Protokoll der Sitzung vom 14.01.2013

Mittel muss ausreichend begründet sein. Das hat der Kollege Holzschuher jetzt auch erkannt. Kollege Holzschuher ist aus der letzten Debatte heraus als Dagobert Duck Brandenburgs, der im Geld schwamm. Jetzt hat er festgestellt: Die Panzerknacker waren da, es ist kein Geld mehr da. Jetzt müssen auch Sie, Herr Kollege Holzschuher, sich einmal Gedanken machen, wie wir das finanzieren wollen.

Wir wollen auch erfahren, welche politischen Bereiche Sie heranziehen wollen, um die finanzielle Situation in den Griff zu bekommen. Sie haben ja nicht so viele Möglichkeiten. Entweder Sie machen neue Schulden, oder Sie sagen uns, wo Sie kürzen wollen. Ich sage Ihnen gleich: Sie werden auf den erbitterten Widerstand der FDP-Fraktion stoßen, wenn Sie in den Bereichen kürzen wollen, die für die zukünftige Entwicklung dieses Landes notwendig sind. Das sind Bildung, Wissenschaft und vor allem - da können Sie ja nichts mehr streichen - die wirtschaftliche dynamische Entwicklung hinsichtlich infrastruktureller Projekte.

(Beifall FDP)

Die Menschen in diesem Land haben ein Recht darauf, zu erfahren, welche Bereiche künftig geringer finanziert werden, weil die Flughafengesellschaft nicht in der Lage war, vernünftig zu planen, und der Aufsichtsrat kollektiv unfähig war, die Vorstellungen der Flughafengesellschaft so zu hinterfragen, dass man Risiken für den Haushalt früher hätte erkennen können. Hier sind die Verantwortlichen klarzustellen, und im Übrigen sind hier auch - Herr Dombrowski hat Recht - Entschädigungsansprüche zu prüfen und rechtlich festzustellen.

Meine Damen und Herren, gegenwärtig diskutiert der Landtag Brandenburg in vier Ausschüssen die Problematik des BER: Im Hauptausschuss, im Infrastrukturausschuss, im Finanzausschuss und im Umweltausschuss. Diese Zerfaserung der Zuständigkeiten führt dazu, dass sich unterschiedliche Personen immer nur mit einer Thematik befassen und die Gesamtsicht auf die Probleme am BER nicht gewährleistet ist. Es ist deshalb aus Sicht der FDP-Fraktion erforderlich, einen Sonderausschuss des Landtages zum BER einzurichten.

(Beifall FDP)

Wir als FDP-Fraktion haben Ihnen diesen Antrag am Dienstag vorgelegt, und ich bin den Koalitionsfraktionen dankbar, Kollege Görke, Kollege Holzschuher, dass Sie das aufgegriffen haben und mit uns gemeinsam heute diesen Antrag einbringen wollten. Ich glaube, das ist der richtige Weg. Ich finde es schade, dass die anderen beiden Fraktionen sich dazu nicht durchringen konnten. Gut, wir diskutieren das dann eben nächste Woche. Ich glaube, dass ein Sonderausschuss die Gewährleistung dafür bietet, dass alle Themen umfänglich bearbeitet werden können, dass unterschiedliche Zuständigkeiten aufhören und dadurch auch der Informationsfluss verbessert werden kann.

(Beifall FDP und vereinzelt SPD)

Es wird also dadurch, dass die Regierungsfraktionen dem Antrag der FDP beigetreten sind - wir gehen davon aus, dass das auch beschlossen werden wird -, künftig möglich sein, alle Informationen zum BER in einem Ausschuss zu bündeln. Das kann die Transparenz, von der Sie, Herr Ministerpräsident, gesprochen haben, erhöhen. Wir hoffen das jedenfalls sehr.

