Protokoll der Sitzung vom 26.09.2012

(Beifall CDU)

„Deshalb haben wir in zwölf Branchen …“

(Holzschuher [SPD]: Macht doch mal!)

- Das sage ich gerade. Hören Sie einfach einmal zu!

„Deshalb haben wir in zwölf Branchen für insgesamt 4 Millionen Menschen“

(Bischoff [SPD]: Und was ist mit den anderen?)

gesetzliche Lohnuntergrenzen festgeschrieben, übrigens … mit den Tarifpartnern.“

(Holzschuher [SPD]: Seid doch mal mutig!)

Ich wollte es zumindest erwähnt haben, weil die Mindestlohndebatte, die hier vorn geführt wird, nicht ganz ehrlich ist, denn wenn wir die Mindestlöhne, die Sie fordern, tatsächlich ansetzen würden, wer kommt dann bitte auf 2 500 Euro? Diese Rechnung müssen Sie mir einmal erklären!

(Beifall CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich nur noch eines sagen: Eine Gesellschaft ist natürlich nur so gut, wie sie mit den Schwächsten umgeht. - Aber es muss ein Geben und Nehmen sein. Notwendige Schritte sind, Menschen,

die arbeitsfähig sind, in Arbeit zu bringen, steuerliche Entlastungen kleiner und mittlerer Einkommen herbeizuführen, damit mehr Geld für die Eigenvorsorge vorhanden ist, Nutzung der Möglichkeiten, sich gegenseitig im Alter zu unterstützen sei es in Seniorengenossenschaften -, und Hilfe für diejenigen, die sich nicht aus eigener Kraft helfen können. - Vielen Dank.

(Beifall CDU und FDP)

Die Abgeordnete Wöllert spricht für die Linksfraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor fast genau vier Jahren stand meine unvergessene Genossin Irene Wolff-Molorciuc hier am Rednerpult. Das Thema der Aktuellen Stunde am 18.09.2008 - das die Fraktion DIE LINKE beantragt hatte - lautete: „Wachsende Altersarmut in Brandenburg als Ergebnis von sinkenden Renten, von Arbeitslosigkeit und Niedrigeinkommen“. - Einer der ersten Sätze von Frau Schier lautete damals:

„Sie reden Brandenburg permanent schlecht.“

Und - wie sich doch die Zeiten geändert haben, liebe Sylvia Lehmann - ich zitiere einmal aus dem Protokoll, was damals von dir gesagt wurde:

„Die meisten Rentner in Brandenburg sind finanziell gut abgesichert.“

(Frau Lehmann [SPD]: Hat doch gestimmt!)

- Ich bin ja auch noch nicht fertig.

„Der Anteil der über 65-Jährigen, die Grundsicherung im Alter beziehen, liegt nur bei knapp 1 %. Betroffen sind hiervon oft alleinstehende Frauen mit geringer Rente.“

Und das stimmte 2008 auch.

Du warst damals auch sehr zuversichtlich angesichts der guten Konjunktur und der guten Entwicklung des Arbeitsmarktes. Heute wissen wir: Zwei Jahre später - 2010 - waren bereits 7,6 % der über 65-Jährigen in Brandenburg von Altersarmut bedroht, und im vergangen Jahr waren es bereits 9 %. Ja, und dieses Mal stimmen wir auch mit dem Seniorenrat überein, dass die Zahl der Betroffenen - leider - schnell steigt.

In Ihrem Antrag, liebe Kolleginnen und Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, enden Sie mit zwei Sätzen:

„Gegen die alarmierenden Zahlen werden verschiedene Vorschläge diskutiert.“

Sie fragen dann:

„Sind diese Konzepte geeignet, in Brandenburg Altersarmut zu verhindern?“

Ich weiß jetzt nicht genau, welche verschiedenen Konzepte Sie meinen. Meinen Sie Veränderungen in der Finanzierung der

gesetzlichen Rente, oder meinen Sie Konzepte, wie man Armut in diesem reichen Land schon vor dem Eintritt ins Rentenalter verhindert?

Der Entwurf des 4. Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung hat da ja schon einige Wellen geschlagen. Im Entwurf der Kurzfassung schreibt die schwarz-gelbe Bundesregierung:

„Ein gerechtes Maß ökonomischer und sozialer Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger ist Grundvoraussetzung für sozialen Frieden und eine lebendige Demokratie.“

Recht hat sie, kann man da nur sagen.

