Protokoll der Sitzung vom 25.04.2012

Wir sollten gemeinsam an dem Thema dranbleiben. Das Bauprogramm ist nicht ad acta gelegt. Ich werde es weiterhin Schritt für Schritt umsetzen. Auch ich hätte mir gewünscht, dass wir alle Maßnahmen bis 2015 umsetzen können. Das funktioniert nun leider nicht. Trotzdem werden wir auch mit dem Bau von Radwegen weiter vorankommen. - Vielen Dank.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Minister. - Herr Abgeordneter Senftleben hat eine Kurzintervention angemeldet; dazu erhält er jetzt Gelegenheit.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Nicht der schon wieder!)

Es gibt auch noch Redezeit für Herrn Abgeordneten Genilke.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen, danke für Ihre Freude darüber, dass ich noch einmal zu Ihnen spreche. Herr Minister, ich kann es ja verstehen, dass Sie mit Ihren stets sehr freundschaftlichen und warmen Worten das Parlament hier beglücken. Aber das reicht eben nicht immer.

Dazu sage ich einmal Folgendes: Wenn eine Familie einen Abgeordneten aus dem Wahlkreis fragt, wann der Radweg gebaut wird, und der Abgeordnete dann sagt, dass er eine Anfrage an das Ministerium richten werde, dann beantwortet das Ministerium so nebenbei die Anfrage und weist darauf hin: Liebe Freunde, der Plan, den man sich vorgestellt hat, ist so nicht mehr haltbar.

(Görke [DIE LINKE]: Nein, es beantwortet die Frage!)

Das geht so nicht, Herr Minister. So läuft Politik nicht! Sie haben das Parlament, Sie haben den Ausschuss nicht darüber informiert, dass ein Plan, den Sie selbst vor zehn Monaten vorgestellt haben, nicht mehr umgesetzt werden kann. Das ist die Realität im Land Brandenburg!

(Beifall CDU)

Der zweite Punkt: Ich habe ja gehört, Frau Hackenschmidt und Herr Minister, was sich seit 2009 alles geändert hat. Aber 2009 ist nicht 2011. Sie haben nicht dargelegt, welche neuen Erkenntnisse jetzt dazu beigetragen haben, dass ein Plan, der vor zehn Monaten vorgestellt worden ist - damals haben Sie sich feiern lassen und waren darüber freudig erregt, sich am nächsten Tag in den Zeitungen zu sehen -, plötzlich nicht mehr gilt und nun in diesem Land alles anders sein soll. Das ist genau das Problem mit der Politik, die Sie machen: dass nämlich das Vertrauen grundsätzlich verlorengeht. Dafür ist Rot-Rot verantwortlich, meine Damen und Herren!

(Beifall CDU - Bischoff [SPD]: Das ist ja eine tolle Kurz- intervention!)

Sie brauchen sich nicht zu wundern, wenn Bürger in diesem Land Brandenburg sagen: Ich organisiere eine Unterschriftenaktion. Denn das ist keine Politik, auf der man langfristig Planungen aufbauen kann. - Danke schön.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Senftleben. - Herr Minister, Sie haben die Chance, darauf zu reagieren. - Das möchten Sie nicht.

Herr Abgeordneter Genilke ist jetzt nicht mehr da, er ist im Fernsehen.

(Heiterkeit und Zurufe)

- Er ist noch da, er ist bei einer Fernsehaufzeichnung. Entschuldigung.

Demzufolge sind wir am Ende der Aussprache angelangt und kommen zur Abstimmung.

Es liegt der Antrag in Drucksache 5/5126 vor, eingereicht durch die CDU-Fraktion, „Radwegebauprogramm 2011 - 2015 wie geplant umsetzen - Keine weiteren Kürzungen beim Radwegebau“. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Stimmenthaltungen? Es gibt keine Enthaltungen. Der Antrag ist mit Mehrheit abgelehnt worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 12 und eröffne Tagesordnungspunkt 13:

Kein Platz für Massentierhaltung - Für eine zukunftsfähige standort- und tierschutzgerechte, umweltschonende und flächengebundene Tierhaltung in Brandenburg

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Drucksache 5/5128

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der einreichenden Fraktion, der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Die Abgeordnete Niels hat das Wort.

Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Jetzt geht es um das, was wir ab und zu auf dem Teller haben zumindest einige von uns, es gibt ja auch Veganerinnen und Veganer sowie Vegetarier.

(Zurufe)

Es geht um die Wurst - ganz genau! Wahrscheinlich geht es Ihnen ähnlich wie mir: So richtig wollen wir beim Genuss eines Steaks nicht die wunderschönen großen Augen der Kuh vor uns haben, und wir wollen uns möglichst wenig Gedanken darüber machen, ob das Tier, das wir essen, ein tatsächliches Leben vor dem Tod hatte. Es geht bei unserem Antrag also vor allen Dingen um ethische Gesichtspunkte und um Tierschutz.

