Protokoll der Sitzung vom 26.09.2012

Ich schließe Tagesordnungspunkt 3 und rufe Tagesordnungspunkt 4 auf:

Familien im Land Brandenburg

Große Anfrage 18 der Fraktion der CDU

Drucksache 5/5327

Antwort der Landesregierung

Drucksache 5/5857

Die Aussprache wird vom Verfasser der Großen Anfrage, der CDU-Fraktion, eröffnet. Frau Abgeordnete Schulz-Höpfner hat das Wort.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann nahtlos an das gerade Gesagte anknüpfen: Die Bürgerinnen und Bürger, also auch die Familien, sollen sich in unserem Land wohlfühlen. Die Familien erbringen einen unverzichtbaren Beitrag für die Gesellschaft, denn ohne Familien wird es in wenigen Jahren keine funktionierenden Sozialsysteme mehr geben; darüber haben wir gerade in der Aktuellen Stunde debattiert. Für die Leistungen, die Familien tagtäglich erbringen, gebührt allen Familien auch einmal der Dank von diesem Podium aus.

(Beifall CDU, FDP und SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, nun zur Großen Anfrage. Ich sage es rundheraus: Ich bin von der Beantwortung der Großen Anfrage enttäuscht. Die Antwort bleibt eher in allgemeinen Formulierungen stecken, als dass man erkennen könnte, wohin die „Brandenburger Familienpolitik aus einem Guss“ denn eigentlich geht. Konsequenzen, Erkenntnisse und Verbesserungen werden nicht sichtbar, eine glühende Familienpolitik aus einem Guss unter aktiver Beteiligung der gesamten Landesregierung sieht eigentlich anders aus.

Sie könnten natürlich sagen, ich hätte nicht die richtigen Fragen gestellt, aber es gibt ja keine falschen Fragen. Das Thema Familienpolitik ist sehr komplex und erfordert entsprechend etwas Konzentration. Deshalb fordere ich nach wie vor einen Familienbericht zur Lage der Familien in Brandenburg in jeder Wahlperiode,

(Beifall CDU und FDP)

denn ich denke, das wäre der richtige Weg, die tatsächliche Situation, die Entwicklung und die Tendenzen aufzuzeigen, sodass ein Gesamtüberblick über Entwicklungen und Handlungsoptionen entwickelt werden kann, und zwar nachhaltig und verlässlich.

Viele Antworten sind aus vorhandenen Berichten übernommen und geben wenig Ausblick auf Neues, sind in ihren Schlussfolgerungen einfach nicht ausreichend oder es gibt gar keine - von Evaluationen einzelner Projekte ganz zu schweigen. Ein Verweis darauf, dass Projekte in anderen Ressorts evaluiert werden, ist meiner Meinung nach nicht zielführend. Hier zeigt sich auch eine Schwäche Brandenburger Familienpolitik. Es ist noch nicht angekommen, dass Familienpolitik tatsächlich alle Bereiche umfasst, eine Querschnittsaufgabe ist und von allen Beteiligten aktiv mitgestaltet werden muss.

(Beifall CDU und FDP)

Familienpolitik ist kein Selbstläufer mehr. Das hat man vielleicht in früherer Zeit gedacht; ich erinnere mich an Konrad Adenauer, der einmal gesagt haben soll: „Kinder kriegen sie immer.“ Das ist nun eben nicht mehr so, das tun viele nicht mehr. Umso wichtiger ist es, dass wir Familienpolitik gestalten in Klammern: siehe Rente.

Es sind Ziele zu formulieren, Notwendigkeiten aufzuzeigen, um dann verlässliche Rahmenbedingungen zu schaffen - und das alles in Zeiten von stetiger Veränderung und Schnelllebigkeit, die Werte und Normen manchmal kaum noch erkennen lassen. Das stellt unsere Familien tatsächlich vor große Herausforderungen, wenn sie ihr Leben erfolgreich eigenverantwortlich gestalten wollen. Das ist in der Tat keine leichte Aufgabe, und wir als CDU haben uns mit diesen Themen in den vergangenen Monaten intensiv befasst. In zahlreichen Gesprächen - mit Eltern, mit Fachkräften, mit Verbänden - haben wir zahlreiche Themen diskutiert und unser Bild von der Situation vor Ort vervollständigt. Und wir haben die Große Anfrage zur Situation der Familien formuliert und darum gebeten, neben statistischen Angaben die Sicht der Landesregierung dem gegenüberzustellen, um aus den Antworten vielleicht auch etwas Neues zu erfahren, Entwicklungen festzustellen und daraus notwendige Schlüsse für eine Familienpolitik für Brandenburg zu ziehen.

Ja, es gibt eine Vielzahl von Angeboten für Familien, aber

Quantität allein reicht nicht aus, um eine bedarfsgerechte Unterstützung für Familien sicherzustellen, und da rede ich nicht nur von den Defiziten. Es ist interessant, dass eine Gesamtübersicht über alle Familienberatungsangebote der Landesregierung gar nicht vorliegt. Eine Anfrage in den Landkreisen wäre vielleicht ganz hilfreich gewesen. Um Familien zuverlässig und nachhaltig zu unterstützen, sind auch Struktur und Klarheit notwendig.

