Das Betreuungsgeld ist für uns ein Ansatz, ein Baustein, die Erziehungsarbeit in den Familien wertzuschätzen und zu unterstützen. Das möchte ich ausdrücklich unterstreichen.
Ich möchte Ihnen die Frage stellen: Wie halten Sie es eigentlich mit dem Grundgesetz, mit Artikel 6, wonach es zuvörderst das Recht und die Pflicht der Eltern ist, für die Erziehung ihrer Kinder Sorge zu tragen, wenn Sie doch der Auffassung sind, der Staat sei allumfassend verantwortlich und könne es sowieso immer besser? Außerdem bin ich sehr gespannt zu hören, welche konkreten Auswirkungen Sie von der Einführung des Betreuungsgeldes in Brandenburg erwarten - das sollte schließlich Inhalt der Aktuellen Stunde sein. Wir erwarten keine negativen Auswirkungen des Betreuungsgeldes, sondern Chancen und vor allem ein entscheidendes Moment in einer Demokratie - nämlich die Freiheit, unter verschiedenen Möglichkeiten zu wählen.
Meine Damen und Herren, eines sage ich zum Abschluss: Wogegen ich mich vehement wehre, ist, dass Familien per se die Erziehungskompetenz abgesprochen wird!
Dass Sie von „Bildungsfernhalteprämie“ sprechen, wenn Familien selbst erziehen wollen, halte ich für eine Unverschämtheit!
(Beifall CDU - Frau Lehmann [SPD]: Außer die Hartz- IV-Empfänger - die sind nicht dazu in der Lage!)
Frau Abgeordnete, Sie strapazieren meine Geduld über! Die rote Lampe blinkt schon seit einer Minute.
Ich glaube, mit dieser unangemessenen Polemik können wir die Probleme nicht lösen. Wir sollten tatsächlich über die Dinge reden und die Dinge anpacken, die wir hier in Brandenburg lösen können. - Danke schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir müssen natürlich nicht nur in Brandenburg gucken, Frau Schulz-Höpfner, sondern müssen erst einmal gucken, was heute in Berlin stattfindet. Ich glaube, die Aktuelle Stunde ist aktueller denn je, weil zur gleichen Zeit vor dem Bundeskanzleramt eine Demonstration von Frauen und Männern und natürlich auch von Vätern und Müttern gegen dieses Betreuungsgesetz stattfindet.
Am Montag dieser Woche hat sich der Koalitionsausschuss von CDU und FDP dazu verständigt, und heute soll es nun im Bundeskabinett verabschiedet werden - und das trotz vieler Kritiken. Ich sage, es ist ein Trauerspiel, weil der immer noch nicht hundertprozentig ausgearbeitete Gesetzentwurf der Bundesfamilienministerin nach langem Zank und Streit nun noch vor der parlamentarischen Sommerpause in selbstgefälliger Manier und ohne kritische Hinweise verabschiedet wird.
Erschreckend an diesem Vorgang ist in meinen Augen vor allen Dingen die notorische Ignoranz der Bundesregierung gegenüber der mannigfaltigen Kritik an diesem Vorhaben, und ich sage Ihnen: Die Schar der Kritiker ist sehr groß - ich könnte eine lange Liste aufzählen. Neben den Oppositionsparteien im Bundestag, die den Entwurf allesamt ablehnen, hat sich auch die EU-Kommission mit diesem Thema in Deutschland beschäftigt und festgestellt, dass damit falsche Anreize geschaffen werden. Auch Arbeitgeberpräsident Hundt, der heute schon von Frau Lieske zitiert wurde, sagt Folgendes:
Er sagt weiter, es sei nicht im Interesse der Kinder, die frühzeitige intensive Förderung benötigen, diese mit dem Betreuungsgeld auszugleichen. Auch der deutsche Juristenverband - „Juristinnenverband“ muss ich richtigerweise sagen - bezweifelt die Verfassungsmäßigkeit des Betreuungsgeldes.
