Axel Vogel
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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Wenn in der Aktuellen Stunde die vorgeblichen Erfolge von Rot-Rot in dieser Legislaturperiode gefeiert werden sollen, gibt es tatsächlich keinen aktuellen Bezug; einen solchen stellte nur Herr Ness‘ AfD-Namedropping her. Aber wer sitzt mit Herrn Gauland im literarischen Quartett der Friedrich-EbertStiftung, und wie äußern Sie sich dazu?
Aber sei‘s drum. Jeder blamiert sich, so gut er kann.
Wenn im Antrag mangels handfester politischer Erfolge eine Forsa-Studie herhalten muss, nach der die überwiegende Mehrheit der Brandenburger gern in diesem Land lebt, könnte man auch den ermittelten Grund ergänzen: Für 97 % sind es Landschaft und Natur, nur für 15 % die hier lebenden Menschen. Das sollte einem zu denken geben, genauso die Erkenntnis, dass die Polizei als einzige Institution in diesem Land bei mehr als der Hälfte der Bevölkerung Vertrauen genießt.
Aber was schert uns das?, fragen sich SPD und die Linke: Hauptsache, eine Mehrheit ist in anderen Umfragen mit der Regierung zufrieden! - Bleibt der kleine Schönheitsfehler, dass nach mehrfachen Emnid-Befragungen - im Auftrag der Linken übrigens - nur rund 40 % der Bevölkerung wissen, dass die Linke in Brandenburg mitregiert; der großen Mehrheit ist das noch gar nicht aufgefallen.
Das ist verständlich - fast alle Wirtschaftserfolge sind der allgemein guten konjunkturellen Lage zu danken. Brandenburg bewegt sich im Gleichklang mit den anderen ostdeutschen Bundesländern. Sie alle verzeichnen einen Zuwachs im produzierenden Gewerbe, Überschüsse im Landeshaushalt und nicht zuletzt durch Abwanderung und demografischen Wandel - sinkende Arbeitslosenzahlen. Ganz Deutschland geht es heute besser als 2009.
Vom Abschied vom vermeintlichen Hoffnungsträger CCS als Heilsbringer für die Braunkohle ist in der Erfolgsbilanz dagegen keine Rede.
So wurde die Linke dank des engagierten Widerstands der Bevölkerung daran gehindert, ihr Wahlversprechen - eine CO2Verpressung in Ostbrandenburg zu verhindern - zu brechen. Es ist auch keine Rede davon, dass jetzt mit Zustimmung der Linken
auch ohne Maßnahmen zur CO2-Minderung ein neuer Tagebau bei Welzow aufgeschlossen und damit die Energiestrategie 2030 zu Makulatur gemacht wird.
Sozialökologischer Umbau ist das nicht, Frau Mächtig!
Auch einige andere Begriffe sucht man in der Erfolgsbilanz vergeblich. Den Flughafen habe ich im Antrag der Linken nicht gefunden, auch nicht die Synonyme BBI, BER Willy Brandt, FBB - nicht erstaunlich, ist das doch die größte schwärende Wunde, die Sie der nächsten Legislaturperiode überlassen: angefangen bei den halbherzig betriebenen Verhandlungen zum Nachtflugverbot über den hinhaltenden Widerstand gegen einen effektiven Lärmschutz bis hin zum Versagen der Regierungsmitglieder im Aufsichtsrat der FBB im Planungsverfahren sowie im Finanz- und Baucontrolling.
Den Bären, dass sich im Bildungsbereich Grundlegendes verbessert habe, wollen wir uns nicht aufbinden lassen. Natürlich wurden neue Lehrer auf altersbedingt freiwerdende Stellen eingestellt; hinzugekommen ist aber keine einzige Stelle, und so haben wir heute weniger Stellen als zu Beginn der Legislaturperiode.
Die rot-rote Laterne in den Kategorien Finanzierung der Hochschulen und Kitabetreuungsschlüssel sind wir bis heute nicht losgeworden, und die Halbierung der Schulabbrecherquote hat nun einmal auch nicht geklappt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gemeinsinn und Erneuerung sollen hier abgefeiert werden, aber Gemeinsinn wird zunächst einmal von den Opfern der rot-roten Politik erwartet,
von den Lärmbetroffenen am Flughafen BER, bei denen es nicht um Belästigung, sondern um Gesundheitsgefährdung geht; von den Dorfbewohnern, in deren unmittelbarer Nachbarschaft Megatierställe für die industrielle Massentierhaltung entstehen sollen; von den Bauernfamilien, denen die von der Landesregierung gepäppelten finanzstarken Großagrarier die Flächen unterm Hintern wegkaufen;
von den 800 Einwohnern von Proschim, die für die Ausweitung der Braunkohleverstromung ihre Heimat aufgeben sollen - für die Haushalte und Handwerksbetriebe, die mit ihrem Strompreis die Freistellung Vattenfalls von der EEG-Umlage finanzieren sollen.
Gemeinsinn wird von den Eltern verlangt, die ihre Kinder auf freie Schulen schicken und die massiven Kürzungen von RotRot mit erhöhtem Schulgeld bezahlen dürfen. Wir können nachvollziehen, dass viele dieser Menschen diese Anforderun
gen von Rot-Rot an ihren Gemeinsinn zunächst einmal als Riesengemeinheiten auf Kosten des Gemeinwohls begreifen,
Gemeinheiten, gegen die sie mit Volksinitiativen und Volksbegehren, Demonstrationen und Verfassungsklagen mobilisieren. Die Brandenburger geben nicht mehr klein bei, und das ist gut so. Hier drückt sich eine neue Art von Gemeinsinn aus, mit der jede Regierung in Zukunft rechnen muss.
Ich will nicht ungerecht sein:
Brandenburg hat von Rot-Rot dort profitiert, wo es um politische Kultur ging - Stichwort: unsere Grünen-Anträge zur Öffentlichkeit der Ausschüsse und Erleichterung bei der Beibringung von Unterschriften für Volksbegehren. Ich könnte noch einige Dinge mehr nennen, aber es sind nicht sehr viele.
Wir hätten uns mehr solche Erfolge gewünscht. Dass es am Ende nicht mehr geworden sind, hat einen ganz einfachen Grund: Es gibt noch Unterschiede zwischen den Parteien und unterschiedliche Vorstellungen, wie die Zukunft hier in Brandenburg aussehen soll.
Damit haben die Wählerinnen und Wähler am 14. September dann auch echte Entscheidungsalternativen, und das ist auch gut so!
Frau Ministerin, es ist ein ernstes Anliegen, und es muss dringend etwas unternommen werden. Nun haben wir in Brandenburg ja ein öffentlich-rechtliches Bankensystem: die Sparkassen. In meinem Wahlkreis führen sie 70 % aller Einlagen und Konten. Es stellt sich die Frage, ob nicht die Möglichkeit besteht, die Sparkassen in die Verantwortung zu nehmen, sodass sie mit gutem Beispiel vorangehen und von sich aus eine freiwillige Begrenzung der Dispokredite vornehmen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Gäste! So deutlich wie selten zuvor wird am heutigen Tag in diesem Landtag sichtbar, wie unterschiedlich Antworten der Landesregierung auf Große Anfragen ausfallen können: Auf der einen Seite gibt es eine akribische Ausarbeitung wie in der Antwort zur Großen Anfrage zur Forstpolitik, auf der anderen Seite dagegen die Antwort auf unsere Große Anfrage zur regionalwirtschaftlichen Bedeutung der Braunkohle in Brandenburg, welches eigentlich das Leib-und-Magen-Thema dieser Landesregierung sein müsste, wenn man die jahrelangen Lobeshymnen und Verlautbarungen der Landesregierung gerade zu diesem Thema zur Kenntnis genommen hat. Die Antwort darauf ist allerdings ein mehr oder weniger belangloses „Nichts“, das sich selbst für die Landesregierung nicht einmal mehr zum Aufblasen eignet.
Das Wissen der Landesregierung lässt sich, wie unsere Große Anfrage zutage gefördert hat, grob mit „keine Ahnung“ zusammenfassen. Es gibt keine amtlichen Statistiken zur Beschäftigungswirkung der Braunkohle. Schätzometrisch darf man sie aus zusammengefassten Zahlen für den gesamten Bergbau und Kiesabbau ermitteln. Sie liegt jedoch - das ergibt sich daraus - bei maximal 4 000 Arbeitsplätzen. Das ist eine enorme Differenz zu den Beschäftigtenzahlen, mit denen Vattenfall und die Landesregierung immer gleich den völligen Zusammenbruch der Lausitz an die Wand malen, falls nicht umgehend den Konzerninteressen entsprochen wird.
Zur Wertschöpfung gibt es jedoch keine konkreten Zahlen; auch die Steuereinnahmen sind nicht bezifferbar. Die Ausstrahlungskraft der Braunkohle für die Regionalentwicklung wurde nicht ermittelt. In der Antwort wird jedoch ein Link zu einem landesweiten Strukturatlas eingestellt, der zwar aufzeigt, dass in der Lausitz die Wassergebühren für Haushalte mit 80 m3
Wasserverbrauch besonders hoch sind, aber über die Bedeutung der Braunkohle erfährt man nichts. Stattdessen finden sich mehrere Verweise auf Studien, die Vattenfall selbst in Auftrag gegeben hat - sauber „verlinkt“ in jeder Hinsicht.
Das Gutachten, an dem die Landesregierung ihre Politik ausrichtet, wurde vom Prognos-Institut auf Basis von Zahlen von Vattenfall erstellt. Dieses weist 6 180 Beschäftigte in der Braunkohleindustrie aus. Dort werden nach den Angaben von Vattenfall zur Bruttowertschöpfung auch noch 3 902 indirekte Arbeitsplätze vermutet. Gestatten Sie mir dazu jedoch folgenden Hinweis: Bei jedem anderen Industriearbeitsplatz gibt es immer auch indirekte Beschäftigungsverhältnisse. Auch die Mitarbeiter von Vestas Lauchhammer kaufen beim Bäcker ein, und auch diese Firma gibt selbstverständlich Aufträge an die örtlichen Klempner sowie Sanitäreinrichtungsgeschäfte und beschäftigt die örtlichen Handwerker. Wenn wir also Zahlen miteinander vergleichen, dann müssen wir die indirekten Effekte beiseitelassen.
Die wenigen amtlichen Zahlen, die die Landesregierung in der Antwort auf die Große Anfrage verwendet, sprechen eine andere Sprache. Demnach sind im Bereich Bergbau sowie Gewinnung von Steinen und Erden 4 262 Beschäftigte in ganz Brandenburg tätig, davon 428 im Bereich Sand, Kies, Ton- und Naturstein. Die offizielle Statistik der Länder weist für den Bergbau in Brandenburg dagegen nur 3 300 Erwerbstätige in diesem Bereich auf. Das heißt, dass sich auch bei sehr wohlwollenden Annahmen über die Gesamtzahl der Bergbaubeschäftigten in der Region Spree-Neiße und Cottbus nach amtlichen Zahlen ein Anteil des Bergbaus an den Erwerbstätigen in der Bergbauregion im niedrigen einstelligen Bereich ergibt. Dabei soll nicht unerwähnt bleiben, dass Renaturierungsmaßnahmen nach Ende des Abbaus noch langfristig Arbeitsplätze in der Region sichern, wie auch heute die LMBV über 370 Arbeitsplätze in der Region garantiert.
Damit will ich die wirtschaftliche Bedeutung des aktiven Braunkohlebergbaus für die Region nicht bagatellisieren, aber es ist klar: Sie relativiert sich doch ziemlich stark. Genau das gibt uns auch die Hoffnung, den strukturellen Wandel ohne große Friktionen bis 2030 bewältigen zu können, denn dieser strukturelle Wandel ist für die Zukunftsfähigkeit der Lausitz bitter nötig.
Der Versuch, den Status quo einzuzementieren, schiebt diesen strukturellen Wandel bestenfalls noch einige Jahre auf, macht ihn aber bei rückläufigen Fördermitteln der EU nur noch schwieriger und verunmöglicht ihn eventuell sogar.
