Protokoll der Sitzung vom 06.06.2012

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Grundsätzlich wäre es sehr unspektakulär, über diesen Gesetzentwurf zu reden, denn er betrifft weniger medienpolitische Inhalte als die Umsetzung von Formalien. Die Residenzpflicht verantwortlicher Redakteure soll im Rahmen der Umsetzung europäischer Richtlinien im Zusammenhang mit der Dienstleistungsrichtlinie ausgeweitet werden. Für digitale Publikationen gibt es jetzt eine Belegexemplarpflicht. Die Verjährungsfristen für die Verbreitung kinderpornografischer, jugendpornografischer, gewalt- und tierpornografischer Schriften sind verändert worden. Sie werden angepasst. Last, but not least werden die Bußgelder statt in D-Mark in Euro verhängt.

Grundsätzlich sind diese Änderungen, wie gesagt, unspektakulär. Ich möchte aber drei Aspekte ansprechen. Erstens ist es wert, darauf hinzuweisen, wie unsauber bei der Erarbeitung des Gesetzentwurfs gearbeitet wurde. Sie sehen am Beschluss des Hauptausschusses, dass zahlreiche redaktionelle Änderungen vorgenommen werden mussten. Die Landtagsverwaltung hat allein sechs Punkte zugearbeitet, wo unsauber gearbeitet wurde.

Peinlicher ist es zum Zweiten schon, dass mittlerweile die Umsetzungsfristen für einige Bestimmungen abgelaufen sind. Bereits zum 28.12.2009 sollte die Dienstleistungsrichtlinie in nationales Recht übergeleitet worden sein. Das wird erst jetzt erfolgen. Ich habe erwähnt, dass wir seit über zehn Jahren den Euro haben. Das wird endlich angepasst. Auch das Strafrecht wurde bereits 2008 geändert. Jetzt erst erfolgt die Anpassung an das Landesrecht. Das ist schon ein wenig peinlich. Deswegen kann ich gut verstehen, wenn die „Lausitzer Rundschau“ titelte: „Guten Morgen, liebe Staatskanzlei“. Aber vielleicht war das ja auch ein Appell, es in Zukunft besser zu machen.

(Beifall CDU sowie der Abgeordneten Teuteberg [FDP])

Der dritte Grund, aus dem wir heute diese Debatte führen, ist der Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Fraktion der FDP. Ich kann Ihnen schon einmal sagen, da ich davon ausgehe, dass die Antragsteller inhaltlich zu dem Antrag Stellung nehmen werden, dass die CDU-Fraktion diese Kritik und den Antrag durchaus unterstützt. Wir meinen, dass die dort geforderte Präzisierung auf jeden Fall das Presse- und Informationsrecht stärkt und verbessert. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU sowie der Abgeordneten Teuteberg [FDP])

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Richstein. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion der SPD und der Fraktion DIE LINKE fort, der vom Abgeordneten Ness gehalten wird.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe das Vergnügen, gleich für die Fraktion DIE LINKE mitsprechen zu dürfen, da Frau Meier leider verunglückt ist und es ihr etwas schwer fallen würde, heute hier an das Mikrofon zu treten.

Ich kann es kurz und knapp machen: Dieser Gesetzentwurf der Landesregierung - Frau Richstein hat es eben ergänzt - ist nicht nur sinnvoll und notwendig, sondern er ist auch überfällig. Ich finde auch, dass wir zehn Jahre, nachdem wir den Euro eingeführt haben, das in unserem Gesetz nachvollziehen sollten. Das ist ein sinnvoller und notwendiger Vorschlag. Wir werden dem Gesetzentwurf zustimmen.

Der Änderungsantrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und von der FDP ist aus unserer Sicht nicht notwendig. Mit unserer Formulierung im Gesetzentwurf bewegen wir uns im Rahmen der Regelungen, die alle anderen Bundesländer auch vorgesehen haben. Das ist ausreichend und notwendig. Deshalb werden wir den Änderungsantrag ablehnen.