Ich gebe sehr gern zu, dass ich den nicht wissenschaftlichen Begriff „Massentierhaltung“ vornweg verwendet habe. Das liegt einfach daran, dass es mein Anspruch als agrarpolitische Sprecherin ist, auch mit Begriffen zu arbeiten, die nicht ganz meinen Qualitätsanforderungen entsprechen, aber verständlich sind und sich sozusagen eingebürgert haben. Natürlich können wir auch darüber sprechen, dass es um industrialisierte Intensivtierhaltung oder um industrielle Tierhaltung geht. Man kann sich über die Begriffe extensive/intensive Tierhaltung streiten. Es geht aber vor allen Dingen um Tierschutzaspekte.

Wir wollen im Ausschuss für Infrastruktur und Landwirtschaft und im Ausschuss für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz des Landtages unter verschiedenen Gesichtspunkten konstruktiv darüber streiten, wie wir die verschiedenen Aspekte einer standortangepassten Landwirtschaft fördern können. Das betrifft die Aspekte der Umwelt, das betrifft auch den Aspekt Tourismus. Wie kann man zum Beispiel in einer Regionalplanung darauf sehen, ob sich eine Tieranlage in die Landschaft einfügt? Das betrifft auch - wie ich schon sagte - den Tierschutz. Wir haben immer wieder die Debatten zum Beispiel über die Ferkelkastration und hören ständig Beteuerungen von Frau Aigner, dass sie diese Methode oder auch das Zähneschleifen bei kleinen Ferkeln abschaffen will. Wir haben immer wieder Debatten darüber, dass zum Beispiel auch die ökologische Landwirtschaft männliche Küken zum Schreddern weggibt. Wir haben verschiedene Debatten, auch über Zucht, zum Beispiel, dass die Väter und Mütter der verschiedenen Tiere auf dieser Erde sehr wenige sind. Es gibt also einen Genpool, der sich arg eingegrenzt hat.

Dann haben wir noch den Aspekt - auch der wurde genannt der Arbeitsplätze. Die Tierhaltung soll flächengebunden und standortgerecht sein, weil überall Landwirte unterwegs sein sollen, die tatsächlich noch einen Bezug zum Tier haben. Wir haben auch über alle Fraktionsgrenzen hinweg erkannt, dass diejenigen, die hier in Brandenburg investieren und außerhalb der Landwirtschaft ihr eigentliches Betätigungsfeld haben, nicht immer zum Wohle der Region agieren.

(Beifall des Abgeordneten Homeyer [CDU])

Die Probleme sind also bekannt.

Wir haben ein breites Potpourri aus ganz bündnisgrüner Sicht vorgestellt. Ich greife einen Punkt heraus. Und zwar sagen wir: Wenn es nach § 35 Baugesetzbuch weiterhin eine Privilegie

rung für Mastanlagen geben soll, dann bitte nur bei artgerechter Tierhaltung. - Die anderen Bedingungen habe ich aufgeschrieben.

Ich gehe nicht auf jeden Punkt ein. Aber eines muss klar sein: Wir reden hier nicht über die freie Wirtschaft, sondern wir reden über die Bedingungen der Vergabe öffentlicher Gelder. Dass sich sehr viele Verbraucherinnen und Verbraucher dafür interessieren, was sie auf dem Teller haben, haben die Demonstrationen gezeigt, die auch plakativ waren - natürlich. Der Titel „Bauernhöfe statt Agrarfabriken“ klingt erst mal nach Bilderbuch versus Industrie. Aber mehr als 20 000 Menschen in Berlin, ein riesengroßer Sternmarsch mit vielen Traktoren, viele Proteste in den Regionen, zum Beispiel in Haßleben - riesengroße Schweinemastanlage! -, zeigen das deutlich. Oder diese vielen verschiedenen Hähnchenmastanlagen - ob Bio oder nicht sei dahingestellt - angesichts derer Menschen sagen: Meine Güte, ich will das nicht essen. Wenn ich Filme darüber sehe, wie die Tiere aufwachsen und wie sie geschlachtet werden, wie zum Beispiel mit einer riesengroßen Kehrmaschine Küken eingesammelt werden - darüber gibt es auch genügend Material -, vergeht mir der Appetit.

Aber es gibt zurzeit - jetzt komme ich zu einem zweiten Punkt noch kein Label für tierschutzgerechte Produkte. Wir fordern deswegen, dass es auf der Bundesebene ein Label gibt. Das kann auch zweistufig sein, etwa so, wie der Tierschutzbund das in Eigeninitiative gerade zusammen mit vielen Tierproduzenten, auch riesengroßen Betrieben, und Hollands größtem Fleischproduzenten entwickelt hat. Das kann man als Grundlage nehmen, muss man nicht. Ins Bundesrecht soll das Ganze kommen, damit man einen einheitlichen Standard hat.