Die Lage in der Bergbauregion ist ernst. Das Prognos-Institut erstellt nicht nur Gutachten im Auftrag von Vattenfall, sondern es erstellt auch unabhängig von Vattenfall regelmäßig einen
Zukunftsatlas, der die Zukunftschancen deutscher Regionen miteinander vergleicht. In der aktuellen Ausgabe von 2013 sind der Landkreis Spree-Neiße auf Platz 394 und die Stadt Cottbus auf Platz 346 von insgesamt 402 Landkreisen und kreisfreien Städten angegeben. Das ist genau die Region, in der sich die aktiven Tagebaue und Kraftwerke Brandenburgs befinden.
Demnach kann der positive Effekt, den die Wertschöpfung aus der Braunkohle bewirkt, nicht so groß sein, ganz im Gegenteil. Ich sage: Die Region ist nicht trotz, sondern wegen der Braunkohle auf den aussichtslosen Plätzen.
Auch klassische Indikatoren für Wirtschaftsentwicklung und Lebensqualität sprechen eine eindeutige Sprache. Cottbus und Spree-Neiße haben keine geringere Abwanderung, kein signifikant höheres Durchschnittseinkommen und auch keine geringere Verschuldung der Kommunen als der Brandenburger Durchschnitt, sondern umgekehrt wird ein Schuh daraus: Cottbus hat die höchste Verschuldung, Spree-Neiße hat die gravierendsten Abwanderungsverluste in Brandenburg und seit 1990 ein Fünftel seiner Einwohner verloren. Spree-Neiße hat den höchsten Seniorenanteil und das höchste Durchschnittsalter in Brandenburg.
Es drängt sich auf: Die regionalwirtschaftliche Bedeutung der Braunkohle wird von der Landesregierung in öffentlichen Verlautbarungen systematisch überschätzt. Aber an dieses Ergebnis knüpft dann die Folgefrage nach der Zukunft der Region an. Da frage ich einmal ganz einfach: Ist das Festklammern an der Kohle vielleicht nur ein Anzeichen dafür, dass die Angst vor dem Verlust des mächtigsten Arbeitgebers in der Lausitz vor Ort größer ist als das Vertrauen in die Politik der Landesregierung, den unausweichlichen Strukturwandel tatsächlich gestalten zu können und - ich füge hinzu - gestalten zu wollen?
Bis heute hat die Landesregierung keinen Plan B für die Lausitz. Sie setzt darauf, dass Plan A, „weitestgehend ungehinderte Förderung und Verstromung von Braunkohle“, sich noch Jahrzehnte fortführen lassen wird. Das ist ein Irrtum. Deswegen sagen wir auch: Es fehlt ein realistisches Konzept, und am Ende bleibt es bei Lippenbekenntnissen von einer blühenden Landschaft oder einer angeblich blühenden Zukunft. Aber wer will denn schon in einer durch Tagebau zerstörten Landschaft leben, zumal wenn die Auskohlung der Flöze danach keine Arbeit mehr bringt? Zurzeit arbeitet noch eine von Jahr zu Jahr schrumpfende Zahl von Menschen entweder an der Zerstörung der Region mit, oder sie profitieren von denen, die an der Ausbeutung der Braunkohlevorräte verdienen. In dieser Landschaft haben dann verständlicherweise viele die Befürchtung, dass nach dem Ende der Tagebaue nichts mehr kommt.
Mit der Antwort auf Frage 17 möchte die Landesregierung ein Horrorszenario an die Wand malen, dass ohne neue Tagebaue ab 2026 „sämtliche Braunkohlenkraftwerke bzw. Heizkraftwerke im Land ihre Energieproduktion einstellen müssen“. Dieses Szenario hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung, übrigens ein Gutachten im Auftrag des Umweltministeriums, längst widerlegt. Wenn Jänschwalde zum Ende der technischen Lebensdauer 2023 schrittweise stillgelegt wird, kann Schwarze Pumpe noch lange über das Jahr 2030 hinaus mit Kohle aus
Welzow versorgt werden, theoretisch bis 2042. Da wollen und sollten wir aber die Versorgung längst auf erneuerbare Energien umgestellt haben.
Die Antwort der Landesregierung auf unsere Große Anfrage hat uns gezeigt, dass die Landesregierung kein Konzept hat, wie es anders weitergehen kann, dass sie aus Furcht vor einer schwierigen Veränderung der wirtschaftlichen Situation und der wirtschaftlichen Strukturen in der Lausitzer Braunkohlenregion die Parole „Weiter so!“ ausgegeben hat und das dann auch noch als Sicherung der Zukunftsfähigkeit für die Region verkaufen will. Das Gegenteil ist der Fall. Sie scheinen blind für die Chancen geworden zu sein, die sich aus dem allgemeinen Strukturwandel und nicht nur aus der Energiewende für die Lausitz ergeben können.
Dieser Kopflosigkeit stellen wir unsere Alternative eines gesteuerten und von der Landesregierung begleiteten Auslaufens der Braunkohlenförderung bis 2030 entgegen. Wir wollen die Erarbeitung eines alternativen Entwicklungskonzepts für die Lausitz vor Ort, also von unten, nicht von oben, mit Unterstützung der Landesregierung. Wir wollen auch die Einbeziehung und die Aufwertung der BTU, also der Universität in Cottbus und Senftenberg, in diesem Prozess.
Der vorliegende Entschließungsantrag ist nicht die reine grüne Lehre, da wir Grünen die Genehmigung und den Aufschluss neuer Tagebaue vollständig ablehnen. Indem wir mit diesem Antrag nur ein Moratorium mit anschließender Überprüfung fordern, wollen wir auch denjenigen unter Ihnen die Zustimmung ermöglichen, die immer noch ein Faible für die Braunkohle haben. Es geht nicht um einen Ausstieg aus dem Klimakiller Braunkohle von jetzt auf gleich, sondern um einen Ausstieg Schritt für Schritt bis 2030. Es geht darum, die Lebensqualität in der Lausitz zu verbessern und Jobs in neuen Industrien zu schaffen. Weniger Feinstaub in der Luft, weniger freigesetztes Quecksilber im Boden und weniger Eisenocker im Grundwasser und in der Spree werden zwar nicht von einen Tag auf den anderen Realität werden, doch langfristig wird sich die Umwelt auch regenerieren können, so hoffen wir es zumindest. Eine Wende zu mehr Wohlstand und weniger Umweltzerstörung, zu mehr Beschäftigung ist auch in der Lausitz machbar.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie die Gelegenheit nicht verstreichen und stimmen Sie für unseren Antrag. - Recht herzlichen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach der Lektüre der umfassenden Antwort der Landesregierung auf die genauso umfassende Große Anfrage zum Brandenburger Wald drängt sich mir der Eindruck auf, dass die Stimmung besser ist als die Lage. Die vorgelegten Zahlen legen den Eindruck nahe, dass die Brandenburger Forstwirtschaft im Aufwind sei:
Der Landesforstbetrieb erwirtschaftet seit 2011 einen positiven Deckungsbeitrag von zuletzt 2,90 Euro pro Hektar Holzbodenfläche, nachdem der Landeshaushalt in den letzten Jahren bis zu 112 Euro pro Hektar zuschießen musste. Der Privatwald erwirtschaftet demnach sogar erstmals Überschüsse von über 100 Euro pro Hektar Holzbodenfläche. Alles gut also? - Eher nicht.
Wurden 1990 durchschnittlich noch 74 DM pro Kubikmeter Rohholz erzielt, betrug dieser Wert 2012 47,61 Euro. Rechnet man aber die Inflationsrate seit 1990 ein, dann wird heute inflationsbereinigt ein niedrigerer Preis pro Einheit Holz erzielt als 1990. Gleichzeitig sind die Kosten für Personal, Treibstoffe, Nebenkosten allgemeiner Art und Nebenleistungen drastisch angestiegen. Wenn im Wald also heute rechnerisch Überschüsse erwirtschaftet werden, dann ging dies nur durch einen massiven Mechanisierungs- und Rationalisierungsschub, das heißt Personalabbau, verbunden mit teils massiven Eingriffen in das Lohn- und Gehaltsgefüge, Ablösung von festen Arbeitsverhältnissen durch Saisonarbeitskräfte und - am Ende - prekäre Beschäftigungsverhältnisse und Selbstausbeutung der Waldbesitzer.
Legt man die Zahlen des Testbetriebsnetzes zugrunde, so werden im Privatwald - ich habe das einmal umgerechnet - inklusive Eigentätigkeit des Eigentümers nur 0,45 Arbeitskräfte, im Körperschaftswald 0,83 und im Landesforstbetrieb 2,6 Arbeitskräfte je 1 000 Hektar Holzbodenfläche beschäftigt. Zum Vergleich: in der Landwirtschaft sind dies 1,7 Arbeitskräfte je 100 Hektar, und damit liegen wir bundesweit bereits ausgesprochen niedrig. Daher müssen wir feststellen, dass der Wald bislang leider kein großer Beschäftigungsfaktor im öffentlichen Raum ist.
In der Realität dürften es allerdings, bezogen auf den Privatwald, noch weit weniger Arbeitskräfte sein. Grund ist das umfangreiche Tabellenmaterial, das ich sehr schätze; aber es täuscht, bezogen auf den Privatwald, eine Genauigkeit vor, die überhaupt nicht existiert. Die Angaben beruhen auf einem Testbetriebsnetz, das insgesamt neun Betriebe mit über 200 Hektar Holzbodenfläche umfasst. Es ist damit laut eigenen Angaben der Forstverwaltung an anderer Stelle - wir haben noch einmal nachgefragt - repräsentativ für insgesamt 145 Forstbetriebe.
Nach der Antwort auf die Große Anfrage gibt es allerdings rund 100 000 Waldbesitzer in Brandenburg, von denen zwar 19 232 in 306 Forstbetriebsgemeinschaften zusammengeschlossen sind, der Großteil aber auf eigene Faust wirtschaftet oder eben auch nicht wirtschaftet. Die Repräsentativität von neun Betrieben für eine solch hohe Zahl von Waldbesitzern darf ja wohl bezweifelt werden; aber ich räume ein, die Zahlen geben zumindest Hinweise auf den Personaleinsatz in mittelgroßen und vielleicht auch großen Forstbetrieben.
Im Kleinbesitz wird Wald als Energieholz für den eigenen Ofen zwar vermutlich sinnvoll genutzt, Arbeitsplätze aber werden wohl kaum geschaffen und Wertholz nur unzureichend mobilisiert. Deshalb sind forstwirtschaftliche Zusammenschlüsse so wichtig und müssen weiter unterstützt werden.
Einen negativen Einfluss auf die wirtschaftlichen Ergebnisse der Forstwirtschaft hat aber auch der hohe Kiefernanteil in Brandenburg. So zeigt der Betriebsvergleich mit WestfalenLippe, dass Kiefernbetriebe Deckungsbeiträge erwirtschaften, die grundsätzlich um die 100 Euro pro Hektar unter denen von Fichten- und Buchenbetrieben liegen. Die positiv gewertete Eignung von Kiefernreinbeständen für moderne Holzerntetechnologien bestätigt nur das Problem mangelnder Beschäftigungswirkung Brandenburger Wälder. Hinzu kommt das Brandschutzproblem in Altersklassenwäldern, sodass das Waldbrandrisiko in Brandenburg dem der Mittelmeerländer vergleichbar ist - Antwort zu Frage 103.
Laut Antwort zu Frage 104 wäre die umfassendste Maßnahme zur Vorbeugung gegen Brandschäden der Waldumbau, also die Anreicherung von Laubbäumen in Kieferbeständen. Man sollte also davon ausgehen, dass die Landesregierung den Waldumbau beschleunigt. Das ist aber nicht der Fall. So wurde der Anteil der Kiefern in 12 Jahren nur von 80 auf 77 %, also um 3 %, reduziert. In der neuen Förderperiode ist auch keine Aufstockung der Fördermittel dafür vorgesehen.
