Auch die von uns mit großer Spannung erwartete Evaluation der Kommunalverfassung war eine große Enttäuschung. Bis auf kleinste vorgeschlagene Anpassungen - alles schick und eitel Sonnenschein. Beim Thema Bürgerbeteiligung und direkte Demokratie auf kommunaler Ebene beißt man bei dieser Koalition auf Granit. Verankerung von Kinder- und Jugendbeteiligung, abgesenkte Hürden für Bürgerbegehren und Bürgerentscheide, mehr Rechte für Gemeindevertreterinnen und -vertreter, Senkung der Einwohnergrenze für kommunale Gleichstellungsbeauftragte und Implementierung einer Behindertenbeauftragten sind für Sie momentan keine Themen. Hier blockt besonders die SPD, die als eingebildete Staatspartei mit ihren Hauptverwaltungsbeamten besser klarkommt als mit den Bürgerinnen und Bürgern.
Wie steht es in diesem Zusammenhang mit den Schlussfolgerungen, die aus der Direktwahl der Landräte 2010 gezogen werden sollten? Soll sie beibehalten werden, das Quorum verändert oder die Amtsperiode verkürzt und mit den Kommunalparlamenten synchronisiert werden, was wir ausdrücklich befürworten würden?
Dass die Koalitionsfraktionen die Initiative der FDP-Fraktion zur Abschaffung von Altersgrenzen bei kommunalen Wahlbeamten diskussionslos abgebügelt haben, finden wir ärgerlich, zumal sich Brandenburg in seinem Seniorenpolitischen Maßnahmenpaket auf die Fahne geschrieben hat, alle altersdiskriminierenden Normen und Gesetze auf den Prüfstand zu stellen. So viel zum Thema Querschnittspolitik.
- Der Einzelplan 03 bietet noch viel mehr, Frau Stark. - Beim Thema Aufgabenübertragung vom Land auf die Kommunen stehen wir vor einer weiteren Stärkung unserer „Landräte-Republik“, wenn wir nicht aufpassen. Die Übertragung von Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung stärkt die Befugnisse des Hauptverwaltungsbeamten und führt nicht zu einem Mehr an Demokratie. Hier müssen wir wachsam sein und auch die Kreistage in unsere Überlegungen einbeziehen, damit am Ende der Reform der Kommunal- und Landesverwaltung nicht ein Weniger an Demokratie und demokratischer Kontrolle steht.
Ach ja, die Enquetekommission. Nirgends ist der zerrüttete Zustand dieser rot-roten Regierungskoalition besser zu beobachten als dort. Nirgends treten die fehlenden politischen Gemeinsamkeiten so unverhohlen hervor. SPD und Linke bilden jeweils die Extreme in der politischen Diskussion und stehen weit voneinander entfernt. Die SPD singt das Loblied der großen Einheiten. Die Linke ist sich auch nach anderthalb Jahren nicht sicher, ob Reformbedarf besteht. Entsprechend steht sie lieber auf der Bremse und redet über interkommunale Zusammenarbeit. Wie diese beiden Partner eine abgestimmte Empfehlung der Enquetekommission und nach 2014 eine Reform der Kommunalstrukturen hinbekommen wollen, fragt sich die geneigte Beobachterin mit Kopfschütteln.
Das Einzige, was mir einigermaßen konsensfähig zu sein scheint, ist das von uns ins Gespräch gebrachte Verbandsgemeindemodell. Mit Freude haben wir im kürzlich vorgelegten Entwurf zum Leitbild 2020plus „Heimat Brandenburg - gerecht, solidarisch, nachhaltig“ der Linken - ein Papier mit enormem Lyrikpotenzial - als einsam-konkreten Punkt ein Bekenntnis dazu gefunden.
