Sie argumentieren, dass der Bildungsetat aufgestockt worden sei. Die Kollegin von Halem hat Ihnen dazu schon fast alles gesagt: Tarifsteigerungen und Versorgungsansprüche sind im Wesentlichen das, was die Steigerung ausmacht.
Meine Damen und Herren, um das Problem des Lehrermangels werden wir auch in den nächsten Jahren nicht herumkommen. Das Problem wird sich in den nächsten Jahren verschärfen.
Gerade vor dem Hintergrund der Inklusion brauchen wir viel mehr und gut ausgebildete Lehrer, kleine Klassen und auch Förder- und Teilungsunterricht.
Meine Damen und Herren, ich möchte noch etwas zur frühkindlichen Bildung sagen. Sie haben in Ihren Koalitionsvertrag geschrieben:
„Mit Aufnahme in die Kita soll jedes Kind von Anfang an eine integrierte Sprachförderung, das heißt entsprechende Unterstützung bei der Sprachentwicklung erhalten.“
Die Realität ist, dass Sie die integrierte Sprachförderung nicht durchführen, sondern sich nur auf die kompensatorische Sprachförderung konzentrieren, die noch dazu nicht richtig ausfinanziert und - nach Ihrer eigenen Evaluation - nicht zielführend und nicht verstetigt ist.
- Es ist nicht selektiv, Frau Kollegin Muhß. Das überlasse ich Ihnen. - Das Problem in diesem Land ist Ihre Regierung. Das Problem ist, dass Sie Priorität für die Bildung zwar in Ihren Koalitionsvertrag geschrieben haben, aber nicht umsetzen, und dass Sie - das ist das Ärgerliche daran - die Realität in diesem Land - Lehrermangel, hoher Unterrichtsausfall - nicht wahrnehmen wollen.
- Kollegin Muhß, das sind nicht meine Zahlen in Bezug auf den hohen Unterrichtsausfall. Wenn Sie sagen, ich würde schwindeln, dann sagen Sie hier, dass das Ministerium schwindelt.
Das sind die Zahlen des Ministeriums über den höchsten Unterrichtsausfall in diesem Land seit zehn Jahren. Nehmen Sie das doch einmal selbst zur Kenntnis. Das ist doch Ihre Landesregierung!
Deswegen können Sie von uns nicht allen Ernstes erwarten, dass wir diesem Haushalt zustimmen. Er ist in keiner Art und Weise zustimmungsfähig. Deswegen werden wir ihn selbstverständlich ablehnen. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Büttner. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der CDU-Fraktion fort. Herr Abgeordneter Hoffmann erhält das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Alle Jahre wieder kommt nicht nur das Christuskind. Alle Jahre wieder kommen auch die Haushaltsberatungen, und alle Jahre wieder versucht die Koalition hier mit großen Worten und großen Gesten zu erklären, dass Bildung in diesem Land Priorität habe. Dazu muss ich ehrlich sagen: Mir ist dieser Entschuldigungsreigen bei Frau Große auch aufgefallen, die immer sagt, ja, sie müssten da noch ein bisschen mehr machen und sie würden da noch ein bisschen mehr machen. Dazu sage ich ganz ehrlich, Herr Büttner: Das ist mir tausendmal lieber als der Rechtfertigungsreigen von Herrn Günther, der die ganze Zeit versucht hat zu erklären, dass alles super sei und dass sich die anderen Bundesländer eigentlich ein Beispiel an Brandenburg nehmen könnten. Sie haben erklärt: Hier läuft es alles so gut. Wir müssen nur noch abwarten, weil die anderen jetzt nachziehen müssen, damit sie irgendwann auch so gut abschneiden wie wir. Herr Günther, mehr Realitätsverlust an einem Tag in fünf Minuten, das ist schon fast nicht machbar. Aber vermutlich ist es auch dieses Jahr wieder so, dass nur die Opposition einfach nicht in der Lage ist zu begreifen, wie gut Sie sind.
