Protokoll der Sitzung vom 25.04.2012

Wir kommen zum Änderungsantrag der Abgeordneten Goetz und Schulze in der Drucksache 5/5204; das ist die Ergänzung um Punkt 4 in der Beschlussempfehlung. Wer dem Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei vier Enthaltungen ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung in der Drucksache 5/5141, Neudruck. Die Beschlussempfehlung lautet auf Annahme des Antrags in der veränderten Form - so, wie der Ausschuss ihn beschlossen hat. Wer dem Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen und Gegenstimmen ist die Beschlussempfehlung mehrheitlich angenommen.

Damit schließe ich Tagesordnungspunkt 11 und rufe Tagesordnungspunkt 12 auf:

Radwegebauprogramm 2011 - 2015 wie geplant umsetzen - Keine weiteren Kürzungen beim Radwegebau

Antrag der Fraktion der CDU

Drucksache 5/5126

Der Abgeordnete Genilke beginnt die Debatte für die CDUFraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die neue Radwegebedarfsliste richtet sich an den verfügbaren und realistisch umsetzbaren Projekten bis 2015 aus. Dies hat Minister Vogelsänger im Juni 2011 - also vor 10 Monaten - verkündet. Dass dies nicht mehr so ist, meine sehr verehrten Damen und Herren, haben wir einer Antwort des Ministers bzw. des Ministeriums an die CDU-Fraktion zu verdanken, durch die wir mehr oder weniger klammheimlich erfahren haben, dass das alles nicht mehr gilt. Ich frage deshalb den Minister schon einmal vorsorglich - er wird ja nachher dazu reden -, wann er uns über die Maßnahmen, die aus diesem Maßnahmenplan gestrichen werden sollen, zu informieren gedacht hatte.

(Beifall CDU)

Das damals vorgestellte Radwegeprogramm 2011 bis 2015 wir schreiben 2012 -

(Görke [DIE LINKE]: Das Füllhorn der CDU!)

war ähnlich wie beim Landesstraßenbedarfsplan eine zusammengekürzte Liste von nur noch 127 Maßnahmen. Nur 10 Monate später erklärt der Minister, dass aufgrund der notwendigen Konsolidierung des Landeshaushaltes deutlich verringerte Haushaltsmittel zur Verfügung stehen und deshalb nicht absehbar ist, in welchem Umfang das Bauprogramm für die Radwege 2011 bis 2015 überhaupt umgesetzt werden kann.

Nicht einmal ein Jahr nach Verkündung des Bauprogramms wird diese Liste zu Makulatur, und die rot-rote Landesregierung verabschiedet sich nicht nur vom Straßenbau, sondern wie wir im Ausschuss erfahren haben - sowohl vom Alleenprogramm als auch vom Alleenbeschluss sowie dem Radwegeneubau.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wiederum ein Zeichen dafür, dass es ein kleingeistiger Versuch ist, Infrastruktur gegen Bildungspolitik auszuspielen. Wir haben eine ganzheitliche Verantwortung, und der werden Sie in Sachen Infrastruktur nicht mehr gerecht.

(Beifall CDU)

Infrastruktur, meine sehr verehrten Damen und Herren, wird die eigentliche innenpolitische Aufgabe der nächsten Jahre sein. Da spielt Stadtumbau eine ganz große Rolle. Wie wir in Zukunft in unseren Städten und Gemeinden leben, das wird maßgeblich durch die Infrastruktur bestimmt werden. Hier zeigt

sich die Logik der Landesregierung, Sachen großspurig anzukündigen und dann klammheimlich wieder einzukassieren.

(Beifall CDU)

Ich habe es bei der Alleenstrategie des Landes angesprochen: 5 000 Bäume sollten jährlich gepflanzt werden. Wie wir im Ausschuss erfahren haben, wird man wohl 4 200 schaffen, Tendenz abnehmend. Wie es bei den SPNV-Bestellungen ist - es heißt, keine Abbestellungen in dieser Legislaturperiode, aber tatsächlich werden Linien ausgedünnt und Zugpaare abbestellt -, so ist es jetzt auch beim Radwegebau. Der Radwegebau oder, besser gesagt, Nichtradwegebau ist hier nur die Spitze eines Eisbergs. Es ist eine Antiinfrastrukturpolitik der Landesregierung. Beim Straßenbau waren Sie wenigstens so ehrlich zu sich selbst, dies auch öffentlich als nachrangig zu bezeichnen. Dass die Radwege allerdings elementar mit dem Straßenbau zusammengehören, das verschweigen Sie lieber. Auch Radwege sind Beton, den wollen Sie ganz eindeutig nicht - und selbst dort nicht, wo der Radwegebau in besonderer Weise zur Schulwegsicherung dient. Das ist an dieser Stelle das eigentlich Bedauerliche, ja wenn nicht sogar das Skandalöse.