Halt, da war doch noch etwas - wir wollen nicht ungerecht sein. Richtig einig sind sich die Koalitionspartner darin, eine Länderfusion Berlin-Brandenburg in eine intergalaktische Zukunft zu verlagern. Die SPD hat in Luckenwalde dazu einen Beschluss gefasst. In der erwähnten Lyrikanthologie der Linken heißt es dazu:
„Eines Tages kann ganz von selbst die Überzeugung reifen, dass es an der Zeit wäre, aus der Lebenspartnerschaft zwischen Berlin und Brandenburg eine eingetragene Partnerschaft zu machen.“
Das Statistische Landesamt rechnet uns derweil vor, dass Brandenburg die 2,5-Millionen-Einwohnermarke unterschritten, Berlin die 3,5-Millionen-Einwohnermarke überschritten hat. Für Berlin wird bis 2030 ein Bevölkerungswachstum von 7 % prognostiziert, hauptsächlich durch Zuzug junger Menschen, während die Brandenburger Bevölkerung im gleichen Zeitraum um 8 % schrumpft. Neben dem zunehmenden Geburtendefizit verlieren wir weiterhin junge Leute. Im Gegensatz zu früheren Jahren ziehen sie kaum mehr nach Westdeutschland, sondern nach Berlin. Das Durchschnittsalter in Brandenburg liegt jetzt schon um vier Jahre höher als in Berlin. Wer aus altbackenen Ressentiments gegen das übermächtige und gar so verschuldete Berlin die Zeichen der Zeit weiterhin verschläft, braucht sich in Zukunft nicht mehr auf Augenhöhe über Fusionen zu unterhalten. Der kann sich gleich eingemeinden lassen. - Guten Morgen!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Dr. Scharfenberg, Sie haben in Anbetracht der Kürzungsorgie bei der inneren Sicherheit gerade Folgendes gemacht: Sie haben hier rhetorisch einen Pudding an die Wand genagelt - und mehr nicht. Mich hat es jedenfalls nicht überzeugt.
Herr Minister, in Gesprächen mit Polizeibediensteten in Brandenburg wird immer wieder deutlich, dass es um die Motivationslage in der Polizei hier im Land nicht gut bestellt ist. Die Polizeibediensteten fragen und titeln mit Blick auf Sie, mit Blick auf diese Landesregierung - und ich finde völlig zu Recht, den Beamten ist überhaupt kein Vorwurf zu machen -: Wir sorgen für eure Sicherheit; warum tut ihr uns das an? Oder sie titeln: Dr. Woidke, was haben wir Ihnen getan? - Ihnen ist das sicherlich bekannt.
Herr Minister, zur Stunde findet hier in Potsdam nur wenige Meter entfernt eine behördenübergreifende Fachkonferenz statt. Im Rahmen eines EU-Projekts namens COMPOSITE fragt man sich dort unter dem Titel „Polizeiarbeit in einer dynamischen Umwelt - wie viel Veränderung verträgt die Polizei?“: Welche Inhalte, welche äußeren Grenzen und welche zu vermeidenden Fehler haben Reformprozesse in Behörden? Herr Minister, ich bin mir ziemlich sicher, dass ein ganz ehrlicher und vor allem ein unvoreingenommener Blick auf die Ergebnisse dieser Konferenz der Landesregierung in keinem Fall schadet.
Wir alle hier wissen, dass Brandenburg vor großen Herausforderungen in der inneren Sicherheitspolitik steht. Wenn man von der Bekämpfung der Grenzkriminalität und der Rockerkriminalität spricht, redet man schlicht und ergreifend von organisierter Kriminalität, Herr Minister. Da geht es um viele Delikt
bereiche. Das bindet Personal auf Dauer. Man muss sich die Frage beantworten: Will man sie wirklich und ehrlich bekämpfen oder nicht? Es geht um die Bekämpfung des Extremismus von Links und von Rechts. Es geht um die nicht mehr beherrschte Eigentumskriminalität. Die Aufklärungsquoten in Brandenburg haben zum Teil einen einstelligen Bereich erreicht. Man könnte das jetzt alles weiter fortführen.
Die Frage ist und bleibt aber: Wie soll das mit dieser Polizei, mit dieser Personalausstattung und angesichts dieser Personalabwicklungsplanung gelingen? Schon gegenwärtig stößt die Polizei an ihre Grenzen. Immer weniger Polizisten sind für immer mehr Aufgaben zuständig. Es ist eine hohe Arbeitsverdichtung zu verzeichnen. Dies kann nur dazu führen, dass bestimmte Aufgaben wie die präventive Arbeit an den Schulen - Herr Goetz hat es heute ausgeführt - nicht mehr vollständig oder gar nicht mehr erfüllt werden können.
