparen - natürlich auf die Bundespolitik und deren desaströse Subventionspolitik schauen. Es geht nicht darum, dass man Subventionen nicht abbauen kann und muss - auch im Bereich der erneuerbaren Energien -, sondern darum, dass die Berechenbarkeit der Politik der Bundesregierung vollständig verloren gegangen ist.
Kein Investor kann sich mehr darauf verlassen, dass das, was in ein Gesetz gegossen ist, so umgesetzt wird, sondern es wird nach Zufallsprinzip oder nach Gutdünken ohne ein erkennbares Konzept über den Haufen geworfen. Die Unberechenbarkeit der Bundesregierung hat First Solar in Frankfurt (Oder) maßgeblich betroffen und die Unternehmensentscheidung beeinflusst. Der Investor hat immerhin 1 200 Arbeitsplätze geschaffen, ganz so negativ muss man über ihn also nicht reden. First Solar sah sich wie jeder andere globalisierte Investor, der Standorte möglicherweise auch ausnutzt, der Situation ausgesetzt: Kann er zukünftige Entwicklungen noch einkalkulieren oder nicht? First Solar hat sich gegen die Bundesregierung und gegen den Standort Deutschland entschieden, weil die Bundesregierung in diesem Bereich eine desaströse Subventionspolitik betreibt.
Das ist natürlich nur ein Teil der desaströsen Politik. Die Bundesregierung betreibt insgesamt - das haben wir hier schon mehrfach feststellen müssen - eine desaströse Energiepolitik. Die Fehlsteuerungen im Bereich der erneuerbaren Energien sind nur ein kleiner Teil dessen, was an der Energiepolitik der Bundesregierung desaströs ist. Es gibt auf Bundesebene keine Energiestrategie, die diese Bezeichnung auch nur ansatzweise verdiente. Genannt seien auch die Kürzungen bei den Subventionen in diesem Bereich, die die Industrien vor Ort totmachen. Statt Akzeptanz zu schaffen, wird gekürzt; das passt doch nicht in ein Energiekonzept. Ein Energiekonzept, das auf den Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland ausgerichtet ist, setzt voraus, dass die dafür notwendigen Technologien in Deutschland produziert werden. Wir werden keine Akzeptanz erzeugen, wenn wir auf Dauer darauf angewiesen sind, die Technologien aus dem Ausland zu importieren, um damit hier allenfalls Strom zu erzeugen. Wir brauchen die Technologien in Deutschland. Auf der Ebene der Bundesregierung fehlt dazu jeglicher Ansatz.
Darüber hinaus ist auch die Industriepolitik auf Bundesebene desaströs. Vielleicht müssen wir uns gerade mit diesem Aspekt bundesweit, aber insbesondere in unserem Land bzw. in ganz Ostdeutschland - mehr befassen. Es fehlt auf Bundesebene überhaupt an einer Strategie, wie wir den Industriestandort Deutschland zukunftsfähig erhalten und Akzeptanz für Industrie in unserem Land fördern können.
Es gibt keine Strategie auf Bundesebene, die dies unterstützte. Die Industrien, die wir in Deutschland brauchen, sind jene, die zukunftsfähige Produkte herstellen. Wir brauchen Industrien, die Arbeitsplätze - und zwar qualifizierte und gut bezahlte - schaffen.
Auch in dieser Hinsicht erkennen wir immer mehr, dass es keine Strategie gibt, die aufzeigt, wie wir im globalisierten Wettbewerb gerade gegen die asiatischen Märkte dauerhaft bestehen können. Das betrifft nicht nur Brandenburg, sondern Ostdeutschland insgesamt leider mehr als andere Regionen, weil der Hochtechnologiebereich in Ostdeutschland weit weniger ausgeprägt ist als in Westdeutschland. Insofern stehen wir ganz besonders vor dem Problem, im globalisierten Wettbewerb zu bestehen und die Industrien stabil zu halten. Vor diesen Fragen stehen wir, darauf müssen Antworten gefunden werden.
Diejenigen, die die Antworten geben müssten, schweigen oder verrennen sich in wirre Konzepte. Das ist das Problem der Bundesregierung, und darunter leiden wir im gesamten Land und aktuell akut im Osten des Landes, in Frankfurt (Oder). Wir lassen Frankfurt (Oder) nicht allein. Das ist das Signal, das von hier heute ausgeht. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor wenigen Tagen erreichte uns die Nachricht, dass das amerikanische Unternehmen First Solar seine Werke am Standort Frankfurt (Oder) schließen wird. Das hat uns alle geschockt. Wir alle wissen, welche Probleme dies für die Menschen in der Region bedeutet, und wir alle sehen die Notwendigkeit für diese Aktuelle Stunde. Wir alle müssen über die Situation in der Region nachdenken und den Menschen, die ihnen Arbeitsplatz verlieren, helfen. Wir müssen uns über mögliche Perspektiven für die Region Frankfurt (Oder) unterhalten, nicht zuletzt, weil die Region durch zahlreiche andere Entscheidungen der Landesregierung - ich möchte nur die Polizeireform erwähnen - bereits geschwächt wird.
Aber was haben wir gerade erlebt, Herr Kollege Domres? Wir erleben, dass Sie, die Linkspartei, diese Situation ausnutzt. Schauen Sie sich Ihren heutigen Antrag an: Sie nutzen die Situation aus, um auf dem Rücken der Arbeitnehmer von First Solar und Odersun Ihren Klassenkampf zu führen. Ich warte nur darauf, dass Sie die roten Fahnen wieder ausrollen.