Kurzsichtig ist auch, dass nur 33 000 Hektar des Waldes in Brandenburg, davon 15 000 Hektar Landeswald, nach FSC zertifiziert sind - bei einer Million Hektar Waldfläche ein äußerst mageres Ergebnis. Das Land strebt hier auch keine Veränderung an, lieber Michael Luthardt. Stattdessen hält der Landesforst an der international stark kritisierten PEFC-Zertifizierung fest, die von Kritikern wie Greenpeace und anderen weltweit als „Pseudo-Zertifizierung“, als „Industriezertifikat“ - das ist ein Zitat -, „das die Plünderung der Wälder besiegelt“, angesehen wird. Mit solchen Zertifikaten zerstört man die Glaubwürdigkeit von Zertifizierungssystemen weltweit. Deshalb sollte sich der Landesforst so schnell wie möglich von PEFC verabschieden.
Dem Antrag werden wir zustimmen, auch wenn wir an der einen oder anderen Stelle gewisse Nickeligkeiten sehen. Aber insgesamt gesehen geht er in die richtige Richtung, und dem wollen wir uns nicht versperren. - Recht herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Wenn öffentlich über das TTIP, das geplante Abkommen zur transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft, gesprochen wird, dann landet die Diskussion in der Öffentlichkeit sehr oft bei Chlorhühnchen und dem Import von Fleisch hormonbehandelter Rinder. Das sind in der Tat Anschauungsobjekte mit Ekelfaktor, aber das ist überhaupt nicht entscheidend. Denn auch wenn TTIP uns primär als Abkommen zur Abschaffung der Zölle und zur Beschränkung sogenannter „nichttarifärer Handelshemmnisse“ zum Wohle eines verbesserten Waren- und Handelsaustauschs zwischen den USA und der EU verkauft wird, geht es hier nicht um die Frage, ob Außenspiegel am Fahrzeug abzuklappen sein sollen oder am Ende die USA auf das metrische System umsteigt - das wird sie übrigens nicht. Es geht um die Einführung eines einzigen gigantischen Binnenmarktes zwischen der EU und den USA, und verbunden mit den Vorstellungen zur Ausgestaltung dieses Abkommens sind die möglichen Folgen eines Chlorhühnchenund Hormonfleischimports geradezu harmlos.
Stichworte dafür sind fehlende Transparenz und das verniedlichend als „Streitbeilegungsmechanismus“ bezeichnete ISDS. Im Kern geht es bei der Diskussion darum, ob und in welchem Ausmaß sich die europäischen Regierungen und Parlamente selbst entmündigen und wer zukünftig hierzulande das Sagen hat, multinationale Konzerne oder die Demokratie.
Fangen wir mit ISDS an, dem Kürzel, das wir uns alle merken sollten: Zukünftig sollen ausländische Konzerne Staaten gene
rell vor - nicht öffentlich tagenden! - Schiedsgerichten auf hohe Schadensersatzsummen verklagen können, wenn sie durch eine nationale Gesetzesänderung oder administrative Maßnahmen ich zitiere -, „willkürlich, unverhältnismäßig oder diskriminierend“ in ihrer Tätigkeit behindert werden. Die Definition, was dann im Einzelnen unter „diskriminierend“ oder „unverhältnismäßig“ zu verstehen ist, bleibt diesen Schiedsgerichten, bei denen es sich um eine Handvoll - meist amerikanischer - Anwaltskanzleien handelt, überlassen. Beispiele für das Wirken dieser Schiedsgerichte gibt es inzwischen zuhauf, seien es die Klagen des Tabakkonzerns Philip Morris gegen Uruguay aufgrund eines Investitionsschutzabkommens zwischen Uruguay und der Schweiz aus dem Jahr 1991 auf 2 Milliarden US-Dollar - das entspricht einem Fünftel des Staatshaushalts von Uruguay - oder von Philip Morris gegen Australien aufgrund eines Uraltabkommens zwischen Hongkong und Australien. In beiden Ländern berühren strengere Nichtrauchergesetze die Geschäftsinteressen der Zigarettenindustrie. Philip Morris ist übrigens in New York, nicht in Hongkong oder der Schweiz zu Hause.
Ein anderes Beispiel ist der spezielle Partner unseres Landes, Vattenfall, der Deutschland wegen des Atomausstiegs auf 4 Milliarden Euro auf Basis eines historischen Vertrages aus dem Jahr 1994 verklagt und der mit einem Schiedsgerichtsverfahren in New York gegen die Umweltauflagen beim Bau des Hamburger Kohlekraftwerks Moorburg auf 1,4 Milliarden Euro bereits die strikte Anwendung der EU-Wasserrahmenrichtlinie in Hamburg außer Kraft setzte. Auskünfte zu beiden Verfahren hat übrigens die Bundesregierung mit dem Hinweis auf Geheimhaltungsvorschriften verweigert. Mit der Einbeziehung dieser Schiedsgerichte in das TTIP könnten wir uns Diskussionen über den Kohleausstieg, Anbauverbote für gentechnisch veränderte Organismen oder das Nachtflugverbot am BER in Zukunft womöglich sparen, da sich immer irgendein multinationales Unternehmen in seinen Profitinteressen behindert sehen kann.
Am Horizont zieht mit TISA - das ist das nächste Kürzel -, einem internationalen Abkommen zur Liberalisierung von Dienstleistungen, schon das nächste Unheil herauf. Auch hier soll ein Schiedsgerichtsverfahren an die Stelle der staatlichen Gerichtsbarkeit gesetzt werden.
Als ob das alles nicht schon schlimm genug wäre - es kommt alles noch viel schlimmer: Die Verhandlungen zu TISA führt die EU seit Februar 2012, ohne ein offizielles Mandat zu haben. Die Verhandlungen zu TTIP werden von der EU auf der Grundlage eines als geheim deklarierten Mandats geführt. Es ist mehreren grünen Europaabgeordneten zu verdanken, dass dieses Mandat - zwar illegal, aber sehr legitim - nunmehr im Internet einsehbar ist. Diese Geheimverhandlungen rühren am Kern unserer Demokratie.
Lassen Sie mich an dieser Stelle noch etwas grundsätzlicher werden: Wir alle erleben gerade, wie schwer es ist, sich allein in Europa auf ein gemeinsames Vorgehen zu einigen, und wie groß die Skepsis in der Bevölkerung ist, vermeintliche Souveränitätsrechte an Brüssel abzugeben. Auch wenn der gemeinsame EU-Binnenmarkt von der Bevölkerung mehrheitlich positiv
gesehen wird, sollten wir daraus nicht schlussfolgern, dass dies auch bei dem noch viel größeren Binnenmarkt mit den USA der Fall sein wird. Geheimverhandlungen, exklusive Beteiligungen von Lobbyverbänden und Gerüchte, die mögliche Risiken und Befürchtungen beflügeln, diskreditieren die Verhandlungen schon jetzt.
Für uns Grüne ist klar: Ein Abkommen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten zum Abbau von Zöllen und für sinnvolle Standardisierungen wird von uns grundsätzlich unterstützt und nicht abgelehnt. Die Totschlagskeule „Antiamerikanismus“ weisen wir allerdings entschieden zurück.
Die Geheimniskrämerei um TTIP muss ein Ende haben. Die Verhandlungen zu TTIP sind auszusetzen und dürfen erst nach öffentlicher Diskussion und Beschlussfassung im Europäischen Parlament neu gestartet werden. Das kann im Grundsatz bedeuten, dass die Verhandlungen zu TTIP überhaupt nicht mehr oder nur zu einem deutlich verringerten Regelungsspektrum wiederaufgenommen werden dürfen. Der geplante Streitbeilegungsmechanismus darf nicht mehr Bestandteil des Abkommens sein. In unserem Antrag geht es genau darum. Die Verhandlungen müssen ausgesetzt und mit einem transparenten Verfahren unter Einbindung der Öffentlichkeit neu gestartet werden.
Leider hat sich die Koalition darauf nicht vollständig einlassen können; sie stimmt dem nur in Bezug auf den Streitbeilegungsmechanismus zu. Aber immerhin: Der Landtag wird sich heute mit breiter Mehrheit gegen TTIP in dieser Form aussprechen und neue, transparente Verhandlungen fordern. Allein das ist schon ein großer Erfolg. - Recht herzlichen Dank.
Für Ostdeutschland ist vom Institut für Wirtschaftsforschung Halle zudem empirisch belegt, dass unterschiedliche Regierungen mit unterschiedlichen wirtschaftspolitischen Maximen und Förderpolitiken keinerlei signifikante Unterschiede in der wirtschaftlichen Entwicklung der ostdeutschen Länder hervorgebracht haben. Egal, ob Rot-Rot, Schwarz-Gelb oder SchwarzRot regiert - alle ostdeutschen Länder bewegen sich weitestgehend im Gleichklang.
Aber nicht nur deswegen ist die vorgebrachte Lobpreisung etwas verwegen. Rot-Rot hebt darauf ab, dass das Wirtschaftswachstum - das sagten Sie, Herr Loehr - in Brandenburg 2013 über dem Bundesdurchschnitt lag, genauer gesagt mit 0,7 % um 0,3 % über dem Schnitt aller Länder. Soll ich da jetzt dazu „Bravo!“ sagen?
Im Jahr 2011 lag übrigens das brandenburgische Wachstum um ganze 2,9 Prozentpunkte hinter dem Bundesdurchschnitt; da hatte Brandenburg 0,4 %, der Bund 3,3 %. Wenn wir diesen Kurs fortsetzen würden, hätten wir in neun Jahren den Rückstand des Jahres 2011 ausgebügelt.
Es geht noch weiter: Das Pro-Kopf-Einkommen in Brandenburg liegt seit fünf Jahren bei unverändert 71 % des Bundesdurchschnitts. Die Arbeitsproduktivität ist innerhalb von fünf Jahren um einen Prozentpunkt auf 78 % gestiegen. Mit einer Angleichung der Lebensverhältnisse aus eigener Kraft wäre bei Fortsetzung des bisherigen Anpassungskurses wohl frühestens in 100 Jahren zu rechnen. Da erinnern die Lobeshymnen auf die eigene Wirtschaftspolitik doch ein wenig an das intellektuell stark fordernde Konzept „Überholen ohne einzuholen“.
Wir meinen, Selbstbeweihräucherung hilft uns hier wirklich nicht weiter, sondern ist allenfalls geeignet, den Blick auf die Strukturschwäche und die eigentlichen Probleme des Landes zu verstellen. Es ist ja nun deutlich geworden, dass die industrielle Basis dieses Landes immer noch ausgesprochen dünn und fragil ist.
Große Industriebetriebe sind leider Gottes zumeist oder ausschließlich Töchter oder Filialbetriebe multinationaler Konzerne.
- Das sage ich ja auch gar nicht. Ich sage, das sind Strukturprobleme, die Schwächen des Landes darstellen und die man nicht einfach ausblenden kann. Darüber kann man nicht einfach hinweggehen.
Unsere Stärke liegt im Mittelstand; das ist hier angesprochen worden. Ich spare mir aber jetzt weitere Kennzahlen, aus denen man sehr deutlich ersehen würde, dass sich in Brandenburg in dieser Legislaturperiode wirtschaftspolitisch relativ wenig bewegt hat.
Dort, wo die Wirtschaftspolitik Akzente gesetzt hat oder setzen wollte - wie bei dem Konzept „Stärken stärken“ -, da sehen wir, dass man entweder gescheitert ist oder die Entwicklung stoppt.
So ist die großspurig eingeführte Innovation der regionalen Wirtschaftsförderung in Form von regionalen Wirtschaftskernen weitestgehend wirkungslos. Eine aktuelle Untersuchung des Progress-Instituts für Wirtschaftsforschung kommt zu dem Ergebnis, dass die Beschäftigungsentwicklung der 15 RWKs schlechter gewesen ist als der Landesdurchschnitt. Was sagt uns das? Ähnlich liest sich der Tabellenanhang des neuesten RWK-Berichts der Landesregierung, der konzedieren muss, dass die Entwicklung im berlinnahen Raum alle Kennziffern überlagert - und ich füge hinzu: damit auch verfälscht.