(Beifall CDU)

Herr Minister, gehen wir noch einmal auf die Argumente ein, die auch Ihr Staatssekretär im Ausschuss vorgebracht hat. Problematisch ist offensichtlich die Kostensteigerung bei den Radwegen von 90 000 auf 160 000 Euro/km und sind die damit verbundenen Probleme vor allem bei der Flächenbereitstellung. Nur waren diese Argumente bereits im Juni 2011 bekannt und wurden auch da schon breit diskutiert. Es muss also andere Gründe geben, die in den vergangenen zehn Monaten bekannt geworden sind, die eine Umsetzung des Radwegeprogramms nicht zulassen.

Ich wage jetzt einfach einmal zu sagen, woran es liegt. RotRot streicht Ihnen die Straßenbaumittel komplett zusammen. 2009, im letzten Jahr der rot-schwarzen Koalition, wurden noch 120 Millionen Euro Landesmittel für den Straßen- und Radwegebau eingesetzt. Im Jahr 2012 sind es lediglich noch 86 Millionen Euro, und davon geht noch ein Großteil für die Planung der Bundesstraßen weg.

Interessant ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass wir im Jahr 2011 fast ausschließlich Radwege an Bundesstraßen gebaut haben, einen einzigen an einer Landesstraße. Im Jahr 2011 haben wir, sage und schreibe, einen Radweg - 3,6 km - an einer Landesstraße gebaut. In diesem Jahr sollen es vier sein. Wenn wir diese Maßnahmen von 2011 und 2012 einmal zusammenrechnen, haben wir zehn Maßnahmen an Bundesstraßen und ganze fünf an Landesstraßen, und das bei insgesamt 127 Maßnahmen. Da bleiben für die Jahre 2013 bis 2015 noch 112 Maßnahmen zu realisieren, das sind 37 Maßnahmen pro Jahr. Anhand der Zahlen, die ich Ihnen gerade genannt habe, werden Sie sich ausrechnen können, wie das funktionieren soll.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, zusammenfassend möchte ich sagen: Die Landesregierung, deren Handeln sich bewusst gegen Infrastruktur richtet und deren Bedarfslisten eine Halbwertszeit von noch nicht einmal einem Jahr haben, wird mit ihrer Infrastrukturpolitik der Wertigkeit, die Straßen und Infrastruktur in diesem Land haben, nicht mehr gerecht. Ich bitte Sie deshalb: Machen Sie von Ihrem Beschluss, die

Radwege, wie wir sie ins Programm aufgenommen haben, Wirklichkeit werden zu lassen, Gebrauch und stimmen Sie unserem Antrag zu. - Vielen Dank.

(Beifall CDU und vereinzelt GRÜNE/B90)

Vielen Dank. - Wir kommen zum Beitrag der SPD-Fraktion. Es spricht die Abgeordnete Hackenschmidt.

Verehrter Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Um es gleich vorweg zu sagen: Das Ziel Ihres Antrags ist zwar wünschenswert, na klar - wir haben uns ja nicht mal so eine Zahl ausgedacht und schauen nun wer gewinnen wird -, aber es ist nicht realisierbar. Wir werden ihm daher nicht zustimmen. Das gemeinsame Ziel - das möchte ich deutlich an den Anfang stellen - ist die verabredete Haushaltskonsolidierung. Ich glaube, das ist mit Blick auf die nachfolgenden Generationen auch der richtige Weg.

Ich will Ihnen auch sagen, warum. Zum einen müssen wir in Brandenburg künftig die Schuldenbremse umsetzen. Das heißt, wir haben seit 2011 verbindliche, grundgesetzlich festgeschriebene Vorgaben, um das Haushaltsdefizit zu reduzieren - so wie auch alle anderen Bundesländer.

(Senftleben [CDU]: Das wussten Sie im letzten Jahr noch nicht?)

Es handelt sich dabei um eine Regelung, die die Föderalismuskommission 2009 beschlossen hat und die Sie auf Bundesebene mittragen. Zum anderen - auch das ist nicht wirklich neu oder überraschend - haben wir in Brandenburg das sich 2019 abzeichnende Ende des Solidarpakts zu bewältigen.