Dazu sage ich: Bildung muss Priorität haben. Da stimme ich Ihnen im Grunde zu. Das ist eine Aussage, der man nur zustimmen kann. Das Problem ist, dass Sie dies mit diesem Haushaltsentwurf wieder einmal genauso wenig untermauern wie in den letzten Jahren. Im Gegenteil, in diesem Haushaltsentwurf wird deutlich, dass Sie selbst an den Stellen, an denen Sie davon ausgehen, dass dringend etwas passieren müsste, nichts unternehmen, sondern weiterhin darauf setzen, dass jegliche konstruktive Kritik als Schlechtrederei diffamiert wird, und dass Sie versuchen, die Sache auszusitzen.
Ich habe mir schon gedacht, als ich die Rede vorbereitet habe: Dass wir als Opposition keine Ahnung haben, versuchen Sie damit zu belegen, dass der Haushalt insgesamt aufwächst. Das haben wir schon gehört: Nächstes Jahr sind 17,4 Millionen Euro mehr im Plan. Das scheint auch gar nicht so wenig zu sein. Da kann man sich ein bisschen auf die Schulter klopfen. Aber man muss genau hingucken, wo 2013 mehr Geld ausgegeben wird. Wo wird das Geld eingesetzt? Wie verbessert man damit die Qualität der Bildung? Das ist das, worüber wir reden müssen.
Es gibt eine Steigerung bei den Zuweisungen und bei den Zuschüssen in Höhe von insgesamt 20,5 Millionen Euro. An die Kommunen gehen davon 11,5 Millionen Euro in Form höherer Zuweisungen für Kitas. Das klingt nach einer guten Sache. Das liegt aber daran, dass die Fallzahlen steigen, dass wir mehr Kinder haben. Also muss man mehr zuweisen. Darauf gibt es einen Rechtsanspruch. Es geht nicht um die Verbesserung der Qualität in den Kitas.
Es gibt höhere Zuschüsse an die Schulen in freier Trägerschaft. Das ist das gleiche Beispiel. Frau Große sagt: Okay, wir haben höhere Zuschüsse. - Sie sagt dazu: Das liegt an den steigenden Schülerzahlen. - Sie hat allerdings weggelassen, dass die Kosten ansonsten in gleicher oder höherer Höhe entstehen, wenn die Kinder staatliche Schulen besuchen. Sie allerdings sagen einfach nur: Das ist alles Quatsch. Sie erhalten deutlich mehr als vorher. - Und Sie stellen sich als große Wohltäter dar. Dabei wissen Sie ganz genau, dass es weniger Geld ist, als es in der Vergangenheit war, zumindest pro Kopf, und dass Sie damit die Schulen in eine existenzielle Schieflage bringen und damit die Schulträger auch in moralische Konflikte bringen. Diese müssen nämlich in der Praxis überlegen: Was machen wir nun? Wie federn wir das ab? Erhöhen wir das Schulgeld oder sparen wir beim Personal? Sparen wir an der Qualität? - Das sind Sachen, die wir nicht wollen, die Sie aber offenbar achselzuckend in Kauf nehmen. Das ist genau das, was wir von Ihnen kennen. Das sind wir von Ihnen nicht anders gewohnt.
Wie auch immer, an der Stelle 6,5 Millionen Euro mehr, allerdings nur aufgrund gestiegener Schülerzahl.
Jetzt komme ich auf eine weitere Position bei diesen Zuweisungen zu sprechen. Die Mittel für die Sportförderung erhöhen sich um eine Million Euro. Dazu möchte ich sagen: Auch das kommt den Schulen nicht zugute. Wir unterstützen die Entscheidung an der Stelle trotzdem ausdrücklich. Wir haben auch bereits im Ausschuss darüber diskutiert. Wir haben hier darüber diskutiert. Ich weiß auch, dass die Kollegen von den Grünen und der FDP eine andere Meinung dazu haben als wir. Sie wollen das Geld eher im Landesjugendplan sehen. Ich kann nach
vollziehen, dass Herr Büttner und Frau von Halem sagen, man müsse mit dem Geld Jugendbildungsarbeit finanzieren. Ich weiß auch, dass der Landesjugendring und die vielen Verbände hervorragende Arbeit leisten. Allerdings stehe ich nicht dafür, dass wir die gute Arbeit, die im Landesjugendring geleistet wird, gegen die gute Arbeit, die in den Sportvereinen geleistet wird, ausspielen.
