Natürlich ist es richtig und legitim, in der Diskussion die Summen für den Flughafen in ein Verhältnis zu den übrigen Ausgabenpositionen des Haushaltes zu setzen. Sowohl mir als auch all den Menschen an den Fernsehgeräten fallen sofort x Möglichkeiten ein, in welchen Aufgabenbereichen dieses Geld sinnvoller einzusetzen wäre. Ein einziges Beispiel möge genügen: 100 zusätzliche Lehrkräfte kosten 5 Millionen Euro.
Das ist eine Summe, die Jahr für Jahr allein aus den eingesparten Zinsen für die Aufnahme von 252 Millionen Euro zu finanzieren wäre.
Nur 1 bis 2 % des Landeshaushaltes sind normalerweise frei verfügbare Mittel, also Mittel, die nicht aufgrund von Gesetzen oder Verträgen bereits gebunden sind. Bei 252 Millionen Euro sind wir in dieser Größenordnung. Das heißt: Alles das, was normalerweise an Mitteln zur Verfügung steht und worüber wir als Abgeordnete ernsthaft verfügen können, wird in einem Jahr mit dem Flughafen verfrühstückt.
Mit dem Anliegen, hier mit einem Schlag Hunderte Millionen Euro für den Flughafen lockerzumachen, besteht in der heutigen Diskussion ein krasser Unterschied zur Diskussion über den Haushalt im letzten Jahr. Ich erinnere daran, dass vor einem Jahr mit dem Hinweis auf fehlende Haushaltsmittel den Freien Schulen zwischen 2012 und 2015 ein Sparbeitrag von 14,3 Millionen Euro und den Hochschulen eine globale Minderausgabe in Höhe von 12 Millionen Euro abverlangt wurden Sparbeiträge, die unser Bildungssystem über das Jahr 2012 hinaus auf Dauer schwächen werden. Als linker oder sozialdemokratischer Abgeordneter würde ich mich in meinem Selbstverständnis ziemlich angegriffen fühlen, wenn ich aufgrund des Versagens meiner Regierungsmitglieder im Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft plötzlich Mittel in dieser Größenordnung lockermachen sollte.
Alle Hoffnungen, die sogenannte Schwankungsreserve für wichtige Projekte in den Wahljahren 2013 und 2014 einsetzen zu können, alle Pläne, die Verwendung eines Teils der in den Vorjahren angesparten Rücklage zur Verbesserung der Situation in unserem Bildungssystem einzusetzen, sind erst einmal vorbei. Herr Görke, ich muss Ihnen vorwerfen: Sie können den Haushalt gar nicht lesen.
Sie behaupten hier, die Schwankungsreserve diene dazu, genau diese prioritären Aufgaben mit abzudecken. Schauen Sie aber
bitte in den Einzelplan 20: Bei „Entnahme aus der Rücklage“ müsste ein Betrag stehen. Tut es aber nicht! Da steht Null. Das heißt, die Rücklage wird nicht für Ihre prioritären Projekte in Anspruch genommen, sondern - ganz im Gegenteil - diese Rücklage ist reserviert für Mehrausgaben beim Flughafen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man davon ausgeht, dass ein Haushalt aus sich selbst heraus verständlich sein soll, müssen in puncto BER selbst altgediente Haushaltsexperten die Publikumsfrage stellen - allerdings erfolglos. Denn allein aus dem Haushalt ist nicht ersichtlich, wie viel Geld das Land zu opfern bereit ist.
Dabei kann man nicht einmal sagen, dass der Flughafen im Haushalt versteckt würde. An allen Ecken und Enden stolpert man über den Flughafen - egal, ob im Haushalt der Umweltministerin, wo nun 331 000 Euro für die Anmietung von Räumlichkeiten auf dem Flughafengelände eingeplant sind, oder im Haushalt des Innenministers, der zukünftig 233 000 Euro Miete für den Flughafenasylknast bezahlen soll; ich dachte erst, das sei der Kaufpreis, nachdem ich Bilder von dem Objekt gesehen hatte.