(Vereinzelt Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Ness. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der FDP-Fraktion fort. Frau Abgeordnete Teuteberg hat das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Pressefreiheit ist ein ganz wesentliches Grundrecht in einem freiheitlichen und demokratischen Staat, und sie ist übrigens ein dienendes Grundrecht: Die Vertreter der Presse nehmen sie wahr, aber letztlich im Interesse der Bürger, die als Zuschauer und Leser ein vielfältiges Angebot und eine gute Berichterstattung brauchen.

Anlässlich des Internationalen Tages der Pressefreiheit am 3. Mai dieses Jahres wies der Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe Markus Löning darauf hin, dass die Pressefreiheit bedroht ist - Zitat:

„Die schockierenden Zahlen von ,Reporter ohne Grenzen‘ sind ein mahnendes Beispiel: Demnach wurden im Jahr 2012 bereits über 160 Journalisten und mehr als 120 Online-Dissidenten inhaftiert und 19 Journalisten getötet.“

Auch wenn es sich dabei um die internationale Lage handelt, möchte ich hier einmal die Gelegenheit nutzen, auch Nichtregierungsorganisationen wie „Reporter ohne Grenzen“ für ihre wichtige Arbeit zu danken.

Meine Damen und Herren, in Deutschland herrschen tatsächlich grundsätzlich bessere Bedingungen für Journalisten. Trotzdem darf die Politik bei der Ausgestaltung der Pressegesetze auch hier nicht aus dem Auge verlieren, dass die Landespressegesetze stets im Lichte des Grundrechts auf Pressefreiheit auszulegen sind.

Lassen Sie mich auf die vorliegenden Änderungen eingehen:

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Das vorliegende Gesetz enthält notwendige Folgeänderungen im brandenburgischen Presserecht, die aufgrund von EU-Recht notwendig wurden - unter anderem hinsichtlich der Aufhebung der Residenzpflicht und der Anpassung an die technische Entwicklung. Ich möchte hier nicht näher auf das eingehen, was Kollegin Richstein schon zur Überschreitung von Fristen gesagt hat.

Meine Damen und Herren, damit Journalisten und sonstige Pressevertreter ihrer Tätigkeit wirklich umfassend nachgehen können, ist eine möglichst weite Ausgestaltung des Informationsanspruchs gegenüber den Behörden notwendig. Bisher kann sich die Verwaltung auf die Tatsache, dass es sich um ein „schwebendes Verfahren“ handelt, berufen; hierunter fallen auch alle Verwaltungsverfahren. Wir Liberale sehen hier die Gefahr, dass dieser Ausschlussgrund bei der Anwendung im Einzelfall durch eine extensive Auslegung in der Konsequenz zu einer unangemessenen Behinderung der Pressefreiheit führen kann. Daher, meine Damen und Herren, ist auch das Presserecht, wenn es in föderaler Zuständigkeit liegt, so zu regeln, dass hinsichtlich der Informationsrechte der Presse in den einzelnen Bundesländern auch jeweils grundrechtskonforme Regelungen geschaffen werden.

Im Pressegesetz der Freien und Hansestadt Hamburg als einem wichtigen Verlags- und Pressestandort Deutschlands findet sich eine besonders liberale Regelung hinsichtlich des Umfangs des Informationsrechts von Journalisten: Das Gesetz dort verzichtet auf den Verweigerungsgrund eines schwebenden Verwaltungsverfahrens - der gemeinsame Änderungsantrag der FDPFraktion und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN übernimmt diese Regelung -, und, liebe Kolleginnen und Kollegen, aus Hamburg sind keine Probleme dahin gehend bekannt, dass die Verwaltungsarbeit unverhältnismäßig durch die Anfragen und die weitergehenden Informationsansprüche der Presse erschwert würde.