Verehrte Frau von Halem, in Potsdam mag es sich noch etwas anders darstellen, aber Andreas, du müsstest es doch eigentlich wissen. Du kommst doch vom platten Land. Du müsstest mir zustimmen: Auf dem flachen Land sind die Sportvereine und die freiwillige Feuerwehr oftmals leider die einzigen Institutionen, die überhaupt noch so etwas wie eine institutionelle Jugendarbeit anbieten und Angebote unterbreiten.
Deshalb sind es eben die Sportvereine, die dort eine wichtige Arbeit leisten. Deshalb haben wir diese Entscheidung so mitgetroffen.
Wenn man die drei Punkte zusammenzählt - Zuweisung an Kitas, Zuweisung an freie Schulen wegen mehr Schülern und Erhöhung der Sportförderung -, kommt man schon auf 20,5 Millionen Euro. Wenn man das gegen diesen Aufwuchs von 17,4 Millionen Euro setzt, weiß man: An anderer Stelle muss irgendwo gespart worden sein. Der Aufwuchs bei Bildung und Sportförderung ergibt sich im Prinzip aus dem Rechtsanspruch, aber damit wird die Qualität der Bildung nicht gesteigert. Also gibt es auf der anderen Seite merkwürdige Einsparungen.
Insgesamt vermindern sich die Personalausgaben im nächsten Jahr um 9,7 Millionen Euro. Gut, dazu kann man sagen: Es gibt eine Menge Einsparpotenzial, zum Beispiel in der Verwaltung. Aber es geht hier nicht nur um die Verwaltung. Es geht auch um Lehrer. Wenn man sich nur einmal ansieht, wie viel weniger im nächsten Jahr für Personal in den Schulen ausgegeben wird, stellt man fest: Es sind 5 Millionen Euro weniger. In diesen zusätzlichen Mitteln sind die Mittel für das Inklusionspilotprojekt schon enthalten. Insgesamt sind es 5 Millionen Euro weniger vor dem Hintergrund steigender Schülerzahlen, Frau Muhß. Da müssen Sie einmal hineingucken. Ich frage mich schon, wie diese geheiligte Lehrer-Schüler-Relation beibehalten werden soll. Da hilft es nicht, wenn wir von der Opposition Probleme aufzeigen. Es hilft nichts, wenn sich Eltern und Schüler beschweren, Briefe und E-Mails schreiben.
- Frau Muhß, Sie können noch tausendmal dazwischenfragen, ob steigende Schülerzahlen oder nicht. Das steht im Haushaltsplan relativ weit vorn. Das zeige ich Ihnen nachher auch gern.
Man merkt es schon: Man dringt damit nicht so richtig durch. Es hilft nichts, wenn wir das sagen. Es hilft auch nichts, wenn Eltern, Schüler und Lehrer sich beschweren. Nein, Sie sind sich der Sache sicher. Und die Kritik wehren Sie so ab: Ja, das liegt meistens an bedauerlichen Einzelfällen. - Dass es ganz so leicht aber nicht ist, beweist Gott sei Dank immer wieder die Wissenschaft. Wir haben seit einigen Jahren nicht nur die inter
nationalen Vergleichsstudien, wie IGLU und TIMSS, deren neue Erkenntnisse wir gestern zur Kenntnis genommen haben. Wir haben uns tatsächlich gefreut, dass wir bezogen auf Gesamtdeutschland ganz ordentlich abschneiden.
Kollege Günther, Sie haben es gesagt, Brandenburg ist dort proportional vertreten. Das heißt bei etwa 200 Schulen - ich weiß es nicht genau; es müssten zwischen sechs, sieben oder acht Schulen sein -, dass die Aussage dieser Studien nicht unbedingt Rückschlüsse auf die Bildungsqualität von brandenburgischen Grundschulen zulässt.