Ähnlich sieht es mit der von uns Grünen ausdrücklich unterstützten Clusterstrategie aus. Die Etablierung der Cluster mit ihren jeweiligen Clustermanagementstrukturen sei im Wesentlichen abgeschlossen, heißt es im Mittelstandsbericht. Die weitere Entwicklung der Cluster solle auf Grundlage von Masterplänen erfolgen. Von den neun Clustern haben aber erst drei einen solchen Plan. Die Clusterstrategie wurde schon 2010 initiiert. Hier gibt es viel guten Willen, aber zu wenig Umsetzung. Über die seit Jahren hier verkündete Einführung des schnellen Internets sollte Rot-Rot lieber doch schamvoll schweigen.
Zum Thema Fachkräftemangel: Einer Online-Umfrage aus dem letzten Jahr zufolge planen knapp 80 % aller Studenten in Brandenburg ihren Berufseinstieg außerhalb des Landes. Im Bundesvergleich ist die Mark damit traurige Spitze.
Kurzum: Die Wirtschaft in Brandenburg steht nach wie vor vor großen Herausforderungen. Die Landesregierung hat in dieser Legislaturperiode gekämpft; das will ich einräumen. Wirklich Schlagzeilen gemacht haben aber wiederum nur die Negativbeispiele wie HBS oder Odersun, vom BER einmal ganz zu schweigen.
Der Einsatz der Landesregierung für Vattenfall und die Braunkohle war ebenso rückwärtsgewandt wie das viel zu lange Festhalten an einer zurückhaltenden Einwanderungspolitik. Uns geht es darum, dass Brandenburg nicht, wie es bei Ihnen heißt, ein modernes Industrieland bleibt, sondern darum, dass es ein solches erst wird.
Dafür sollten wir alle Chancen nutzen. Die europäische Metropolregion Berlin-Brandenburg gibt uns dafür alle Chancen. Hierfür sollten wir uns alle gemeinsam einsetzen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Den Danksagungen schließe ich mich ausdrücklich an. Auch mein besonderer Dank gilt Herrn Ziel, den ich als stellvertretender Vorsitzender des Haushaltskontrollausschusses enger erlebt habe als vielleicht andere. Ich bedanke mich für die jederzeit vertrauensvolle Zusammenarbeit.
Der Landesrechnungshof ist kein Wirtschaftsprüfungsinstitut, wie wohl einige IHKs gemeint haben. Nein, der Landesrechnungshof ist ein Verfassungsorgan, das sich aufgrund seiner eigenen Entscheidung Prüfungsthemen auf den Tisch zieht und darüber auch in seinem Jahresbericht berichtet. Aber es werden das weiß vielleicht nicht jeder - nicht alle Prüfberichte in den Jahresbericht aufgenommen. Das Verhältnis dürfte bei 1:5 liegen, das heißt, einem Untersuchungsgegenstand, über den wir hier beraten, stehen fünf weitere Berichte gegenüber, die wir selten zur Kenntnis bekommen.
„Gut, dass es Rechnungshofe gibt!“, möchte ich ausrufen. Aktuelles Beispiel für deren Bedeutung ist der Vorgang um die fehlende BER-Kontrolle. Hier stößt der Landtag an seine Grenzen. Bekanntlich werden wir von der FBB seit Monaten mit Aussagen zur Wirtschaftlichkeit und zu den Kosten hingehalten. Die Finanzverantwortliche der FBB, Frau Fölster, hat gestern in einer beispiellosen Art und Weise den gesamten Landtag brüskiert, da sie nicht bereit war, zu einer Sitzung des Sonderausschusses zu erscheinen, sondern stattdessen die Meinung vertreten hat, wenn die Abgeordneten etwas wollten, könnten sie zu ihr nach Schönefeld kommen. Das geht nicht. Das ist völlig inakzeptabel. Ich denke, da ist der gesamte Landtag einer Meinung.
Aber jetzt kommt der Rechnungshof ins Spiel: Uns müssen die Verantwortlichen der FBB vielleicht keine Auskunft geben, aber dem Bundesrechnungshof und dem Landesrechnungshof müssen sie es. Vor den Prüfungsergebnissen, die dann an die Öffentlichkeit kommen, wird sich die FBB nicht verstecken können. Der Bundesrechnungshof hat seinen Prüfbericht vorgelegt. Ich gehe davon aus, dass Prüfberichte und Mitteilungen des Landesrechnungshofes folgen werden.
Der Landesrechnungshof ist kein Gegner der Landesverwaltung - das ist auch wichtig für die Außenwahrnehmung -, sondern ihr kritischer Begleiter. Ich möchte hinzufügen: Er ist ihr wohlwollender Begleiter.
Das möchte ich exemplarisch am Beispiel der Forstreform verdeutlichen. Nebenbei: Wir haben übrigens in dieser Legislatur
periode keine einzige forstpolitische Debatte in diesem Landtag geführt; vielleicht wollten wir nicht so genau hinschauen. Tatsache ist: Es gab schon in der vergangenen Legislaturperiode eine Verständigung auf eine Forstreform mit dem Ziel, eine schwarze Null in der Waldbewirtschaftung herbeizuführen. Es sollte eine Trennung zwischen Hoheit, Gemeinwohlaufgaben und Wirtschaft vorgenommen werden.
Der Landesrechnungshof hat sich das genau angeschaut. Die Überschrift „Forstreform auf gutem Weg“ findet sich in dem Prüfbericht des Landesrechnungshofes.
Er kommt zu dem Ergebnis, dass der Personalabbau so, wie er durchgeführt wird, ausgesprochen kritisch zu bewerten ist. Zum einen ist festzustellen: Der Landesbetrieb wird nicht in der Lage sein, die Personaleinsparung von 930 Stellen gegenüber dem Stand von 2009 bis zum Ende dieses Jahres tatsächlich zu erreichen; er wird rund 160 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über dem Soll haben.
In diesem Zusammenhang ist folgende Feststellung wichtig: Es ist nicht angemessen, dass diese Mitarbeiter einfach aus der Waldbewirtschaftung heraus finanziert werden. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die nächste Runde der Forstreform ansteht, in deren Rahmen bis zum Jahr 2018 um weitere 500 Stellen nach unten gegangen werden soll. Es überfordert den Wald, wenn all dies aus den Hieben erwirtschaftet werden soll. Es wird die Befürchtung gesehen, dass eine nachhaltige Forstwirtschaft infrage gestellt ist und die Forstverwaltung sich neue, risikobehaftete Geschäftsfelder erschließen muss, um das abzudecken. Deswegen wird gefordert, diese Leute gesondert auszuweisen und nicht in dem allgemeinen Forstbudget untergehen zu lassen. Hier muss Trennschärfe hergestellt werden.
Auch wenn klar ist - wir haben jedenfalls keinen Zweifel daran -, dass die Zielsetzung, den Personalbestand abzubauen, auch in der Forstverwaltung besteht, muss man dennoch die Menschen mitnehmen. Der Landesrechnungshof hat es deutlich formuliert: Es muss ein Personalentwicklungskonzept geben. Auf die Altersstruktur der Beschäftigten ist Rücksicht zu nehmen. Für Personalabbau und Personalentwicklung sind realistische Zielwerte festzulegen. Eines ist klar: Wir können nicht jeden Waldarbeiter als Oberförster einsetzen, sondern es muss auch wieder zu Einstellungskorridoren kommen. Das ist ein bemerkenswertes Ergebnis. Die Landesregierung - nicht nur der Infrastrukturminister - ist gut beraten, sich dies zu eigen zu machen.
Der Haushaltskontrollausschuss hat sich die Position zu eigen gemacht und bittet die Landesregierung, insoweit tätig zu werden. - Recht herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Von der Mitberichterstatterin Frau Mächtig - ich war der zweite Berichterstatter im Haushaltskontrollausschuss - ist bereits angesprochen worden, dass Ausgangspunkt der Beschlussempfehlung ein Bericht des Landesrechnungshofs war, der sich mit den Kostensteigerungen auseinandergesetzt hat, aber dieser Bericht hat sich eben nicht nur damit auseinandergesetzt, sondern er hat die gesamte Palette aufgemacht. Ich denke, es ist einer der substanziell stärksten Berichte, die der Landesrechnungshof jedenfalls in meinen Augen - in dieser Legislaturperiode vorgelegt hat. Auch so ist zu erklären, dass es eben diese breite Diskussion gibt und dass wir jetzt zum, ich glaube, vierten Male hier im Plenum über das Thema reden und auch die Anhörung im Ausschuss stattgefunden hat und wir wirklich versucht haben, die damit verbundenen rechtlichen und sozialen Aspekte von allen Seiten umfassend zu beleuchten.
Liebe Gäste! Für diejenigen, die es nicht so genau wissen: Rechtliche Betreuung ist das, was früher im gesetzlichen Regelwerk eher mit den Begriffen Vormundschaft, Entmündigung, Gebrechlichkeitspflegschaft versehen war. Das wurde vom Begriff der rechtlichen Betreuung abgelöst; es ist aber auch mehr. Rechtliche Betreuung ist zuerst rechtliche Vertretung, sie ist nicht Sozial- oder Gesundheitsbetreuung. Dass aber entsprechende Ansprüche an sie gestellt werden, ist ein Problem, mit dem sich die Berufsbetreuer häufig herumschlagen müssen.
Klar ist, dass neben der Kostenentwicklung die Anordnung einer rechtlichen Betreuung ein schwerer Eingriff in die persönliche Freiheit des Betreuten ist und uns mindestens genauso beschäftigen muss. Um es deutlich zu sagen, liebe Monika Schulz-Höpfner: So platt und einfach haben wir das nicht formuliert, sondern hier in unserer Beschlussempfehlung steht eindeutig, dass die Nutzung alternativer sozialer Angebote zur Problembewältigung Vorrang vor einer Betreuungsanordnung haben muss. Wir haben ja die Situation - das ist das Verrückte, was der Rechnungshof aufgedeckt hat -, dass je nach Gerichtsbezirk relativ schnell oder eher nur verhalten ein Berufsbetreuer bestellt wird - die Gerichte gehen also ganz unterschiedlich an die Sache heran -, und auch je nach Aufklärungsarbeit und Unterstützung von Betreuungsvereinen in den einzelnen Landkreisen unterscheidet sich, ob überhaupt Anträge vor Gericht gestellt werden oder nicht. Auch das ist, denke ich, im Ausschuss bei den Anhörungen deutlich geworden.
Von daher müssen wir dafür sorgen, dass Maßnahmen der Vorbeugung und Unterstützung ergriffen werden, um die rechtliche Betreuung - das ist wirklich das letzte Instrument, was man haben möchte - zu verhindern. Diese werden allerdings zu großen Teilen von den örtlich zuständigen Behörden organisiert und vor allem auch finanziert. Das ist auch ein Ergebnis des Prüfberichts des Rechnungshofs, und letztlich hat es seinen Eingang in unseren Prüfauftrag gefunden, dass die Landesregierung aufgefordert wird zu prüfen - für mich ist es klar; wir sollten das machen; das war mit der Koalition aber jetzt erst einmal nicht möglich -, ob eine Zusammenführung der Organisations- und Kostenverantwortung sinnvoller wäre als die gegenwärtige Regelung. Damit ist gemeint: entweder im MASF oder im Justizministerium - ein Gegeneinander darf es nicht geben.
Ein Gesamtkonzept zur Reform der rechtlichen Betreuung in Brandenburg sollte noch in diesem Sommer vorgelegt werden es ist angesprochen worden. Es wäre gut gewesen, wird aber
nicht kommen, wie Herr Büttner ausgeführt hat. Ich finde bemerkenswert und bedauerlich, dass die Landesregierung bei diesem Tagesordnungspunkt auf einen Redebeitrag verzichtet. Das spricht Bände.