Das Land muss sich auf die unterschiedlichen Bedarfe im Land einstellen. Wenn ich im Zielekatalog der Landesregierung den Verweis auf die ländlichen Regionen jetzt nicht mehr finde, finde ich das sehr traurig, denn hier müssen wir neue Konzepte finden und Überlegungen anstellen, und dazu benötigen die Kommunen auch Unterstützung. Wir können den ländlichen Raum nicht einfach abschreiben, wir wollen ja, dass Familien hierbleiben, auch im ländlichen Raum.

(Beifall CDU, FDP und GRÜNE/B90)

Damit befasst sich zum Beispiel auch mein Kreis. Wir arbeiten zurzeit an einer Kreisentwicklungskonzeption. Und das ist genau unser Ziel: Wir wollen, dass Familien hierbleiben, dass auch unser Kreis für Familien noch attraktiv ist, dass Eltern und Kinder sich wohlfühlen. Dabei geht es auch darum, Angebote zu entwickeln, Pflege zu organisieren, Flexibilität zu garantieren, und natürlich spielt die Fachkräftediskussion eine ganz exorbitante Rolle.

Wenn man die Anzahl familienpolitischer Leistungen oder - in Klammern - vermutlich familienpolitischer Leistungen betrachtet, kommt man ja auf eine beträchtliche Anzahl. Das gilt übrigens für den Bund und für das Land. Das Bundesministerium hat einmal 152 Leistungen aufgelistet. Wenn ich unseren Maßnahmenkatalog dazurechne, bin ich locker bei 200 Leistungen - da müsste man davon ausgehen: Mensch, unseren Familien geht es eigentlich wunderbar!

So sieht die Realität natürlich nicht aus. Wir haben Familien mit akuten Beziehungs- und Erziehungsproblemen, wir haben Schulverweigerer, wir haben Gewalt in der Ehe, in den Familien, gegen Kinder, wir haben Fehlernährung, wir haben Extremismus, wir haben Drogenmissbrauch in den Familien - es gibt einen ganzen Katalog von problematischen Fakten. Es ist also durchaus geboten, die familienpolitischen Leistungen auf allen Ebenen auf den Prüfstand zu stellen: Welche Leistungen erreichen die Familien tatsächlich, was kann man mit welcher Wirkung bündeln, was geht nicht? Es geht dabei nicht - das will ich deutlich sagen - um Kürzungen, sondern es geht darum, Mittel effizient und mit nachhaltiger Wirkung für die Familien einzusetzen; Sie können sich vorstellen, dass mit der Auflistung dieser Maßnahmen die Bereitstellung einer ganzen Menge Geld einhergeht.

Wenn wir Familien stärken, vor allem ihre eigenen Kräfte aktivieren wollen, benötigen wir ein umfassendes Familienbildungskonzept; das fordern übrigens sehr viele Akteure im Land seit langem. Die Forderung ist auch, dass Familienbildung gesetzlich verankert wird,

(Beifall CDU)

denn Familienbildung ist tatsächlich aktive Prävention und sie spart am Ende Geld.

Ich möchte Sie natürlich auch an Ihren Koalitionsvertrag erinnern, meine sehr verehrten Damen und Herren der rot-roten Regierung, weil Sie dort vereinbart haben, alle Regeln zum Kinderschutz und zur Kindergesundheit in einem Kindergesundheits- und Kinderschutzgesetz zusammenzufassen. Unsere Forderung war, dass ein Landeskinderschutzgesetz geschaffen wird, um diese Fragen zu bündeln. Wir warten immer noch darauf. Es ist gesagt worden, das Gesetz habe man schon in der Schublade, ich hoffe, dass Sie diese Schublade endlich aufziehen.

(Beifall CDU, FDP und GRÜNE/B90)

Es gibt eine ganze Reihe von Baustellen, und die Antworten auf die Große Anfrage werden diesen Baustellen einfach nicht gerecht. Es gehört doch zum Beispiel auch der Zielekatalog auf den Prüfstand. Im familienpolitischen Programm sind neue Ziele formuliert worden, und der alte Zielekatalog ist noch nicht einmal evaluiert worden. Man muss doch mal fragen: Wo stehen wir eigentlich?

Da bin ich natürlich wieder einmal bei meinem Familienbericht zur Lage der Nation, der sicherlich sehr hilfreich sein und uns unterstützen könnte, eine erfolgreiche zukunftsorientierte Familienpolitik im Land zu gestalten.

Ich hätte Ihnen natürlich eine ganze Reihe von Fragen hier aufführen können, ganz konkret

(Frau Lehmann [SPD]: Hättest du es mal gemacht!)

- das kann ich gerne nachholen, wir können das auch im Ausschuss behandeln -, zu denen jedes Mal in diesem Bericht die Ergebnisse fehlen,

(Beifall CDU und FDP)

wo keine Evaluierung und kein Ausblick auf die Zukunft da sind!