Trotz dieser genannten Kritik - ich könnte die Liste der Kritiker fortsetzen, sie ist noch sehr lang - beharrt die Bundesregierung wegen einer im Koalitionsvertrag festgeschriebenen Zielstellung an dessen Realisierung und geht am Leben vorbei,
weil ihr Parteipolitik vielleicht - oder sicher - wichtiger ist als die Interessenvertretung der Kinder, Frauen, Familien, Eltern.
Was bezweckt die Bundesregierung damit? Im Kern geht es ihr darum, sich mit diesem Betreuungsgeld davon freizukaufen, den Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz für unsere unter 3-jährigen Kinder ab August 2013 realisieren zu müssen.
Die flächendeckende Versorgung mit Krippenplätzen, zu der sie sich selbst bekannt hatte, hat die Bundesregierung jetzt zu einer Farce verkommen lassen. Sie scheut dabei auch nicht massive Fehlinvestitionen. Meine Damen und Herren, es geht um ca. 1,2 Milliarden Euro, die das Betreuungsgeld kosten würde. Damit könnten - das kann jeder hier im Saal ausrechnen - vernünftig und nachhaltig ausreichend Kitaplätze für alle Kinder in allen Regionen unseres Landes geschaffen werden.
Sie wissen auch, dass die Mehrheit der Bevölkerung eine ablehnende Haltung zu diesem Betreuungsgeld hat - Frau Lieske hat vorhin darauf hingewiesen -, das auch, weil es haushaltspolitisch nicht nur kontraproduktiv, sondern langfristig eine arbeitsmarktpolitische und demografische Geisterfahrt ist. Die Bundesregierung fordert einerseits ausreichend Kitaplätze für alle, und andererseits gibt sie Geld dafür aus, dass diese vorzuhaltenden Plätze nicht besetzt werden, und zahlt das alles auch noch. Ist das nicht ein Irrsinn?
Das Betreuungsgeld als Anerkennung für den Verzicht auf eine öffentlich finanzierte Kindertagesbetreuung wird von der Mehrheit der Bevölkerung abgelehnt. Wir werden sehen, inwieweit die heute stattfindende Demonstration beiträgt, darüber nachzudenken.
Als Frauenpolitische Sprecherin ist es für mich auch wichtig, dass wir uns im Land Brandenburg vehement darum bemühen, die Gleichstellung von Frau und Mann durchzusetzen. Dafür haben wir das Gleichstellungspolitische Rahmenprogramm; darin sind Maßnahmen eingeschlossen, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglichen. Alle Fraueninitiativen und Frauenverbände, die wir darin einbezogen haben, sind sich einig, dass eine bedarfsgerechte und bildungsorientierte öffentliche Kinderbetreuung eine wesentliche Voraussetzung dafür ist, dass die tatsächliche Gleichstellung von Frau und Mann Schritt für Schritt erreicht wird.
Diese durch die Bundesregierung geplante Einführung des „Bleib-zu-Hause-Geldes“ wird diese Intention konterkarieren. Abgesehen davon pflegt die Bundesregierung das Modell „Frau erzieht zu Hause die Kinder“ - klasse Gleichberechtigung für die Zukunft! Einer Studie zufolge würden für das Betreuungsgeld ca. 20 % der arbeitenden Mütter ihren Job aufgeben. Wir haben in der Studie auch lesen können, dass zu ihnen vor allen Dingen geringqualifizierte, alleinerziehende und niedrigverdienende Frauen gehören. Gleichzeitig soll das Betreuungsgeld Familien im Hartz-IV-Bezug als Einkommen ange
Sie sehen selbst: Das Betreuungsgeld verstärkt nicht nur die soziale Ungleichheit in diesem Lande, es nützt den Kindern auch nicht wirklich.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir fordern: Kein Betreuungsgeld, das die Kinder aus den Kitas fernhält! Wir fordern auch, dass die Bundesregierung die Kommunen unterstützt, um wirklich ein vielseitiges, ansprechendes und hochwertiges Betreuungsangebot in allen Regionen des Landes anbieten zu können, denn nur so können Familien entscheiden - da bin ich bei Frau Blechinger. Natürlich sollen sie entscheiden, ob sie den Weg der Erwerbstätigkeit gehen wollen oder nicht; das betrifft vor allen Dingen Frauen. Wir fordern auch, dass diese 1,2 Milliarden Euro den Kommunen für die Verbesserung der personellen Ausstattung in den Kitas zur Verfügung gestellt werden und sich damit die Kinderbetreuung in der Bundesrepublik wirklich effektiv und nachhaltig qualifiziert.