Neben der Prüfung einer Zusammenführung der Organisations- und Kostenverantwortung erwarten wir von diesem Gesamtkonzept auch Aussagen zur Stärkung der ehrenamtlichen Betreuung und Maßnahmen zur weiteren Verbreitung der Vorsorgevollmacht. Eine ganz wichtige Rolle nehmen die Betreuungsvereine ein. In den Anhörungen ist deutlich geworden, dass das Auslaufen der Förderung der ehrenamtlichen Strukturen letztendlich absolut kontraproduktiv war. Die in den Betreuungsvereinen zusammengeschlossenen Experten ermöglichen den Betreuerinnen und Betreuern, sich bei Bedarf einfach und direkt fachlichen Beistand zu holen. Gerade der enorme Zuwachs an Verantwortung und Professionalität macht vielen ehrenamtlichen Betreuern inzwischen so zu schaffen, dass sie überhaupt nicht mehr bereit sind, diese Funktion auch noch in Zukunft auszuüben. Es überfordert übrigens auch die allermeisten Angehörigen.
Die Stärkung dieser Strukturen, die sich neben der fachlichen Beratung auch für die Gewinnung von Ehrenamtlichen und deren Fortbildung einsetzen, ist also ein Schlüssel zum Erfolg. Ein weiterer Schlüssel ist das vom Justizministerium angekündigte gerichtsübergreifende Betreuerverzeichnis, welches die Gesamtzahl der von einem hauptamtlichen Betreuer übernommenen Fälle umfasst.
Meine Damen und Herren! Es wäre also Zeit, das Thema nicht weiter auf die lange Bank zu schieben, sondern noch in dieser Legislaturperiode ein entsprechendes Konzept vorzulegen. Ich hoffe, wenn Sie es jetzt nicht schaffen, dass Sie es zeitnah in der nächsten Legislaturperiode schaffen. - Recht herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Gäste! 2 Milliarden Euro geben die Brandenburger Kommunen pro Jahr für Beschaffung aus, 1 Milliarde Euro das Land. Das ist eine beträchtliche Nachfragemacht, und von daher waren wir immer dafür und unterstützen ausdrücklich das Ansinnen, mit einem gut ausgestalteten Vergabegesetz wichtige Impulse für eine soziale und ökologisch nachhaltige Wirtschaftsweise zu geben.
Ja, das Vergabegesetz ist ein Mindestlohngesetz. Aber es ist eben nicht nur ein Mindestlohngesetz. Bemerkenswert ist in der Evaluierung auch, dass eine klare Aussage getroffen wird: Auch wenn jetzt ein bundesweiter Mindestlohn käme, es müsste lediglich in einem Paragrafen ein Absatz verändert werden, ansonsten könnte das gesamte Gesetz weiter fortbestehen.
Allerdings denke ich, damit kann es nicht getan sein, sondern dieser Evaluierungsbericht gibt uns tatsächlich Anlass, über einige Sachen verschärft nachzudenken.
Noch ein Punkt zur Evaluierung als solcher: Auch wenn jetzt hier so getan wird, als ob das Sample, also die Zahl der erhobenen kommunalen Vergabestellen, valide sei, möchte ich doch herausstellen: Nur 32 von 214 Vergabestellen haben sich überhaupt beteiligt, obwohl - und das wird herausgearbeitet - mehrfach alle angeschrieben und die Fragebögen versandt worden waren. So viele bequemten sich trotz telefonischer Nachfrage dann doch nicht dazu, den Fragebogen auszufüllen. Das lässt doch nachdenken und aufhorchen. Es ist die Frage, ob das, was dort dann angekommen ist, tatsächlich repräsentativ ist.
Aber es wird in diesem Bericht zumindest deutlich, dass Arbeitsentgeltkontrollen zur Einhaltung des festgelegten Mindestlohns durch die öffentlichen Auftraggeber praktisch nie durchgeführt werden. Ein gutes Drittel der Auftragnehmer hat grundsätzliche Schwierigkeiten bei der Überprüfung der Regelungen angegeben, und der Mehraufwand wird als erheblich eingeschätzt. Das Seltsame ist nur, dass die zur Erstattung des Mehraufwandes vorgesehenen Haushaltsmittel nicht abgerufen werden. Ich denke, darüber, wie das kommen kann, muss man noch einmal nachdenken. Die Gutachter sprechen daher auch von einem gewissen Vollzugsdefizit und bezweifeln, dass das zentrale Anliegen des Gesetzes, also die Einführung eines Mindestlohns, optimal umgesetzt werden konnte. Dazu passt übrigens auch, dass Bieter so gut wie nie wegen Nichteinhaltung der Mindestlohnvorgaben von Vergabeverfahren ausgeschlossen wurden.
Andere soziale oder ökologische Vorgaben, die im Vergabegesetz zwar intendiert, aber nur optional vorgesehen sind, werden von den öffentlichen Auftraggebern kaum erhoben. 94 % der Kommunen geben an, dies selten oder nie zu tun. Ich sage: Das ist ein Jammer; denn wir hatten ja bei der Verabschiedung des Gesetzes noch einen Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen verabschiedet, nach dem ausdrücklich darauf hingewiesen werden sollte, dass die Regierung hier auch aktiv wird und versucht, dafür auch die Kommunen zu gewinnen und sie zu unterstützen. Das scheint nicht ausreichend zu geschehen.
Es besteht also noch ein erheblicher Handlungsbedarf, wenn die mit dem Gesetz beabsichtigten Ziele erreicht werden sollen. Viele Auftraggeber - auch das wird für mich deutlich - haben sich mit dem Gesetz anscheinend überhaupt noch nicht ausreichend befasst und ihre Vergabepraxis auch noch nicht entsprechend geändert.
Wir begrüßen daher die von den Gutachtern unterbreiteten Empfehlungen zur Verbesserung des Vergabegesetzes. Wir Grünen haben von Anfang an die Tatsache, dass jede der über 200 Vergabestellen eine eigene Prüfungsstelle aufrechterhalten soll, für bürokratischen Unsinn gehalten und eine Bündelungsfunktion beim Land gefordert.
Die jetzt von den Gutachtern vorgeschlagene Kontrollgruppe, die Auftragnehmer in Stichproben prüft, sollte daher auch unverzüglich eingerichtet werden - das war übrigens auch Bestandteil unseres damaligen Gesetzentwurfs. Außerdem halten wir Schulungen und Hilfestellungen vor allem für kommunale Auftraggeber für notwendig. Die Tatsache, dass die umweltbezogenen und anderen Kriterien in den Vergaben bislang so gut
wie keine Rolle spielten, sollte bei einer Novellierung des Gesetzes mit einfließen.
Im Bundesvergleich - das wird aus dem Gutachten bzw. der Evaluierung auch deutlich - wird klar, dass die grüne Forderung nach Einhaltung der ILO-Arbeitnehmerschutzbestimmungen, nach einem Verbot von Sklaverei und Kinderarbeit, nicht abwegig ist, weil deren Verbot in den meisten Ländern gelebte Praxis ist. Daher wird diese Forderung von uns nach wie vor aufrechterhalten. Ich erinnere an die damalige Diskussion und daran, dass die Linke ebenfalls diese Forderung erhoben hatte, die sich dann aber aus unerfindlichen Gründen zum Schluss nicht im Gesetz wiederfand.
Ich komme zum Ende: Eines der zentralen rot-roten Projekte, eines der Projekte, das auch wir als Grüne unterstützt haben, das Vergabegesetz, stellt sich bisher noch als Papiertiger dar gut gemeint, aber nicht gut gemacht. Ich denke, wir sollten das in der nächsten Legislaturperiode gemeinsam verbessern. Recht herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Mit den Vorgaben der Strategie „Europa 2020“ für die nächste EU-Förderperiode ist die EU zum Schrittmacher für Fortschritt und nachhaltige Entwicklung geworden. Diese EU-Vor
gaben machen endlich Schluss mit der auch in Brandenburg weit verbreiteten Praxis, originäre Landesaufgaben, zum Beispiel den Erhalt und den Ausbau von Verkehrsinfrastruktur, durch EU-Fördermittel zu finanzieren. Jetzt muss und kann Brandenburg endlich gezielt seine Schwäche im Bereich der betrieblichen Innovationen beheben. Auch für kleine und mittlere Unternehmen, die in Brandenburg mit 99 % die überwiegende Mehrheit der Unternehmen darstellen, wird es jetzt einfacher, an die EU-Fördermittel zu gelangen, da ein fester Anteil ausschließlich an diese fließen muss. Auch das hätte Brandenburg schon längst machen können, aber die Aussicht, möglicherweise den einen oder anderen Großkonzern zu verärgern, hat bislang eine solche mittelstandsfreundliche Regelung verhindert. Nun kommt sie als Anweisung von oben.
Brandenburg hat vor allem bei zwei EU-2020-Zielen noch erheblichen Nachholbedarf. Das betrifft einerseits den Umfang von Forschung und Entwicklung, wo hierzulande erst die Hälfte des angestrebten EU-Wertes erreicht wird, und andererseits die Erhöhung der Energieeffizienz oder - anders gesagt - die Senkung des Energieverbrauchs. Was die Steigerung des Bereichs Forschung und Entwicklung anbelangt, erwarten wir von der Landesregierung, dass sie diese Neuausrichtung der EUFörderung nicht durch eine zu breite Auslegung des Innovationsbegriffes verwässert. Die insgesamt zurückgehenden Fördermittel sollen also nicht wieder durch die Hintertür an Standardprojekte klassischer Industriebetriebe fließen, sondern tatsächlich innovativen, jungen Unternehmen zum Durchbruch verhelfen.
Während die Forschung und Entwicklung also noch ausgebaut werden muss, liegen die energiebedingten CO2-Emissionen in Brandenburg aufgrund des dort produzierten Stroms und energieintensiver Rohstoffprodukte überdurchschnittlich hoch und müssen gesenkt werden. Die Verbesserung der Energieeffizienz ist eine wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Energiewende. Wir liegen aber in puncto Energieproduktivität auf dem letzten Platz aller Bundesländer. Ich denke, hier sollten nach Möglichkeit mehr als 16 % der EFRE-Mittel eingesetzt werden.
Die Energieeffizienz wird in der Energiestrategie der Landesregierung zwar erwähnt, quantifizierte Zielvorgaben für die Erhöhung der Energieproduktivität liegen jedoch nicht vor. Der Primärenergieverbrauch soll um ca. 20 % gegenüber 2007 sinken. Auf diesem Gebiet konnten jedoch zwischen 2007 und heute überhaupt keine Fortschritte gemacht werden. Der Verbrauch stieg im Gegenteil an.
Zum Thema Breitbandversorgung - das ist von mehreren Kolleginnen und Kollegen schon angesprochen worden - ist viel zu lange nichts passiert. Jetzt werden im Hauruckverfahren übriggebliebene EU-Mittel ausgeschüttet, um zu verhindern, dass diese zurückgegeben werden müssen. Hier stellt sich allerdings die Frage, wie es mit dem Breitbandausbau in den südlichen Regionen Brandenburgs weitergehen soll, denn dort sind dann alle EFREMittel abgeflossen, und in der kommenden Förderperiode stehen hierfür nur die Gelder aus dem Landwirtschaftsfonds ELER zur Verfügung. Die Mittel für Projekte im ländlichen Raum werden damit zusätzlich knapper. Im Süden bleibt es also weiter völlig offen, wie die Anbindung unterversorgter Gebiete erfolgen soll. Vielleicht kann der Minister hierzu eine Aussage treffen.
Mit dem Eintreten der Landesregierung gegen eine maximale Umschichtung von Mitteln aus der ersten Säule, der Flächenprämie, zur zweiten Säule, Förderprogramme für den ländlichen Raum, hat sie ihre Chance vertan, den ländlichen Raum tatsächlich effektiv zu fördern. Die hier vorgelegten Programme zur Agrarförderung Brandenburgs führen am Ende zu einer weiteren Industrialisierung, einer exportorientierten Agrarwirtschaft mit immer weniger Betrieben und immer weniger Beschäftigten. Der Ausverkauf des ländlichen Raums an große Kapitalgesellschaften ist damit nicht zu stoppen. Unser Vorschlag, die EU-, Bundes- und Landesmittel so umzuschichten, dass die Subventionen für die Großbetriebe verringert werden und zugunsten von Umwelt-, Tierschutz- und Naturschutzmaßnahmen sowie zur Steigerung der Attraktivität des ländlichen Raums einzusetzen, fand leider keine Mehrheit.
