Protokoll der Sitzung vom 06.06.2012

Nach diesem haushaltsrechtlichen Exkurs komme ich noch zur Praxisprüfung Ihres Antrags: Der von Ihnen geforderte Beirat müsste zur Vorprüfung von Anträgen auf Lottomittel eine eigene Geschäftsstelle einrichten, die die Anträge selbst prüft und votiert, vorher die Voten der Ressorts einholt und für den Beirat aufarbeitet. Zudem müsste die Geschäftsstelle, Herr Kollege Burkardt, die Mittelvergabe durch die Bescheide vorbereiten und umsetzen, eine Verwendungsnachweisprüfung durch

führen und gegebenenfalls auch eine Mittelrückforderung anordnen und durchsetzen.

Wir hatten eine Arbeitsgruppe, die sich mit Entbürokratisierung beschäftigt hat. Ich glaube, das ist ein Beitrag dafür, dass nicht noch zusätzliche Mittel - möglicherweise noch die Lottomittel - verwendet werden können, um eine solche zusätzliche Maßnahme in der Landesverwaltung zu installieren. Aus diesem Grund lehnen wir Ihren Änderungsantrag ab.

Herr Kollege Büttner, eine Bemerkung zu Ihnen: Es ist einfach unredlich, wenn Sie jetzt so tun, als seien Sie die treibende Kraft gewesen, die immer auf eine Anhörung zum Glücksspielstaatsvertrag gedrängt habe.

(Zuruf des Abgeordneten Büttner [FDP])

Sie wussten genauso wie wir - das ist im Protokoll nachlesbar -, dass es seit dem Dezember auf dem Tisch liegt. Der Staatskanzleichef hat im Hauptausschuss deutlich gesagt: Wenn Sie beabsichtigen, eine Anhörung durchzuführen, bitte ich Sie, die Fristen zu berücksichtigen. - Und wir haben auch gesagt: In diesem Zusammenhang sind wir gern bereit, hier eine Sondersitzung durchzuführen. Sie haben diesen Antrag nicht gestellt, und wenn Sie versagen, Herr Kollege Büttner, dann wälzen Sie diese Verantwortung bitte nicht auf andere ab.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Görke. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fort. Frau Abgeordnete von Halem hat das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste! Beim Thema Glücksspiel waren wir bislang eher vom Pech verfolgt. Der Europäische Gerichtshof hat den letzten deutschen Staatsvertrag deshalb gekippt, weil das staatliche Monopol dem Ziel der Bekämpfung der mit Glücksspiel verbundenen Gefahren nicht ausreichend gerecht geworden ist. Gleichzeitig aber hat der Gerichtshof auch mehrfach klargestellt, dass ein Glücksspielmonopol mit dem EU-Recht in Einklang stehen kann. Dafür muss es sich konsequent an übergeordneten Interessen des Allgemeinwohls, zum Beispiel der Suchtprävention, orientieren.

Lieber Kollege Andreas Büttner, die Tatsache, dass du dich hier dazu bekennst, zu den Schokoladesüchtigen dieser Republik zu gehören, belegt ja gerade, dass zwischen Schokoladesucht und Glücksspielsucht ein großer Unterschied besteht: Das eine ist sehr viel weniger bedenklich als das andere.

(Beifall GRÜNE/B90 und DIE LINKE - Büttner [FDP]: Na, na! )

Wir Grüne wollen am staatlichen Lottomonopol festhalten. Die Suchtprävention muss dabei allerdings maßgebliche Orientierung sein. Die aber kommt bei den jetzt neu zu legalisierenden Sportwetten im Internet zu kurz. Die Regelungen des Staatsvertrages sind lasch und anbieterfreundlich. Die Begrenzung der Konzessionen auf 20 Anbieter verdient nicht die Bezeich

nung „Begrenzung“. Alle auf dem nach deutschem Recht bisher illegalen Markt tätigen zwölf Online-Anbieter und noch mehr werden so eine Konzession erhalten und zukünftig legal tätig sein können.

Die Erhöhung der Zahl der Anbieter von sieben im ersten Vertragsentwurf auf nun 20 ist ebenso willkürlich wie die Senkung der Glücksspielabgabe auf Druck der EU-Kommission und der Wettlobby von ursprünglich 16,66 % auf 5 % des Spieleinsatzes. Hauptgewinner der Liberalisierung des Schwarzmarktes ist deshalb nicht der Fiskus, sondern sind die Sportwettenanbieter. Dem Staat hingegen drohen soziale Folgekosten - unter anderem Therapie und Reha für Süchtige.

