Protokoll der Sitzung vom 26.09.2012

Auch der Kinder- und Jugendschutz wird in der Antwort auf die Große Anfrage angesprochen. Die Antwort macht deutlich, dass sich dort in den letzten Jahren sehr viel entwickelt hat.

In Brandenburg haben wir derzeit 150 000 Bedarfsgemeinschaften nach dem SGB II. In jeder vierten dieser Bedarfsgemeinschaften leben Kinder. Über die Hälfte sind AlleinerziehendenBedarfsgemeinschaften. Die Hälfte der Bedarfsgemeinschaften mit Kindern sind Aufstocker. Das bestätigt unsere Diskussion in der heutigen Aktuellen Stunde und unterstützt die bereits eingeforderte Reform am Arbeitsmarkt: Wir brauchen faire Löhne. Wer voll arbeitet, muss von seinem Verdienst leben können. Der Weg zum Sozialamt ist in diesem Fall inakzeptabel.

(Beifall der Abgeordneten Holzschuher, Bischoff und Frau Melior [SPD])

In der Antwort auf die Große Anfrage - ich bin auf einige Aspekte konkret eingegangen - konnte ich sehr konkrete Angaben finden. Ich habe auch feststellen können, dass Familienpolitik längst und Gott sei Dank - das war auch eine Forderung von uns - eine Querschnittsaufgabe geworden ist. Deswegen habe ich hier ganz bewusst die einzelnen Bereiche benannt.

Ich bedanke mich für die Antwort auf die Große Anfrage, weil sie uns noch einmal deutlich gemacht hat: In dieser Frage sind wir auf dem richtigen Weg, was nicht heißt, dass nicht das eine oder andere immer noch besser werden kann. - Danke.

(Beifall SPD und der Abgeordneten Wehlan [DIE LIN- KE])

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Lehmann. - Es ist eine Kurzintervention angemeldet worden. Bitte, Frau Abgeordnete Schulz-Höpfner, Sie haben jetzt dazu Gelegenheit.

Liebe Frau Kollegin Lehmann, vielleicht habe ich mich nicht ganz klar ausgedrückt. Ich habe den großen Rundumschlag gemacht. Das, was Sie jetzt vorgetragen haben, was alles getan wird, ist richtig. Dagegen habe ich mich nicht verwahrt. Ich möchte einfach wissen, wie die Ergebnisse sind. Ich könnte alle Antworten auf die Große Anfrage vortragen und sagen, was wir alles tun. Die Frage ist doch aber: Mit welchem Ergebnis?

Ich möchte als Beispiel die Servicestelle Arbeitswelt und Elternzeit bei der LASA nennen. Die Frage ist: Wird es diese Servicestelle noch geben? Bei der LASA stehen Veränderungen an.

(Frau Lehmann [SPD]: Die Frage ist gar nicht gestellt worden!)

Wie ist die Inanspruchnahme dieser Förderstelle? Wie ist die Zukunftsoption dieser Servicestelle? Wie hat sich das Ganze entwickelt? Diese Fragen zu beantworten ist doch wichtig. Es reicht nicht, einfach nur darzustellen, was wir irgendwo tun. Das haben wir sogar einmal gemeinsam entwickelt - wenn ich mich recht erinnere, in der vorigen Legislaturperiode.

Es ist nicht damit getan, das einfach nur darzustellen, sondern ich muss doch Ergebnisse erzielen, und die müssen abrechenbar sein, um eine Weiterentwicklung voranzutreiben. Das ist mein Ansatz und das ist mein Kritikpunkt. - Das wollte ich nur noch einmal deutlich machen.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Schulz-Höpfner. - Frau Abgeordnete Lehmann hat die Möglichkeit, darauf zu reagieren. Das sieht sie so nicht.

Dann kommen wir zum Redebeitrag der FDP-Fraktion. Herr Abgeordneter Büttner erhält das Wort.