Auch auf eine bessere Ausgestaltung des EU-Sozialfonds hat die Landesregierung zugunsten des EFRE leider verzichtet. Mit diesen Mitteln hätte der Bereich der aktiven Eingliederung verstärkt werden können und damit hätten innovative Ansätze, wie sie in anderen Bundesländern erprobt werden, in weitaus größerem Umfang finanziert werden können.
Und selbst gut laufende Projekte - auch das muss man sagen fallen der neuen Ausrichtung der EU-Förderung durch die Landesregierung zum Opfer. Ich erwähne, dass das Umweltministerium die Mittel für das Freiwillige Ökologische Jahr halbiert, obwohl die Nachfrage gegenüber dem Angebot an Plätzen bis zu sechsfach höher ist. Hier werden Zukunftschancen und Engagement von jungen Leuten ohne Grund und Not verspielt. Dahingegen gelingt es wundersamerweise dem MBJS und dem MWFK, ihre Plätze im Freiwilligen Sozialen Jahr auch in der neuen Förderperiode konstant zu halten, wogegen wir übrigens nichts haben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, um es kurz zu machen: Die wirklich innovativen Vorgaben für die neuen Operationellen Programme sind aus Brüssel gekommen, nicht aus Potsdam. Für diesen Rückenwind sind wir der EU ausgesprochen dankbar. - Recht herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich erspare mir jetzt grundlegende Ausführungen über die Bedeutung des Handwerks - ich denke, das ist allgemein bekannt. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass 41 % der ostdeutschen Handwerksbetriebe im Frühjahr 2013 eine mangelhafte Eigenkapitalquote von unter 10 % aufgewiesen haben und bei weiteren 43 % die Eigenkapitalquote als unzureichend eingestuft wurde. Wenn man das weiß, dann wird auch klar, wie wichtig das hier geforderte Startgeld für junge Handwerksmeisterinnen und Handwerksmeister ist bzw. gewesen wäre, muss ich eigentlich schon sagen.
Der Beschluss, mit welchem sich SPD und LINKE im Wirtschaftsausschuss durchgesetzt haben und der jetzt hier zur Abstimmung steht, negiert diese Notwendigkeit jedoch, und noch schlimmer, so jedenfalls meine Wahrnehmung - er will uns und die Handwerker für dumm verkaufen. Es wird versucht, uns das von der Landesregierung zur Förderung von Existenzgründungen aus der Arbeitslosigkeit aufgelegte Pro
gramm als adäquaten Ersatz einer Meistergründungsprämie schmackhaft zu machen. Dem liegt aber eine kapitale Fehleinschätzung zugrunde. Während dieses Förderprogramm darauf ausgelegt ist, Menschen in Arbeitslosigkeit wieder eine Perspektive zu geben, haben ausgebildete Meisterinnen und Meister in der Regel eine hervorragende Perspektive als angestellte Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt. Das ist aber etwas ganz anderes als die Gründung oder Übernahme eines Meisterbetriebes, und das ist erklärtermaßen auch nicht Ziel des Antrages. Wenn wir aber wollen, dass sie stattdessen das Risiko einer eigenen Unternehmensgründung auf sich nehmen, dann müssen wir sie auch entsprechend fördern. Denn jeder Meisterbetrieb, der neu gegründet oder erfolgreich weitergeführt wird, ist ein Gewinn für das Land und seine Menschen.
Auch das hier ebenfalls als Alternative angebotene Mikrodarlehensprogramm ist etwas völlig anderes. Ein Darlehen hat überhaupt keinen Einfluss auf die Eigenkapitalbasis eines Betriebes. Es taugt somit in keinster Weise zur Motivation junger Meisterinnen und Meister, sich selbstständig zu machen oder die Kapitalausstattung des Unternehmens zu verbessern, die ja wiederum die Grundlage dafür ist, dass sie Kredite in Anspruch nehmen können. Es kann aber - das will ich nicht bestreiten - eine sehr gute Ergänzung zu einer Meistergründungsprämie sein.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Handwerk hat sprichwörtlich goldenen Boden - ob das in der Realität noch immer und jederzeit zutrifft, vermag ich nicht zu beurteilen. Mit der hier vorgeschlagenen Meistergründungsprämie böten wir allerdings jungen Handwerksmeisterinnen und Handwerksmeistern auch in Brandenburg eine Starthilfe auf dem Weg in die Selbstständigkeit. Gerade Brandenburg könnte dieses Engagement gut gebrauchen. Ich bedauere, dass der Ausschuss den Antrag der CDU abgelehnt hat. Der Beschlussempfehlung des Ausschusses können wir deswegen nicht zustimmen. - Danke.
Herr Minister Vogelsänger, was Sie dargestellt haben, ist eine juristische Position. Sind Sie bereit zu akzeptieren, dass es auch andere juristische Haltungen zur Frage des Landesplanungsvertrages gibt?
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach dreieinhalb Jahren Arbeit im Untersuchungsausschuss scheine ich schon fast dankbar sein zu müssen, dass dieser Punkt heute nicht ohne Debatte abgehandelt wird.
Ich werde meine fünf Minuten Redezeit nutzen, um - soweit es möglich ist - die Ausschussarbeit Revue passieren zu lassen und eine politische Bewertung abzugeben. Bemerkenswert finde ich - es ist auch seltsam, dass niemand darauf eingegangen ist -, dass trotz gegenteiliger Verkündung im Untersuchungsausschuss weder eine gemeinsame Pressekonferenz noch eine würdige Übergabe des Abschlussberichts stattgefunden hat. Dazu konnte sich die rot-rote Mehrheit nicht durchringen.
Die heutige Debatte - das ist ja nun auch deutlich geworden wurde 3:1 federführend von denjenigen gestaltet, die sich mit ihrem Landtagsmandat im Ausschuss weniger zum Kontrolleur der Regierung denn zum Generalverteidiger fehlerhaften Regierungshandelns berufen fühlten.
Abwiegeln und kleinreden - das war auch hier die angeschlagene Tonart. Das auf Bundesebene dokumentierte Selbstverständnis und Selbstbewusstsein der Abgeordneten aller Fraktionen im NSU-Untersuchungsausschuss, sich primär und wie es die Verfassung vorsieht als Mitglied eines Kontrollorgans der Regierung zu verstehen - mit diesem Selbstbewusstsein war es bei manchem Abgeordneten der hiesigen Regierungskoalition nicht so weit her, jedenfalls nicht bei denen, die den Ausschuss vorzeitig beenden wollten und erst durch einen Wink des Verfassungsgerichtes wieder auf den richtigen Weg gelenkt werden mussten.
So gab es auch im Untersuchungsausschuss wenig Widerstand, als das Finanzministerium im Verbund mit der Landtagsverwaltung dafür sorgte, dass Schriftstücke, die schon längst im öffentlichen Raum kursierten, für die Abgeordneten zur Verschlusssache deklariert wurden. Nur so ist es auch zu erklären, dass der von Rot-Rot durchgesetzte Abschlussbericht wegen seiner sedierenden Wirkung in vielen Teilen unter das Betäubungsmittelgesetz fallen müsste.
So findet der von Rot-Rot nie gewollte Ausschuss zur Aufarbeitung der Folgen der BBG-Privatisierung heute sein parlamentarisches Ende. Am Ende der gesellschaftlichen Aufarbeitung sind wir damit aber noch lange nicht. Zu viele staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren - Oranienburg, Bad Saarow - dauern noch an, als dass die von Rot-Rot in den letzten Jahren immer wieder verteilten Beruhigungspillen hier Wirkung entfalten könnten. Denn wie das Beispiel des gescheiterten Untersuchungsausschusses Nürburgring in Rheinland-Pfalz zeigt, sind die relativierenden Bewertungen einer Landtagsmehrheit am Ende gar nicht von Belang. Am Ende zählen Gerichtsurteile, die mitunter Jahre nach Abschluss eines Untersuchungsausschusses gefällt werden. In Rheinland-Pfalz war dies eine Haftstrafe von 3,5 Jahren für einen Finanzminister, der es mit dem Haushaltsrecht nicht ganz so ernst nehmen wollte.
Wer also, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Arbeit eines Untersuchungsausschusses gerecht bewerten möchte, der sollte sich der Grenzen der Ausschussarbeit bewusst sein. Ich nenne nur das Aussageverweigerungsrecht, auf das sich viele Zeugen beriefen, weil zeitgleich staatsanwaltschaftliche Ermittlungen gegen sie liefen. Ich nenne das Mauern vieler Geladener, bei denen man das Gefühl hatte, man laufe gegen eine Gummiwand. Ich nenne die Tatsache, dass viele relevante Papiere nicht in den Unterlagen der BBG auffindbar waren, sondern zunächst einmal in den Medien auftauchten und nur auf diese Weise einfließen konnten.
So erscheint es fast wie ein Wunder, was die Opposition aus CDU und Grünen trotzdem aufdecken konnte; hierzu hat Herr Homeyer im Rahmen seiner beschränkten Redezeit ausgeführt.
Ganz kurz nur: Die Wurzel allen Übels war die Privatisierung der BBG und die Tatsache, dass anschließend die Kontrollmechanismen nicht verschärft wurden. Erst daraus ergaben sich all die Möglichkeiten für Unterwertverkäufe an verschachtelte und anonymisierte Tochterfirmen der BBG oder die Täuschung von Landesregierung und Landtag über den Erwerb von Krampnitz durch ein angeblich potentes dänisches Unternehmen.
Ich sage trotzdem: Ja, der Aufwand hat sich gelohnt, nicht nur wegen dieser Erkenntnisse. Aufgabe des Untersuchungsausschusses war es weder, Regierungsmitgliedern strafrechtlich relevantes Verhalten nachzuweisen, noch entstandenen Vermögensschaden in Heller und Pfennig zu belegen. Unsere Aufgabe war es, über das Aufdecken des Fehlverhaltens Einzelner hinaus strukturelle Fehler festzustellen und Konsequenzen für die Zukunft einzufordern. Das haben wir teilweise erreicht. Es wurde von Herrn Bischoff angesprochen - das trage ich nach wie vor mit -, dass durch die Änderungen der Regeln für den Verkauf von Liegenschaften durch das Finanzministerium ein wichtiger Schritt getätigt wurde. Krampnitz wurde rückabgewickelt und steht Potsdam nun zur Entwicklung zur Verfügung. Die Staatsanwaltschaft ermittelt in den Fällen Bad Saarow und Oranienburg, und damit besteht die begründete Hoffnung, dass die organisierte Verantwortungslosigkeit bei der Verwertung von Landesliegenschaften ein Ende gefunden hat.
Ich komme zum Ende. Dieser Untersuchungsausschuss - das hebe ich deutlich hervor - wäre ohne die Vorarbeit der Medien, ohne den investigativen Journalismus im Fall Krampnitz - allen voran des „Stern“ und der „PNN“ - nicht zustande gekommen. Insofern war die Einsetzung dieses Ausschusses auch ein Erfolg des Wirkens der vierten Gewalt einer freien Presse, die sich nicht mit der Berufung auf Geschäftsgeheimnisse mit lapidaren Auskünften von Landesregierung und BBG hat abspeisen lassen. Dafür sollten wir unserer Presselandschaft alle gemeinsam ein großes Dankeschön aussprechen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Gäste! Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass sich die Brandenburger und Berliner Vertreter in der Landesplanungskonferenz einvernehmlich auf den Standpunkt verständigt haben, dass es keine rechtliche Grundlage für die Umsetzung des Volksbegehrens zur Durchsetzung eines Nachtflugverbotes gebe. So erklärten Sie es, Herr Ministerpräsident, dem Sonderausschuss BER am vergangenen Montag. Mit dieser einvernehmlichen Feststellung hat sich die Landesregierung unseres Erachtens vom Verhandlungsauftrag des Volksbegehrens und des Landtags verabschiedet.