(Senftleben [CDU]: Eine ganz neue Erkenntnis!)

Dabei werden sich die Einnahmen des Landes und der Kommunen unter anderem aus EU-Förderung, auslaufendem Solidarpakt und rückläufigem Länderfinanzausgleich allein bis zum Jahr 2019 um etwa 2 Milliarden Euro verringern; das ist kein Pappenstiel. Und vor allem: Noch weiß niemand, wie Brandenburg diesen erheblichen Einnahmeverlust bzw. -rückgang ausgleichen kann.

Diese Umstände sind es, leider nicht die von Ihnen in Betracht gezogenen rein fiskalischen Aspekte Ihres Antrages! Ich kann durchaus verstehen, dass Sie als Oppositionspartei sich nicht um diese fiskalischen Zwänge scheren; das ist Ihr gutes Recht. Aber wir tragen hier Verantwortung, und wir werden das Radwegebauprogramm nicht wie geplant umsetzen können. Schon im Märzplenum wurde durch den Fahrradbericht der Landesregierung deutlich: Brandenburg hat eine überaus moderne Fahrradinfrastruktur. - Um das nachvollziehen zu können, müssen Sie aber den Bericht auch lesen.

Meine Damen und Herren, noch einmal für alle: Von 1995 bis 2010 wurden rund 170 Millionen Euro für den Bau von Radwegen an Bundes-, Landes- und kommunalen Straßen in Brandenburg aufgewendet. Für den Bau von touristischen Radwegen waren es im Zeitraum zwischen 1996 und 2010 noch einmal

220 Millionen Euro, davon 142 Millionen Euro Fördermittel. Das Ergebnis ist, dass es an über einem Drittel der Bundesstraßen in Brandenburg und an 16 % der Landesstraßen Radwege gibt, und damit liegen wir im guten Mittelfeld. 22 Fernradwege verlaufen durch Brandenburg, und allein neun von 22 zertifizierten Radwegen in Deutschland liegen in Brandenburg. Das alles sind Tatsachen, die sich, wie ich finde, sehen lassen können. In Zukunft wird es immer öfter darauf ankommen, diese gewachsene moderne Infrastruktur an Radwegen bestmöglich zu erhalten, und zwar mit weniger Geld, als wir es bisher gewohnt waren; denn die Zeiten üppiger finanzieller Förderung sind vorbei.

Zuletzt möchte ich noch auf einen wichtigen Aspekt hinweisen: Sie sprechen in Ihrem Antrag davon, dass das neue Radwegeprogramm aufgrund unzureichender Mittelausstattung im Infrastrukturbereich weniger Baumaßnahmen vorsehe als geplant. Aber Sie haben auch das erwähnt: Die Kostensteigerung, ja die Verdoppelung der Kosten bedeutet schon mal die Reduzierung der Vorhaben um die Hälfte, weil die Geldmittel nicht mehr ausreichen. Das Radwegebauprogramm können wir so nicht durchhalten. Das bedeutet, dass sich die Anzahl der Vorhaben bei gleicher finanzieller Ausstattung aus monetären Gründen schlicht halbiert - nein, halbiert werden muss. Das Radwegeprogramm enthält also nicht aufgrund unzureichender Mittel im Infrastrukturbereich weniger Baumaßnahmen, sondern auch aufgrund verdoppelter Kosten bei allen Vorhaben.

Wir brauchen durchdachte, an die Einwohnerzahl und die Fläche Brandenburgs angepasste Baumaßnahmen, die auf einer möglichst realistischen Grundlage stehen, und wir brauchen die Unterstützung der Kommunen vor allem bei der Instandhaltung der touristischen Radwege. Aber wir brauchen kein starres Festhalten am 2011 überarbeiteten Radwegebauprogramm zu dem Preis eines möglichen Verstoßes gegen die grundgesetzlich festgelegte Schuldenbremse und von noch mehr Schulden angesichts des 2019 endenden Solidarpakts. - Danke schön.

(Beifall SPD und vereinzelt DIE LINKE)

Der Kollege Tomczak setzt die Debatte für die FDP-Fraktion fort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Gäste! Auf den ersten Blick kann man sich über den Antrag der CDU schon wundern. Darin wird die Landesregierung aufgefordert, ihr eigens erstelltes Radwegebauprogramm für die Jahre 2011 bis 2015 wie geplant umzusetzen - wie gesagt, „wie geplant“. Eigentlich sollte man davon ausgehen können, dass die Landesregierung das, was sie plant, tatsächlich umsetzt. Das ist leider im vorliegenden Fall nicht so, auch nicht im Bereich des Radwegebaus.