Sie schreiben in der Begründung zu Ihrem Antrag, dass die Bundesregierung schuld daran sei, dass First Solar Brandenburg verlässt, und dass dies Deindustrialisierungspolitik sei. Zu dieser Begründung fällt mir nur ein Wort ein: Ideologie. Uns Liberalen sind die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in dieser Land aber zu wichtig, als dass wir ideologische Debatten führen wollten. Es geht hier um Fakten und nicht um Unfug. Also kommen wir zu den Fakten:
First Solar begründet die Werksschließung mit den veränderten Märkten innerhalb der gesamten Europäischen Union. Die Unternehmensführung sagt, dass sie in Ländern aktiv werden wolle, in denen die Sonne deutlich länger scheint und große Frei
flächen vorhanden sind. Das ist die Begründung, die First Solar liefert, meine Damen und Herren. Es gab in der jüngsten Vergangenheit im Bereich der deutschen Photovoltaikindustrie Umbrüche. Der dramatische Preisverfall bei Photovoltaikmodulen ist einer massiven weltweiten Überkapazität geschuldet. Firmen haben am Markt völlig vorbei produziert. Im Fall von Odersun hat sich ein Geschäftsmodell nicht durchgesetzt. Ein Geschäftsmodell, das sich nicht durchsetzt, sollte nicht gefördert werden. Oder wollen wir in Brandenburg wirklich eine Situation wie bei der Steinkohle haben und 40 Jahre lang subventionieren? Das widerspricht einer vernünftigen Wirtschaftspolitik und ist ordnungspolitischer Unsinn, meine Damen und Herren!
Im vergangenen Jahr betrug die Umlage für Photovoltaikanlagen 12 Milliarden Euro. 12 Milliarden Euro, die der Verbraucher zahlen muss. 12 Milliarden Euro für lediglich 4 % vom Gesamtanteil der erneuerbaren Energien. Deswegen war eine Änderung der Förderpraxis notwendig. Auch das EEG muss sich der Entwicklung der Zukunft anpassen, meine Damen und Herren!
Hohe Subventionen werden fehlende Wettbewerbsfähigkeit am Ende nicht wettmachen können. Selbst in China, dem Weltmarktführer für Solarmodule, schreiben die Firmen rote Zahlen. Wenn wir die Förderpraxis unverändert lassen, subventionieren wir mit dem Geld der deutschen Steuerzahler die globalen Überkapazitäten. Das kann niemand wollen, das ist nicht hinnehmbar, und deswegen musste die Politik auf diese Situation reagieren.
Meine Damen und Herren! Es ist traurig, dass es wieder einmal die Arbeitnehmer sind, die Managementfehler ausbaden müssen. First Solar muss selbst dafür sorgen, dass die Mitarbeiterrinnen und Mitarbeiter eine Perspektive haben. Das kann in Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Arbeit erfolgen, aber was nicht geht, ist, dass man schon wieder nur den Steuerzahler zur Kasse bittet, meine Damen und Herren. Wir müssen uns um die vielen gut ausgebildeten, teilweise hochqualifizierten Menschen, die neue Jobs brauchen und von denen wir nicht wollen, dass sie das Land verlassen, kümmern. Es geht darum, dass die vorhandene Infrastruktur einer neuen Nutzung zugeführt wird. Hierbei muss die Landesregierung ihrer Verantwortung gerecht werden. Bis jetzt hat sie die Situation verschlafen.
Das lange von der Region geforderte Fraunhofer-Institut für Solarforschung wurde nicht angesiedelt. Dieses Projekt hat die rot-rote Landesregierung im vergangenen Jahr gestoppt. Die Schwäche der Solarbranche ist ihre Schwäche im Bereich Forschung und Entwicklung. Schuld daran ist die Überförderung nach dem EEG. Deshalb hat Schwarz-Gelb zu Recht gegengesteuert. Wenn die rot-rote Landesregierung jetzt gegen die Bundesregierung wettert, dann will sie in Wahrheit nur von ihrem eigenen Versagen ablenken.
Wer im Wissenschaftsbereich massiv kürzt, das Wissenschaftssystem im Land aushöhlt und verunsichert, der gefährdet die
Arbeitsplätze in Brandenburg. Dass die Linken nun von einer Deindustrialisierung sprechen, zeugt davon, dass sie die Mechanismen der Marktwirtschaft nicht verstanden haben. Wir befinden uns inmitten eines erneuten Strukturwandels, dieses Mal im Bereich der erneuerbaren Energien. Es ist Aufgabe der Politik, diesen Strukturwandel zu gestalten. Es ist nicht Aufgabe der Politik, Entscheidungen des Marktes zu korrigieren. Dies wird wie im Falle der Chipfabrik und von Cargo Lifter um nur einige Beispiele zu nennen - wieder in einem wirtschaftspolitischen Versagen enden. Das darf nicht sein, meine Damen und Herren!
Wir Liberale stellen uns dem Strukturwandel und wollen ihn gestalten. Puren Populismus aber, Herr Kollege Domres, wie von Ihnen, der Fraktion DIE LINKE, schriftlich und mündlich unter Beweis gestellt, werden wir nicht mitmachen. Dafür sind uns die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Land zu wichtig. - Vielen Dank.