Ich kann mich dem Tierschutzbund durchaus anschließen, dass man das Level relativ niedrig hält, um sozusagen die schwarzen Schafe erst mal abzuholen, erst mal einzuladen, über Debatten zu klären: Was ist eigentlich Tierschutzrecht, und warum trauen sich manche Betriebe überhaupt nicht mehr, Schulklassen durch ihre Hallen zu führen und zu sagen: „Guckt mal, so wachsen bei uns die Tiere auf!“? Das ist tatsächlich so; ich weiß das.

Auch da muss ich wieder sagen: Ich unterscheide nicht zwischen Ökobetrieben und konventionellen per se. Es gibt vorbildliche Biobetriebe, und es gibt bei denen, die nicht so vorbildlich sind, immer den Drang, sich zu verbessern.

Zum Beispiel zum Thema Hühner: Es ist bekannt, dass Hühner, wenn sie zu mehr als 100 zusammen sind, es nicht mehr schaffen, sich in Gruppen zu sortieren. Ich war schon vor zehn Jahren bei Weiterbildungen zu dem Thema. Wir hatten das Sachsenhuhn, vom Aussterben bedroht, da hat man sich darüber unterhalten: Meine Güte, ich habe 50 Plätze mit Tränken und 50 Futterplätze, aber die Hühner wollen nur drei davon, und wir haben auch das Problem des Hackens, aber wir können nicht mit Schnäbelkürzen arbeiten, sondern brauchen andere Lösungen. Dann hat man sich Gänge- und Wegesysteme überlegt.

Aber es ist doch klar: Hühner brauchen Licht, genauso wie Schweine, Kühe und Menschen Licht brauchen - und zum Beispiel Hunde. Ich wundere mich, dass im Zusammenhang mit der Europameisterschaft die Debatte so groß ist. Man will dort Hunde töten. Das ist natürlich absolut nicht in Ordnung, man muss sich dagegen wehren. In anderen Kulturkreisen isst man

Hunde auch. Aber im Zusammenhang damit ist mir aufgefallen, dass die Medien da tatsächlich total draufspringen. Ich wundere mich nicht über Bürgerinnen und Bürger, sondern über die Medien. Ich wundere mich auch darüber, dass man zu ganz vernünftigen Sendezeiten immer wieder über Tierheime Sendungen sehen kann, die zeigen, welches Tier man nach Hause nehmen kann. Aber zu vernünftigen Sendezeiten sehe ich leider nichts über die Probleme der Tierhaltung, die wir hier in Deutschland haben.

(Beifall GRÜNE/B90)

Nun sind wir ja Teil der öffentlichen Debatte. Ich will um Gottes willen die Medien nicht beschimpfen, sondern nur konstruktiv einladen, doch auch mal zu vernünftigen Sendezeiten zu zeigen, was es bedeutet, wenn zum Beispiel das mütterliche Schwein in einer aus Metallstäben begrenzten Bucht, und zwar seitlich und nach oben begrenzt, die Ferkel säugt.

(Frau Alter [SPD]: Das mütterliche Schwein heißt Sau!)

- „Die Sau“ kann ich auch sagen, ja. - Diese Muttersau hat also nur zwei Möglichkeiten, und zwar sich hinzusetzen und wieder aufzustehen. Damit ist klar, dass das natürliche Bedürfnis nach Suhlen und nach Trennung von Schlaf- und Ausscheideplatz dort nicht gewährleistet ist. Leider atmen diese Tiere auch Ammoniak ein, also ihre eigenen Ausdünstungen, und leiden an Entzündungen der Augen.

Viele Menschen haben es gesehen und wollen nun gerne Fleisch aus tierschutzgerechter Produktion essen. Für die wollen wir das Label. Für die wollen wir auch klarmachen, wenn sie im Supermarkt zum Beispiel Nudeln kaufen wollen, in welchen Eier enthalten sind, die nicht aus artgerechter Hühnerhaltung kommen. Auch bei Gelatine ist das ein Problem. Ich muss auch bei Gelatine wissen, wo das Schwein gelebt hat. Also für alle Produkte, in denen tierische Substanzen enthalten sind, fordern wir dieses Label. Alle weiteren Punkte finden Sie im Antrag.

Da hier noch nichts leuchtet, habe ich nachher noch Zeit, etwas auszuführen. Ich freue mich auf Ihre Beiträge und hoffe, dass wir das nicht nur hier, sondern auch in den Ausschüssen beraten.

(Beifall GRÜNE/B90 und des Abgeordneten Homeyer [CDU])

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Niels. - Wir setzen die Aussprache nunmehr mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fort. Frau Abgeordnete Hackenschmidt hat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Am Ende wusste ich nicht mehr ganz genau, worum es in Ihrer Ausführung gehen sollte, Frau Niels. Aber ich habe mich noch einmal vergewissert, der Antrag hieß „Massentierhaltung“. Das war das Hauptthema. Als Sie von streunenden Hunden sprachen, war ich nicht mehr ganz auf dem Laufenden.