Unverständlich ist zudem, warum der Vertrag Werbung für Sportwetten im Fernsehen und im Internet grundsätzlich - außer bei Live-Übertragungen von Sportveranstaltungen - zulässt. In weiteren Sport- oder auch Jugendsendungen ist sie ebenfalls zulässig, womit der Wettanreiz steigt. Dabei gelten vor allem Jugendliche als besonders anfällig für Sportwetten. Die Zulassung von Live-Wetten während Sportereignissen - zumindest auf das Ergebnis - ist ebenfalls wegen des hohen Suchtpotenzials sehr problematisch.

Aus Brandenburg nun zuerst die positiven Punkte: Die Glücksspielerlaubnis nach dem Brandenburgischen Glücksspielausführungsgesetz kann bei Vorgaben zu Einsatzgrenzen und zum Ausschluss gesperrter Spielerinnen und Spieler über die Regelung des Glücksspielstaatsvertrages hinausgehen. Zudem sollen auch höhere Abgaben für Glücksspiel und Sportwetten als beim ländereinheitlichen Verfahren des Glücksspielstaatsvertrages abgeschöpft werden, was wir sehr begrüßen.

Leider gibt es aber keine konkreten Regelungen zur Finanzierung der Suchtprävention und anderer gemeinnütziger Zwecke zum Beispiel eine Betragsfestlegung per Rechtsverordnung durch Gesundheits- und Finanzministerium, wie es in Mecklenburg gehandhabt wird. So entsteht der Eindruck, dass die Suchtprävention beim Glücksspiel einen erheblich geringeren Stellenwert einnimmt als die Sanierung des Landeshaushalts.

Die Einführung des Lottomittelbeirates würde eine stärkere parlamentarische Kontrolle auf die Verteilung der Lotto-Gelder ermöglichen, die bisher eher als Portokasse der Landesregierung fungieren. Diese Einschätzung teilen wir. Demokratische Kontrolle gäbe es nur bei unserem Änderungsantrag. Wir sind bei einer Gesamtsumme von 4,9 Millionen Euro, liebe Klara Geywitz, tatsächlich nicht der Meinung, dass es sich hier um Peanuts handele. 4,9 Millionen Euro - damit ließen sich immerhin fast 100 Lehrerinnen und Lehrer finanzieren. Was haben wir letztes Jahr hier im Parlament noch über eine solche Summe diskutiert.

(Frau Geywitz [SPD]: Ich habe nicht gesagt, dass es Pea- nuts sind!)

Darüber hinaus ist die Vorstellung, dass das einen zusätzlichen bürokratischen Aufwand bedeuten würde, auch aus unserer Sicht nicht gerechtfertigt; denn man bräuchte mitnichten eine Geschäftsstelle. Schließlich werden auch jetzt die Anträge auf Lotto-Mittel in den entsprechenden Ministerien geprüft und Vergaben von der bürokratischen Prüfungsseite her vorbereitet. Genau das Gleiche wäre später auch erforderlich und ist deshalb kein zusätzlicher Aufwand.

Um noch einmal nach Möglichkeiten für bessere Suchtprävention zu suchen, haben wir uns im Hauptausschuss - gemeinsam mit der FDP - für eine Anhörung zum Brandenburgischen Spielhallengesetz eingesetzt und dafür gestimmt.

Darüber hinaus möchte ich an dieser Stelle noch einmal eine grundsätzliche Kritik zu dem Prozedere im Zusammenhang mit den Staatsverträgen loswerden: Dass wir immer wieder mit diesen Staatsverträgen zu einem Zeitpunkt konfrontiert werden, zu dem wir keine Möglichkeit haben, als Ausschüsse des brandenburgischen Landtages inhaltlich Einfluss zu nehmen, finde ich ausgesprochen ärgerlich. Wenn das in der Zukunft weiter so gehandhabt wird, kann man es auch gleich bleiben lassen.