- Regen Sie sich doch nicht so auf. Wir kriegen hier gleich eine Schnappatmung am späten Abend. Dafür gibt es glücklicherweise auch Ländervergleiche, Studien, in denen die Bundesländer untereinander verglichen werden. Da wird nach objektiven Gesichtspunkten überprüft: Wie steht es mit der Leistungsfähigkeit? - Da sieht man ganz deutlich, dass in Brandenburg nicht alles zum Besten steht. In diesen Studien sprechen nicht die Betroffenen. Da spricht nicht die Opposition. Da sprechen die Ergebnisse. Und die Ergebnisse sprechen für sich.
Das Dramatische ist allerdings, dass Sie die Sprache offenbar nicht verstehen wollen. Nehmen wir den IQB-Ländervergleich von 2009 - Kompetenzen von Neuntklässlern - oder den letzten Vergleich: Kompetenzen von Viertklässlern. Da liegt Brandenburg leider immer wieder nicht vorn. Wir liegen immer wieder unter dem Durchschnitt. Manchmal liegen wir auch ganz am Ende. Sie geben sich damit zufrieden und vertrauen wohl darauf, dass einmal die Letzten die Ersten sein werden. Aber ich sage Ihnen: Die Kinder in diesem Land haben etwas anderes verdient, als eine Regierung, die darauf wartet, dass sich irgendwie alles von allein fügt. Sie haben ein Recht darauf, dass die Regierung alles Menschenmögliche unternimmt, ihnen die Chance auf Bildung zu garantieren, wie das in anderen Ländern auch der Fall ist.
Ich sage ganz ehrlich: Wir kennen es ja, dass immer die anderen schuld sind. Meistens ist es die Opposition. Beim letzten Mal in der Aktuellen Stunde - das hat mich dann doch einigermaßen verwundert - war sich die Ministerin inzwischen nicht einmal zu schade, die Schuld dafür den Brandenburgern zu geben. In der letzten Aktuellen Stunde sagte Frau Dr. Münch, dass wir keine Bildungsmisere hätten und die schwachen Leistungen an Brandenburger Grundschulen daher kämen, dass es bei uns 12 % Transferleistungsempfänger gebe und in anderen Ländern nur 5 %. Wir sehen also - das können Sie im Plenarprotokoll nachlesen -: Schuld ist nicht die Landesregierung. Schuld sind diesmal die anderen - in diesem Fall einmal nicht wir, sondern die Arbeitslosen. - Jetzt sage ich ganz ehrlich: Das hätte ich von einer rot-roten Landesregierung nun wirklich nicht erwartet.
Ich sage Ihnen: Sie sollten lieber vor Ihrer eigenen Türe kehren. Arbeit gibt es da genug. Wir haben mit Anträgen auch in den Haushaltsberatungen an verschiedenen Punkten deutlich gemacht, was wir tun wollen, um diesem Spuk der Bildungsmi
sere ein Ende zu bereiten. Gerade wenn in der Grundschule schwierige familiäre Verhältnisse das Lernverhalten besonders stark beeinflussen, wäre es aus unserer Sicht wichtig, dafür zu sorgen, dass die Kinder in der Grundschule mehr Zeit erhalten, um dort Fähigkeiten und Kenntnisse zu erwerben und zu vertiefen. Sie wissen, dass Kindern in anderen Bundesländern mehr Zeit in der Grundschule ermöglicht wird. Die Ergebnisse in den verschiedenen Studien stehen für sich.
Auch wenn Sie jetzt wieder sagen, man könne das nicht vergleichen, das stünde nur im Plan, man wisse nicht, was davon ankomme, und wenn Sie behaupten, in anderen Ländern hätte man sogar weniger Unterricht, und wenn Herr Günther bei Baden-Württemberg einfach den Religionsunterricht herausrechnet und so tut, als wäre das kein Unterricht, als würde da nicht auch geschrieben und gesprochen, ist Fakt doch eines: Sie können versuchen, sich das hinzubiegen, wie Sie wollen, in der Realität ist es einfach so, dass in den Siegerländern mehr Unterricht stattfindet, dass dort mehr Unterricht in der Stundentafel steht. In diesen Ländern erhalten die Kinder die Zeit, die sie brauchen.