Frau Vizepräsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Frau Kollegin Schulz-Höpfner, es ist jetzt ein bisschen schwierig für mich, weil Sie alles das, was ich hier vortragen könnte, schon punktgenau, zu 100 % vorgetragen haben.

(Zuruf der Abgeordneten Lehmann [SPD])

- Bleiben Sie doch locker! - Frau Kollegin, die richtigen Fragen haben Sie gestellt. Es ist nur tatsächlich so: Die Antworten sind eine Aufzählung von Einzelmaßnahmen. Eine koordinierte Familienpolitik findet aber ganz offensichtlich nicht statt.

Was machen wir denn hier heute in diesem Parlament? Wir haben heute Morgen über die Rente diskutiert - sehr kontrovers, keine Frage. Wir haben eben über das Finanzausgleichsgesetz gesprochen. Da geht es um die Finanzierung von Kommunen. Das alles ist Familienpolitik. Deswegen hat sie immer einen ressortübergreifenden und einen integrierenden Ansatz. Da gibt es auch Problemlagen, auf die wir eingehen müssen; die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der CDUFraktion geht darauf jedoch nicht ein.

Ja, wir haben eine hohe Erwerbsneigung in Familien. In 70 % der Familien im Land gehen beide Elternteile bzw. der alleinerziehende Teil einer Beschäftigung nach. Ja, das ist auch eine Folge von bestehenden Möglichkeiten - Sie haben sie gerade aufgezählt, Frau Lehmann - der guten Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Aber wir haben auch Probleme, gerade bei den Alleinerziehenden. So verfügen wir im Land zum Beispiel nicht über ausreichende Betreuungsangebote im 24-StundenBereich. Die Anträge, die wir als Opposition Ihnen dazu vorgelegt haben, haben Sie hier in diesem Haus abgelehnt. Dazu muss ich sagen: Sie haben das Problem nicht erkannt und sind nicht bereit, es anzugehen.

(Zuruf der Abgeordneten Lehmann [SPD])

Es wird darauf verwiesen: Es sind die Landkreise, die dafür die Verantwortung tragen. - Natürlich gibt es Situationen, in denen Kitas da, wo welche eingerichtet wurden, nicht ausreichend angenommen worden sind. Ich nenne Ihnen ein Beispiel, Herr Minister Dr. Markov: Es gibt einen Landkreis, der eine Kita mit einem 24-Stunden-Angebot fördern möchte. Er stellt das entsprechende Geld in den Haushalt ein. Der Landkreis befindet sich aber im Haushaltssicherungskonzept. Schauen Sie einmal nach links, zu dem hier nicht anwesenden Innenminister! Dann kommt nämlich die Kommunalaufsicht und sagt dem Landkreis: Das funktioniert nicht. Du bist im Haushaltssicherungskonzept und kannst deshalb keine Kitas mit einem 24-Stunden-Angebot fördern. - Das ist eine Politik, die zulasten unserer Kinder geht. Deswegen ist sie falsch. Wir müssen uns um diese Problemlagen kümmern.

Was machen Alleinerziehende, wenn sie in einem Schichtsystem arbeiten? Die Großeltern sind nicht immer da. Das muss man einfach mal zur Kenntnis nehmen. Wenn man über das FAG diskutiert, muss man auch zur Kenntnis nehmen: Die Landkreise haben vielfach nicht die finanziellen Mittel, weil das Konnexitätsprinzip in diesem Land nicht eingehalten wird.

(Beifall FDP)

Durch die Verbesserung der Betreuungsrelation, die völlig richtig war, haben wir eine Situation geschaffen, in der die Landkreise in dem Bereich zusätzlich belastet wurden, weil es keine hundertprozentige Ausfinanzierung gab. Deswegen haben Sie gerade die Klage am Hals.

(Frau Lehmann [SPD]: Das ist eine ganz andere Frage!)

Völlig richtig ist auch: Es ist mehr Transparenz bei der Förderung von Familien im Land Brandenburg nötig - auch auf Bundesebene. Auf Bundesebene ist aber eine Evaluation aller familienpolitischen Leistungen eingeplant. Gleiches sollte auch in Brandenburg erfolgen.