Sie müssen die Frage beantworten: Was denken Sie sich dabei? Wohin soll das führen? Wo ist Ihr Konzept der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, Herr Minister, das auch trägt? Die Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung - ich werde nicht müde, Sie hier daran zu erinnern - ist nun einmal, und das aus gutem Grund, eine staatliche Pflicht und eine staatliche Kernaufgabe.
Entgegen der in Ihrem Demografie-Bericht getroffenen Feststellung, dass die Gesamtkriminalität bis zum Jahr 2020 um 10 % sinken werde, bin ich der Auffassung, dass von einer solchen Entwicklung keinesfalls pauschal ausgegangen werden kann. Diese Schlussfolgerung überzeugt mich einfach nicht und soll Ihnen nur dazu dienen, den Raubbau an der Polizei im Land Brandenburg irgendwie zu rechtfertigen.
Denn eine Bevölkerungsabnahme kann gerade in einem Flächenland wie Brandenburg Raum für kriminelles Handeln eröffnen. Die Fläche wird im Gegensatz zur Bevölkerung nicht geringer, und die Strecken für die Funkstreifenwagen, Herr Minister, werden nicht kürzer. Sie sind in acht Jahren noch genauso lang wie heute. Ich frage mich deshalb ernsthaft und sehr besorgt: Wie wollen Sie mit immer weniger Polizei die Präsenz in der Fläche gewährleisten? Das ist und das bleibt ein völlig unmögliches Unterfangen, ganz egal, wie oft, und ganz egal, wie lange Sie in Ihren Pressemitteilungen das Gegenteil behaupten mögen. Die Kriminalitätsrate in Brandenburg kann sogar noch ansteigen, wenn die dann polizeifreien Räume von Kriminellen - von ihnen gibt es leider genug - ausgenutzt werden.
Ich möchte Sie bitten: Schauen Sie einmal über den Tellerrand, wenn Sie so gewagte Prognosen machen. Es ist doch allen klar, dass Sie durch den Stellenabbau schlicht sparen und den Haushalt sanieren wollen. Dann müssen Sie den Menschen aber ehrlich sagen, dass Sie durch Ihre drastischen Personalkürzungen auch an der inneren Sicherheit sparen. Laut Ihrer Personalplanung für das Jahr 2018 sollen in den Jahren 2012 bis 2018 ca. 1 200 Stellen bei der Polizei weggespart werden. Bis 2018 soll die Anzahl der Polizisten von heute 8 600 auf ca. 7 400 reduziert werden, mit einer sogenannten Zielzahl von 7 000 Stellen bis 2020. Allein im Stellenplan für die Jahre 2012 bis 2014 wird deutlich, dass Sie insbesondere am Personal, an der Polizei vor Ort, sparen werden, also ca. 170 Stellen im mittleren
Herr Minister, entgegen aller schöngefärbter Außendarstellung Ihres Ministeriums sage ich Ihnen: Diese drastische Personalkürzung führt zu weniger Präsenz in der Fläche, zu mehr Freiraum für Kriminalität und zu weniger innerer Sicherheit und Ordnung. Sie führt zu weniger Strafverfolgung und zu weniger Aufklärung von Straftaten. Das schlägt sich heute schon in der polizeilichen Kriminalitätsstatistik nieder. Sie hat auch zum Ergebnis, und das wissen Sie, dass die Präventionsarbeit schlicht und ergreifend halbiert wird.
Weniger Sicherheit ist nun einmal ein Standortnachteil für Brandenburg, ein Nachteil, der dazu beitragen wird, dass sich manches Unternehmen nicht für Brandenburg und schon gar nicht für Ostbrandenburg entscheiden wird.