Meine Damen und Herren, viele Probleme am BER sind ungeklärt. Wir haben zur Kenntnis genommen, dass die Flugroutenproblematik noch nicht gelöst ist und sich nun die Europäische Union eingeschaltet hat. Wir erwarten dazu in Kürze Ihre Informationen aus der angekündigten Transparenzoffensive, Herr Ministerpräsident. Fast jeden Tag lesen wir von neuen Problemen am oder um den Flughafen BER oder im Zusammenhang mit dem BER. Diese müssen nun geklärt werden. Das ist Ihre Verantwortung, Herr Ministerpräsident. Sie haben das so gewollt. Nun handeln Sie und zeigen Sie den Brandenburgerinnen und Brandenburgern, dass Sie dieser Verantwortung auch nachkommen!

Herr Ministerpräsident - ich bin ja gleich fertig, wenn Sie noch einen Moment zuhören könnten -, Sie fragen nach dem Vertrauen der Landtagsabgeordneten in Sie als Regierungschef. Ich habe sehr wohl bemerkt, wie Sie das formuliert haben und dass Sie sich an alle Abgeordneten dieses Landtages gewandt haben. Deswegen will ich Ihnen auch antworten. Es gibt ja sowieso eine namentliche Abstimmung. Ich antworte Ihnen auch gerne. Herr Ministerpräsident, Sie haben dieses Vertrauen von uns nicht.

(Beifall des Abgeordneten Lipsdorf [FDP])

Diese Koalition hat das Vertrauen von der FDP-Fraktion nicht. Dieses Land wird aus Sicht der FDP-Fraktion in die falsche Richtung geschickt. Eine Zustimmung zur Vertrauensfrage wäre gleichbedeutend mit einer Zustimmung zu Ihrem Koalitionsvertrag.

(Zuruf der Abgeordneten Mächtig [DIE LINKE])

Es kann nicht Ihr Ernst sein, meine Damen und Herren, dies von der FDP-Fraktion zu verlangen.

(Beifall FDP)

Nein, Herr Ministerpräsident, die FDP-Fraktion wird Ihnen dieses Vertrauen nicht aussprechen. Sie haben auch in der Frage des Flughafens nicht unser Vertrauen. Sie haben aber jetzt die Möglichkeit, Herr Ministerpräsident, in der Frage des BER Vertrauen zurückzugewinnen, wenn Sie zeigen, dass Sie der Verantwortung für den Aufsichtsrat gerecht werden. Zweifel sind allemal angebracht; aber Sie haben jetzt die Möglichkeit.

Meine Damen und Herren, unsere Region, die deutsche Hauptstadtregion, unser Land Brandenburg ist im Ansehen schwer beschädigt. Es wird nun darum gehen, den Ruf unseres Landes wiederherzustellen. Es geht darum, den Flughafen so schnell wie möglich fertigzustellen und dieses Land weiter wirtschaftlich wachsen zu lassen. Wir als Liberale stehen zu unserer Verantwortung für Brandenburg. Wir stehen für Offenheit, Transparenz und den Willen, dieses Projekt zu Ende zu führen und dieser Region einen funktionierenden Flughafen zu geben. Dieses Festhalten an unseren Haltungen, an unseren Überzeugungen ist in letzter Zeit mit immer neuen Horrorszenarien und -meldungen vom Flughafen schwer geprüft worden. Wir hoffen, dass dies nun ein Ende findet und der Flughafen auf das richtige Gleis - besser: auf die richtige Startbahn - gestellt werden kann und das Fliegen im Nebel beendet wird. Wir brauchen, meine Damen und Herren, eine klare Sicht. - Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Büttner. - Die Aussprache wird nunmehr mit dem Beitrag der Fraktion DIE LINKE fortgesetzt. Herr Abgeordneter Görke hat das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Brandenburgerinnen und Brandenburger! Wir haben uns hier mit einer außergewöhnlichen Situation zu befassen und nichts, aber auch gar nichts wird besser, wenn wir versuchen, irgendetwas zu relativieren. Wir Brandenburger Politiker - ich bin dem Kollegen Büttner dankbar, dass er sich einbezogen hat haben jetzt die Verantwortung und die Aufgabe, Fehler aufzuarbeiten, Ursachen und Defizite zu analysieren und vor allem wieder Vertrauen bei den Bürgerinnen und Bürgern zu gewinnen. Wir müssen alles in unserer Macht Stehende tun, diesen mittlerweile bundesweit verhöhnten Großflughafen endlich ans Netz zu bringen.

