Protokoll der Sitzung vom 27.02.2013

Zum Vergaberecht bei öffentlichen Aufträgen: Ja, da sind wir gefordert, mit gemeinsamen Anstrengungen das Bewusstsein zu schärfen, bezüglich nachhaltiger Beschaffungswirtschaft ich habe es schon gesagt - genauer hinzugucken und Verantwortung zu übernehmen. Ich glaube, wir sind gut beraten, diese Dinge gemeinsam in die Praxis umzusetzen und unsere Augen dafür zu schärfen. - Vielen Dank.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Der Abgeordnete Lipsdorf spricht für die FDP-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe meine Brille geputzt, meine Augen sind scharf, Frau Hackenschmidt.

(Frau Hackenschmidt [SPD]: Gut!)

Die entwicklungspolitische Zusammenarbeit soll zum einen dazu beitragen, die Lebensbedingungen für alle Menschen - also auch für unsere - in den entsprechenden Partnerländern zu verbessern. Zum anderen geht es hierbei um eine Art Bildungsauftrag. Entwicklungspolitische Zusammenarbeit soll Toleranz und Achtung vor anderen Kulturen fördern. Damit kann sie zu einem fremdenfreundlichen Klima führen. Dies geschieht vor allem durch die jährlich stattfindenden Brandenburger Entwicklungspolitischen Bildungs- und Informationstage.

Jedoch stellt entwicklungspolitische Zusammenarbeit keine einseitige Hilfeleistung dar, sondern nutzt uns sowohl politisch als auch wirtschaftlich. So können wir nicht nur erreichen, dass sich das politische Weltklima positiv verändert, sondern dass durch Kooperation im Bereich Wirtschaft Synergien entstehen, die im beiderseitigen Interesse erschlossen werden können.

Was liegt uns hier heute vor? Die Entwicklungspolitischen Leitlinien der Landesregierung Brandenburg und - zweitens die Empfehlung des Ausschusses für Europaangelegenheiten und Entwicklungspolitik für einen Beschluss „Gemeinsam für nachhaltige Entwicklungspolitik in Brandenburg“.

Zu Beginn der Entwicklungspolitischen Leitlinien ist zu lesen:

„Internationale Zusammenarbeit eröffnet Chancen, wenn Partner gemeinsam profitieren.“

- Ein weiser Satz - und ja, genau so habe ich es gerade ausgedrückt. Es können also im Bereich der Wirtschaft Synergien entstehen, wenn sie von beiderseitigem Interesse sind und entsprechend genutzt werden.

Da sind wir also im Hohen Hause einig, und aus diesem Grund begrüßen wir auch als FDP-Fraktion die von der Landesregierung gemeinsam mit den brandenburgischen entwicklungspolitischen Akteuren überarbeiteten Leitlinien. Damit Brandenburg seiner entwicklungspolitischen Verantwortung gerecht werden kann, sind Zusammenarbeit und Erfahrungsaustausch mit den anderen Bundesländern sowie dem Bund unerlässlich. Daher ist es sehr gut, dass das Land Brandenburg an der Zusammenarbeit mit Initiativen festhält, die vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit finanziell unterstützt werden. Diese müssen wir gemeinsam weiterentwickeln.

Ebenso ist es für Brandenburg von großer Wichtigkeit, die Zusammenarbeit mit den entwicklungspolitischen Nichtregierungsorganisationen in neuer Qualität fortzusetzen. Ohne die vielen Projektträger und Partner ist die Umsetzung der Leitlinien nicht zu gewährleisten. Aus diesem Grund befürwortet die FDP-Fraktion, dass der „Round Table Entwicklungspolitik Land Brandenburg“ als Ort der Diskussion und des Austauschs in die neuen Leitlinien aufgenommen wurde. Auf diese Weise wird die notwendige Verknüpfung der brandenburgischen Akteure mit der Politik gewährleistet.

An dieser Stelle sei dem Verbund Entwicklungspolitischer Nichtregierungsorganisationen Brandenburg e. V. für sein Engagement bei der Erstellung der Leitlinien und der unermüdlichen Umsetzung entwicklungspolitischer Maßnahmen gedankt, vor allem für die Verknüpfung von öffentlichem und privatem Engagement sowie Interessen.