Wir machen doch nicht Projekte, um am Ende zu sagen: Hurra, wir haben ein Projekt durchgeführt. - Es muss auch einmal gefragt werden: Was sind die Ergebnisse? Was sind die Ergebnisse des Ziele-Kataloges, was sind die Ergebnisse der Projekte? Es reicht nicht, einzelne Projekte auf den Prüfstand zu stellen, sondern es muss wirklich umfänglich sein.

Daher kann man mit den Antworten auf die Große Anfrage einfach nicht zufrieden sein. Es wird nur dargestellt, was im Land gerade getan wird. Es wird aber nicht gesagt: Wie ist die Inanspruchnahme? Was ist das Ergebnis? Was waren die Schwerpunktthemen? Was müssen wir daraus lernen? Das fehlt an ganz vielen Stellen, und das macht mich so unzufrieden mit der Beantwortung dieser Großen Anfrage zu dem Thema „Familien im Land Brandenburg“. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU, FDP und GRÜNE/B90)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Schulz-Höpfner. - Die SPDFraktion setzt die Aussprache fort. Frau Abgeordnete Lehmann, Sie erhalten das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Gäste! Ich bin mir jetzt gar nicht sicher, ob wir über dieselbe Antwort auf diese Große Anfrage sprechen. Ich habe eine Antwort der Landesregierung vorliegen, die sehr ins Detail geht. Ich hätte mich sehr gefreut, Frau Schulz-Höpfner, wenn Sie mit Ihrer Kritik ganz konkret geworden wären; dann hätten wir es Punkt für Punkt durchgehen können. Ich möchte versuchen, etwas konkreter zu werden und deutlich zu machen, was ich aus der Antwort auf diese Große Anfrage für mich und für uns - jedenfalls für die SPD-Fraktion - mitgenommen habe.

Zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie gibt es der Landesregierung zufolge vielfältige Maßnahmen und Angebote. Mit neuen Arbeitszeitmodellen und Arbeitsformen bietet diese Landesverwaltung nahezu allen Beschäftigten mehr Flexibilität in der Gestaltung ihres beruflichen und privaten Lebens zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Bei der Durchführung des Audits „berufundfamilie“ ist das Land Brandenburg nach Sachsen-Anhalt führend unter den neuen Ländern. Das Audit „berufundfamilie“ unterstützt die nachhaltige Implementierung einer familiengerechten Personalpolitik und die Verbesserung der Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Familie.

Mit den regionalen „Netzwerken Gesunde Kinder“, den lokalen Bündnissen für Familie, den Eltern-Kind-Zentren und den Eltern-Kind-Gruppen sowie den Familien- und Beratungsstellen haben wir im Land familienunterstützende Strukturen. Mit ihren niederschwelligen Angeboten sind sie Anlaufstellen für familienorientierte Dienstleistungen. Sie bieten Angebote in der Gesundheitsförderung und der Krisenintervention. Es geht sogar bis hin zur Hilfeplanung. Die Servicestelle Arbeitswelt und Elternzeit, als Modellprojekt bei der LASA eingerichtet, berät sowohl Beschäftigte als auch die Arbeitgeberseite kostenfrei zu Organisation und Gestaltung von Mutterschutz und Elternzeit sowie zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Längst ist auch die Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Pflege in den Fokus der politischen Betrachtung geraten. Mit der gleichnamigen INNOPUNKT-Initiative sollen bis 2013 neue, innovative Lösungen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Pflege entwickelt werden.

Eine unmittelbare Förderung von Familien erfolgt im Rahmen des Familien- und Kinderpolitischen Programms; zu nennen sind hier das Schüler-BAföG und der Schulsozialfonds.

Im Bereich der Familienerholung stellt das Land Brandenburg schon seit vielen Jahren Mittel für Familienreisen bereit. Jährlich nahezu 1 500 Familien mit geringem Einkommen nutzen diese Möglichkeit. Seit 2006 erscheint jährlich der Familienpass und informiert Familien über kostengünstige Freizeitangebote. In den Jahren 2007 bis 2011 wurden insgesamt 1 069 Familien durch die Stiftung „Hilfe für Familien in Not“ unterstützt. Im Durchschnitt belief sich die Höhe der Unterstützung je Familie auf rund 509 Euro.

Seit 2007 ist die Wohnraumförderung noch stärker auf Familien mit Kindern ausgerichtet. Soll heißen: Es geht zum Beispiel um Hof- und Freiflächen mit Spiel- und Klettermöglichkeiten, Begrünung, Verweilmöglichkeiten für Familien mit

Kindern. Seit dieser Zeit sind 7 000 Mietwohnungen mit genau diesen Ansprüchen entstanden.

Für die Schul- und Spielwegsicherung stehen im Landeshaushalt jährlich 450 000 Euro zur Verfügung. Für gesonderte Projekte zur Sensibilisierung von Kindern und Eltern für die Gefahren im Straßenverkehr stehen noch einmal 850 000 Euro bereit.

Auch der Kinder- und Jugendschutz wird in der Antwort auf die Große Anfrage angesprochen. Die Antwort macht deutlich, dass sich dort in den letzten Jahren sehr viel entwickelt hat.