Protokoll der Sitzung vom 06.06.2012

(Frau Lieske [SPD]: Im folgenden Redebeitrag!)

- Im folgenden Redebeitrag. Dann setzen wir die Aussprache mit der Abgeordneten Schulz-Höpfner fort. Sie spricht für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie haben gerade bemerkt: Emotionen schlagen bei dem Thema hoch - auch bei meiner Kollegin. In der Tat, Frau Lieske, Sie haben völlig Recht, die Aktualität könnte nicht größer sein. Nur wenn wir so aktuell sind - und aktuell ist es immer, über Familienpolitik zu debattieren -, sollten wir über das debattieren, was wir hier in Brandenburg für Familien tun können.

(Beifall CDU)

Wenn es um wissenschaftliche Erkenntnisse geht, könnte man x-Studien dafür und dagegen zitieren - jede Menge.

(Bischoff [SPD]: Nicht ablenken!)

In einem sind sich aber Wissenschaftler und Pädagogen sehr einig. Das ist der Fakt, dass in den ersten zwei Lebensjahren die Bindung zwischen Eltern und Kindern enorm wichtig für das ganze Leben ist.

(Beifall CDU - Holzschuher [SPD]: Und damit es besser wird, zahlen wir jetzt 100 Euro!)

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Wir erleben in den letzten Wochen eine sehr kontroverse und manchmal leider völlig überhitzte Debatte zum Thema Betreuungsgeld. Auch in Ihrem Antrag zur heutigen Aktuellen Stunde haben Sie

die üblichen Kampfbegriffe wie „Herdprämie“ oder „Bildungsfernhalteprämie“ wieder verwendet, was ich sehr bedauere. Ich bedauere diese Art der Diskussion außerordentlich.

(Beifall CDU)

Sie trägt nämlich nicht dazu bei, eine tatsächliche Debatte um die besten Ansätze und Instrumente in der Familienpolitik zu führen. Sie ist geeignet, einzelne Familienmodelle zu diffamieren.

(Beifall der Abgeordneten Blechinger [CDU])

Das ist völlig inakzeptabel. Denn jedes Familienmodell verdient Respekt. Ich glaube, das ist ein Punkt, in dem wir uns sehr einig sein sollten.

(Beifall CDU - Frau Lieske [SPD]: Richtig!)

Eine gute Familienpolitik orientiert sich an den Bedürfnissen der Familien. Im aktuellen Familienbericht der Bundesregierung lesen wir über Zeit - Zeit, die Familien benötigen. Sie alle kennen den Dreiklang: Zeit - Geld - Rahmenbedingungen. Das sind die drei Dinge, die Familien zuallererst brauchen. Die Bundesregierung hat sich in ihrem Familienbericht in diesem Jahr mit dem Faktor Zeit befasst. Eltern und Kinder wollen in allererster Linie Zeit füreinander haben. Eltern wollen an der Entwicklung ihrer Kinder teilhaben, und die Kinder wollen Zuneigung und Geborgenheit.

(Beifall CDU)

In der Familie lernen sie zuallererst Empathie, soziale Kompetenz, aber auch die Grenzen ihres eigenen Handelns zu erkennen. Diese Bindung zwischen Eltern und Kindern gilt es nach unserer Auffassung zu stärken.

(Beifall CDU)

Darauf sollte Familienpolitik aufbauen. In Erziehungsfragen muss die Familienpolitik vor allem darauf bedacht sein, Eltern in ihrer Erziehungskompetenz zu stärken und dort Hilfe und Unterstützung zu geben, wo Familien an die Grenzen ihrer Belastbarkeit stoßen.

(Beifall CDU)

Wir sollten Familien aber immer auch etwas zutrauen. Das kommt mir manchmal zu kurz. Viel zu oft beschäftigen wir uns nur mit den Problemlagen und vergessen dabei unsere verantwortungsbewussten Familien. Natürlich sollten und müssen wir als Staat, als Gesellschaft ein ganz großes Interesse daran haben, jedem Kind die besten Startchancen ins Leben zu ermöglichen und die Familien bei der Gestaltung eines erfolgreichen, sinnerfüllten und eigenverantwortlichen Familienlebens zu unterstützen. Das impliziert aber nicht, den Eltern die Verantwortung in Erziehungsfragen grundsätzlich abzusprechen. Das ist auch nicht im Sinne des Grundgesetzes oder einer demokratischen pluralen Gesellschaft.