Aber das sind alles Kleinigkeiten im Vergleich zu dem, was sonst noch auf uns zurollt. Der Finanzminister hat ausgeführt, dass im Haushalt für den Flughafen BER - und zwar ausschließlich für den Flughafen - eine zusätzliche Kreditaufnahme von 160 Millionen Euro für zulässig erklärt werde. Weiterhin hieß es, dass 62 Millionen Euro der in den Haushalt eingestellten 222 Millionen Euro für 2013 aus dem allgemeinen Haushalt kämen. Das ist gleich der nächste Schwindel: Da der Haushalt 2013 nicht ausfinanziert ist, muss natürlich der gesamte BER-Beitrag in Höhe von 222 Millionen Euro der Neuverschuldung zugerechnet werden, nicht nur 160 Millionen Euro.
Denn wahr ist doch auch, dass mit Auflösung der Rücklage bereits 2013 keine Neuverschuldung mehr erforderlich wäre, Flughafen hin oder her.
Reichlich tricky und genauso ein Schwindel ist die Argumentation mit dem Lärmschutz. Richtig wäre die Ansage, dass das Terminal aufgrund der Entscheidungen des Aufsichtsrates Mehrkosten in Höhe von 698 Millionen Euro verursacht hat; das ist nämlich bislang so ziemlich die einzige belastbare Größe. Stattdessen wird für uns Abgeordnete die Leimrute ausgelegt und mit der anteiligen Finanzierung von Mehrausgaben für den Lärmschutz geworben. Lärmschutz - das klingt gut. „Kaum jemand kann sich dagegen sperren“, wird sich der Finanzminister gedacht haben. Allerdings handelt es sich bei der Finanzierung des planfestgestellten Lärmschutzniveaus im Gegensatz zu den Mehrkosten beim Terminal nicht wirklich um Mehrkosten, sondern um Ausgaben, die von Geschäftsführung und Aufsichtsrat zuvor beharrlich ignoriert worden waren.
Völlig ausgeblendet bleibt bei dieser Argumentation, dass es um ein Gesamtdefizit bei der FBB und um ein Gesamtfinan
zierungspaket für die FBB geht und dass es, wenn das Geld erst einmal in der Kasse klingelt, völlig egal ist, welche Kosten damit abgedeckt werden.
Ich betone: 222 Millionen Euro 2013, 30 Millionen Euro 2014 und unbegrenzter Zugriff auf die Rücklagen. Letztere sind aus dem Haushalt nicht ersichtlich. Erst Nachfragen beim Finanzminister haben ergeben - er hat es in seiner heutigen Rede bestätigt -, dass die Rücklagen 372,3 Millionen Euro - aus den Jahren 2007, 2008 und 2011 - betragen. Hinzu kommen die in ihrer Höhe noch gar nicht abschätzbaren, aber sehr zu vermutenden Überschüsse des laufenden Jahres 2012, mithin mehr als 624 Millionen Euro. Anders formuliert: Auf mehr als eine halbe Milliarde Euro soll der Landesregierung der Zugriff ermöglicht werden, mit der Folge, dass in den nächsten zwei Jahren ein Nachtragshaushalt nicht erforderlich sein wird und die Landesregierung einer breiten parlamentarischen Debatte aus dem Weg gehen kann. Ich denke, das ist in niemandes Interesse.
Nun könnte man über all das vernünftig reden, wenn der Landtag sich damit nicht einer privatrechtlichen Firma ausliefern würde; einer GmbH, die im Landesinteresse erklärtermaßen nicht pleitegehen darf, sich aber auch nicht in die Karten sehen lassen will; einer Gesellschaft, die mit Milliardenbeträgen operiert, aber, obschon vollständig in öffentlichem Eigentum stehend, außerhalb der üblichen Kontrollmechanismen agiert; einer Gesellschaft, die weder von den Rechnungshöfen von Bund und Ländern noch von uns Abgeordneten adäquat kontrolliert werden kann; einer Gesellschaft, von der man zunehmend den Eindruck gewinnt, die Rechtsform der GmbH diene in erster Linie als Schutzschild gegen zu neugierige Landtagsabgeordnete und Medienvertreter. Dies alles wird gedeckt von den Regierungsmitgliedern von Bund und Ländern, die sich im Aufsichtsrat tummeln. Ohne Zustimmung der FBB-Geschäftsführung und der anderen Gesellschafter gibt es keine Offenlegung von Unterlagen. Im Konkreten heißt das: keine Offenlegung des Businessplanes, obwohl die zukünftige Gewinn- und Verlustrechnung entscheidend für die Beurteilung ist, ob der Airport jemals wirtschaftlich betrieben werden kann oder ob hier ein Fass ohne Boden gefüllt werden soll.