In einem Schreiben der Staatskanzlei vom 7. Mai an die Mitglieder des Sonderausschusses war im Übrigen die Aussage noch einmal verschärft. Hier war davon die Rede, das Anliegen des Volksbegehrens sei „rechtlich unzulässig“. Aber wenn dies stimmen würde, hätten Landesregierung und Landtag bereits die Zulassung des Volksbegehrens verweigern müssen, um so den Vertretern der Volksinitiative den Gerichtsweg zu eröffnen.
Denn was seitens der Landesregierung klingt, als handele es sich um das abschließende Urteil eines Gerichts, ist in Wahrheit nur eine weitere juristische Meinung. Drei Rechtsgutachten haben inzwischen aufgezeigt, dass das Volksbegehren umgesetzt werden könnte, allerdings auf anderem Wege. Dabei handelt es sich um Gutachten der Kanzleien Wolfgang Baumann, Würzburg, Sammler/Usinger, Berlin, sowie Siebeck Hofmann Voßen & Kollegen aus München. Es gibt zwei ehemalige Bundesverwaltungsrichter - Alexander Jannasch und Ondolf Rojahn -, die in Aufsätzen ebenfalls Ansätze aufgezeigt haben, wie das Nachtflugverbot hätte durchgesetzt werden können bzw. durchgesetzt werden kann. Es wäre die Pflicht der Landesregierung gewesen …
Bitte, Herr Ludwig.
Das prüfen wir gleich nach, aber nach meinem Wissen bezog es sich auf das durchgeführte Volksbegehren. Aber das kann der Chef der Staatskanzlei gegebenenfalls noch einmal klarstellen.
Jedenfalls gab es einen einschlägigen Vorschlag an die Landesregierung von Matthias Schubert, einem der Initiatoren des Volksbegehrens, für die Beauftragung eines Gutachters. Die Landesregierung hatte aber nicht den Mut, diesen Vorschlag aufzugreifen.
Herr Ministerpräsident, ungeachtet der verkündeten Einigkeit mit Berlin über die rechtliche Bewertung des Forderungstextes, beklagen Sie die Hartleibigkeit Ihrer Berliner Verhandlungspartner in der Sache, vor allem auch angesichts dessen, dass Berlin - um es mit Ihren Worten zu sagen - den Lärm nach Brandenburg exportiert. Herr Staatssekretär Bretschneider, zuständig für den Flughafen, Sie begründeten den mangelnden Verhandlungserfolg unter anderem damit, dass Brandenburg der Hebel fehle, um sich gegen Berlin durchzusetzen. Brandenburg verfügt aber - und das ist der Gegenstand dieser Diskussion - sehr wohl über einen Hebel, um seine Interessen in Flughafenfragen durchzusetzen. Dieser Hebel lässt sich unabhängig vom Forderungstext des Volksbegehrens bei allen Beteiligten ansetzen, die das Votum der Brandenburger für ein Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr ignorieren - sowohl bei der Flughafengesellschaft FBB als auch bei den Mitgesellschaftern Bund und Berlin.
Erneut, und das ist ja auch die Diskussion heute, tut sich am Flughafen ein gigantisches Finanzloch auf. Die Rede ist von zusätzlichen Mitteln in Höhe von 1,1 Milliarden Euro. Obwohl bisher weder ein Kosten- noch ein Zeit- oder Businessplan vorgelegt werden kann, soll der brandenburgische Steuerzahler dem Flughafen in naher Zukunft quasi einen Blankoscheck über mehrere Hundert Millionen Euro ausstellen. Die brandenburgischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler sollen zu einem weiteren riesigen finanziellen Opfer für den Flughafen BER genötigt werden. Zugleich wird aber das demokratisch legitimierte Votum derselben Brandenburger für eine Ausweitung des konsequenten Nachtflugverbots von 22 bis 6 Uhr ignoriert. Das ist ein krasses Missverhältnis, das ist einfach nicht mehr vermittelbar.
Genau an dieser Stelle kann und muss die Landesregierung den Hebel ansetzen. Was der Haushaltsausschuss des Bundestages aus anderen Gründen kann - nämlich die Mittel für den Flughafen zu sperren, bis ein ordentlicher Zeit- und Kostenplan vorliegt -, das müssen wir auch für zukünftige Zahlungen können. Um es klarzumachen - das ist in dem Antrag eigentlich auch deutlich und unmissverständlich formuliert -: Es geht nicht um vertraglich zugesicherte Zahlungen, es geht nicht darum, dass Verträge einzuhalten sind, lieber Gregor Beyer, wir wollen Verträge einhalten. Es geht nicht um die aktuelle Liquiditätsproblematik des Flughafens, sondern es geht um Zusagen dieser Landesregierung für potenzielle zukünftige Zahlungen. Genau das wollen wir ausschließen, dass im Vorgriff bereits jetzt solche Zahlungen zugesagt werden, ohne dass gleichzeitig damit die Forderung nach einem konsequenten Nachtflugverbot verbunden wird. Das ist ein politisches Signal.
Was den Vertrag betrifft: Sie kennen den Vertrag doch selber, es ist überhaupt nicht festgelegt, dass wir jederzeit, wenn sich
Defizite auftun, im Verhältnis 37:37:26 nachschießen müssen, sondern es ist festgelegt, dass darüber dann im Einzelfall Verhandlungen geführt werden müssen. Genau das ist das Instrument, das wir genutzt sehen wollen. Wir sagen: Brandenburg darf weitere Finanzierungszusagen für den Flughafen BER nur dann treffen, wenn ein Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr rechtssicher vereinbart wird. - Recht herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Das ist also die Altanschließerproblematik im Netzbereich.
Herr Ministerpräsident, zum Thema Speichertechnologien: Das spielt ja insofern auch in Brandenburg und bei der Novellierung des EEG-Gesetzes eine Rolle, als diejenigen, die Strom speichern - zum Beispiel durch Methanisierung oder Wasserstoffgewinnung wie bei der E.DIS-Anlage in Falkenhagen -, bisher zur EEG-Umlage für den bezogenen Strom veranlagt werden. Sie beziehen also Strom, zahlen dafür EEG-Umlage, speichern ihn und dann wird er wieder veräußert, wobei möglicherweise auch wieder EEG-Umlage fällig wird. Wurde über dieses Thema gesprochen? Werden zukünftig solche Stromspeicher von der EEG-Umlage befreit werden?
Frau Präsidentin! Liebe Gäste! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Um es vorwegzunehmen: Wir sind über den Umgang von Rot-Rot mit dem vorliegenden Antrag der CDU-Fraktion maßlos enttäuscht.
Wir hätten gedacht, dass der parallel vorgelegte Bericht des Landesrechnungshofes über den Zustand der rechtlichen Betreuung in Brandenburg und das Fachgespräch im Sozialausschuss vom 15. Januar dieses Jahres auch dem Letzten deutlich gemacht haben, wie groß und wie dringlich der Handlungsbe
darf ist. Ich rede übrigens von Handlungsbedarf, nicht von Ausredebedarf!
Denn nichts als Ausreden haben wir heute von Frau Lehmann ein Stück weit auch von Frau Mächtig - gehört. Eine Ausschussberatung führt normalerweise dazu, dass Anträge qualifiziert und in eine solche Form gebracht werden, dass sie möglicherweise nach Änderungen - hier im Landtag verabschiedet werden können. Aber wie lautet Ihre Beschlussempfehlung? Das ist doch keine Verbesserung des Antrags. Ihre Beschlussempfehlung lautet schlicht und ergreifend: Ablehnung! - Das ist normalerweise nicht das Ziel von Ausschussberatungen.
Hier fiel als Totschlagargument der Begriff „Nachtragshaushalt“. Dazu stelle ich fest: Wir haben im Haushalt sehr breite Deckungsmöglichkeiten. Selbstverständlich wäre es möglich gewesen - auch im Verbund mit dem Haushaltskontrollausschuss, dem ein paralleler Antrag vorliegt -, alternative Deckungsvorschläge zu erarbeiten. Ich gehe davon aus, dass auch das Finanzministerium in der Lage gewesen wäre, Unterstützung zu leisten.
Zum Thema „Ausredebedarf“: Was mich vor allem stört, ist die Stellungnahme des mitberatenden Rechtsausschusses vom 20. Februar 2014. Herr Wichmann von der CDU hat sie unterschrieben. Herr Wichmann, ich wundere mich, warum Sie danach nicht mit roten, dick verbundenen Händen herumgelaufen sind; denn eigentlich müssten Sie bei der Unterschriftsleistung Ausschlag bekommen haben.
Ich zitiere:
„Aus Sicht der Koalitionsfraktionen habe die Anhörung ergeben, dass es sich vorliegend um ein bundesweites Problem und nicht ausschließlich um ein solches des Landes Brandenburg handele, wie der Antrag impliziere. Zudem bestehe die Schwierigkeit, überhaupt genügend ehrenamtliche Betreuer werben zu können. Ferner würden 80 % der derzeit tätigen ehrenamtlichen Betreuer überhaupt nicht durch Betreuungsvereine unterstützt, sodass eine finanzielle Unterstützung der Betreuungsvereine das bestehende Problem auch nicht lösen könne.“
Zunächst einmal zu dem Zirkelschluss am Ende: Die Betreuungsvereine erhalten keine finanzielle Unterstützung. Deswegen gibt es wenig Betreuung durch diese, weswegen wir sie auch nicht finanziell unterstützen wollen. - Das ist eine Beleidigung aller Betreuungsvereine und jedes denkenden Menschen.
Natürlich gibt es bundesweit Probleme; das ist richtig. Bundesweit steigen die Kosten. Aber Lösungsansätze sind eben auch im Land zu finden. Es gibt übrigens Beispiele dafür, dass es funktionieren kann.
Wer waren die Herrschaften, die diese Beschlussempfehlung in den Rechtsausschuss einbrachten? Ich habe mich erkundigt: Das sollen die Herren Ziel, Kuhnert und Ness gewesen sein. Als ich las, welche Schlussfolgerungen sie aus der Veranstaltung gezogen haben, dachte ich zunächst, wir seien auf zwei verschiedenen Veranstaltungen gewesen. Aber nein! Sie waren überhaupt nicht auf der Veranstaltung, sondern haben sich das im stillen Kämmerlein ausgedacht.
Natürlich gibt es in Brandenburg Besonderheiten, Spezifitäten. In Brandenburg steigen die Ausgaben am allerstärksten in Deutschland. Brandenburg reicht als einziges Land keine Förderung für Betreuungsvereine aus. Frau Grzanna aus TeltowFläming hat dargelegt, dass in diesem Landkreis - entgegen dem Trend - die Betreuungszahlen rückläufig sind. Warum? Dafür gab sie eine Erklärung: Der Landkreis übernimmt diese Kosten und sorgt dafür, dass die Betreuungsvereine in die Lage versetzt werden, ehrenamtliche Betreuer zu werben und fachlich weiter zu begleiten.
In der Anhörung wurde übrigens auch darauf hingewiesen, dass die Gerichte entsprechenden Personalmehrbedarf haben, weil sie in die unschöne Situation kommen, über Betreuungen entscheiden zu müssen, die möglicherweise nicht gerechtfertigt sind.
Mit großer Verwunderung mussten wir vor allem zur Kenntnis nehmen, dass das - mehrfach angekündigte - Gesamtkonzept wieder nicht vorgelegt werden kann. Das ist auf die nächste Legislaturperiode vertagt worden, obwohl in der Beschlussempfehlung des Ausschusses etwas ganz anderes steht. Möglicherweise ist Minister Baaske - auch das ist schon angesprochen worden - von der Komplexität des Problems überfordert. Vielleicht ist der Grund aber auch, dass der Justizminister nicht die Verantwortung für dieses große Projekt übernehmen möchte. Ich erinnere daran, dass Prof. Schroeder die Bündelung beim Justizminister vorgeschlagen hat; Frau Mächtig hat gerade die Bündelung beim MASGF empfohlen.
So geht es nicht. Die Verantwortung darf nicht wie eine heiße Kartoffel zwischen zwei Ministerien hin- und hergeschoben werden.