(Beifall FDP und des Abgeordneten Krause [DIE LINKE])

Gegen die Gründung der gemeinsamen Klassenlotterie gibt es aus unserer Sicht nichts einzuwenden. Wir werden ihr zustimmen. Dagegen enthalten wir uns beim Glücksspielstaatsvertrag und beim Brandenburgischen Ausführungsgesetz. Ob wir bei den Spielhallen noch mehr mit Glück spielen, wird sich später herausstellen.

(Beifall GRÜNE/B90)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete von Halem. - Wir setzen die Aussprache fort und beenden sie mit dem Beitrag der Landesregierung. Der Chef der Staatskanzlei, Herr Staatssekretär Gerber, erhält das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bevor ich zu den Einzelheiten komme, gehe ich noch auf zwei Debattenbeiträge ein. Zunächst zum Thema Lottobeirat: Dazu hat Christian Görke dankenswerterweise alles Richtige und Notwendige gesagt.

Nun zur ewigen Diskussion hinsichtlich der Einbeziehung der parlamentarischen Gremien in die Erarbeitung von Staatsverträgen, bei der Frau von Halem keine Möglichkeit sieht, Einfluss zu nehmen: In den letzten Jahren habe ich vor allem bei diesem Glücksspielstaatsvertrag sehr intensiv mitgearbeitet. Dazu gab es in allen Phasen der Erarbeitung auch im Hauptausschuss Berichterstattung. Insofern gab es viele Möglichkeiten, seine Meinung kundzutun - schriftlich oder mündlich. Diese Möglichkeit wurde zum Teil genutzt, was natürlich in unsere eigene Meinungsbildung einfließt. Aus diesem Grund sehe ich die von Ihnen, Frau von Halem, angesprochene fehlende Möglichkeit, inhaltlich Einfluss zu nehmen, an dieser Stelle ein wenig anders. Meiner Erinnerung nach habe ich zu keinem anderen Thema öfter im Hauptausschuss berichtet als zu diesem.

Der bisherige Glücksspielstaatsvertrag musste überarbeitet werden, da dessen Befristung wirksam geworden ist, nach einer Evaluation durch die Länder Änderungsbedarf festgestellt wurde und der Vertrag vom Europäischen Gerichtshof wegen des Verstoßes gegen die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit als rechtswidrig erachtet wurde. Die Regierungen aller Länder - das betone ich ausdrücklich - hatten sich schon früh dafür ausgesprochen, das Lotterie-Monopol für alle Länder zu erhalten und zu sichern. Die Koalitionspartner in Brandenburg lehnen laut Koalitionsvertrag die Kommerzialisierung des

Glücksspiels ab. Das wurde in der Debatte der letzten Monate und Jahre auch schon mehrfach besprochen. Soweit die Rahmenbedingungen.

Im Zuge der durchgeführten äußerst schwierigen Verhandlungen mussten natürlich auch Kompromisse gefunden werden. Auch ich bin bei Weitem nicht mit allen Regelungen dieses Glücksspielstaatsvertrages einverstanden, doch es galt, widerstreitende Interessen zusammenzuführen bzw. auszutarieren. So wünschten sich die Wett- und Werbeindustrie sowie der professionelle Sport weitestgehende Freiheiten. Hingegen plädierten die Suchtexperten für einen konservativen Ansatz mit entsprechenden Beschränkungen. Das wäre mir auch, ehrlich gesagt, am liebsten gewesen. Am Ende wurde jedoch ein Kompromiss gefunden, der meines Erachtens tragfähig ist.

Nun möchte ich stichpunktartig elf Punkte zum wesentlichen Inhalt nennen: Das Lotterie-Monopol besteht fort. Gewerbliche Spielvermittler sind zugelassen. Für Sportwetten werden im Rahmen einer Experimentierklausel bis zu 20 bundesweite Konzessionen vergeben. Die Wetten dürfen im Internet veranstaltet und vermittelt werden. Es wird eine Evaluierung für den Zeitraum von fünf Jahren durchgeführt; erste Erkenntnisse sollen bereits nach zwei Jahren vorgelegt werden. Werbung darf sich nicht an Minderjährige richten. Trikot- und Bandenwerbung für Sportwetten sind zulässig. Werbung für Sportwetten im Fernsehen und Internet kann erlaubt werden. Die Regelungen zur Werbung werden ebenfalls nach fünf Jahren evaluiert. Die Zahl der Wettvermittlungsstellen wird jeweils durch die Länder geregelt. Regelungen zu den Spielhallen - unter anderem glücksspielrechtliche Erlaubnis, Mindestabstand, Verbot mehrerer Spielhallen in einem Gebäude und Sperrzeiten - werden neu aufgenommen. Die Länder erlassen die näheren Ausführungsbestimmungen. Zudem ist ein Entwurf für das Spielhallengesetz des Landes eingebracht, den wir noch beraten werden.