(Beifall DIE LINKE)

Das ist nicht nur die Aufgabe von Matthias Platzeck oder des Aufsichtsrats. Wir stehen gemeinsam mit beiden Gesellschaftern, Berlin und Bund, der immerhin 26 % der Anteile hat, in der Pflicht und in der Verantwortung.

Beim Thema BER haben alle Parteien ihre Unschuld verloren: Sie, verehrte Kollegen von der CDU, mit Herrn Wissmann und Herrn Diepgen bei der ehemaligen Standortentscheidung - ich hatte den Eindruck, Herr Kollege Dombrowski, dass Sie unter Vergesslichkeit leiden -

(Dombrowski [CDU]: Dann haben Sie nicht zugehört!)

oder mit Herrn Junghanns, zehn Jahre im Aufsichtsrat. Dann kommen wir zum Heute mit Ihrer Verantwortung im Bund und Ihren Aufsichtsratsmitgliedern in der Flughafengesellschaft.

Herr Vogel, für Ihre Grünen mit ihrem klaren Votum gegen den Standort Sperenberg und für den internationalen Flughafen in Schönefeld - Sie spielen sich ja häufig als Gralshüter der Anwohnerinteressen auf -, waren damals Vögel, Echsen und Bäume wichtiger

(Frau Alter [SPD]: Genau!)

als das Schutzbedürfnis der Menschen.

(Beifall SPD)

Das muss man hier sagen. Sie hätten in Ihrer siebenjährigen Regierungszeit im Bund das Nachtflugverbot für stadtnahe Flughäfen im Luftfahrtgesetz festlegen können. Dann wäre auch für Schönefeld das Nachtflugverbot planfestgestellt worden.

Und dann Berlin: Herr Vogel, meinen Sie wirklich, wir bekommen das hier in Brandenburg nicht mit? Der Koalitionsbaustein in Berlin zum Flughafen war mit Frau Künast und den Grünen endverhandelt, Ausbau war das Thema.

Sie hatten nur noch ein Problem mit der A 100; hätten Sie sich einigen können, wäre heute nicht Herr Henkel von der CDU,

sondern Frau Künast von den Grünen im Aufsichtsrat. Deshalb war sie gestern bei Herrn Jauch so perplex bei der Frage, was man denn hätte tun müssen.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Alle Parteien haben diesen Großflughafen gewollt, haben an der Wiege gestanden und sogar für diesen problematischen Standort plädiert. Einzig wir, die PDS und jetzt die Linke, wollten diesen Großflughafen, das internationale Drehkreuz nicht, und Sie haben uns damals als Neinsager-Partei abgestempelt. Die Linke ist seit November 2009 in rot-roter politischer Verantwortung in dieser Regierung, und das, was vor unserer Regierungsbeteiligung passiert ist - das wissen Sie, Herr Kollege Homeyer -, können wir nicht einfach wegbeschließen.

(Homeyer [CDU]: Ich habe Nein gesagt!)