Im Einzelplan 07 - MASF - sind viele Förderprogramme enthalten, aber keine Aussagen über Einzelförderungen und die Wirkung - Frau Schulz-Höpfner hat es angesprochen - auf die einzelnen Maßnahmen. Hier muss man nachsteuern, um Familien zielgerichtet fördern und auf spezifische Problemlagen eingehen zu können.

Wir müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass die Zuweisungen für die Familienförderung in den kommenden Jahren infolge des Konsolidierungsdrucks zurückgehen werden. Das ist eine Tatsache, der wir ins Auge sehen müssen. Das heißt: Entsprechende Auswirkungen auf das Angebot freiwilliger familienpolitischer Leistungen wird es geben. Einige der heutigen Leistungen werden künftig nicht mehr finanzierbar sein. Auch das muss man zur Kenntnis nehmen. Deswegen gibt es die Notwendigkeit, Programme anzubieten, die ehrenamtlich und ohne großen finanziellen Aufwand umgesetzt werden können. Ich weiß, dass das passiert. Es geht aber darum, dass wir dies noch verstärken.

Das hat etwas mit der Arbeitsförderung zu tun. Das heißt: Die Arbeitsförderung muss auch auf die Familien ausgerichtet sein. Das, was wir verhindern müssen, ist der generationsübergreifende Bezug von SGB II-Leistungen. Mittlerweile ist es in einigen Fällen sogar so, dass die Enkelkinder keine Eltern oder Großeltern mehr kennen, die jemals gearbeitet haben. Darauf

muss sich die Arbeitsförderungspolitik in diesem Land konzentrieren.

Aber Familienförderung ist nicht allein auf monetäre Aspekte zu verengen, sondern auch ehrenamtliches Engagement, Familienbildung und Beratung sind in den Vordergrund zu stellen. Mit dem „Netzwerk Gesunde Kinder“ oder den im Familienpass enthaltenen Leistungen, von denen ebenfalls viele auf ehrenamtlichem Engagement basieren, gehen wir den richtigen Weg. Es gibt aber viele unterschiedliche Bereiche - im Übrigen auch im ÖPNV. Eine Taktausdehnung dort führt dazu, dass Kinder gerade im ländlichen Raum außerschulische Veranstaltungen nicht mehr wahrnehmen können und letztlich abgekoppelt werden.

Fazit ist: Wir müssen uns gemeinsam dafür einsetzen, dass Familien in allen Landesteilen gute Entwicklungschancen haben. Kinder müssen die bestmöglichen Bildungs- und Entwicklungsperspektiven bekommen, und Eltern müssen Familie und Beruf heute noch besser vereinbaren können. - Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Büttner. - Wir setzen mit dem Beitrag der Fraktion DIE LINKE fort. Frau Abgeordnete Böhnisch erhält das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Familien genießen in Brandenburg eine große Wertschätzung. Das zeigt sich in vielen Antworten auf die Große Anfrage der Landesregierung zum Thema Familien in Brandenburg.

Auch wenn wir jetzt sehr heftig diskutieren und sagen, das eine oder andere gefällt uns noch nicht, so denke ich: Wir haben sehr viele Programme, Frau Schulz-Höpfner, die bis 2014 wirklich einen Weg aufweisen. Wir sind dran. Das alles kann man nicht schon 2012 fertig haben. Da gibt es noch eine Menge zu tun. Wir werden schon darauf achten, dass das eine oder andere durchgesetzt wird. Und dann kann man auch evaluieren.

Ich möchte nicht noch einmal die Fakten und Zahlen nennen, die Sylvia Lehmann genannt hat. Das sind Zahlen und Fakten, mit denen wir arbeiten können und an denen wir weiter arbeiten sollten.