(Beifall der Abgeordneten von Halem [GRÜNE/B90])

Außerdem muss auch die Diskussion über mehr Behördentransparenz und folglich mehr Vertrauen in die Verwaltung in unsere Überlegungen einbezogen werden. Wir Liberale sehen etwa bei den Themen Open Data und Weiterentwicklung des brandenburgischen Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetzes auch Änderungsbedarf. Da wir diese Woche das 20-jährige Jubiläum unserer Verfassung feiern, nur ein Hinweis dazu: Gerade darin, dass in der Ausgestaltung der einfachgesetzlichen Regelungen und der Verwaltungspraxis eingelöst wird, was in der Verfassung versprochen wird, zeigen sich eine gereifte Demokratie und ein gereifter Rechtsstaat.

Deshalb werbe ich noch einmal für unseren Änderungsantrag. Ich kann ja verstehen, dass Ihnen technische Anpassungen wie das Gendern wichtig sind - gerade jetzt, wo die altehrwürdige SPD auch in Brandenburg groß ins Verlagsgeschäft einsteigt -, aber lassen Sie uns doch nicht beim kleinen Karo technischer Änderungen - so richtig sie sein mögen - bleiben. Lassen Sie uns heute die Chance nutzen, nicht nur technische Änderungen vorzunehmen, sondern statt kleinem Karo ein wirklich modernes Pressegesetz zu schaffen. Aus diesem Grunde: Stimmen Sie unserem Änderungsantrag bitte zu! Für uns Liberale ist er so wichtig, dass wir uns bei Ablehnung dieser so guten Änderungen bei der Endabstimmung der Stimme enthalten werden. Danke.

(Beifall FDP und GRÜNE/B90)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Teuteberg. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fort. Frau Abgeordnete von Halem hat das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Linda Teuteberg, herzlichen Dank für diese grundsätzlichen Ausführungen zum Thema Pressefreiheit - die fand ich ausgesprochen erfreulich! Wir als Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN waren diejenigen, die darauf gedrungen haben, dass zu diesem Tagesordnungspunkt überhaupt geredet wird. Unser Ansinnen ist es eigentlich nur gewesen, unserem Änderungsantrag noch ein paar Worte mitzugeben, weil wir uns gedacht haben: Wenn man die Änderung eines Gesetzes vornimmt - wie jetzt beim Landespressegesetz -, die doch relativ kleinteilig und in weiten Zügen eher redaktionell ist, dann können wir das doch zum Anlass nehmen, auch noch einmal eine inhaltliche Verbesserung vorzunehmen.

Wir haben uns mit der Landespressekonferenz und dem Deutschen Journalistenverband zusammengesetzt. Ergebnis dieser Gespräche sind zwei konkrete Änderungsvorschläge. Zunächst einmal der Punkt mit dem schwebenden Verfahren: Brandenburger Behörden können Journalisten Informationen mit dem Hinweis auf ein schwebendes Verfahren verweigern. Was aber ist ein schwebendes Verfahren? Das betrifft natürlich mehr oder weniger alles, woran eine Behörde gerade arbeitet - ergo auch genau die Dinge, die Journalisten interessieren. Mit dieser sehr weit auslegbaren Formulierung haben die Behörden es in der Hand, Auskunft mit wenig Rechtfertigungsaufwand jederzeit zu verweigern. Der Eindruck der Journalistenkolleginnen und -kollegen ist der, dass die Behörden das eher selten tun, wenn es darum geht, positive Nachrichten zu vermelden. Versäumnisse und Scheitern sind wohl häufiger „schwebende Verfahren“.

Aber unabhängig vom konkreten Verhalten der Behörden bei einzelnen Anfragen macht es für die tägliche Arbeit von Journalisten tatsächlich einen Unterschied, ob sie eine starke Rechtsposition gegenüber einer Behörde haben oder sich als Bittsteller fühlen müssen.

