Protokoll der Sitzung vom 14.01.2013

(Senftleben [CDU]: Das ist toll, ganz toll!)

Zu einer veränderten Informationspolitik gehört es für mich aber auch, jetzt nicht unmittelbar einen neuen Termin für die Eröffnung zu nennen. Vielmehr müssen wir zunächst auf Grundlage aller Fakten einen wirklichen Gesamtüberblick gewonnen haben, meine Damen und Herren.

(Beifall SPD, DIE LINKE und von der Regierungsbank)

Viertens werde ich als Vorsitzender des Aufsichtsrates der FBB nicht nur die Themen rund um den Flughafenbau bearbeiten, sondern mich mit Nachdruck auch darum kümmern - das wird die nächsten Monate und Jahre ein sehr wichtiges Thema sein -, dass der Betrieb in Tegel und Schönefeld stabil und kundenfreundlich gestaltet werden kann.

In Tegel müssen notwendige Investitionen getätigt werden, um diesen Standort arbeitsfähig halten zu können. Solange wir auf Tegel angewiesen sind, um die Passagierströme der Hauptstadtregion zu bewältigen, soll und muss das ordentlich und in einem entsprechenden Ambiente und in entsprechender Qualität erfolgen. Das gebietet allein schon der Respekt vor den dortigen Mitarbeitern, die - wie ich bereits erwähnte - unter schwierigen Bedingungen sehr gute Arbeit leisten. Auch am Altstandort Schönefeld sind noch Investitionen erforderlich, wenn auch in geringerem Umfang. Diese wichtigen Aufgaben bleiben auf der Agenda.

Fünftens muss als eines der ganz wichtigen Themen der Lärmschutz und die Akzeptanz in der Region künftig im Aufsichtsrat im Zentrum der Aufmerksamkeit und der Debatten stehen.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Es geht um den Interessenausgleich zwischen den betroffenen Anwohnern, den 25 Millionen Passagieren im Jahr, den betriebswirtschaftlichen Zielen des Flughafens und dem Allgemeinwohl, das dahinter nicht zurückstehen darf. Meine Damen und Herren, das Schallschutzprogramm

(Senfleben [CDU]: Welches?)

wird und muss konsequent und in hoher Qualität umgesetzt werden. Auch das Volksbegehren haben wir nicht nur mit Respekt zur Kenntnis genommen, sondern wir werden uns mit dem Anliegen intensiv auseinandersetzen und Antworten suchen.

(Beifall SPD, DIE LINKE und von der Regierungsbank)

Meine Damen und Herren, als Sechstes wird es eine Änderung in der inneren Organisation der Landesregierung geben, worüber wir gestern Abend gesprochen haben. Staatssekretär Bretschneider, der dem Hause bekannt ist, wird in die Staatskanzlei wechseln und dort eine Arbeitseinheit führen, bis der Flughafen in Ordnung gekommen ist. Diese Arbeitseinheit wird sich ausschließlich mit Flughafen, Flugwesen und Flughafenbau beschäf

tigen. Auch durch diese Entscheidung wollen wir dazu beitragen, dass dieses wichtige und große Projekt auf ein gutes Gleis kommt.

(Beifall SPD, DIE LINKE und von der Regierungsbank)

Meine Damen und Herren, Verantwortung für den Bau unseres neuen Flughafens Berlin Brandenburg habe ich bereits wahrgenommen. Dennoch bin ich zu der Überzeugung gekommen, dass ich noch mehr Verantwortung wahrnehmen muss. Auf diese Weise will ich mit all meiner Kraft dazu beitragen, dass der Bau unseres neuen Flughafens doch noch glücklich zu Ende gebracht werden kann.

Mir ist dabei vollauf bewusst: Ich verbinde mein politisches Schicksal mit dem Gelingen dieser Aufgabe. Das ist der Weg, den ich jetzt eingeschlagen habe. Dazu brauche ich den Rückhalt des Landtages und der gewählten Abgeordneten. Dafür bitte ich als Ministerpräsident des Landes Brandenburg um Ihr Vertrauen. - Ich danke Ihnen.

(Anhaltender Beifall SPD, DIE LINKE und von der Regie- rungsbank)

Vielen Dank, Herr Ministerpräsident. - Nun begrüße ich unsere zweite Besuchergruppe - Schülerinnen und Schüler der Diesterweg-Oberschule in Hennigsdorf. Herzlich willkommen im Landtag Brandenburg zu diesem spannenden Tag!