(Beifall CDU)

Unsere Gesellschaft braucht selbstbestimmte Familien. Denn aus selbstbestimmten Familien gehen selbstbewusste Persönlichkeiten hervor. Und die brauchen wir ja wohl alle.

(Beifall CDU)

Kindertageseinrichtungen sind ein wichtiger Pfeiler, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen, und eine wichtige Ergänzung zu dem Bildungsort Familie. Familie ist auch ein Bildungsort

(Beifall CDU - Frau Alter [SPD]: Richtig! - Bischoff [SPD]: Hat das jemand bestritten?)

Genau aus dem Grund hat die CDU auch gesagt: Wir wollen die Kita-Plätze ausbauen - übrigens mit Ihnen zusammen.

(Krause [DIE LINKE]: Das machen Sie aber nicht!)

- Natürlich wird es getan. Sie brauchen sich nur die Zahlen anzuschauen.

(Krause [DIE LINKE]: 160 000 Plätze fehlen in der Bun- desrepublik!)

Die Infrastruktur für Kinder ist in Brandenburg im Gegensatz zu den westdeutschen Ländern sehr gut ausgebaut. Frau Lieske hat darauf bereits hingewiesen.

(Holzschuher [SPD]: Das erklären Sie einmal Frau Ble- chinger!)

Aus Brandenburg heraus nach mehr Kita-Plätzen zu rufen scheint mir etwas vermessen. Wo Brandenburg tatsächlich etwas tun sollte - dagegen sträubt sich die Landesregierung vehement -, ist die Investition in die Qualität der Kindertagesstätten.

(Beifall CDU - Frau Melior [SPD]: Nein, das steht in un- serem Entschließungsantrag!)

Dass wir in der Qualität der Kindertageseinrichtungen Nachholbedarf haben, ist weithin bekannt und kann in den neuesten Studien schwarz auf weiß nachgewiesen werden. Die pädagogische Qualität der Kindertageseinrichtungen - steht da geschrieben - sei in jeder zweiten Einrichtung nur mittelmäßig bis schlecht. Ostdeutsche Länder schneiden da gegenüber den westdeutschen Ländern leider sehr schlecht ab. Das sollten die Überlegungen sein, die wir in erster Linie anstellen.

(Beifall CDU)

Die Lösungsansätze dafür liegen auf dem Tisch und wurden hier schon weidlich diskutiert. Ich erinnere nur in Stichpunkten an den Stufenplan zur Verbesserung des Betreuungsschlüssels, an die Leitungsfreistellung der Kita-Leiterinnen und -leiter sowie an die Reform der Erzieherausbildung. Die Erzieherausbildung muss dem Alter der Kinder angepasst sein. Darüber haben wir im Landtag weiß Gott mehrfach diskutiert, allerdings bisher ohne befriedigendes Ergebnis.

Zudem muss die Arbeit der Tagesmütter eine Aufwertung erfahren. Denn sie leisten eine Betreuung, die der Betreuung durch die Familien sehr nahe kommt, und bieten häufig sehr flexible Betreuungszeiten. Hier kommt es auf eine Vernetzung zwischen den Strukturen - also zwischen Kita und Tagesmutter - an.

Wenn es die Landesregierung tatsächlich ernst meint mit der Verbesserung der frühkindlichen Bildung, sollten die Probleme zügig angegangen werden. Die Hausaufgaben sollten erledigt werden.

(Beifall CDU)

Die Instrumente liegen auf dem Tisch. Die Instrumente liegen aber auf dem Tisch der Landesregierung und nicht auf dem Tisch der Bundesregierung. Wenn wir uns hier darüber auseinandersetzen, bin ich sehr froh.

(Beifall CDU - Bischoff [SPD]: Reden Sie doch über das Betreuungsgeld!)

Die CDU-Fraktion steht für den Grundsatz, dass Eltern, die die Angebote der Kindertageseinrichtungen nutzen wollen, dies gern tun sollen, denn es ist ihre eigene persönliche Entscheidung.

(Frau Wöllert [SPD]: Genau!)

Für uns gilt aber auch, dass Eltern, die sich dagegen entscheiden und es nicht tun wollen,

(Frau Wöllert [SPD]: Das müssen sie auch nicht!)

nicht zu verurteilen oder an den Pranger zu stellen sind,

(Frau Wöllert [SPD]: Das macht auch niemand!)

sondern dass diese Entscheidung genauso zu akzeptieren ist. Das scheint mir in dieser erhitzten Debatte nicht der Fall zu sein.

(Beifall CDU)