Protokoll der Sitzung vom 16.12.2009

In dieser zeitlichen Nähe zur Geschichte der DDR liegt aber auch eine große Chance, nämlich genau anhand der eigenen Erfahrungen Geschichte zu reflektieren, Lebensläufe gegenüberzustellen und damit der Diskussion über die unterschiedlichen Gesellschaftssysteme menschliche Gesichter zu geben. Diese Chance sollten wir besser nutzen, um die Geschichte der DDR deutlicher zu vermitteln, und zwar mit dem Fokus darauf, Kinder für die Demokratie stärker zu machen.

Jetzt kommt das große Aber in Bezug auf den Antrag. Er folgt sicher einer sehr guten Intention. Aber wir halten ihn trotzdem nicht für besonders brauchbar. Eine themenübergreifende Aufarbeitung der deutsch-deutschen Geschichte zu fordern ist so gut, wie die Umsetzung nebulös bleibt.

An Buchempfehlungen für die Aufarbeitung mangelt es nicht wirklich. Wie aus der Empfehlungsliste Bücher- und Medienpakete zusammengestellt werden sollen, um die sich Schulen und Bibliotheken begründet bewerben können, und wie das funktionieren soll, verstehe ich einfach nicht. Kauft das Land die Bücher und verschenkt sie an die Sieger eines irgendwie gearteten Wettbewerbs? Einmal ganz abgesehen davon, dass das MBJS nicht dafür zuständig ist, Bücher für Schulen zu kaufen - das liegt in der Zuständigkeit des Schulträgers -, verändern sich Schulen nicht auf Knopfdruck, nur weil sie Materialpakete gewinnen können. Nein, so klappt das nicht. Wir brauchen ganz andere Hilfestellungen.

Statt der Verteilung von Materialpaketen sollten wir überlegen, wie wir Lehrerinnen und Lehrern Methoden an die Hand geben können, mit dem heiklen Thema besser umzugehen. Wir sollten auch den von den Vorrednerinnen und Vorrednern teilweise schon genannten schulexternen Sachverstand nutzen, der uns in der Region zur Verfügung steht, zum Beispiel im Rahmen von Projekten zu diesem Thema.

Ab morgen haben wir eine Beauftragte zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur. Genau in die Hände von Frau Poppe würden wir dieses Thema gern legen und sie bitten, sich gemeinsam mit den Schulen sinnvolle Wege zu überlegen nicht im Sinne vorweihnachtlicher Paketverteilung nach Schnellschussmanier, nur um schnell noch etwas Gutes getan zu haben, sondern durchdacht.

Einer Überweisung des vorliegenden Antrags in den Bildungsausschuss - mit genau diesem Auftrag zur Kommunikation mit der Stasi-Beauftragten - würden wir zustimmen. Wenn über den Antrag aber heute abgestimmt wird, enthalten wir uns.

(Beifall GRÜNE/B90 sowie vereinzelt SPD)

Minister Rupprecht spricht für die Landesregierung.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum zweiten Mal verschafft mir heute ein CDU-Antrag ein Déjàvu-Erlebnis. Diesmal denke ich nicht an Verhandlungen, die

wir vor geraumer Zeit geführt haben, sondern an den 22. Januar dieses Jahres. Damals fasste der Landtag einen Beschluss zum „Themenjahr 2009 - 20 Jahre friedliche Revolution“. Dem Beschluss war ein Antrag von SPD und CDU vorausgegangen. In dem Beschluss wird die Landesregierung unter anderem aufgefordert - ich zitiere -, „Informations- und Bildungsangebote zu entwickeln bzw. zu fördern, die den Dialog zwischen der Erlebnisgeneration der DDR und den heutigen Schülern und Jugendlichen sowie die Vermittlung von Kenntnissen über die Geschichte der DDR in den Mittelpunkt stellen“. Selbstverständlich hat mein Haus den Beschluss umgesetzt.

(Lachen bei der CDU)

- Selbstverständlich!

Ich will Ihnen einen kurzen Überblick über einige Ergebnisse geben, die der Arbeitsphase zu verdanken sind. Herr Kuhnert hat mir dabei geholfen; er hat schon einiges aufgezählt. Ich habe sogar von anderen Vorrednern ein bisschen Lob geerntet vielen Dank dafür.

Wir haben schon im Januar 2009 allen öffentlichen Schulen Brandenburgs und Berlins - es war ein Produkt des gemeinsamen Landesinstituts - die Flyer-Reihe „Die DDR im Unterricht“ zukommen lassen. Darin werden Empfehlungen für fächerübergreifenden und fächerverbindenden Unterricht gegeben. Berücksichtigt werden Fächer wie - jetzt staunen Sie vielleicht, wenn ich sie aufzähle - Geschichte und Politische Bildung, aber auch Sport, Deutsch, Kunst, Musik und Medienpädagogik. Außerdem gibt es Empfehlungen - auch das ist sehr wichtig - für außerschulische Lernorte in Berlin und in Brandenburg.

