Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 3. Sitzung des Landtages Brandenburg in seiner 5. Wahlperiode.
Unter unseren Gästen begrüße ich Schülerinnen und Schüler der Stadtschule Altlandsberg. Herzlich willkommen in Potsdam!
Auf ihr Mandat im Landtag Brandenburg verzichtet haben Herr Martin Gorholt mit Ablauf des 6. November 2009 und Frau Tina Fischer mit Ablauf des 9. November 2009. Der Landeswahlleiter hat mitgeteilt, dass Frau Barbara Hackenschmidt mit Wirkung vom 7. November 2009 sowie Frau Kerstin Kircheis mit Wirkung vom 10. November 2009 Mitglieder des Landtages geworden sind. Frau Hackenschmidt und Frau Kircheis gehören der SPD-Fraktion an.
Die SPD-Fraktion hat mitgeteilt, dass sie am 11. November 2009 den Abgeordneten Dr. Dietmar Woidke als Vorsitzenden sowie die Abgeordnete Klara Geywitz als Parlamentarische Geschäftsführerin gewählt hat. Darüber hinaus wurden die Abgeordneten Martina Gregor-Ness, Susanne Melior, Sylvia Lehmann, Mike Bischoff und Ralf Holzschuher in den Fraktionsvorstand und somit zugleich zu stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden gewählt.
Frau Dr. Ludwig darf ich einen Glückwunsch aussprechen. Sie hatte den Mut, an einem Freitag, dem 13. zu heiraten. Toi, toi, toi!
Gibt es zu der Tagesordnung Bemerkungen? - Das ist nicht der Fall. Dann bitte ich Sie um Ihre Zustimmung zur Tagesordnung. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Beides ist nicht der Fall.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Dr. Ludwig, auch von mir herzlichen Glückwunsch zur Hochzeit. Ich kann Ihnen aus meiner Erfahrung sagen: Das ist auch nach über einem Jahr noch schön.
Meine Damen und Herren! Die neue Brandenburger Regierung hat ihre Arbeit im Dienste aller Bürgerinnen und Bürger des Landes aufgenommen. Fast zwei Jahrzehnte nach der Wieder
gründung unseres Landes tragen damit die SPD und DIE LINKE in Brandenburg erstmals gemeinsam Verantwortung für unser Land.
Gemeinsam Verantwortung tragen für Brandenburg - die Formulierung beschreibt gleichzeitig, was diese Regierungskoalition von ihrer Vorgängerin nicht unterscheidet. Die Partner der bisherigen Koalition haben gemeinsam Verantwortung getragen. Auch beide Partner der neuen Landesregierung sind sich bewusst, was Verantwortung in schwierigen Zeiten bedeutet.
Wer Regierungsverantwortung übernimmt, kann nicht so etwas wie eine weiße Wundersalbe verschreiben, die alle Probleme auf der Stelle löst. Wer Regierungsverantwortung übernimmt egal, aus welcher politischen Richtung er kommt -, der muss und will zuvörderst für einen soliden Haushalt sorgen und kann nicht gleichzeitig nach Steuersenkungen, Investitionen überall und Haushaltskonsolidierung rufen. Wer Verantwortung übernimmt, muss sich für soziale Gerechtigkeit einsetzen. Er muss für gute Bildung für alle von Anfang an ebenso sorgen wie für eine sichere und zunehmend klimafreundliche Energieversorgung. Regierungsverantwortung zu tragen heißt also, Ziele zu definieren, Strategien zu entwickeln und dann für deren Verwirklichung zu kämpfen. Eine verantwortungsbewusst handelnde Regierung kann nicht, darf nicht und wird nicht allen alles zugleich versprechen. Ehrlich sagen, was geht, aber auch ehrlich sagen, was nicht geht - das ist verantwortungsbewusst, auch wenn es zuweilen als Beschränkung oder gar Belastung empfunden werden kann.
Beide Partner dieser Regierung haben sich gemeinsam für das Prinzip Verantwortung entschieden. Wir haben das getan, damit unser Land erfolgreich auf dem bisher Erreichten aufbauen, die gegenwärtige Wirtschaftskrise meistern und seinen Weg in eine gute Zukunft für alle Bürgerinnen und Bürger fortsetzen kann.