Schauen wir uns die Geschichte des Radwegebauprogramms in Brandenburg an: Im Jahr 2006 wurden Bedarfslisten für Radwege außerorts an Bundes- und Landesstraßen gemeinsam mit den Landkreisen erarbeitet. Darin enthalten sind alle Maßnahmen, für die ein Ausbaubedarf nachgewiesen werden konnte. Im ersten Bauzeitraum, also 2007 bis 2011, wurden Maßnahmen aufgeführt, die ursprünglich bis 2011 realisiert werden

sollten. Jedoch wurden nicht alle Maßnahmen realisiert. Das ist erst einmal verständlich, weil sich in einem solch langen Zeitraum Bedingungen verändern können und auch verändert haben, so zum Beispiel die Kosten, die ganz enorm gestiegen sind.

Es wurde nun erforderlich, die künftigen Baumaßnahmen auf eine „möglichst realistische Grundlage“ - das ist Originalton Landesregierung - zu stellen. Das zuständige Ministerium hat demzufolge auf einer möglichst realistischen Grundlage im Jahr 2011 ein neues Bauprogramm der Radwege für die Jahre 2011 bis 2015 erstellt. Man kann es auch „Aktualisierung durch Reduzierung“ nennen. Das klingt wieder erst einmal vernünftig und nachvollziehbar.

Wie sieht das Bauprogramm 2011 bis 2015 aber nun aus? Das Bauprogramm der Radwege beinhaltet 127 Maßnahmen. Davon entfallen 38 auf Radwege außerorts an Landesstraßen und 89 Maßnahmen auf Radwege außerorts an Bundesstraßen. Diese 127 Maßnahmen sollen bis Ende 2015 realisiert werden. Das klingt erst einmal gut.

Was aber nicht so gut klingt, ist die Zahl der bisher umgesetzten Maßnahmen. Jetzt zeigt sich, warum es doch nicht so abwegig ist, die Landesregierung dazu aufzufordern, das umzusetzen, was sie eigentlich selbst geplant hat. Laut Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage der CDU hat sich herausgestellt, dass bisher nur 8 - in Worten: acht - Maßnahmen an Bundesstraßen realisiert wurden und nur eine Maßnahme an einer Landesstraße. Bei diesem Tempo ist für jeden zu erkennen, dass die 127 Maßnahmen im aktualisierten Bauprogramm nur noch durch ein Wunder bis 2015 realisiert werden können. Aber das scheint auch gar nicht mehr gewollt zu sein; denn die Landesregierung sagt selbst in der Vorbemerkung zur Kleinen Anfrage:

„Aufgrund der notwendigen Konsolidierung des Landeshaushaltes stehen deutlich verringerte Haushaltsmittel zur Verfügung.... Deshalb ist derzeit nicht absehbar, in welchem Umfang das Bauprogramm für Radwege... umgesetzt werden kann.“

Na, das ist ja allerhand! Erst im Mai 2011 wird ein neues Radwegebauprogramm aufgesetzt, die Maßnahmen werden in diesem Zusammenhang stark reduziert, man möchte es auf eine „möglichst realistische Grundlage“ stellen, und bereits ein Jahr später zeigt sich, dass selbst die reduzierte Grundlage alles andere als realistisch war. So schaffen Sie in den Kommunen und unter den Bürgern dieses Landes kein Vertrauen in das Handeln der Landesregierung.

Ganz am Rande möchte ich an dieser Stelle erwähnen, dass das Radwegeprogramm letztendlich gewissermaßen auch ein Wirtschaftsförderungsprogramm für die ländlichen Regionen ist, besonders was den touristischen Bereich betrifft.

Selbstverständlich müssen wir verantwortungsbewusst mit den uns anvertrauten Steuergeldern umgehen. Daher ist es mehr als notwendig, den Haushalt zu konsolidieren. Jedoch muss auch klar gesagt werden, dass der Bereich Infrastruktur des Landes unterfinanziert ist. Eine funktionierende Infrastruktur für ein zukunftsfestes Land ist unerlässlich. Hier reden wir nicht nur über Radwege, sondern auch über Straßen und Schienen. Diese Landesregierung setzt falsche Prioritäten, wenn sie immer wie

der das Infrastrukturministerium finanziell bluten lässt. Dafür eignen sich andere Ministerien besser und mehr.