Meine Damen und Herren, der Entschließungsantrag der Koalition beinhaltet all die Positionen, die ich genannt habe. Ich denke, die sind für uns sehr wichtig und zeigen einen Weg für eine zukünftige Gleichbehandlung unserer Kinder. Deshalb bitte ich Sie, dem Antrag meiner Fraktion und der Koalition zuzustimmen.
Während der Abgeordnete Büttner für die FDP-Fraktion ans Rednerpult tritt, begrüße ich unsere Gästegruppe mit Teilnehmern aus Crinitz, Münchhausen und Sonnewalde. Ich wünsche Ihnen einen spannenden Vormittag bei uns.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die christdemokratisch-liberale Regierung hat in ihrem Koalitionsvertrag den Versuch unternommen, Erziehungsleistungen von Eltern, die ihr Kind nicht in einer Kita oder bei Pflegemüttern bzw. -vätern betreuen lassen, besser anzuerkennen und stärker in das öffentliche Bewusstsein zu rücken. Dieser Schritt ist im Grundsatz richtig, aber ich will hier für meine Fraktion - die FDP-Fraktion im Landtag Brandenburg - sehr deutlich sagen - Frau Lieske hat es mir schon vorweggenommen - : Wir lehnen das geplante Betreuungsgeld ab.
Wir lehnen das geplante Betreuungsgeld hinsichtlich des Ziels und seiner Struktur ab. Wir halten die Struktur für unausgegoren, und es käme darüber hinaus verfrüht - verfrüht aus einem Grund, der im direkten Zusammenhang mit der Familienpolitik der Bundesregierung steht: Der Koalitionsvertrag sieht eben nicht
nur die Einführung eines Betreuungsgeldes ab 2013 vor, sondern darüber hinaus auch eine breite wissenschaftliche Evaluation aller familienpolitischen Leistungen und darauf aufbauend Vorschläge, wie die Familienpolitik in Deutschland noch effizienter und zielgenauer gestaltet werden kann.
Die Evaluation ist Aufgabe des Bundesfamilienministeriums. Dass die Bundesfamilienministerin es nicht schafft, dem Koalitionsvertrag nachzukommen, ist ärgerlich und darf deswegen erst recht nicht dazu führen, dass eine weitere familienpolitische Leistung eingeführt wird, deren gesellschaftlicher Nutzen strittig ist.
Allein schon aus diesem Grund hält es meine Fraktion für falsch, das Betreuungsgeld wie geplant zum 1. Januar 2013 einzuführen. Es gibt aber einige weitere Kritikpunkte, die in der heutigen Debatte auch schon angesprochen wurden:
Erstens: Die Familienpolitik in Deutschland ist doch im Grundsatz immer noch auf die traditionelle bürgerliche Kleinfamilie ausgerichtet. Insbesondere in den alten Bundesländern herrscht doch in vielen Regionen noch die Grundannahme vor: Die Eltern sind verheiratet, der Vater geht arbeiten zum Broterwerb, die Ehefrau ist höchstens teilzeitbeschäftigt oder zu Hause. Ich will hier ganz klar sagen: Das ist ein legitimer Lebensentwurf, der ist in Ordnung. Aber es gibt neben diesem Familienentwurf noch viele weitere Familienentwürfe.