(Allgemeiner Beifall)

Wir setzen die Debatte mit dem Beitrag der CDU-Fraktion fort. Das Wort erhält der Abgeordnete Dombrowski.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wer in Brandenburg das Stichwort „BER“ hört, dem fehlen die Worte, der ist fassungslos, ohnmächtig und wütend. Selbst Manfred Stolpe, der dieses Projekt auf den Weg gebracht hat, sprach kürzlich von Trauer und Ärger. Sie, Herr Ministerpräsident, sprachen von Erschütterungen, die vom Flughafendesaster ausgehen. Die entscheidende Erschütterung haben Sie dabei jedoch verschwiegen. Die Bürger stellen die Kompetenz der Politik im Allgemeinen infrage. Wer will ihnen das übel nehmen? - Dieser Flughafen ist zu einer Last für die Region geworden. Sie, Herr Ministerpräsident, vergrößern diese Last.

(Beifall CDU und GRÜNE/B90)

Erst vor kurzem waren Sie Mitverursacher der Verschleuderung von vielen Millionen, die wir hier im Landtag nachträglich absegnen sollten, was Ihnen mit der Koalition auch gelungen ist. Dafür hätten Hochschulen finanziert und Lehrer sowie Polizisten eingestellt werden können.

(Beifall CDU und GRÜNE/B90)

Der Regierungschef Berlins hat nach der an Peinlichkeit kaum zu überbietenden erneuten Eröffnungsverschiebung als Aufsichtsratsvorsitzender das Handtuch geworfen. Diesen Schritt habe ich Ihnen in der Dezembersitzung des Landtages mit den

Worten „Herr Wowereit wird demnächst freigestellt“ vorhergesagt. Sie haben dies einfach als lächerlich abgetan. Heute sage ich Ihnen voraus, dass sich die Staatsanwaltschaft in den nächsten Monaten mit einzelnen Vorgängen rund um den Flughafen intensiv beschäftigen wird.

Herr Ministerpräsident Platzeck will nun selbst Aufsichtsratsvorsitzender werden und alles zum Besseren wenden. Dabei tut er so, als wäre er bisher nur am Rande mit diesem Theater befasst gewesen. Nein, der Brandenburger Ministerpräsident war kein Zuschauer oder hat die Scheinwerfer eingeschaltet, sondern stand auf der Bühne, und zwar in einer der Hauptrollen.

(Beifall CDU, GRÜNE/B90 sowie des Abgeordneten Goetz [FDP])

Haben Sie nicht in Ihrem Amtseid geschworen, Schaden vom Land abzuwenden? - Diesen Eid haben Sie nach meiner Auffassung gebrochen.

(Holzschuher [SPD]: Das ist doch ungeheuerlich! - Bei- fall CDU)

Mit seinen Terminverschiebungen, Mängeln und Skandalen hat sich der Airport vom Hoffnungsträger zum Problemfall entwickelt. In Deutschland, in unseren Nachbarländern, in Europa und sogar weltweit schüttelt man den Kopf und amüsiert sich über Berlin und Brandenburg sowie über Deutschland insgesamt. Irre ich mich oder haben Sie, Herr Ministerpräsident, nicht auf dem SPD-Parteitag im September des letzten Jahres gesagt, eine nochmalige Verschiebung könnten wir uns auch wegen des Images des Landes nicht leisten?

Jedoch ist die Negativkampagne, die Sie uns beschert haben, das geringste Problem. Die veranschlagten Baukosten von ursprünglich 2,4 Milliarden Euro haben sich bereits verdoppelt und niemand weiß, wie hoch die Rechnung nach Fertigstellung des Flughafens ausfällt. Leidtragende sind die Brandenburger, die nun sehen, wie in ihrer Stadt bzw. ihrer Gemeinde noch mehr für die Bewältigung dieser Katastrophe eingespart werden muss.

Für etwa 5 Milliarden Euro - so genau weiß das niemand - steht ein unfertiger Flughafen in Schönefeld, der sich laut Technikchef Horst Amman in einem grauenhaften Zustand befindet. Es gibt Planungsfehler, Verstöße gegen die Bauauflagen und Baumängel. Wann und mit welchen Umbaumaßnahmen eröffnet werden kann, ist weiterhin völlig unklar. Sollte der Flughafen irgendwann in Betrieb gehen, wird er gleich an seiner Kapazitätsgrenze arbeiten müssen. Auch das ist mittlerweile klar.

