Zum Beispiel haben wir ein Drittel der Besiedlungsdichte Sachsens. Bei uns gibt es 90 Einwohner pro km2, in Sachsen gibt es 270 Einwohner pro km2. Unsere Schulwegbezirke sind dreimal so groß wie die Schulwegbezirke beispielsweise in Schleswig-Holstein. Ich kann nicht immer alles in einen Topf werfen und nur sagen: Die Zuwendung ist hier mit 1,7 so wie in anderen Ländern, und da ist gar nichts schlechter, sondern ich muss wissen: Will ich mir eine gute Bildung leisten? Will ich wohnortnahe Standorte erhalten oder will ich das nicht? Das ist die Frage, ob Bildung Priorität hat.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur ganz kurz. Ich vermute, Frau Blechinger meint die Kompression des Unterrichtsstoffes, also das, was man in der Sekundarstufe lernt.
- Dann habe ich, wie möglicherweise andere auch, die Intervention doch nicht verstanden. - Die Kompression des Unterrichtsstoffes findet in den Klassen 7 bis 10 statt - so, wie es andere Bundesländer auch machen. Da gibt es einheitliche KMKRichtlinien, an die wir uns halten. Insofern ist die Sorge komplett unbegründet.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Günther, mit einer Sache sind wir bei Ihnen
gescheitert: Ständiges Wiederholen soll eigentlich jemanden dazu bewegen, sein Verhalten zu verändern. Das ist bei Ihnen völlig gescheitert. Sie haben offensichtlich auch noch Beton an Ihren Füßen und holen jedes Mal in diesen Diskussionen, die wir immer wieder führen, die Jubelfahnen heraus und verteidigen das Bildungsministerium, obwohl Sie wissen, dass das in die falsche Richtung läuft.
Wenn Sie hier sagen, die Lesekompetenz sei ein Problemfeld, das in der Studie der Bertelsmann-Stiftung erwähnt werde, dafür sei die Opposition zuständig, kann ich nur erwidern: Dafür sind wir gern zuständig. Das Problem ist nur: Sie regieren hier gerade, aber Sie ändern es nicht. Das ist das Problem, Herr Günther.
Wissen Sie: Wir haben wieder einmal eine Diskussion über Mängelverwaltung im brandenburgischen Bildungssystem.
- Nehmen Sie denn all die ganzen Ergebnisse der Umfragen und Analysen nicht zur Kenntnis? Wo leben Sie eigentlich? Kommen Sie doch einmal in der Realität an! Es ist ein Mangelsystem, das wir hier in Brandenburg haben. Dieses Bildungssystem ist pure Mängelverwaltung. Genau darüber diskutieren wir heute wieder. Das zeigt eben, dass Ministerin Dr. Münch nicht umhinkommen wird, in der Bildungspolitik umzusteuern und mehr in die Bildung zu investieren, so, wie Sie das eigentlich auch geschrieben haben.
Als ich die Überschrift des Antrags der CDU-Fraktion las „Profilbildung an Schulen ermöglichen“ -, war ich wirklich erfreut. Ich gebe zu: Als ich weiterlas, Herr Kollege Hoffmann, war ich ein ganz kleines bisschen darüber verwundert, dass Sie nur die Lehrerwochenstunden im Rahmen der Profilbildung berücksichtigt haben. Aber es ist in Ordnung, weil Sie diesen Antrag völlig zu Recht stellen.
Es ist nämlich absolut kontraproduktiv vom Ministerium, die Lehrerwochenstunden zu kürzen, noch dazu in einem Bereich der sonderpädagogischen Förderung, in dem sich den Kindern oftmals im größten Umfang gewidmet werden muss. Da muss die Frage schon erlaubt sein, wenn man sich die Parteiprogramme und die Wahlprogramme von SPD und Linken anschaut: Was steckt dahinter, wenn Sie an den Gymnasien und an den Förderschulen kürzen? Das sind gerade die beiden
Schulformen, die Sie am liebsten in diesem Land bekämpfen. Die wollen Sie plattmachen. Das ist doch das Ergebnis, das dabei herauskommen soll.