Beim folgendem Satz aber - und ich zitiere wieder -: „In Deutschland garantieren die Regeln der Sozialen Marktwirtschaft diese Voraussetzungen seit nunmehr 60 Jahren mit anhaltendem Erfolg“, bestehen angesichts der Ergebnisse hinsichtlich einer der Hauptnachrichten der letzten Wochen und Tage erhebliche Zweifel. Zur Wirklichkeit der sozialen Marktwirtschaft gehören heute mehr denn je Niedriglöhne und Minijobs, und damit lassen sich nun einmal keine vernünftigen Rentenansprüche aufbauen.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Die Hauptnachricht war gerade die Zunahme der sozialen Ungleichheit in diesem Land. Die Reichen werden reicher, die Armen bleiben arm - nicht wirklich eine überraschend neue Erkenntnis in den letzten Jahren, aber auch nicht wirklich eine positive Aussage hinsichtlich gerechter sozialer Teilhabe.

Dann kann man es mit der „Welt“ halten, die ihre Kommentatorin sagen lässt:

„Das Nichtaushaltenkönnen sozialer Ungleichheit gehört zu den Paradoxien der Moderne.“

Man kann es aber auch mit der Generalsekretärin unseres Koalitionspartners, Andrea Nahles, halten, die meinte, die jetzige Regierung tue nichts gegen die zunehmende Spaltung der Gesellschaft. Man kann aber auch sagen: Der Prozess der zunehmenden Spaltung begann schon vor der Ära Schwarz-Gelb. Frau Nonnemacher wies heute darauf hin: Die Suppe eingebrockt hat uns Rot-Grün, und der sogenannte Kompromiss, das Rentenniveau bis 2030 um 43 % abzusenken, wurde auch von der CDU mitgetragen. Auch das gehört zur Wahrheit, das muss man dann schon einmal sagen.

(Beifall DIE LINKE - Bischoff [SPD]: Wir können auch kein Geld drucken!)

Wenn sich das private Nettovermögen von 1992 in Höhe von 4,6 Billionen Euro auf rund 10 Billionen Euro Anfang 2012 entwickelt hat, und wenn sich gleichzeitig das Nettovermögen des Staates um 800 Milliarden Euro verringerte, spricht das für eine gigantische Umverteilung von unten nach oben, für die die Politik der letzten zwei Jahrzehnte die Rahmenbedingungen geschaffen hat.

(Frau Muhß [SPD]: Genau!)

Besonders alarmierend für unser heutiges Thema erscheint mir allerdings die Aussage über die großen Unterschiede in der

Einkommensentwicklung. Nur im oberen Bereich sind die Gehälter gestiegen. Bei den unteren 40 % der Vollzeitbeschäftigten mussten nach Abzug der Inflation Verluste hingenommen werden, und das weist uns deutlich darauf hin, dass der Weg von der Einkommensarmut direkt auf den Weg zur Altersarmut führt. Niedriglohnsektor, Leiharbeit, Minijobs haben seit Hartz IV auch in Brandenburg zugenommen, und schon längst ist eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit keine Garantie mehr für ein existenzsicherndes Einkommen, und das auch nicht, wenn man sein Leben lang fleißig gearbeitet hat.

(Beifall DIE LINKE)

Für eine nicht kleine Gruppe von Menschen bei uns in Brandenburg hat sich eine solche prekäre Lage leider verfestigt, und leider sind davon weiter besonders Alleinerziehende und Familien mit Kindern betroffen. Sie sind es, die dann unter anderem die Suppe auslöffeln müssen, die mit der Agenda 2010 eingebrockt wurde. Dagegen kann und muss Politik etwas tun. Wir Linken sind dazu bereit, zunächst einmal am Sonnabend in Berlin bei der Demo „UmFAIRteilen“. Vielleicht sehen wir uns dort. - Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)

Der Abgeordnete Büttner spricht für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist ja völlig richtig, dass wir das Thema Altersarmut diskutieren. Frau Kollegin Nonnemacher, da hätte ich mir gewünscht, dass wir einmal über das diskutieren, was wir hier im Land mit einer vernünftigen Bildungspolitik, mit einer vernünftigen Wirtschaftspolitik, mit einer vernünftigen Infrastrukturpolitik dagegen machen können. Aber nein, Sie machen hier heute Bundespolitik und wollen über die Renten diskutieren. Dass Frau Kollegin Wöllert in den Bundestag will, wussten wir. Dass Sie das offensichtlich auch wollen, wussten wir bisher nicht.

Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Lehmann, das, was Sie hier erzählt haben, ist ja schon abenteuerlich. - Wo sind Sie denn?

(Frau Lehmann [SPD]: Ich bin immer hier!)

- Da. - Sie kritisieren die Senkung des Rentenversicherungsbeitrags. Sie kennen die Nachhaltigkeitsrücklage, die frühere Schwankungsreserve. Sie wird nach Schätzung der Rentenversicherung bis zum Ende dieses Jahres über das 1,5-Fache der durchschnittlichen Monatsausgabe steigen. Im Gesetz ist festgelegt, dass die Nachhaltigkeitsrücklage die Obergrenze von 1,5 Monatsausgaben einhalten muss. Das heißt, der Rentenbeitrag ist zu senken.