Im Prinzip ahnen wir es doch alle: Die Wirtschaftlichkeit liegt in weiter Ferne, Air Berlin hin oder easyJet her. Sollten die Gesellschaftermittel aufgestockt werden, sehen wir die Mittel nie wieder. Sollten Gesellschafterdarlehen gewährt werden, so werden diese nach einer Schamfrist in Gesellschaftermittel umgewandelt und sind dann auch weg.
Der weitere Weg ist meines Erachtens auch vorgezeichnet: Ich bin inzwischen nicht mehr der Einzige, der als eine mögliche Folge des EU-Notifizierungsverfahrens von Privatisierung redet. Dazu empfehle ich, die jüngsten Aussagen des Staatssekretärs im Bundesfinanzministerium, Werner Gatzer - übrigens auch Mitglied des Aufsichtsrates -, zur Kenntnis zu nehmen. Um sich vorstellen zu können, wie das dann aussehen kann, reicht ein Blick nach Hahn: Trennung von Vermögen und Betrieb in zwei Gesellschaften mit absehbarer Privatisierung der Betriebsgesellschaft.
Eine solche Trennung muss für das Land nicht unbedingt nach hinten losgehen, wenn man es frühzeitig und klug genug einfä
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir denken, es ist unsinnig, 372 Millionen Euro auf der hohen Kante zu halten, aber gleichzeitig bei den Banken neue Schulden in Höhe von 360 Millionen Euro aufzunehmen. Wir meinen, die allgemeine Rücklage sollte aufgelöst und in den Haushalt eingestellt werden; dann kann auf die gesamte Neuverschuldung verzichtet werden.
Sie kann dann zur Abwendung der eingeplanten Neuverschuldung in Höhe von 200 Millionen Euro herangezogen werden. Die noch verbleibenden 172 Millionen Euro und weitere Überschüsse aus dem Haushaltsjahr 2012 könnten für die Flughafenfinanzierung und die dringendsten Maßnahmen im Schulund im Hochschulbereich herangezogen werden.
Allerdings ist für uns klar: Solange dem Parlament und den Rechnungshöfen nicht erweiterte Kontrollmöglichkeiten gegenüber der Flughafengesellschaft eingeräumt werden, werden wir keinem einzigen Euro zustimmen.
Leider hat diese Verknüpfung zwischen Finanzmitteln und Transparenzgebot im letzten Landtagsplenum keine Mehrheit gefunden; unser Vorschlag wurde von den Regierungsfraktionen plus FDP abgelehnt.
Sollten mehr Mittel für den BER benötigt werden, so muss die Landesregierung den Weg in den Landtag - nicht nur in den Haushaltsausschuss - wählen und einen Nachtragshaushalt einbringen.
Denn dann liegt es in der Zuständigkeit des ganzen Hauses zu entscheiden, wo die Prioritäten gesetzt werden. Unser spezielles Brandenburger Problem ist es, dass das Land sich einerseits Aufgaben wie die Errichtung und den Betrieb eines Flughafens auf den Tisch gezogen hat und diese finanziert, die genauso gut oder besser von privaten Unternehmen erfüllt werden könnten, andererseits aber nicht in der Lage ist, seinen originären Pflichten und Aufgaben nachzukommen.