Im Interesse aller Betroffenen muss die Entscheidung fallen, und sie muss zügig fallen. Deswegen stimmen wir dem Antrag der CDU-Fraktion zu. - Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jetzt ist die Katze aus dem Sack: Bislang hatten die Landesregierung und der Ministerpräsident keine klare Aussage darüber getroffen, welche Position sie bei den Verhandlungen um das Nachtflugverbot am BER vertreten. Beide haben durchgehend mit der Wendung „mehr Nachtruhe“ operiert, die alles oder nichts bedeuten kann. Jetzt endlich wissen wir, mit welcher Verhandlungsposition Sie in die Gesellschafterversammlung der FBB und in die Landesplanungskonferenz gehen. Wenn dies wirklich ein Verhandlungsangebot sein soll, wäre es allerdings besser gewesen, Sie hätten geschwiegen, noch besser, Sie hätten sich solche Überlegungen gleich ganz erspart,
denn mit diesem angeblichen Verhandlungsangebot wirken Sie wie ein Boxer, der seinem Trainer das Handtuch entwendet und es in den Ring wirft, bevor der Kampf überhaupt begonnen hat.
Der Trainer, das sind in diesem Fall die bereits mehrfach erwähnten 106 332 Brandenburgerinnen und Brandenburger, die Ihnen mit dem am 3. Juni 2012 verkündeten erfolgreichen Volksbegehren den klaren Auftrag erteilt haben, für ein Nachtflugverbot vom 22 bis 6 Uhr zu kämpfen. Der Trainer, das ist aber auch die Mehrheit in diesem Landtag, die sich mit dem Beschluss vom 27. Februar 2013 diese Position zu eigen gemacht hat. CDU- und FDP-Fraktion - das sei um der Wahrheit willen auch gesagt - gehören - Sie haben es selbst erklärt nicht zu dieser Mehrheit. Aber damals musste bereits allen Beteiligten klar gewesen sein, dass es um harte Auseinandersetzungen im Interesse der Gesundheit der Flughafenanrainer gehen wird, die nicht immer mit Samthandschuhen ausgetragen werden können. Um es vorwegzunehmen: Der aktuelle Vorschlag der Landesregierung, der aus einem freiwilligen und auf fünf Jahre begrenzten Verzicht auf den Nachtflugverkehr in der Stunde von 5 bis 6 Uhr besteht, ist die Weigerung, überhaupt in den Kampf zu ziehen, ist eine Bankrotterklärung.
Er bestätigt alle Wahrnehmungen und Befürchtungen der damaligen Initiatoren des Volksbegehrens, die Befürchtung, dass sich seit dem positiven Ausgang des Volksbegehrens alle Bemühungen der Landesregierung auf Überlegungen konzentrieren könnten, das erfolgreiche Volksbegehren wieder einzufangen, die Befürchtung, dass es Strategie werden könnte, sich auf den reinen Verhandlungsauftrag, den das Volksbegehren erteilt, zurückzuziehen, ohne ernsthaft zu verhandeln, oder ihn inhaltlich zu erfüllen.
Über Monate hinweg gab es keinerlei Anzeichen für irgendwelche Aktivitäten, die einer Durchsetzung des Nachtflugverbots jenseits der zaghaften Erfüllung des reinen Verhandlungsauftrags Vorschub geleistet hätten. Über all die Monate war nichts als „Wir wollen ja verhandeln, aber Berlin und der Bund wollen nicht“ zu hören. Dann kam nach fast 10 Monaten der Hinweis auf die Einberufung der Landesplanungskonferenz. Jetzt folgte die Ankündigung eines Antrags auf der nächsten Gesellschafterversammlung. Von seit einem Jahr stattfindenden angeblich harten Verhandlungen, von denen der Ministerpräsident im rbb redete und die er heute mit dem Hinweis auf eine Vielzahl von Gesprächen skizzierte, haben wir jedenfalls noch nichts bemerkt, denn im Sonderausschuss Flughafen wurde bei diesem TOP Mal um Mal Fehlanzeige vermeldet. Soweit es überhaupt Verhandlungen mit Berlin gab, wie es der Text des Volksbegehrens fordert, blieben diese bis heute tatsächlich völlig ergebnislos. Der Grund ist offenkundig, wie Sie es heute wieder ausgeführt haben - ich zitiere Sie -, folgender:
„Unsere Verhandlungspartner … sehen überhaupt keinen Bedarf, den vor dem Bundesverwaltungsgericht erreichten Kompromiss der Nachtflugregelung zu ändern. Damit gibt es für sie keine Notwendigkeit, mit uns zu verhandeln.“
Das ist nicht neu, nicht nur Berlin hat diese Sicht von Anfang an sehr deutlich gemacht, aber - das möchte ich bei diesem Zitat schon in Erwähnung bringen - mit der Sprachregelung von einem „vor dem Bundesverwaltungsgericht erreichten Kompromiss“ übernehmen Sie jetzt auch noch einseitig die Berliner Sichtweise. Es handelte sich um keinen Kompromiss, sondern um die bloße Bestätigung des Bundesverwaltungsgerichts, dass die damals festgelegte Nachtflugregelung ermessensfehlerfrei möglich war.
Damals wurde über Alternativen und weitergehende Nachtflugbeschränkungen allerdings keinerlei Aussage getroffen. Das Beispiel Frankfurt am Main zeigt, dass hier auch ein weitergehender Auslegungsspielraum für Beschränkungen bestanden hätte, den das Bundesverwaltungsgericht genauso akzeptiert hätte, wie es die jetzige Regelung akzeptiert hat.
Aber zurück zur Verhandlungsverweigerung des Regierenden Bürgermeisters: Dies allein ist ein Skandal ersten Ranges, denn bei zwei gleichberechtigten Partnern geht man davon aus, dass sich beide aufeinander zubewegen. Ist das nicht der Fall, lässt das nur den Schluss zu, dass die Partner eben doch nicht gleichberechtigt sind. Dies muss man allerdings nicht hinnehmen. Wenn es sich um eine ungleiche Partnerschaft handelt, muss Brandenburg etwas dagegensetzen. Dann hätte man beispielsweise nicht Herrn Wowereit erneut zum Aufsichtsratsvorsitzenden wählen müssen.
Dann muss man auch in der Gesellschafterversammlung nicht fatalistisch alle absehbaren Mehrausgaben bereitwillig absegnen. Dann böte es sich zum Beispiel an, wie auch hier angesprochen wurde, Änderungen in der Gemeinsamen Landesplanung in die Wege zu leiten.
- Herr Präsident?
Denn wie Ortwin Baier, der Bürgermeister - übrigens SPDBürgermeister - von Blankenfelde-Mahlow, sagt:
„Es stimmt keineswegs, dass nur Brandenburg ein Interesse an der Fortführung der Gemeinsamen Landesplanung hat. Schließlich hat das Berliner Abgeordnetenhaus … nicht aus reiner Nächstenliebe zu Brandenburg zugestimmt.“
Aber auch jenseits der zweifelhaften Erfüllung des Verhandlungsauftrags geht die Art und Weise, wie die Landesregierung agiert, total an der Sache vorbei. Der Verhandlungsauftrag lässt sich nicht vom eigentlichen Anliegen des Volksbegehrens, einem Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr, trennen. Auch heute hat Ministerpräsident Woidke mit Berufung auf nichtbenannte Gutachten angeführt, dass ein Alleingang Brandenburgs zur Durchsetzung des Nachtflugverbots nicht möglich wäre. Herr Ness berief sich hierzu - ich glaube, Sie haben auch daraus zitiert - auf ein Gutachten, das die Gemeinde Blankenfelde-Mahlow in Auftrag gegeben hat. Das ist armselig.
Armselig deshalb, weil hier immer nur gesagt wird, was nicht geht. Es ist aber auch völlig daneben, weil der Bürgermeister genau dieser Gemeinde Blankenfelde-Mahlow in einem der Landesregierung vorliegenden Rechtsgutachten vom 21. Januar 2014 alternative Wege aufgezeigt hat, um zu einem Nachtflugverbot zu kommen. So schlagen die Gutachter eine Änderungskündigung des Gemeinsamen Landesplanungsvertrags vor, um in der Folge über eine Gewichtungsvorgabe im Landesentwicklungsprogramm eine Ausweitung der Nachtruhe zu erreichen.
Wir erwarten und wir verlangen, dass die Landesregierung selbst rechtliche Wege eruiert, um das Anliegen des Volksbegehrens durchzusetzen, und nicht nur nach Argumenten sucht, die das Anliegen konterkarieren. Nichts dergleichen ist bislang passiert.
Jetzt aber passiert ein weiteres Mal, was den Flughafenanwohnern bereits mehrfach passiert ist: Sie werden hinters Licht geführt. So war es bei der Wahl des Flughafenstandorts, bei der die Ergebnisse des Raumordnungsverfahrens über Bord geworfen wurden.
- Frau Mächtig, das stimmt doch.
So war es bei den falschen Flugrouten.
- Ja?
So war es bei den Flugrouten, die den Anwohnern elf Jahre vorgegaukelt wurden. So war es beim Einbau von Billigschallschutz, so war es - das betrifft allerdings alle Brandenburgerinnen und Brandenburger - auch bei den Kosten und bei den Eröffnungsterminen.
Jetzt wird allerdings, als wäre das nicht schon genug, auch gleich noch das erste erfolgreiche Volksbegehren Brandenburgs mit voller Wucht gegen die Wand gefahren. Nach über einem Jahr mit der öffentlich verkündeten Bitte um einen fünf Jahre währenden freiwilligen Verzicht der FBB auf die Stunde von 5 bis 6 Uhr in die Verhandlungen mit Berlin und dem Bund zu ziehen ist eine völlig unnötige Kapitulationserklärung in puncto Nachtruhe am BER.
Das gilt umso mehr, als vergangene Woche der Sachverständigenrat für Umweltfragen die Forderungen des Volksbegehrens umfänglich untermauert hat. Der Sachverständigenrat setzt sich aus unabhängigen Experten zusammen, die die Bundesregierung in Umweltfragen beraten. In einem Sondergutachten zur Planung von Flughäfen und Flugrouten empfehlen die Fachleute dem Gesetzgeber, ein generelles Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr zu gewähren. Der Staat habe eine Schutzpflicht für die menschliche Gesundheit, heißt es dort als Begründung.
Ein schwerwiegenderes Argument gibt es nicht, um sich gegen den Vorwurf Berlins zu wehren, ein solches Nachtflugverbot sei eine unhaltbare und nicht zu begründende Extremposition. Wie nicht anders zu erwarten, hat unsere Landesregierung die Argumentation des Sondergutachtens bislang nicht aufgegriffen. Dabei wäre gerade dies dazu angetan, jetzt doch noch Bewegung in die Sache zu bringen.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Kommen wir zu dem Punkt Wirtschaftlichkeit. Ich zitiere Sie, Herr Ministerpräsident:
„Unsere Verhandlungspartner befürchten auch, dass der Wirtschaftlichkeit des Flughafens schwerer Schaden zugefügt werden könnte. Der Bund sieht sogar den Flughafenstandort Deutschland … in Gefahr.“
Um einmal beim letzten Punkt anzufangen: Ich hatte das immer so verstanden, dass BER der Singleairport für die Region
Berlin und Brandenburg werden soll. Dass es der einzige Flughafen von Deutschland werden soll, halte ich dann doch für an den Haaren herbeigezogen. Inwieweit eine Beschränkung in drei Stunden eines in einem urbanen Gebiet liegenden Flughafens, der übrigens nur Rang 3 unter den deutschen Flughäfen einnimmt, den gesamten Flughafenstandort Deutschland gefährden soll, möge uns bitte einmal jemand etwas ausführlicher erläutern.
Nach allen uns bekannten Zahlen zur Kostenexplosion am Flughafen könnte man nun zynisch werden und sagen, dass sich die Frage nach der Wirtschaftlichkeit des Flughafens sowieso nicht mehr stellt, sondern höchstens danach, in welchem Umfang er durch ein vollständiges Nachtflugverbot noch unwirtschaftlicher würde.
- Vermutlich ist es die Wahrheit.