Nun sind die Entscheidungen zum Flughafen gefallen, Milliarden investiert. Bei Wind und Wetter, bei Frost und Schlamm haben Arbeiter in rollenden Schichten diese Bauten errichtet, und ich möchte ihnen nochmals Dank sagen, dass jetzt die Autobahn steht, der unterirdische Bahnhof fertig ist und der Tower steht. Das Terminal ist nicht ganz einsatzbereit, aber Flugbrücken, Parkhäuser und Startbahnen stehen. Nein, wir wollen als Linke keine Investruine, deshalb ist es unsere vordringliche Aufgabe, die Folgen dieser Standortentscheidung für die Betroffenen so gering wie möglich zu halten.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Die bedauerliche Verschiebung, das neue Zeitfenster muss endlich von der Flughafengesellschaft genutzt werden, um die Häuser und Wohnungen lärmschutzsicher zu machen. In Anbetracht der wirtschaftlichen Entwicklung einer ganzen Region und in Verantwortung für das Land, vor allem beim Umgang mit den Steuergeldern der Bürgerinnen und Bürger, muss zügig geklärt werden, wann dieser Flughafen ans Netz kommt und welche Folgewirkungen und finanziellen Belastungen die erneute Verschiebung des Eröffnungstermins nach sich zieht. Die Bürgerinnen und Bürger haben als Steuerzahler ein Recht darauf, diese Frage zügig beantwortet zu bekommen. Deshalb müssen auch alle Fakten so schnell wie möglich auf den Tisch.

Natürlich ist uns klar: In dem Moment, in dem der Ministerpräsident als möglicher neuer Vorsitzender des Aufsichtsrates zur Wahl steht, richten sich die Blicke verstärkt nach Brandenburg, und ich frage Sie ernsthaft, Herr Kollege Dombrowski: Wer sollte diesen Job denn machen? Der Flughafen Berlin Brandenburg in Schönefeld befindet sich in unserem Land. Wir sind es den Menschen in Brandenburg und den betroffenen Anwohnern schuldig, diese verstärkte Verantwortung wahrzunehmen. Aber vielleicht haben Sie, Herr Dombrowski, den Ernst der Stunde nicht verstanden. Zumindest lassen Ihre Appelle, aber auch die Briefe, die Sie letzte Woche verschickt haben, die Abgeordneten dieses Parlaments darauf schließen.

Sie und Ihre Fraktionskollegen - das ist mein Eindruck, auch aus der heutigen Sitzung - wollen den BER als Wahlkampfkeule

gegen Rot-Rot nutzen und damit auch noch die eine oder andere offene Rechnung mit Matthias Platzeck begleichen.

(Frau Lehmann [SPD]: Das ist ja der Hammer!)

Selbst Verkehrsminister Ramsauer, der nun wirklich kein Freund der Linken ist, kam gestern in der - ich tue das wirklich nicht gern - „Bild am Sonntag“ über seine SOKO zu der Einschätzung, dass der Aufsichtsrat zum Flughafenmanagement fehlerhaft und nicht umfassend informiert wurde. Das sagen alle Aufsichtsratsmitglieder, auch Matthias Platzeck. Herr Dombrowski, Sie sind politisch erfahren genug, um zu wissen, dass das Gelingen dieses Projektes kein parteipolitisches Hickhack verträgt,

(Dombrowski [CDU]: Richtig!)

und mit Briefeschreiben, Herr Kollege Dombrowski, haben Sie insgesamt ohnehin kein glückliches Händchen.

(Heiterkeit und Beifall DIE LINKE und SPD)

Dazu fällt mir der peinliche und unterwürfige Brief an George W. Bush ein, in dem Sie sich geschämt haben, dass wir nicht in den Krieg gezogen sind.

(Heiterkeit und Beifall DIE LINKE und SPD)

Diejenigen, die nach Ihrem Willen - Sie haben ja regelrecht gefleht - den Ministerpräsidenten nicht in den Aufsichtsrat wählen sollen, sind wahrlich nicht dafür geeignet, dies durchzuführen. Ich dachte, das spricht mal einer an. Am 28. Dezember 2012 meldete „DER SPIEGEL“, der Regierungsflughafen werde nicht fertig. Eigentlich sollte der Grundstein schon 2011 gelegt werden, jetzt 2016. Planungsmängel, Verdoppelung der Kosten auf 311 Millionen Euro - verantwortlich war allein wer? Die Bundesregierung. Also, bleiben Sie uns doch bitte mit Ihrer belehrenden Art vom Leib!