Meine Damen und Herren! Die bisherige Landesregierung handelte unter der Überschrift „Erneuerung aus eigener Kraft“. Das Handeln der neuen Regierung orientiert sich an dem Motto „Gemeinsinn und Erneuerung - ein Brandenburg für alle“. Damit machen beide Koalitionspartner deutlich: Wir werden Bewährtes fortsetzen, aber dort neue Akzente setzen und neue Fragen energisch anpacken, wo dies im Interesse der Bürgerinnen und Bürger nötig ist.
Die Problemlagen im Lande - und nicht nur hier - verschieben sich. Wir müssen heute vor allem Wirtschaft und Soziales viel enger zusammendenken, als das bisher die Regel war. Lassen Sie mich nur zwei Beispiele mit Blick auf die Jüngsten, mit Blick auf jene, über deren Zukunft wir heute entscheiden, nennen:
Erstens: Wir müssen zu Kenntnis nehmen, dass inzwischen gut ein Viertel der Kinder in Brandenburg aus Haushalten mit Hartz-IV-Hintergrund kommt. Gute und gut bezahlte Arbeit hat weder mit ihrer unmittelbaren Erfahrungswelt zu tun, noch das halte ich für gravierender - können sie sicher sein, dass ihre Zukunft eine Zukunft mit guter, auskömmlicher Arbeit sein wird.
Zweitens: Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass Alleinerziehende mit geringem Einkommen kaum noch daran glauben, dass der Staat sie in ihrer schwierigen Lage bei der Erziehung und der Eröffnung von Lebenschancen für ihre Kinder ernsthaft und wirksam unterstützt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir werden Brandenburg nicht voranbringen, wenn wir solchen Problemen nicht das Gewicht beimessen, das sie im wirklichen Leben haben. Soziale Balance, echte Chancengleichheit herstellen und sozialen Aufstieg für alle ermöglichen - das sind Fragen, die uns bewegen und bewegen müssen. Wir wollen Aufstieg möglich machen. Wir wollen dieses Land zusammenbringen, immer wieder, und auch zusammenhalten.
Vor uns liegen dabei anstrengende Jahre. Die Finanzmittel, die uns zur Verfügung stehen, sind begrenzt. Der Landeshaushalt wird in den nächsten zehn Jahren um 25 % schrumpfen. Die vor uns liegenden Herausforderungen dagegen, die wir bewältigen müssen, sind beträchtlich.
Beträchtlich sind ebenfalls die Erwartungen, die die Menschen im Land an uns richten. Von ihrer Landesregierung erwarten die Menschen in Brandenburg, dass sie dauerhaft stabile politische Verhältnisse im Lande gewährleistet sowie ordentlich und geschlossen ihre Arbeit verrichtet.
Von ihrer Landesregierung erwarten die Menschen eine Politik, die allen Brandenburger Kindern und Jugendlichen in allen Landesteilen erstklassige Bildungs- und Lebenschancen eröffnet.
Von ihrer Landesregierung erwarten die Brandenburger eine Politik, die bestehende Arbeitsplätze sichert und qualifizierte neue Jobs in zukunftsfähigen Branchen ins Land holt.
Von ihrer Landesregierung erwarten die Brandenburger eine Politik, die wirtschaftliche Erfolge und soziale Gerechtigkeit auf produktive Weise miteinander verbindet und nicht gegeneinander ausspielt.
Von ihrer Landesregierung erwarten die Brandenburger eine Politik, die gezielt Investitionen in die Zukunft unseres Landes mit solider Haushaltsführung vereinbart.
Von ihrer Landesregierung erwarten die Bürger eine Politik, die langfristige Energiesicherheit mit ökologischer Vernunft in Einklang bringt.
Und sie erwarten eine Politik, die Weltoffenheit und Toleranz in unserer Gesellschaft nachhaltig befördert.
Meine Damen und Herren! Nicht alle Erwartungen, die die Bürger an uns richten, wird die neue Landesregierung zu jeder Zeit vollständig erfüllen können. Völlig klar ist aber allen an dieser Regierung Beteiligten, dass es diese Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger sind, an denen wir unser Handeln ausrichten werden. Sie bilden die entscheidende Richtschnur unseres Handelns in den nächsten fünf Jahren.