(Beifall des Abgeordneten Jungclaus [GRÜNE/B90])

Wir wollen das Auskunftsrecht von Journalisten gegenüber den Landesbehörden stärken, und wir haben uns - das hat auch Kollegin Teuteberg schon erwähnt - die Regelungen des Hamburger Pressegesetzes zum Vorbild genommen, denn dort gelten tatsächlich nur schwebende Gerichtsverfahren als Grund dafür, die Auskunft zu verweigern; Hessen hat übrigens eine ähnliche Regelung. Im bayerischen Landespressegesetz ist eine Verweigerung von Auskünften sogar nur dann möglich, wenn eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht besteht - man höre und staune!

Die zweite Änderung, die wir vorschlagen, betrifft Punkt 4 des § 5: die Streichung des Halbsatzes „ihr Umfang das zumutbare Maß überschreitet“. Das unterliegt aus unserer Sicht einem dermaßen subjektiven Interpretationsermessen, dass es hier völlig fehl am Platz ist.

Ich denke, wir könnten in Brandenburg sehr wohl öfter über die Einflüsse und Grundlagen der Open-Data-Bewegung nachdenken, aber in diesem konkreten Fall geht die Diskussion natürlich längst nicht so weit. Nichtsdestotrotz denken wir, dass wir in unserem Änderungsantrag Dinge formulieren, die auch in anderen Ländern, die nicht in dem Rufe stehen, Pioniere der Informationsfreiheit zu sein, gang und gäbe sind. Das sollte auch hier machbar sein. Es geht ganz einfach: Stimmen Sie zu!

(Beifall GRÜNE/B90 und FDP)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete von Halem. - Für die Landesregierung wird der Chef der Staatskanzlei Herr Staatssekretär Gerber sprechen.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, wir hatten und haben ein sehr gutes und auch weitreichendes Pressegesetz in diesem Land. Im Vergleich zu den

meisten anderen Landespressegesetzen haben wir auch umfangreichere Informationsansprüche der Presse, als sie in anderen Ländern üblich sind. Deswegen gab es auch bei den Debatten um die Gesetzesänderung keine wirklich grundsätzlichen Auseinandersetzungen über das Pressegesetz - das finde ich bemerkenswert.

Eben ist schon gesagt worden: Wir haben eine Reihe von formalen Anpassungen vorgenommen - die will ich nicht wiederholen -, und wir haben inhaltliche Anpassungen an die europäische Dienstleistungsrichtlinie, was die Residenzpflicht von verantwortlichen Redakteurinnen und Redakteuren betrifft, eine Angleichung an Änderungen des Strafgesetzbuches vorgenommen, und wir haben eine Ablieferungspflicht für digitale Ausgaben eingeführt, weil es eine Reihe von Publikationen gibt, die überhaupt nicht mehr in Papierform erscheinen. Das sind die Änderungen, die im Gesetzentwurf vorgesehen sind, und ich bitte das Hohe Haus um Zustimmung dazu. - Danke.

(Beifall SPD)

Vielen Dank, Herr Staatssekretär Gerber.

Wir kommen nun zur Schlussabstimmung. Wir stimmen zuerst über den Änderungsantrag auf Drucksache 5/5438 - Neudruck -, ab, eingereicht von den Fraktionen FDP und GRÜNE/B90, betreffend die Änderung des Artikels 1 Nr. 4 § 5. Wer dieser Änderung Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Mehrheitlich ist diesem Antrag nicht Folge geleistet worden.

Wir kommen - zweitens - zur Beschlussempfehlung auf Drucksache 5/5436, einer Beschlussvorlage des Hauptausschusses. Es geht um das Zweite Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Landespressegesetzes. Wer dieser Beschlussempfehlung Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen ist dieser Gesetzentwurf in der 2. Lesung verabschiedet worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 4 und eröffne Tagesordnungspunkt 5:

Gemeindeverkehrs-, Wohnraum-, Hochschul- und Bildungs-Förderungsgesetz (GWHBFöG)

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 5/5137

2. Lesung

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Infrastruktur und Landwirtschaft

Drucksache 5/5424

Die Aussprache wird mit dem Beitrag der CDU-Fraktion eröffnet. Herr Abgeordneter Genilke hat das Wort.