Meine Damen und Herren, 15 der 16 Ministerpräsidenten haben im Dezember den Glücksspielstaatsvertrag unterzeichnet. Lediglich die Vertreter Schleswig-Holsteins, die demnächst eine neue Regierung bekommen werden, haben seinerzeit nicht unterschrieben, sondern sind mit ihrem eigenen Landesrecht aus dem Kreis der Länder ausgeschert. Das ist bedauerlich, aber unschädlich für das Zustandekommen des Vertrages.

Die Europäische Kommission, Herr Büttner, hat im März ihre abschließende Stellungnahme übersandt. Das Notifizierungsverfahren zum neuen Glücksspielstaatsvertrag ist damit abgeschlossen. Nach Auffassung aller Länder ist diese Stellungnahme der Kommission ausreichend.

Im Interesse der Rechtssicherheit und einer möglichst reibungslosen länderübergreifenden Zusammenarbeit bei den vereinbarten Verwaltungsverfahren ist es nunmehr wichtig, das Gesetz zur Neuregelung des Glücksspiels im Land Brandenburg zu verabschieden. Die Ratifizierungsurkunde muss spätestens am 30.06.2012 hinterlegt werden, damit der neue Staatsvertrag am 01.07.2012 in Kraft treten kann. Mit der Verabschiedung am heutigen Tage lägen wir gut im Zeitplan.

Lassen Sie mich noch kurz auf den Staatsvertrag zur Gründung der Gemeinsamen Klassenlotterie der Länder eingehen: Hier gibt es offenbar breiten inhaltlichen Konsens, dass dem zugestimmt wird, und auch ich werbe dafür. - Danke.

(Beifall SPD und CDU)

Vielen Dank, Herr Staatssekretär Gerber. - Wir sind damit am Ende der Aussprache angelangt und kommen zur zweigeteilten Abstimmung. Zunächst zur Schlussabstimmung: Es liegt Ihnen die Beschlussempfehlung des Hauptausschusses - Gesetz zum Staatsvertrag über die Gründung der Gemeinsamen Klassenlotterie der Länder - in der Drucksache 5/5427 vor. Wer dieser Beschlussempfehlung Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? - Damit ist der Gesetzentwurf mit deutlicher Mehrheit verabschiedet.

Wir kommen zum zweiten Teil. Ihnen liegt der Änderungsantrag in Drucksache 5/5462 vor, eingebracht durch die Fraktionen von CDU, FDP und GRÜNE/B90, Einfügung eines neuen Artikels 19, Lottomittelbeirat, in Artikel 2. Wer diesem Änderungsantrag Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? - Bei zwei Enthaltungen ist dieser Antrag mehrheitlich abgelehnt.

Wir kommen nun zur Beschlussempfehlung des Hauptausschusses in Drucksache 5/5428, „Gesetz zur Neuregelung des Glücksspiels im Land Brandenburg“. Wer dieser Beschlussempfehlung Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen ist dieser Gesetzentwurf in 2. Lesung verabschiedet.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 6 und eröffne Tagesordnungspunkt 7.

Brandenburgisches Spielhallengesetz (BbgSpielhG)

Gesetzentwurf des Hauptausschusses

Drucksache 5/5437

1. Lesung

Es wurde vereinbart, keine Debatte zu führen. Die Parlamentarischen Geschäftsführer empfehlen die Überweisung der Drucksache 5/5437 an den Ausschuss für Wirtschaft - federführend - und an den Hauptausschuss. Wer diesem Überweisungsauftrag Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? - Diese sehe ich nicht. Damit ist der Antrag einstimmig überwiesen worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 7 und rufe Tagesordnungspunkt 8 auf:

Zweites Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Standarderprobungsgesetzes

Gesetzentwurf der Fraktion der SPD der Fraktion DIE LINKE

Drucksache 5/5041

2. Lesung