Im Ergebnis wird die Privatwirtschaft zunehmend mit Aufgaben belastet, die Pflichtaufgaben des Sozialstaates darstellen. Ich nenne beispielhaft, dass immer mehr Unternehmen dazu übergehen, ihren Auszubildenden Zusatzunterricht in Mathematik oder Deutsch zu geben, um die jungen Menschen überhaupt ausbildungsfähig zu machen. Die Schaffung der Ausbildungsfähigkeit wäre aber originäre Aufgabe unseres Schulsystems,
eines Schulsystems, das sich aber - egal, bei welchen Rankings, ob PISA, OECD oder sonst was - seit Jahren auf den letzten
sechs von 16 Plätzen wiederfindet. Dabei belegen die noch viel stärker als wir von Abwanderung und niedrigen Erwerbseinkommen geplagten Länder Thüringen und Sachsen, dass das miserable Abschneiden unseres Bildungssektors in Vergleichsstudien kein ostdeutsches, sondern ein brandenburgisches Spezifikum ist.
Geld ist hier zwar nicht alles, aber es hilft ungemein. Aber wie sieht es mit dem Bildungshaushalt aus? Die Mittelzuweisung für das MBJS bleibt hinter dem Anstieg der Personalkosten aufgrund von Tariferhöhungen und Pensionslasten -, hinter der Inflationsrate, aber auch hinter dem durchschnittlichen Anstieg des Haushalts insgesamt zurück. Die Mittel für die angeblich prioritären staatlichen Schulen sinken 2013 sogar um 12,5 Millionen Euro und 2014 um weitere 19,5 Millionen Euro ab. Von zusätzlichen Lehrkräften ist sowieso schon lange keine Rede mehr.
Herr Görke, 2 000 neue Lehrer sind nicht 2 000 zusätzliche Lehrer, wie Sie hier immer zu suggerieren versuchen. In dieser Legislaturperiode wurden sogar Lehrerstellen abgebaut.
Hehre politische Ziele - wie die Verwirklichung des Menschenrechts auf inklusive Bildung - drohen daher in der Realität zu scheitern. Aber auch die personelle Ausstattung vieler Kindertagesstätten ist angesichts des bundesweit nach wie vor schlechtesten Betreuungsschlüssels und des vielerorts immer noch unzureichenden Qualifikationsniveaus der Erzieherinnen kein geringes Problem.
Ein Brandenburger Problem ist auch die unzureichende Finanzierung der Hochschulen - ein weiterer angeblicher Schwerpunkt der Landesregierung. Ich möchte überhaupt nicht groß beklagen, dass wir bei den Pro-Kopf-Ausgaben im Vergleich der Länder ganz hinten liegen. Viel entscheidender ist, dass die Studienplätze nicht ausfinanziert sind. In Brandenburg studieren 50 000 Menschen. Die Studienplätze sind jedoch, je nach Grundlage, nur für 30 000 Studierende - personalbezogen oder rund 23 000 - flächenbezogen - ausreichend.
Nach der Hochschulstrukturkommission, der sogenannten Buttler-Kommission, sind die Brandenburger Hochschulen um 25 Millionen Euro unterfinanziert. Der Vorsitzende der Landesrektorenkonferenz, Prof. Günther, hält sie sogar für um 50 Millionen Euro unterfinanziert.
Wie geht die Landesregierung mit dieser Situation um? Steigert sie den Haushalt? Vielleicht erinnert sich der eine oder andere von Ihnen noch an die Haushaltsbeschlüsse des letzten Jahres. Der Finanzminister hatte die Globalbudgets der Hochschulen als eine Sparbüchse ganz eigener Art entdeckt: Den Hochschulen wurde eine globale Minderausgabe in Höhe von 12 Millionen Euro - das waren rund 5 % ihrer Haushaltsmittel hineingedrückt.
Wer glaubte, dass dies eine einmalige Einsparrunde gewesen sei, muss sich jetzt getäuscht sehen. Für 2013/14 wurde der um 12 Millionen Euro gekürzte Ansatz im vorliegenden Haushalt fortgeschrieben. Das bedeutet: rund 12 Millionen Euro weniger, insbesondere für Personalausgaben. Gleichzeitig werden im Stellenplan des Einzelplanes unverändert 818 Professorenstellen geführt. Stellenplankürzungen soll es nur in marginalem Umfang im Unterbau geben. Gab es nicht kürzlich ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, das die Länder dazu ver