Meine Damen und Herren! Zurzeit wird der Rahmenlehrplan Geschichte der Sekundarstufe I überarbeitet. Auch in diesem Fall haben wir also die Empfehlung nicht nur aufgegriffen, sondern zum Teil schon umgesetzt. An allen öffentlichen Schulen in Brandenburg ist im September die Handreichung „Als die Phantasie die Realität überholte“ zur Verfügung gestellt worden. Sie enthält, wie gewünscht, auf den Unterricht in allen Fächern abgestimmte Literaturempfehlungen. Einen Schwerpunkt bilden dabei die Fächer Geschichte und Politische Bildung in der Sekundarstufe I, das heißt in den Jahrgangsstufen 7 bis 10, aber auch die Jahrgangsstufen 5 und 6 in den Grundschulen. Die Handreichung enthält eine Empfehlungsliste zu einem „Handapparat DDR-Geschichte“ für die Schulen. Er enthält wissenschaftliche, fachdidaktische, aber auch unterrichtspraktische Literatur und audiovisuelle Medien. Meine Damen und Herren von der CDU, die angeregte Empfehlungsliste ist eine gute Idee; wir sind allerdings auch schon darauf gekommen.

Abschließend ein Tipp, auch an Sie, Herr Hoffmann: Der einfachste Weg, sich einen Überblick über all diese Angebote zu verschaffen, ist ein Blick auf die Seiten des Brandenburgischen Bildungsservers im Internet. Dort gibt es sogar ein eigenes Portal „20 Jahre Friedliche Revolution und Deutsche Einheit“.

Fazit: Der Antrag ist in Ordnung, kommt allerdings zu spät. Danke.

(Beifall SPD sowie vereinzelt DIE LINKE)

Für die letzten drei Minuten Redezeit erhält noch einmal ein Mitglied der antragstellenden Fraktion das Wort. Es spricht der Abgeordnete Hoffmann.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Haben Sie so schnell ins Internet geschaut?)

Nein, ich habe schon vorher ins Internet geschaut, musste allerdings feststellen, dass die Liste, die man dort findet, alles andere als umfangreich ist. Aber davon abgesehen kann ich aus verständlichen Gründen das Déjà-vu-Erlebnis vom 22. Januar dieses Jahres nicht teilen, Herr Minister, denn damals war ich noch nicht Mitglied dieses Hohen Hauses.

(Zurufe von der SPD: Sie können Ihre Kollegen fragen!)

- Meine Kollegen helfen mir immer, wenn ich sie darum bitte.

Nächster Punkt: Die Broschüre „Als die Phantasie die Realität überholte“ würde ich gern einmal sehen und auch hier ab und zu verteilen.

(Heiterkeit und Beifall CDU)

Als Allerletztes möchte ich hinzufügen, dass wir unseren Antrag nicht aus dem luftleeren Raum heraus gestellt haben, sondern wir haben eine Forderung des Landesverbandes der Geschichtslehrer in Brandenburg aufgegriffen. Das sind Ihre Leute, Herr Minister. Wenn angeblich alles wunderbar ist, dann frage ich mich, warum die Geschichtslehrer das dann fordern.

(Beifall CDU)

An dieser Stelle denke ich daran, dass Herr Kuhnert, als ich vorhin gesprochen habe, oft genickt hat. Das sah mir nach Zustimmung aus. Auch sonst habe ich viele zustimmende Kommentare gehört. Deshalb hätte ich mir gewünscht, dass Sie wenigstens die Überweisung des Antrags in den Ausschuss zugesagt hätten. Das wäre auch der richtige Ort, Verständnisprobleme zu beratschlagen, Frau von Halem. Dort hätten wir vielleicht einiges klären können.

Ansonsten bitte ich nach wie vor um Zustimmung zu unserem Antrag. - Danke schön.

(Beifall CDU)

Meine Damen und Herren! Damit sind wir am Ende der Redebeiträge angelangt. Ich stelle den Antrag der CDU-Fraktion, Drucksache 5/118, zur Abstimmung. Wer ihm Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei einigen Jastimmen und einigen Stimmenthaltungen ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt worden.

Nachdem ich Tagesordnungspunkt 14 geschlossen habe, sind wir nunmehr am Ende der Tagesordnung angelangt. Ich darf Sie daran erinnern, dass wir von der „Lausitzer Rundschau“ für 19 Uhr zum Parlamentarischen Abend in die Weinscheune auf dem Krongut Bornstedt eingeladen sind. Einen vergnüglichen Abend!

Ende der Sitzung: 17.48 Uhr