„Der Stellenabbau... hat gerade erst begonnen. Wenn man bereits jetzt verzeichnen muss, dass die Aufklärungsquote dramatisch sinkt, der Rückgang von Straftaten kritisch zu hinterfragen ist und man in den nächsten Jahren deutlich weniger Kolleginnen und Kollegen zur Verfügung hat, muss reagiert werden. Gerade in den Bereichen, die für die Bürgerinnen und Bürger und mittelständischen Unternehmen unmittelbar spürbar sind, haben wir die höchste Zunahme an Straftaten und die mit Abstand niedrigste Aufklärungsquote.“
Dies führe, so die Gewerkschaft der Polizei, zu immer mehr Verunsicherung, Wut und Frust in der Bevölkerung, auch gegenüber der Polizei, Herr Minister!
Die Folgen dieser Politik zeichnen sich heute bereits an der falschen Stelle ab. Rund 90 Unternehmer in der Uckermark haben vor einem Jahr, wie Sie wissen, eine Petition eingereicht, in der sie von Ihnen Hilfe im Kampf gegen die grenzüberschreitende Kriminalität eingefordert haben. Sie kennen die Zahlen und Sie kennen die Fakten. Die seit Januar im politischen Schnellschuss eingesetzten drei Hundertschaften fehlen Ihnen jetzt in anderen Teilen Brandenburgs.
- Das sage ich Ihnen sehr gerne. Sie fehlen bei Rockertreffen. Dafür müssen Sie dann Berliner Kräfte anfordern. Sie fehlen bei Demonstrationen, sie fehlen bei Aufmärschen und sie fehlen vor allen Dingen bei sportlichen Großveranstaltungen, vor allem Fußballspielen. Und Herr Minister, was machen Sie? Sie kapitulieren vor dem Problem und sind bis heute ohne ein schlüssiges Konzept,
mit dem der Marathonkampf gegen die grenzüberschreitende Kriminalität - das haben Sie ja zumindest erkannt - gewonnen werden kann. Sie verlängern vielmehr den Einsatz der Hundertschaften. Daraus werden jetzt serielle Drei-Monats-Einsätze. Sie setzen hier nur einseitig auf Präsenz. Mehr fällt Ihnen dazu leider nicht ein.
Herr Minister, ich war in der letzten Woche wieder in der Uckermark, also ein Jahr nach Petitionsübergabe. Ich muss Ihnen leider sagen: Die Stimmung ist nicht gut, die Stimmung ist mehr als gedrückt. Ich soll Ihnen herzliche Grüße von den Unternehmern, die die Petition übergeben haben, sowie die Aufforderung, endlich ein schlüssiges, dauerhaft tragfähiges Konzept für die Sicherheit in den Grenzregionen vorzulegen, überbringen: ein Konzept also, mit dem man nicht nur einen Hundertmeterlauf, sondern, Herr Scharfenberg, einen Marathon gewinnen kann. Ich kann den Unternehmen nur beipflichten, Herr Minister.
Meine Damen und Herren, wenn das Land Brandenburg die Kernaufgabe innere Sicherheit in Zukunft vollständig erfüllen will, darf trotz der notwendigen Haushaltskonsolidierung nicht an der falschen Stelle gespart werden. Es kann und darf nicht bei der inneren Sicherheit gespart werden. Den Einzelplan lehnen wir deshalb ab. Mit diesem Haushaltsplan wird der personelle Aderlass bei der Polizei zementiert und das Kaputtsparen bei der inneren Sicherheit vorangetrieben. Das ist und bleibt ein innenpolitischer Irrweg. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Lakenmacher, ich mache mir nach Ihrem Vortrag eigentlich Sorgen um Ihre Motivation.
Sie haben nicht nur eine aus meiner Sicht nachdenkenswerte Haltung zum sparsamen Umgang mit öffentlichen Geldern, Sie sind auch selber sehr sparsam mit Anträgen zu diesem Tagesordnungspunkt, zu dem wir jetzt reden, zum Einzelplan 03. Sie haben gar keinen Antrag geschrieben, da Sie hätten beantworten müssen, woher Sie das Geld hätten nehmen wollen. Sie, die auf der einen Seite sagen, dass wir den Haushalt zu wenig konsolidieren, stellen sich auf der anderen Seite hin und sagen: Hier müssen mehr Leute her! - Das passt nicht zusammen.