Diese Regierung ist für die Bürgerinnen und Bürger Brandenburgs da - für alle Brandenburger, nicht nur für Teilgruppen oder Teilregionen. In diesem Bewusstsein wollen wir wirtschaftliche Entwicklung und bessere Lebenschancen ermöglichen, weder Menschen noch Regionen zurücklassen und die Beziehungen besonders zu unseren polnischen Nachbarn verbessern.
Wir wissen, die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes haben über viele Jahre viel Kraft, Engagement und Arbeit in die Ent
wicklung ihrer Heimat gesteckt. Demokratische Parteien, Gewerkschaften, Kirchen, Unternehmen, Initiativen, Vereine, Verbände und unzählige ehrenamtlich Engagierte haben sich dabei verdient gemacht. Brandenburg im Jahr 2009 ist ein lebendiges Land. Mit Respekt und auch mit Dankbarkeit erkennen die Koalitionspartner die vielfältigen Leistungen ungezählter gesellschaftlicher Akteure für unser Gemeinwesen an. Die Arbeit dieser Regierung fußt auf diesen Leistungen. Sie knüpft an dieses Engagement an. Es sind die Brandenburger selbst, meine Damen und Herren, die die Kraft unseres Landes ausmachen. Darauf setzen wir auch in Zukunft.
Die Menschen zu stärken, aber auch, sie zu schützen, ist Aufgabe dieser Landesregierung. Die neue Brandenburger Landesregierung ist sich bewusst: Wir handeln aus der Vielfalt der Brandenburger Gesellschaft heraus. Wir übernehmen Verantwortung für das ganze Land. Wir sind offen für gute Ideen, woher sie auch immer kommen mögen. Wir suchen die Kooperation mit allen, die zu solch einer Kooperation willens und bereit sind.
Mit unserer politischen Arbeit wollen wir dazu beitragen, unser Land zusammenzuhalten und noch mehr zusammenzuführen. Orientierung am Gemeinwohl, das ist der Maßstab, an dem wir uns messen lassen werden, meine Damen und Herren.
Die neue Regierung bekennt sich zu den Werten der freiheitlichen Gesellschaft, zu den Werten des Gemeinsinns und der sozialen Verantwortung. Wie kostbar, aber auch wie gefährdet diese Werte sind, zeigt uns nicht nur der Blick zurück in die Vergangenheit, das erleben wir auch, derzeit in der aktuellen Wirtschafts- und Finanzkrise, sehr eindrücklich. Freiheit, Gemeinsinn und Verantwortung - die gegenwärtige Krise ist ein Beleg dafür, welche Verwerfungen eintreten können, wenn diese Werte, und zwar gerade in ihrer wechselseitigen Abhängigkeit missachtet werden.
Meine Damen und Herren, diese Krise erinnert uns eindringlich daran, dass der moderne Sozialstaat eine zivilisatorische Errungenschaft ist, die wir verteidigen und gerade deshalb auch immer wieder erneuern müssen. Die neue Brandenburger Landesregierung ist sich dessen bewusst und wird ihren Beitrag dazu leisten.
Sie unterscheidet sich damit grundsätzlich von der seit kurzem in Berlin regierenden schwarz-gelben Zwei-Klassen-Koalition.
Letztere betreibt eine Politik der gesellschaftlichen Spaltung. Schon jetzt steht fest, dass sie auf wesentliche Herausforderungen unserer Zeit nicht die adäquaten Antworten hat, sondern falsch reagiert.
Diese Regierung setzt auf ein Weiter so! nach der Finanzkrise. Sie ignoriert damit die Ursachen der tiefsten Wirtschaftskrise seit 80 Jahren, und die Verursacher der Krise werden nicht an
den Lasten beteiligt. Die geplanten Steuersenkungen sowie der geplante Stufentarif - so viel steht jetzt schon fest - kommen nur wenigen zugute. Sie sind konjunkturpolitisch falsch, da das Geld für nachhaltige Zukunftsinvestitionen wie Investitionen in Bildung und die Stärkung kleiner Einkommen fehlt. Die geplanten Steuersenkungen sind ungerecht, weil die Mehrheit der Bürger unseres Landes sie am Ende mit steigenden Abgaben und Gebühren zu finanzieren hat.