Nun gilt es, die Entwicklungspolitischen Leitlinien - Frau Hackenschmidt hat es richtig ausgeführt - auch mit Leben zu erfüllen und gemeinsam mit den Akteuren angemessen anzugehen. Der Ausschuss für Europaangelegenheiten und Entwicklungspolitik hat heute eine Beschlussempfehlung vorgelegt, in der die Landesregierung aufgefordert wird, konkrete Maßnahmen zur Umsetzung der Leitlinien zu erarbeiten. Darüber soll dem Ausschuss mindestens einmal im Jahr berichtet werden. Wir freuen uns, dass unser Vorschlag für eine regelmäßige Berichterstattung im Ausschuss aufgegriffen worden ist. Auf diese Weise ist noch einmal mehr gewährleistet, dass der Landtag angemessen in die Umsetzung der Leitlinien einbezogen wird. Herzlichen Dank.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Die Abgeordnete Fortunato spricht für die Linksfraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werte Gäste! 14 Jahre nach Vorlage der ersten Ent

wicklungspolitischen Leitlinien hat die Landesregierung im Sommer vergangenen Jahres neue Leitlinien für das entwicklungspolitische Engagement des Landes beschlossen. Ich bedaure, dass es mehr als ein halbes Jahr gedauert hat, bis wir diese Leitlinien auf die Tagesordnung des Landtages setzen konnten.

(Frau Vogdt [FDP]: Das lag an der Koalition!)

Aber wie heißt es so schön? - Besser spät als nie.

Diese Leitlinien waren und sind notwendig. Diese langjährige Sicht der Linksfraktion im Landtag teilen zwischenzeitlich offensichtlich auch diejenigen, die in diesem Hause in der dritten und vierten Wahlperiode auf Anfragen unserer Abgeordneten erklärten:

„Die Leitlinien von 1998 gelten weiter. Eine Neufassung oder gar neue Leitlinien sind nicht notwendig.“

Der nun vorliegende Text bestätigt zweierlei: Zum einen haben sich die Rahmenbedingungen für die entwicklungspolitische Arbeit seit dem Regierungseintritt der Linken im Herbst 2009 spürbar geändert.

(Beifall des Abgeordneten Burkardt [CDU])

Zum anderen wird auch deutlich, dass zwischenzeitlich in der entwicklungspolitischen Praxis - übrigens nicht nur in Brandenburg - neue Akzente gesetzt sind. Damals - zur Erinnerung - bestand der entwicklungspolitische Auftrag vor allem darin, Arbeitsplätze in Brandenburg auch dadurch zu sichern, dass man Wirtschaftsbeziehungen zu Ländern der sogenannten Dritten Welt unterhielt. In Übereinstimmung damit wickelten CDU-Europaminister in dieser Zeit erfolgreich arbeitende Institute wie das brandenburgische entwicklungspolitische Institut BEPI ab.

Im Vergleich dazu sind die heute zur Diskussion stehenden Leitlinien ein Qualitätssprung. Das Spektrum der Aufgaben reicht von Bildung und Jugend sowie Migration und Integration über Wirtschaftspolitik und nachhaltige Entwicklung des Landes bis zur Unterstützung von Kommunen bei der Konzipierung entwicklungspolitischer Arbeit.

Wünschen Sie sich eine Zwischenfrage, Frau Fortunato?

Nein, ich möchte erst zu Ende sprechen.

Den internationalen Wirtschaftsbeziehungen kommt in den Leitlinien immer noch eine große Bedeutung zu. Aber es gibt deutliche Akzentverschiebungen:

„Es gilt Synergien, die sich im Inland durch Zuwanderung und Unternehmenskooperationen ergeben, mit ausländischen Partnern für das Land in beiderseitigem Interesse zu erschließen.“

Und dann kommt ein aus meiner Sicht entscheidender Satz:

„Brandenburgs Wirtschaftspolitik ist insbesondere an einer globalen Zukunftsfähigkeit zu orientieren. Sie soll zum

Aufbau von Wirtschaftsstrukturen und -beziehungen im Sinne der Nachhaltigkeit beitragen, das heißt ressourceneffizient und klimagerecht sein, aber auch ‚Hilfe zur Selbsthilfe‘ bieten.“

Die Vergabe öffentlicher Aufträge zum Beispiel - das wurde schon gesagt - ohne ausbeuterische Kinderarbeit ist als Maßstab formuliert.