Herr Ministerpräsident, was haben Sie eigentlich im Aufsichtsrat getan?

(Beifall CDU und GRÜNE/B90)

Sind Sie nicht stutzig geworden? Gab es keinen Moment, in dem Sie ein mulmiges Gefühl hatten? Wenn ja: Welche Fragen haben Sie dann gestellt? Wie haben Sie das alles durchgehen lassen können? - Herr Ministerpräsident, Sie sind seit 2002 Ministerpräsident in Brandenburg. Brandenburger Behörden kontrollieren, ob der Bau nach genehmigten Plänen und in der vorgeschriebenen Qualität errichtet wird und die technischen Anlagen ordnungsgemäß funktionieren. Herr Ministerpräsi

dent, Sie gehören seit 2003 zum Aufsichtsrat des Flughafens, und zwar nicht als einfaches Mitglied, sondern als Stellvertretender Vorsitzender. Ich weiß nicht, ob ich Ihnen zu diesem Jubiläum wirklich gratulieren soll.

(Beifall CDU und GRÜNE/B90)

Wie haben Sie Ihre Verantwortung genutzt? Was haben Sie daraus gemacht? - Sie sind und waren mit allen wichtigen Fragen rund um das größte Infrastrukturprojekt Ostdeutschlands befasst und haben organisatorische, finanzielle und personelle Entscheidungen wesentlich mitbestimmt. Sie, Herr Ministerpräsident des Landes Brandenburg, tragen die ganz entscheidende Verantwortung für den Misserfolg. Das alles scheint Ihnen nicht bewusst zu sein. Was wird anders, wenn Sie künftig nicht mehr als Stellvertretender, sondern als Vorsitzender des Aufsichtsrates auftreten?

(Zuruf von der SPD: Das hat er eben gerade gesagt!)

- Dazu kommen wir noch.

Was soll sich dadurch ändern, dass Sie mit Herrn Wowereit die Plätze tauschen? - Das Einzige, was man von Ihnen in diesen Tagen gehört hat, ist: Sie wollen in Zukunft Wahrheit, Klarheit und Transparenz zum Durchbruch verhelfen. Im Umkehrschluss heißt das: Sie haben jahrelang zugesehen, wie getrickst und getäuscht wurde.

(Beifall CDU, GRÜNE/B90 sowie des Abgeordneten Goetz [FDP])

Ich frage Sie, Herr Ministerpräsident, Herr Aufsichtsrat, Herr Gesellschafter, wer hat Sie in den vergangenen Jahren daran gehindert, Wahrheit, Klarheit und Transparenz zu praktizieren?

(Beifall CDU und GRÜNE/B90)

Wie war das mit der Wahrheit und der Transparenz, als Sie Ende des vergangenen Jahres frisches Geld brauchten und die Europäische Union das genehmigen musste? - Sie haben der Europäischen Union einen konkreten Eröffnungstermin zugesagt und eine Gewinnerwartung vorgegaukelt. Mitte Dezember hat die Europäische Union daraufhin 1,2 Milliarden Euro genehmigt. Nur wenige Wochen später stellt sich jedoch heraus: Einen Eröffnungstermin gibt es nicht und das mit dem Gewinn wird auch erst einmal nichts.

Nun kommen weitere erhebliche Kosten auf den Landeshaushalt und damit auf den Steuerzahler zu. Ich bin gespannt, Herr Ministerpräsident, Herr Aufsichtsrat, Herr Gesellschafter, wie Sie nach dieser Trickserei den nächsten Zuschuss bei der Europäischen Union begründen wollen und welche Folgen das für uns haben wird.

(Beifall CDU)

Meine Damen und Herren, von Journalisten wurde ich kürzlich gefragt, ob ich erwarte, dass Herr Platzeck an seine Rolle als Deichgraf während der Oder-Flut anknüpfen und sich als Retter präsentieren möchte. Ja, Herr Ministerpräsident, diese Rolle würde Ihnen selbst sicherlich gut gefallen,

(Frau Lehmann [SPD]: Ganz primitiv!)

aber es gibt einen entscheidenden Unterschied zum Sommer 1997: Die Oder-Flut war eine Naturkatastrophe. Sie kam und ging von allein. Anwohner, viele freiwillige Helfer, die Bundeswehr, das Technische Hilfswerk, die Feuerwehren und viele andere haben es gemeinsam und erfolgreich geschafft, größere Schäden zu vermeiden.