- Doch, ist es wohl. - Das Problem liegt aber viel tiefer. Das Problem ist, dass wir schlichtweg zu wenige Lehrerstellen im System haben und sich das Ministerium bei der Stellenzuweisung immer wieder an der Schüler-Lehrer-Relation orientiert, die, wie wir alle wissen, überhaupt nichts aussagt, insbesondere weil in die Schüler-Lehrer-Relation auch die Förderschulen eingerechnet sind. Sie wissen, dass das völlig verzerrt und dass uns diese Zahl überhaupt nichts sagt.
Das Hauptproblem ist, dass das ganze System der Stellenzuweisungen durch das Ministerium bzw. durch die staatlichen Schulämter einfach nicht praktikabel ist. Allein schon diese pauschale Zuweisung nach Schulen und nach dieser SchülerLehrer-Relation ist falsch. Wir haben Ihnen, Frau Ministerin, unser eigenes Konzept entgegengestellt, weil wir glauben, dass es besser und zukunftsfähiger ist, dass es sich in die demografische Entwicklung besser einfügt und vor allem mehr Bildungsqualität schafft. Das sind eigenverantwortliche Schulen mit einer angemessenen Finanzierung aus Globalbudgets, die auf ermittelten Schülervollkostensätzen basieren und aus den Mitteln der Schulträger bestehen. Das ist übrigens ein System, Frau Ministerin, das, wenn Sie einmal nach Hessen schauen schwarz-gelb regiert - oder nach Niedersachsen - schwarz-gelb regiert -, ganz hervorragend funktioniert und zur Qualität und Profilbildung in den Schulen beigetragen hat.
Im Zusammenhang mit der Personalverantwortung, die bei den Schulen selbst liegt, können sie ihre Lehrkräfte selbst einstellen. Damit werden Zuweisungen von Lehrerwochenstunden durch das Staatliche Schulamt überflüssig. Letztlich kennen die Schulen ihren Bedarf und ihre Bedürfnisse besser als das Ministerium oder schwerfällige Verwaltungsstrukturen, sie können auf Probleme vor Ort besser reagieren.
Darum steht die Forderung weiterhin im Raum: Ermitteln Sie endlich genau, was ein Schüler kostet. Weisen Sie den Schulen diese Mittel zu, damit sie gerecht und fair behandelt werden und sie verantwortlich mit den Geldern haushalten können. Dadurch erhalten die Schulen die Möglichkeit, ihre finanziellen Schwerpunkte auf ihr Schulkonzept und ihre schulinternen Entscheidungen zu legen. Das ermöglicht eine echte Profilbildung, die bei Abhängigkeit und Gängelung durch die Schulverwaltung nicht möglich ist. Letztlich kommen Entscheidungen vor Ort auch den Kindern zugute. Das motiviert Eltern, das motiviert Schüler. Und vor allem: Es motiviert die Lehrer. Das führt zu einem verbesserten Schulklima und zu einer verbesserten Bildungsqualität in diesem Land.
Es muss in diesem Land doch endlich Schluss sein mit den Versuchen, die Mangelverwaltung durch Herumdoktern und Kompensationsmaßnahmen aufrechtzuerhalten. Das, was im Koalitionsvertrag steht, nämlich Priorität auf Bildung, ist, wie wir mittlerweile alle wissen, ein Witz, der leider schlecht ist. Deswegen: Fangen Sie endlich an, sich vernünftig durchzusetzen, auch gegenüber dem Finanzminister, damit die Schulen vernünftig ausgestattet werden und wir an der Bildungsqualität etwas ändern können. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich danke Herrn Hoffmann für den Antrag, denn er gibt uns die Möglichkeit, einiges klarzustellen. Er macht es uns möglich, auf all die Briefe, die wir erhalten haben, hier im öffentlichen Raum zu reagieren. Herr Büttner, ich versuche, jetzt nicht auf die ganz große Keule, Priorität und Koalition, einzugehen.