Ich möchte jetzt gerne noch einige grundsätzliche Anmerkungen machen. Wir hatten vor nicht allzu langer Zeit die Diskussion zum Kinder- und Familienpolitischen Programm der Landesregierung mit einer Vielzahl von Einzelmaßnahmen. Wir streiten - das merke ich auch heute wieder - über die eine oder andere Maßnahme zwischen den Parteien und Fraktionen, aber ich denke, wir sind uns in einem Punkt einig: Wir wollen, dass Brandenburg ein familien- und kinderfreundliches Land wird und bleibt.

Fragt man die Familien mal selbst nach Familienfreundlichkeit und ihren Bedürfnissen - das wurde mit einer Studie gerade getan -, dann steht ganz oben die Frage nach der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Dazu gehören flexible Arbeitszeiten das ist gesagt worden -, dazu gehören neue Formen der Arbeits

gestaltung und dazu gehören familienfreundliche Unternehmen. Ich war gerade am Montag bei ArcelorMittal in Eisenhüttenstadt, die bereits auditiert sind und eine Vorbildrolle spielen. Dazu gehört natürlich auch eine gute Kinderbetreuung. Das sind Dinge, die auf den Weg gebracht werden. Herr Büttner, vielleicht ist noch nicht alles hundertprozentig, aber wann ist denn etwas hundertprozentig in dieser Welt? Daran müssen wir noch weiter arbeiten.

Wenn wir Familienpolitik diskutieren, gehört natürlich auch die Frage dazu, wie wir Familie definieren, welches Familienbild wir haben. Das mag jetzt vielleicht ein bisschen akademisch klingen, aber gerade hier unterscheiden wir uns politisch ein ganzes Stück. Wir wollen die Gleichwertigkeit und auch die Gleichbehandlung der verschiedenen Familienmodelle, und wir wollen kein bayerisches Modell für unser Familienbild in Brandenburg.

Hier fordere ich Sie auf, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU: Machen Sie sich stark für ein modernes Familienbild! Das, was uns gerade aus Bayern in Gestalt eines Betreuungsgeldes aufgenötigt werden soll, entspricht nun wirklich nicht dem modernen Familienbild der heutigen Zeit.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)

Auch mit den Geburtenraten, die seit Jahrzehnten in dieser Bundesrepublik stagnieren, kann man nicht zufrieden sein. Vor einiger Zeit lag sie bei 1,7, jetzt bei 1,36. Die Bedingungen für die Familienpolitik in Deutschland sind also nicht ausreichend gut. Schauen sie einmal nach Schweden, nach Frankreich! Es gibt noch eine Menge Nachholbedarf. Wir sollten unser Augenmerk auch noch einmal auf die Bundespolitik richten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, zu einem modernen Familienbild gehört natürlich - zumindest für meine Partei - dass Kinder als eigene und eigenständige Persönlichkeiten anerkannt und nicht nur als Teil der Familie begriffen werden.

(Vereinzelt Beifall DIE LINKE)

Die UN-Kinderrechtskonvention ist gerade 20 Jahre alt geworden. Es lohnt sich, sie sich aus diesem Anlass einmal anzusehen und sich unter diesem Blickwinkel vorzunehmen. Meine Fraktion hat das in der vergangenen Woche auf einer Kinderrechtskonferenz getan - mit sehr spannenden Beiträgen und Diskussionen.

Hier will ich noch einmal einfügen: Frau Schulz-Höpfner, es steht im Koalitionsvertrag. Ja, die Koalition prüft, das Kinderschutzgesetz und das Kindergesundheitsgesetz zusammenzufassen. Da sind wir dran.

Liebe Frau Schulz-Höpfner, in Fragen der Familien- und Kinderpolitik gibt es noch eine Menge zu tun, da fehlen uns auch bundespolitische Veränderungen. Wir haben mit dieser ersten Antwort eine Aussage gehabt, auf der wir weiterarbeiten können. Wir haben Fakten und Zahlen. Hier sollten wir auch weiterarbeiten. Wir sind auf einem Weg, der mit unserer gemeinsamen Unterstützung sicherlich noch ausgebaut werden kann.

(Beifall DIE LINKE und SPD)