Im Zentrum der Leitlinien steht die entwicklungspolitische Bildung und Öffentlichkeitsarbeit. Globales Lernen, Bildung für nachhaltige Entwicklung wie auch die jährlich stattfindenden Brandenburger Entwicklungspolitischen Bildungs- und Informationstage stehen für solch einen zentralen Ansatz, für einen Ansatz, zu dem wir durchaus mit einigem Stolz sagen können: Wir sind wieder beim Anspruch unserer Landesverfassung angekommen, denn die Landesverfassung verpflichtet uns, brandenburgische Politik als Politik in einer Welt zu begreifen und zu gestalten.

Die entwicklungspolitischen Nichtregierungsorganisationen haben intensiv an der Erarbeitung der Leitlinien mitgewirkt; das wurde schon gesagt. Dafür und für all das, was VENROB und die vielen kleineren und größeren Vereine und Verbände in Brandenburg seit 1990 geleistet haben, sage ich namens der Linken noch einmal herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE)

Die entwicklungspolitischen Vereine verbinden mit den heutigen Leitlinien aber auch große Erwartungen. Das erste Resümee wird es im Juni beim nächsten Entwicklungspolitischen Round Table geben. Wir sind dann auch sehr gespannt auf die Vorstellungen der Landesregierung.

Meine Fraktion verbindet mit dem Dank an die NGOs auch eine Verpflichtung für sich. Wir haben in den vergangenen drei Jahren - erstmals seit vielen Jahren wieder - reguläre Fördermittel für entwicklungspolitische Projekte eingestellt. Das war eine richtige Entscheidung,

(Beifall DIE LINKE)

die auch für 2013 und 2014 laut dem beschlossenen Landeshaushalt Bestand hat.

Durch Veränderungen in der Finanzierung der Bundesebene könnte jedoch die Notwendigkeit entstehen, dass Brandenburg noch stärker Engagement zeigen muss. Ehrenamt ist gut, aber Ehrenamt braucht eben auch eine - minimale - professionelle Basis.

Ich habe anzureißen versucht, was in den Leitlinien steht. Damit ist klar: In der Verantwortung steht bei der Förderung einer professionellen entwicklungspolitischen Basis dementsprechend nicht nur das Ministerium für Wirtschaft und Europa. Gefordert ist die Landesregierung, sind auch das Ministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz, das Ministerium für Soziales, Arbeit, Familie und Frauen und vor allem das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport. Wenn alle vier Ministerien an einem Strang ziehen, sollte es uns gelingen, das bestehende Netzwerk auf Dauer zu stabilisieren. - Danke sehr.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)

Ich muss unsere Abgeordneten ernst nehmen. Wenn wir einmal fragen und Nein gesagt wird, dann gilt das.

(Görke [DIE LINKE]: Nur bei manchen! - Zuruf von der SPD: Richtig!)

Frau Nonnemacher, Sie sind die Nächste und haben nun für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die hier vorgelegten Entwicklungspolitischen Leitlinien sind eine gute Grundlage für die entwicklungspolitische Arbeit in Brandenburg. Die Erarbeitung dieser Leitlinien fand unter Einbeziehung der Verbände und relevanter Gruppen auf einer breiten Basis statt und erhielt deren weitgehende Zustimmung. Insbesondere die hier formulierte konsequente Orientierung am Leitbild der Nachhaltigkeit bietet zahlreiche Anknüpfungspunkte für die konkrete Umsetzung.

Die Entscheidung, auch den Round Table zur Entwicklungspolitik beizubehalten, begrüßen wir, ebenso den geäußerten Willen, einen Prozess engagierter Beteiligung gestalten zu wollen und den Themen der Entwicklungspolitik einen festen Platz in der Politik des Landes zu erhalten.

Erhebliche Zweifel haben wir jedoch, dass sich diese Leitlinien maßgeblich auf die Regierungsarbeit in Brandenburg auswirken werden. Wir erkennen zwar an, dass im Landeshaushalt seit 2010 wieder jährlich 60 000 Euro für entwicklungspolitische Projektförderung enthalten sind. Ein darüber hinausgehendes Engagement der Koalition war jedoch in den letzten Haushaltsberatungen nicht zu erkennen.