Ich möchte darlegen, was eigentlich der Beweggrund gewesen ist. Wir haben einen Stellenrahmen von 16 857 Stellen. Der ist so geblieben. Den haben wir mit diesem Haushalt beschlossen. An dem ist nichts geändert worden. Das, was geändert wurde, ist, dass wir innerhalb dieser 16 857 Stellen versucht haben umzusteuern, und zwar Ungerechtigkeiten, die über die Jahre auch aufgrund dessen, dass es gar nicht anders funktionieren konnte - gewachsen sind, auszugleichen.
Erstes Beispiel: Es haben über Jahre solidarisch weggetragen die Schulen in den Städten und im Speckgürtel mit riesengroßen Klassenfrequenzen, mit fehlenden Möglichkeiten, zu fördern und zu teilen, das, was wir in der Fläche haben, nämlich sehr kleine Klassen, sehr kleine Schulen, sehr kleine Einheiten.
Und jetzt sagen wir: Wir probieren, ein Stück weit einen Ausgleich hinzubekommen durch eine schülerzahlenbezogene Zuweisung, indem wir die Schulen mit hohen Klassenfrequenzen, mit vielen Schülern in der Klasse in die Lage versetzen, auch Förder- und Teilungsunterricht durchzuführen. Schauen Sie sich das in Ihren Schulen in den Städten und im Speckgürtel an: Die Schulen, die Klassen mit 30 oder 28 Schülern haben, bekommen ein Mehr an Zuweisungen durch die neue VV Unterrichtsorganisation.
Sie erhalten mehr Möglichkeiten, zu fördern und zu teilen. Die Grundschulen erhalten mehr Unterricht in den Klassen 1 und 2, liebe Kollegin Blechinger - Sie hatten von der Bertelsmann-Lesestudie gesprochen -, weil wir festgestellt haben, dass wir die Pyramide umdrehen müssen, dass wir gerade im Bereich der Grundschulen etwas mehr hineingeben müssen, damit genau das, was Sie zu Recht einfordern, nämlich eine bessere Lesekompetenzförderung, stattfinden kann. Genau das passiert durch die VV-Unterrichtsorganisation.
Und - Pyramide umgedreht -: Wir sind immer kritisiert worden, und alle Studien weisen das aus, dass wir innerhalb von Deutschland die Grundschulen am schlechtesten mit Personal ausstatten, aber die Gymnasien und die gymnasialen Oberstufen am besten. Wir haben dort das beste Lehrer-Schüler-Verhältnis, sprich: zwei oder drei Zehn-Schüler-Kurse. Wir haben uns kleine Kurse geleistet, die alle vielfältigen Dinge ermög
licht haben. Ich bedauere auch, dass sie wegfallen, aber wir können es in diesem Stellenrahmen nicht anders leisten.
Was ist noch passiert? Wir statten die gymnasialen Oberstufen mit 1,7 statt 1,8 Lehrerwochenstunden aus. Das führt an kleineren Schulen zu Einbrüchen. Wenn aber große Klassen in der Sekundarstufe I da sind, kompensiert sich das wieder. Das ist doch auch ganz bewusst so gemacht worden. Das ist vernünftig und aus unserer Sicht politisch verantwortbar.
(Beifall der Abgeordneten Frau Kaiser, Görke [DIE LIN- KE], von Minister Dr. Markov sowie vereinzelt SPD)
Das hat überhaupt nichts mit dieser verkürzten Abiturstufe zu tun, weil die Stunden in die Sekundarstufe I hineingegangen sind, insbesondere in die Klassen 9 und 10; die haben doch auch viel mehr Unterricht. Und sie sind in die neue gymnasiale Oberstufenverordnung eingegangen, weil wir eine größere Pflichtbindung für Abiturkurse haben. Das müssen Sie doch im Zusammenhang sehen.
Frau Abgeordnete Große, wären Sie bereit, einen Beitrag zur Weiterbildung von Herrn Günther zu leisten und zu bestätigen, dass das „Abschneiden“ der 13. Jahrgangsstufe nicht nur zu einer Kompression des Unterrichtsstoffes führt, sondern dass die 11. und die 12. Klasse in Summe jetzt neun Unterrichtsstunden mehr haben und das eigentlich auch mehr Lehrerstunden erfordern würde?